Großes Mausohr  (Myotis myotis (Borkh.,1797))

(Syn.: Vespertilio murinus, Vespertilio myotis, Myotis murinum)

EU-Code: 1324

Artenschutzmaßnahmen

  1. Erweiterung des Quartierangebotes im Siedlungsbereich (FL1)
  2. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)
  3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)
  4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)
  5. Förderung von Hallenwäldern mit freiem Flugraum über dem Waldboden (W9)
  6. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Erweiterung des Quartierangebotes im Siedlungsbereich (FL1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch Optimierung von quartiergeeigneten Strukturen im Siedlungsbereich sollen Quartierverluste kompensiert werden (diese Maßnahme gilt nur für den Fall, dass bestehende Quartiere im Siedlungsbereich, beispielsweise auf Dachböden oder sonstige Spaltenquartiere verloren gehen).Öffnung von Dachböden / Schaffung von EinflugmöglichkeitenOptimierung von Hang- / Versteckmöglichkeiten (wie z.B. Fledermausbrettern)Möglichkeiten Gebäudestrukturen zu erhalten bzw. als Quartierstrukturen zu optimieren sind bei DIETZ & WEBER (2000), REITER & ZAHN (2006) und KULZER & MÜLLER (1997) dargestellt. Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt werden und können nicht allgemein beschrieben werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Je nach örtlicher Situation müssen spezifische Rahmenbedingungen eingehalten werden (s. die allgemeinen Zusammenstellungen in DIETZ & WEBER (2000), REITER & ZAHN (2006), LfU Bayern (2008).
  • In der Regel sollen verschiedene Hangmöglichkeiten entsprechend der unterschiedlichen Präferenz (temperaturabhängig) bereitstehen.
  • Die vorgefundenen Quartierstrukturen müssen – sofern nicht eindeutig ungünstig – möglichst erhalten werden.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (fledermausgerechte Öffnungen, die anderen konkurrierenden Arten keinen Zutritt erlauben). Die vorhandenen Öffnungen in Türmen und Dachböden der Gebäude sind im Allgemeinen fast hermetisch geschlossen worden und können deshalb nicht mehr von Fledermäusen besucht werden; die potenziellen Zugänge eines Kirchenraumes (Schallöcher, Fenster, Rüstlöcher), eines Dachbodens (Lüftungsöffnungen um die Fußpfette, Rüstlöcher, Luken, Lüftungsziegel oder –öffnungen) sowie der verschiedenen Giebel (Fenster, Rüstlöcher usw.) sind oft abgedichtet, um eine Besiedlung durch Tauben zu verhindern).
  • Bislang genutzte Ein- und Durchflugöffnungen müssen erhalten bleiben, da neue Öffnungen meist nur zögerlich oder gar nicht angenommen werden.
  • Öffnung des Zuganges: Schaffung von mehreren Zugangsmöglichkeiten, beispielsweise durch Fledermausluken (Trichterförmige Lüftungsöffnung, die in die Dachschräge eingebaut wird, mit mindestens ca. 40 cm Breite und höchstens 7 cm, bei Gefahr des Taubensatzes 6 cm Höhe. (siehe FAIRON et al. 2002). Vor der Fledermausluke sollte ein kleines horizontales Anflugbrett von 5-10 cm Breite befestigt werden. Die Fledermausluken werden sofern möglich unterhalb der Mitte der Dachschräge eingebaut, um ein warmes Mikroklima unter dem First zu garantieren
  • Weitere Vorschläge und nähere Angaben in FAIRON et al. (2002), KULZER & MÜLLER (1997).
  • Keine Verwendung von Fledermaus gefährdenden chemischen Holzschutzmitteln bei Dachsanierungen (Liste Fledermaus verträglicher Holzschutzmittel) (pdf 530 kb)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Maßnahme sollte nur nach vorheriger Suche nach potenziell vorhandenen Ausweichquartieren im räumlich-funktionalen Zusammenhang durchgeführt werden (ggf. Telemetrie erforderlich).
  • Die Durchführung der Maßnahmen zur Neuschaffung / Optimierung von Quartierangeboten muss mit der Hilfe von sach- /ortskundigen Experten geplant und auch während der Bauausführung begleitet werden, um eine optimale Ausgestaltung der Maßnahme zu gewährleisten.
