Gelbbauchunke (Bombina variegata (Linnaeus,1758))
(Syn.: Bergunke, Gebirgsunke)
(Syn.: Rana variegata, Bombinator pachypus)
EU-Code: 1193
Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)
1. Bestandserfassung (Ersterhebung)
- Verhören: Registrierung rufender adulter Individuen.
- Sichtbeobachtung: Suche nach adulten Tieren, Jungtieren, Larven und Laich im Bereich der Laich- und Aufenthaltsgewässer und in ihren Tagesverstecken (unter Totholz, Brettern, Steinen etc.) im weiteren terrestrischen Umfeld. Vier Begehungen tagsüber; Eine Unterscheidung von Laichplätzen und Aufenthaltsgewässern ist zwingend erforderlich. Das ist bei mehrmaliger Begehung und auch anhand der Gewässerstrukturen möglich. Die individuelle Unterscheidung der Tiere ist durch Fotografie der Bauchseite bei Tieren ab 30 mm möglich: Dabei Glas-Petrischälchen mit Schaumstoff zur Fixierung des Tieres verwenden.
- Keschern: zusätzlich zum Verhören bei den Begehungen ab Juni zur Erfassung von späten Larven/ bzw. Jungtieren.
- Fangzaun: Zur Ermittlung von Winterhabitaten in größerer Entfernung zu Laichgewässern ist die Erfassung mit Folien-Fangzaun im Rahmen der Erfassung anderer Amphibienarten mit größeren Wanderdistanzen möglich. Der Zaun ist zur Anwanderrichtung hin konkav gewölbt mit einer Höhe von 50 cm oder mehr, alle 10 m befindet sich ein ebenerdig und bündig an den Zaun eingegrabener Fangeimer. Die Kontrolle der Fangeimer erfolgt während der rd. 6 wöchigen Fangperiode täglich morgens ab Beginn der Dämmerung. Bestimmung der gefangenen Tiere nach Art, Geschlecht.
- Sichtbeobachtung / Verhören: 4 Untersuchungstermine im Zeitraum April bis August, witterungsbedingte Änderungen möglich), davon zwei am gleichen Tag wie das Verhören.
- Termin 1: Verhören (Anzahl Rufer), Sichtbeobachtung (Adulti), Habitatqualität, Beeinträchtigungen.
- Termin 2: Verhören (Anzahl Rufer), Sichtbeobachtung (Adulti, Laich/Larven), Habitatqualität, Beeinträchtigungen.
- Termin 3-4: Sichtbeobachtung, Keschern (Adulti, späte Larven/ggf. Jungtiere, Habitatqualität, Beeinträchtigungen, Verhören nachrangig).
- Fangzaun: Nur im Zusammenhang mit Erhebung von Winterquartieren von anderen Arten – März bis April.
- Sichtbeobachtungen ganztägig möglich.
- Verhören: bevorzugt ab Einbruch der Dunkelheit bis 23:00/24:00 Uhr (danach nehmen die Aktivitäten der adulten Tiere ab).
- Begehungen an warmen, sonnigen Tagen von nachmittags bis 24 Uhr.
- Verhören: Vor und nach Gewittern und Regenperioden. In schwülwarmen Gewitternächten sind die Tiere sehr rufaktiv und dann auch bei geringer Dichte sehr gut zu finden.
- Berücksichtigung der bei der Nachtbegehung (Verhören) durch Sichtbeobachtung ermittelten adulten Tiere und Larven.
- Abschätzung der Populationsgröße durch Verhören und Zählen rufender Tiere sowie durch Kescherfang von Larven und Jungtieren in den Laichgewässern.
- Die individuelle Unterscheidung der Tiere ermöglicht eine bessere Abschätzung der Populationsgröße.
- Fangzäune im Zusammenhang mit Erhebung zu anderen Amphibien: Auswertung je Eimer über den Fangzeitraum, gegebenenfalls Bildung von Zaunabschnitten.
