Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Rotmilan  (Milvus milvus (L.))

EU-Code: A074

Artenschutzmaßnahmen

  1. Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)
  2. Entwicklung und Pflege von Extensivgrünland (O1.1)
  3. Entwicklung und Pflege von Extensivacker (O2.1, O2.2)
  4. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Rotmilane brüten meist am Waldrand, in Baumgruppen oder auch in Einzelgehölzen. Als Brutplatz optimal geeignete Gehölzbestände werden für den Rotmilan gesichert, um insbesondere in baumarmen Landschaften ein Angebot an störungsarmen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu gewährleisten. Sofern zugleich die Anforderungen an günstige Nahrungshabitate nicht erfüllt sind, soll die Maßnahme in Kombination mit Maßnahme 2 oder 3 durchgeführt werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Feldgehölze in der offenen Landschaft (Einzelfläche mind. 0,5 ha) oder bei geschlossenen Wäldern am Waldrand, da Rotmilane gerne in Waldrandnähe brüten (nicht weiter als 200m vom Waldrand entfernt). Im Einzelfall können auch Baumreihen in die Maßnahme einbezogen werden.
  • Gehölzbestand mit für den Rotmilan geeigneten potenziellen Brutbäumen, in der Regel mit mind. mittlerem Baumholz (Brusthöhendurchmesser > 35 cm).
  • In der Regel nicht mehr als 1 km zu günstigen Nahrungshabitaten, je näher zur Maßnahmenfläche desto besser.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Rotmilane verfügen in der Regel über mehrere, jahrweise unterschiedlich genutzte Wechselhorste (s. o., SCHUMANN et al. 2007 S. 18). Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum des Paares bestehen.
  • Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Orientierungswerte: Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht ausgleichen.
  • Die Maßnahme kann flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen umgesetzt werden über einen Nutzungsverzicht (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen) oder die Erhöhung des Erntealters (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen). Als Orientierungswert werden für eine signifikante Verbesserung des Brutplatzangebotes pro Revier bei flächiger Umsetzung mind. 1 ha Maßnahmenfläche empfohlen.
  • Bei Erhöhung des Erntealters: Bei der Ernte muss gewährleistet sein, dass inzwischen andere Gehölze geeignete Strukturen ausgebildet haben. Solange geeignete Altbäume ein limitierender Faktor sind, dürfen bestehende Altbäume nicht eingeschlagen werden.
  • Keine starke Auflichtung, kein Großschirmschlag (HORMANN 2012: 1). Bei Vorhandensein besetzter Horste keine Veränderung des Bestandsbildes (kein Holzeinschlag) im Umfeld von 50m zum Horst (HORMANN 2012: 1).
  • Erhalt aller anderen ggf. vorhandenen Bäume mit Großhorsten. Erhalt auch weiterer funktional bedeutsamer „Requisitenbäume“ wie Kröpfbäume und Ruhebäume (HORMANN 2012: 1): Für die Auswahl als Horstbaum sind neben einem vitalen Altbaum auch abgestorbene Bäume in dessen unmittelbarer Nähe günstig, die auch bei Belaubung der übrigen Bäume gut angeflogen werden können (SCHÖLLNHAMMER et al. 2018: 40).
  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume).