- Bei Einsatz von Fangzäunen ist die Identifikation von Winterhabitaten in größerer Entfernung zu Laichgewässern möglich.
- Der Einsatz von akustischen Klangattrappen hat sich in der Praxis nicht bewährt.
- Das Auslegen von Brettern im Nahbereich der Gewässer zur Bestandserfassung hat sich bewährt.
- Die Fotos der Bauchseiten sind zwingend beim LANUV zu hinterlegen und zu archivieren, damit bei späteren Untersuchungen darauf zurückgegriffen werden kann.
- Im Zusammenhang mit Kartiertätigkeiten in (semi-)aquatischen Lebensräumen haben sich hochinfektiöse Amphibienkrankheiten (Ranaviren, Chytridiomykose) in den vergangenen Jahren zu einer schwerwiegenden Bedrohung für die heimische Amphibienfauna entwickelt. Es ist dringend geboten, die Ausbreitung der Krankheitserreger zu erschweren. Kartierer, die sich in (semi-)aquatischen Lebensräumen von Amphibien aufhalten, müssen dringend die Hygieneregeln der Universität Trier einhalten, die vom LANUV als Hygieneprotokoll veröffentlicht wurden (Stand April 2021). Zur Verhinderung der Übertragung eines Krankheitserregers zwischen Populationen sollten bei einem Wechsel zwischen zwei Gewässern die Stiefel, Kescher, Fallen etc. gründlich mit Wasser gereinigt und desinfiziert werden und alles anschließend gut getrocknet werden. Hintergrundinformationen sowie das Hygieneprotokoll des LANUV finden sich unter: https://www.lanuv.nrw.de/natur/artenschutz/amphibienkrankheiten/
1.2. Umwelt-DNA-Nachweis (Präsenznachweis im Rahmen des Monitorings)
- Erfassung an artspezifisch geeigneten Gewässern durch Umwelt-DNA-Analyse (eDNA). Diese Methode ist v.a. dann eine sinnvolle Ergänzung zu den o.g. Methoden, rein für Monitoringzwecke anwendbar, wenn ein Vorkommen möglich, bislang aber nicht nachgewiesen ist und wenn zur Beantwortung der Fragestellung bei denen der reine Artnachweis (Präsenz) im Gewässer zur Beantwortung der Fragestellung ausreichend ist (vgl. Schmidt u. Grünig 2017). Bei Fragestellungen die sich auf semiquantitative Angaben beziehen (Nachweis erfolgreicher Reproduktionnachweis, Schätzung der Besiedlungsdichte / Populationsgröße), sind i.d.R. die Standarderfassungsmethoden unter 1.1.1 anzuwenden.
- Folgende Angaben stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckpunkte für die Beprobung dar. Eine konkrete, ins Detail gehende Beschreibung der Vorgehensweise bei der Gewässerbeprobung, der benötigten Utensilien (Materialliste), der Vorgehensweise bei Lagerung und Versand der Proben sowie Angaben zu Desinfektion und Reinigung kann u.a. Arnal (2019) entnommen werden).
- Wasserprobennahme in 1m Abstand zum Ufer in ca. 10 cm in vorbereitete Sampling Submission Forms (SSF).
- Position der Probenahme(n) in geeigneten Mikrohabitaten entsprechend den Habitatansprüchen und der vermuteten Hauptaufenthaltsbereiche der Art innerhalb der Gewässer (tiefere Stellen mit Anteilen submerser Vegetation) nach fachgutachterlicher Festlegung im Einzelfall.
- Eine Mischprobe / Gewässer, Anzahl der (Teil-)Proben abhängig von Gewässergröße
- 50 m2 = 3-5 Probenahmestellen
- 50 – 500 m2 = 6-10 Probenahmestellen
- 500 m2 = 11-20 Probenahmestellen
- Durchführung: Gewässerprobe (50 ml Teichwasser) in PET-Flasche umfüllen. PET-Flasche mit den gesammelten Gewässerproben verschliessen und kräftig schütteln. Tubes mit vorabgefülltem Puffer und QR-Code mit jeweils 15 ml der gemischten Wasserprobe füllen (= Laborprobe). Probenahmestellen auf Karte einzeichnen und GPS Punkt aufnehmen.