  • Im Einzelfall kann das Anbringen von Baummanschetten als Schutz vor Prädatoren wie Waschbären an bekannten Horstbäumen geprüft werden (LERCH et al. 2014: 9) z. B. durch Anbringen von ca. 1 m langen Folien, schwachem Wellblech oder Drahtkränzen außerhalb der Brutzeit. Bei Folien vorherige Entfernung von Ästen (GLEICHNER & GLEICHNER 2013: 244, MAMMEN et al. 2014: 94). Nach KLAMMER et al. (2018: 77f.) ist die Verwendung von „Verglasungsfolie“ (Dicke 0,72 bis 1 mm), die üblicherweise zum Bau von Gewächshäusern und Frühbeeten benutzt wird, vorteilhaft, da (Teich-) Folien oft dunkel (Hitzestau am Baum und Auffälligkeit) und weniger haltbar sind. Möglich ist auch Wellpolyester, das durch Dehnung der Wellen kleine Stammunebenheiten und graduelles Dickenwachstum des Baumes ausgleicht (SCHÖNBRODT 2015: 86). Anbringung in ca. 2 m Höhe mit Überlappung der Enden um ca. 10-15 cm mit kurzen Schrauben oder Nägeln, die das Kambium nicht schädigen. Vor Anbringung ist die Eignung des Horstbaumes zu prüfen: Ragen starke Äste von Nachbarbäumen in die Krone des Horstbaumes und ermöglichen so das Hineinklettern des Waschbären, reicht die Ummantelung nur am Horstbaum nicht (deshalb kann die Maßnahme nur bei Einzelbäumen oder kleinen Baumgruppen umgesetzt werden; keinesfalls darf die Kletterfunktion großflächig unterbunden werden). Anbringung außerhalb der Brutzeit. Manschetten sollen im Regelfall nur an Bäumen mit erfolgreicher Brut in der zurückliegenden Brutsaison erfolgen: KLAMMER et al. (2018: 79) konnten feststellen, dass v. a. durch Waschbären ausgeraubte Rotmilan-Horste in den Folgejahren nicht wieder besetzt wurden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Bei Anbringung von Baummanschetten jährliche Kontrolle, bei Horstzerfall sind die Manschetten zu entfernen (SCHÖNBRODT 2015: 88).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Bei Erhöhung des Erntealters: Bei der Ernte muss gewährleistet sein, dass inzwischen andere Gehölze geeignete Strukturen ausgebildet haben. Solange geeignete Altbäume ein limitierender Faktor sind, dürfen bestehende Altbäume nicht eingeschlagen werden.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u. a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Keine Durchführung störungsintensiver Arbeiten (z. B. Forstwirtschaft, Brennholzwerbung, Jagd) innerhalb der Brutzeit im Zeitraum Anfang März bis Ende Juli im Umfeld von bis zu 300m.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Rotmilane können sich ihre Horste selbst bauen.
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor und sind mit derzeitigen Methoden für konkrete Flächen nur begrenzt und mit hohem Aufwand nachweisbar, da Rotmilane große Aktionsräume haben und innerhalb ihres Aktionsraumes ggf. flexibel verschiedene geeignete Bruthabitate nutzen können (Wechselhorste). Die Zerstörung von (Brut-) Lebensräumen gilt jedoch als eine der Gefährdungsursachen des Rotmilans, so dass Maßnahmen zum Erhalt / Pflege von Altholzbeständen z. B. von z. B. BAUER et al. (2005), BOYE (2009), HÖTKER (2004), LUWG (2006), MEBS & SCHMIDT (2006), NLWKN (2009) und ORTLIEB (1989) empfohlen werden. Daher besteht grundsätzlich eine hohe Eignung der Maßnahme.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall klären)

2. Entwicklung und Pflege von Extensivgrünland (O1.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bei der Jagd auf Kleinsäuger ist der Rotmilan auf offene, kurzrasige oder lückige Bereiche angewiesen, die den Zugriff auf die Nahrungstiere im Zeitraum April bis Ende Juni ermöglichen. Die Maßnahme stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem ein stetiges Angebot kurzrasiger Bereiche innerhalb eines strukturierten Grünlandes zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Rotmilans und der meist gemeinschaftlichen Nutzung der Nahrungshabitate durch benachbarte Paare ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber punktuell durch mehrere, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Standort mit Potenzial zur Besiedlung durch Kleinnager (z. B. keine staunassen Standorte)
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Reviere. In der Regel nicht mehr als 1 km zum Horststandort.
  • Ebene bzw. übersichtliche Lage. Flächen in steiler Hang- oder Einschnittslage werden wenig bis kaum als Nahrungshabitat genutzt (SOMMERHAGE 2015: 10)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Revier: Es gibt keine begründeten Mengen- bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 5 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen (möglich in Kombination mit Maßnahme 3), je nach lokaler Situation und Beeinträchtigung auch mehr.
  • Im Regelfall keine Anwendung von Pestiziden und Düngern.
  • Mosaikmahd / Staffelmahd von Teilflächen oder Streifen, so dass ein möglichst hoher Grenzlinieneffekt zwischen kurzrasigen und höherwüchsigen Beständen entsteht (in Anlehnung Bosshard et al. 2007, Fuchs & Stein-Bachinger 2008, Müller & Bosshard 2010, Schweizer Vogelschutz SVS & BirdLife Schweiz 2010, Sierro & Arlettaz 2007). Da in den ersten Tagen nach der Mahd die Nutzungsfrequenz und der Jagderfolg von Greifvögeln besonders hoch sind (Aschwanden et al. 2005 für Turmfalke und Waldohreule, Szentirmai et al. 2010 für die Wiesenweihe, Mammen et al. 2010 für den Rotmilan bei Luzerne, Peggie et al. 2011 für den Turmfalken), sollen in der Vegetationsperiode ca. alle 2-3 Wochen (Anpassung an die Wüchsigkeit erforderlich) Teilflächen / Streifen neu gemäht werden. Abtransport des Mahdgutes ab dem Folgetag (nicht sofort, da sonst auch Beutetiere abtransportiert werden), besser nach 2-3 Tagen. Ca. 10 % der Fläche sollen als zweijähriger Altgrasanteil angelegt werden, damit Wirbellose ihre Entwicklungszyklen vollenden können.