- Desinfektion und Reinigung der Probenahmewerkzeuge entsprechend Arnal (2019) nach jeder (Teil-)Probenahme zur Vermeidung von DNA-Kontaminationen bzw. Verschleppung und zur Vermeidung von Krankheitsübertragung analog zum Hygieneprotokoll (LANUV 2021).
- Erhebungszeitpunkt während Hauptaufenthaltszeit der Gellbauchunke im Gewässer entsprechend Anhang 5. Ende April bis August; vorzugsweise Mitte Mai. Gutachterlich entsprechend lokalen Gegebenheiten / Erfahrungswerten bezüglich der Aufenthaltszeit der Art im Gewässer zu bestimmen / anzupassen.
- Witterung und Tageszeit spielen bei der Probenahme keine Rolle.
- Unterschieden werden bei der Analyse der Daten, abhängig von der Menge an erfasster Art-DNA (Anzahl "reads"): 0 = kein Nachweis, 1 = unsicherer Nachweis und 2 = sicherer Nachweis.
- Die Nachweiswahrscheinlichkeit (vgl. Schmidt u. Grünig 2017) ist u.a. abhängig von der Anzahl der Individuen im Gewässer, der Verteilung der Individuen im Gewässer sowie der eDNA Ausscheiderate der Art
- Qualitative Nachweismethode (reiner Artnachweis); bei hoher DNA-Konzentration ist entweder die Dichte der Tiere hoch oder aber die Probe wurde in unmittelbarer Nähe eines Tieres entnommen.
- Ist die Beprobung auf die Erfassung des gesamten oder eines Teils des Artenspektrums eines Gewässers ausgelegt (bzw. auf mehrere Arten mit jahreszeitlich unterschiedlicher Präsenz im Gewässer), sind mindestens 2 Beprobungsdurchgänge zu empfehlen, z.B. 1. Aprilhälfte für Frühlaicher und Mitte Mai für Spätlaicher (regionale Abweichungen sind zu beachten). Die eDNA-Mengen im Wasser sinken schnell, wenn eine Art das Gewässer verlässt. eDNA bleibt im Wasser etwa zwei bis drei Wochen lang nachweisbar. Eine Art kann also nur dann im Gewässer nachgewiesen werden, wenn sie darin aktuell präsent ist oder (bis vor kurzem) war. Umgekehrt ist es so, dass sich die eDNA-Konzentration rasch aufbaut, wenn eine Art ins Gewässer kommt. Dies bedeutet einerseits, dass ein Nachweis zeigt, dass eine Art zum Zeitpunkt der Probennahme im Gewässer vorkommt. Andererseits verlangt diese Beobachtung, dass Wasserproben zwingend während der Aktivitätsperiode der jeweiligen Zielarten gesammelt werden.
- Auch mit eDNA weist man die Zielart oder die Zielarten nicht immer nach, obwohl diese vorkommt; sogenannte „falschnegative“-Befunde (Schmidt u. Grünig 2017). Die Nachweisbarkeit einer Art dürfte auch im Fall von eDNA von der Populationsgrösse abhängen; dazu gibt es aber noch kaum wissenschaftliche Studien. Anzunehmen ist, dass sehr kleine Populationen schlecht nachgewiesen werden.
- Abundanzen können mit dieser Methode aktuell nicht bzw. nur sehr grob abgeschätzt werden (Thomsen et al. 2012). Ebenso wenig können Hinweise auf Reproduktion abgeleitet werden. Angaben zu Alter, Größe oder Gesundheitszustand kann eDNA bei Amphibien nicht liefern. Sofern für ein Monitoring derartige Merkmale wichtig sind, sollte eDNA nur ergänzend eingesetzt werden (Schmidt u. Grünig 2017).