  • Je nach Ausgangsbestand kann es sich anbieten, den Anteil der Kräuter zu erhöhen, um das Nahrungsangebot für Mäuse und andere Nahrungstiere des Rotmilans zu erhöhen.
  • Idealerweise werden unbefestigte Feldwege mit geringer Störungsfrequenz in die Maßnahme einbezogen. Bei gering frequentierten Wegen, die im Laufe der Vegetationsperiode zuwachsen, sollen dann die Fahrspuren offen bzw. kurzrasig gehalten werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Maßnahmen müssen darauf ausgerichtet sein, dass während der Vegetationsperiode insbesondere in der Zeit der Jungenaufzucht des Rotmilans (April bis Ende Juni) bzw. bis zum Erntebeginn der Hauptfeldfruchtart kurzrasige bzw. lückige Strukturen in den Maßnahmenflächen vorhanden sind, die eine optische Lokalisierung der Beute und deren Zugriff erlauben (d. h. bei Mahd regelmäßiger Schnitt).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Ein hoher Besatz von Mäusen kann negative Auswirkungen auf angrenzende Kulturen haben.
  • Bei Mahdterminen im Grünland ggf. Konflikte mit Bodenbrütern beachten.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren (Pflege / Herstellung von Grünland und Besiedlung durch Kleinnager).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar.
  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Die mangelnde Verfügbarkeit von Nahrungstieren durch zu hohen Bewuchs der häufig angebauten Kulturpflanzen (Wintergetreide, Mais, Raps) ist seit mehreren Jahren bekannt (NACHTIGALL et al. 2010, NICOLAI & MAMMEN 2009), Maßnahmen zur Erhöhung der Zugänglichkeit der Nahrungstiere durch Kurzrasigkeit wird für den Rotmilan z. B. von MEBS & SCHMIDT (2006, S. 329) empfohlen.
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor, jedoch zahlreiche Beobachtungen, wie Rotmilane Grünlandflächen intensiv nach der Mahd nutzen (BIVER & CONZEMIUS 2010, GELPKE & STÜBING 2010, HILLE 1995).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Entwicklung und Pflege von Extensivacker (O2.1, O2.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bei der Jagd auf Kleinsäuger ist der Rotmilan auf offene, kurzrasige oder lückige Bereiche angewiesen, die den Zugriff auf die Nahrungstiere ermöglichen. Die Maßnahme zur Herstellung von Ackerbrachen stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem ein stetiges Angebot lückiger, grenzlinienreicher Strukturen zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Rotmilans und der meist gemeinschaftlichen Nutzung der Nahrungshabitate durch benachbarte Paare ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber punktuell durch mehrere, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Umsetzung vorzugsweise in ackergeprägten Gebieten
  • Standort mit Potenzial zur Besiedlung durch Kleinnager (z. B. keine staunassen Standorte)
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare
  • Keine Flächen mit starker Vorbelastung von „Problemkräutern“ (z. B. Ackerkratzdistel, Quecke, Ampfer)
  • Kein Umbruch von Grünland für die Maßnahme
  • Lage der streifenförmigen Maßnahmen nicht entlang von frequentierten (Feld-) Wegen
  • Ebene bzw. übersichtliche Lage. Flächen in steiler Hang- bzw. Einschnittslage werden wenig bis kaum als Nahrungshabitat genutzt (SOMMERHAGE 2015: 10)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Revier: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Orientierungswert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Revier insgesamt mind. 5 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen.
  • Grundsätzlich sollen bei den folgenden Maßnahmen im Regelfall keine Düngemittel und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden und keine mechanische Beikrautregulierung erfolgen. Die Maßnahmen können innerhalb einer geeigneten Kulisse auf verschiedenen Flächen rotieren und untereinander kombiniert werden, zudem ist eine Kombination mit Maßnahme 2 möglich.
  • Anlage von Selbstbegrünungen (Brache) oder Einsaat mit geeignetem Saatgut (Blühfläche). Selbstbegrünende Brachen sind insbesondere auf mageren Böden, die nicht zu Dichtwuchs neigen, Einsaaten vorzuziehen. Umbruch je nach Vegetationsstruktur im ein- bis mehrjährigem Rhythmus im Herbst / Winter, um den Charakter mit lückiger Vegetation (Zugriff auf Beutetiere durch den Rotmilan) zu erhalten.