- Weiterhin zu beachten: Zusätzliche Kosten für Laboranalyse. Desinfektion der Kleidung und Schuhe entsprechend Hygieneprotokoll (vgl. Uni Trier u. LANUV 2021) zwecks Vermeidung der Verbreitung/Verschleppung von möglichen Krankheitserregern (Chrytridpilz, Ranavirus) in andere Gewässer.
Literatur
- Arnal et al. (2019): Methodik eDNA Amphibien Feldprobenahme. ARNAL, Büro für Natur und Landschaft AG Herisau, Salzburg; IC Infraconsult AG Bern; Info fauna _ karch Neuchatel; Kaden u. Partner AG Frauenfeld; Naturschutz und Feldherpetologie Peyer Ottenbach; Quadra GmbH Zürich; UMG Umweltbüro Grabher Bregenz. http://arnal.ch/media/files/methodik_edna_2019_190122_d.pdf 12pp.
- Herder, J.; Valentini, A. Bellemain, E. Dejean, T; van Delft, J.; Thomsen, F u. P. Taberlet (2014): environmental DNAa review of the possible applications for the detection of (invasive) species. 112 p. - http://www.environmental-dna.nl/Portals/7/Herder et al 2014 - Environmental DNA review.pdf
- Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlicher Raum und Verbraucherschutz – Abteilung Forsten und Naturschutz (HMULV 2006, Hrsg): Natura 2000. Die Situation der Amphibien der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie in Hessen, zusammengestellt von C. Geske, 158 S., Wiesbaden.
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV, 2010): FFH-Arten und Europäische Vogelarten; Online unter http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/ffh-arten/de/arten/gruppe/amph_rept/liste, Abruf Februar 2014.
- Rees, H. C., K. Bishop, D. J. Middleditch, J. R. M. Patmore, B. C. Maddison u. K. C. Gough (2014): The application of eDNA for monitoring of the Great Crested Newt in the UK. – Ecolo-gy and Evolution 4: 4023–4032.
- Schlüpmann, M. u. Kupfer, A. (2009): Methoden der Amphibienerfassung – eine Übersicht. S. 7-84 in: Hachtel, M., Schlüpmann, M., Thiesmeier, B. u. Weddeling, K. (Hrsg.): Methoden der Feldherpetologie. – Zeitschrift für Feldherpetologie, Supplement 15.
- Schlüpmann, M.; Bussmann, M.; Hachtel, M. u. Haese, U. (2011): 3.7 Gelbbauchunke – Bombina variegata. In: Arbeitskreis Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Handbuch der Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalens. – Bielefeld (Laurenti), 507-542.
- Schmidt, B.R. u. C.R. Grünig (2017): Einsatz von eDNA im Amphibien-Monitoring. - WSL-Berichte (Forum des Wissens) 60: 57-62.
- Schmidt, B.R. u. S. Ursenbacher (2015): Umwelt-DNA als neue Methode zum Artnachweis in Gewässern. - Zeitschrift für Feldherpetologie 22: 1-10.
- Thomsen, P.F.; Kielgast, J.; Iversen, L.L.; Wiuf, C.; Rasmussen, M.; Gilbert, M.T.P.; Orlando, L.; Willerslev, E. (2012): Monitoring endangered freshwater biodiversity using environmental DNA. Mol. Ecol. 21: 2565–2573.
- Universität Trier u. LANUV NRW (2021): Hygieneprotokoll und Praxistipps zur Verhinderung der Übertragung von Krankheitserregern (v.a. Batrachochytrium salamandrivorans, B. dendrobatidis, Ranavirus) zwischen Amphibienpopulationen - Verhinderung der Übertragung von Krankheitserregern zwischen Amphibienpopulationen (Stand April 2021). - https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/hygieneprotokoll/Hygieneprotokoll.pdf