  • Einsaat von Luzerne mit mehreren gestaffelten Mahdterminen (streifenweise Mahd, derselbe Streifen kann ca. alle 5 Wochen gemäht werden). Die Mahd soll zweimal in der Zeit von Anfang Mai bis Mitte Juli erfolgen. Im Zeitraum Mitte Juli bis Anfang Mai des kommenden Jahres keine Mahd, um den Wirbeltieren ausreichend Entwicklungsmöglichkeiten zu geben (vgl. MAMMEN et al. 2014: 87).
  • In den Regionen Niederrheinische Bucht, Weserbergland, Süderbergland, Ballungraum Ruhrgebiet, Westfälische Bucht und Westfälisches Tiefland ist der Anbau von Saatluzerne Medicago x varia und Medicago sativa aufgrund von Hybridisierungsgefahr mit Sichelklee Medicago falcata nur außerhalb dessen Schwerpunktvorkommen gestattet. Die Schwerpunktvorkommen sind örtlich abzugrenzen, ggf. ist auf andere Alternativen zu Luzerne zurückzugreifen (LANUV 2018: 66).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Regelmäßige Pflege entsprechend den o. g. Ausführungen
  • Brachen: Günstig sind mehrjährige Brachen aufgrund erhöhter Beutetierdichte. Allerdings nehmen mit zunehmendem Brachealter auch Höhe und Dichtwuchs zu, die den Zugriff auf Beutetiere für den Rotmilan erschweren.
  • BRABAND et al. (2006: 160) fanden beim Modellvorhaben „Extensivierte Ackerstreifen im Kreis Soest“, dass Mäusebussard und Rotmilan die Maßnahmenflächen zwar häufiger als konventionelle Getreidefelder, insgesamt aber noch vergleichsweise selten aufsuchten, wobei der Rotmilan im Untersuchungsgebiet grundsätzlich nur selten vorkam. Dies wird damit in Zusammenhang gebracht, dass beide Arten in hohem Maße auf offene Bodenflächen für den Nahrungszugriff angewiesen sind, was in den extensivierten Ackerstreifen nur bedingt der Fall war: So wurde festgestellt, dass die Brachestreifen nach der Bodenbearbeitung im März meist schon im Mai wieder so weit aufgewachsen waren, dass sie für beide Arten nicht mehr attraktiv gewesen sein dürften. Auch für andere Arten mit ähnlicher Jagdstrategie wird darauf hingewiesen, dass Brachen bei hoher Wüchsigkeit der Bestände wegen des zunehmend hohen und dichten Bewuchses nur in den ersten 1-2 Jahren für Greifvögel und Eulen geeignet sind (z. B. KOKS et al. 2007: 43 bzgl. Wiesenweihe, LOSKE 2009: Rotmilan, WUNTKE & SCHNEIDER 2003: 79 bzgl. Schleiereule).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Ein hoher Besatz von Mäusen kann negative Auswirkungen auf angrenzende Kulturen haben.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist nach Anlage der jeweiligen Kultur bzw. innerhalb der nächsten Brutsaison wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar
  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Die mangelnde Verfügbarkeit von Nahrungstieren durch zu hohen Bewuchs der häufig angebauten Kulturpflanzen (Wintergetreide, Mais, Raps) ist seit mehreren Jahren bekannt (NACHTIGALL et al. 2010, NICOLAI & MAMMEN 2009), Maßnahmen zur Erhöhung der Zugänglichkeit der Nahrungstiere durch Kurzrasigkeit bzw. Extensivackerbau werden z. B. von MEBS & SCHMIDT (2006), HÖTKER (2004), LOSKE (2009) und NLWKN (2009) empfohlen. Es liegen mehrere Nachweise vor, wie Rotmilane entsprechende lückige Ackerbaukulturen nutzten (MAMMEN et al. 2010, NACHTIGALL et al. 2010; ähnlich z. B. KRACHER 2008 für die Wiesenweihe).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

4. Fazit

Für den Rotmilan stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherung von Bruthabitaten und zur Pflege von Nahrungshabitaten zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Entwicklung und Pflege von Extensivgrünland (Nahrungshabitate): Für den Rotmilan sollen im Regelfall Grünlandmaßnahmen favorisiert werden (Expertenworkshop 6.11.2011 LANUV Recklinghausen).