  • Je nach örtlicher Situation müssen spezifische Rahmenbedingungen bezüglich der (störungsfreien) Bauzeiten, der Bauausführung und der verwendeten Materialien eingehalten werden (s. die allgemeinen Zusammenstellungen in DIETZ & WEBER 2000, FAIRON et al. 2002, REITER & ZAHN 2006, LfU Bayern 2008).
  • Generell:
  • Bauzeitbeschränkung: Bauarbeiten sind bei Wochenstubenquartieren von Ende August (Auflösung der Wochenstube meist bereits abgeschlossen) bis Ende März / Anfang April und bei Winterquartieren von Anfang Mai bis Ende Juli möglich. Wichtig ist die Fertigstellung vor Einzug der Tiere im Frühjahr, da eine starke Störung zu dieser Zeit eher zur Quartierverwaisung führen kann, als die Vertreibung einiger später Tiere im Herbst. Renovierungen bei ganzjährig genutzten Quartieren sind im Einzelfall nach den Empfehlungen der örtlichen Experten zu planen, der günstigste Zeitpunkt ist nur über eine Einzelfallprüfung ermittelbar.
  • Vorhandene Hangmöglichkeiten und Duftmarken sollen möglichst erhalten und ausgedehnt werden.
  • Mikroklima, Belüftung: Eine Änderung der Belüftung oder Belichtung des von Fledermäusen bewohnten Dachstuhls führt oft zum Verlust von Hangplätzen, u.U. wird das Quartier ganz aufgegeben.
  • Sicherung der Ein- und Ausflüge: Mausohren nehmen manchmal ungewöhnliche Wege um ihr Quartier zu verlassen und sind in diesem Verhalten auch sehr konservativ. Deshalb bleibt vor einer Sanierung immer unklar, ob sie neue angebotene und bautechnisch besser zu realisierende Öffnungen annehmen.
  • Weitere Optimierungsmöglichkeiten:
  • Einbau von taubensicheren Durchflugmöglichkeiten für Fledermäuse (LfU Bayern 2008) in Dach- und/oder Giebelfenstern oder Schleppgauben. Dadurch können verschlossene Dachböden zugänglich gemacht werden. Beispiele in LfU 2008: http://www.fledermaus-bayern.de/content/fldmcd/schutz_und_pflege_von_fledermaeusen/fledermausquartiere-gebaeuden-lfu-broschuere.pdf
  • Anbringen von zusätzlichen Hangplätzen (Schemazeichnungen aus DIETZ & WEBER 2000 über NABU Hessen): http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fledermaeuse/3.pdf Neben Hangmöglichkeiten im Giebel von Dachböden sowie in engen Nischen / Spalten von Deckenbohlen können geeignete Spaltenverstecke zum Beispiel mittels im Abstand von 5–7 cm parallel verlaufenden Dachlatten geschaffen werden.
  • Spalten als Giebelverkleidung http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fledermaeuse/4.pdf.
  • Weitere erhältlich beim NABU Hessen, Wetzlar.
  • Es ist darauf zu achten, dass keine für Fledermäuse giftigen Holzschutzmittel verwendet werden (in Deutschland sind fledermausunverträgliche Holzschutzmittel verboten). Bei allen Holzteilen, mit denen die Fledermäuse direkt in Kontakt kommen, ist auf chemischen Holzschutz ganz zu verzichten.
  • Fledermausverträgliche Holzschutzmittel: http://www.fledermausschutz.ch/DOWNLOAD/PDF/Holzschutzmittelliste.pdf
  • Alternativ können Heißluftverfahren, die alle Holzschädlinge abtöten, angewendet werden.
  • Beleuchtung: eine Außenbeleuchtung (v.a. relevant bei exponierten Kirchen und historischen Gebäuden) ist in der Regel der Quartiereignung abträglich; ggf. wäre eine Beschränkung auf die Monate Oktober bis März zu prüfen.
  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Art, Umfang und sonstige Eigenschaften des neuen Wochenstubenquartiers müssen sich an den verloren gehenden Strukturen und Quartiereigenschaften orientieren. (Es wird empfohlen, von den Fledermäusen genutzte Strukturen aus dem verloren gehenden Quartier auszubauen und für die Neugestaltung des neuen Quartiers zu nutzen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Das Quartier ist dauerhaft alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Rahmenbedingungen sind im Einzelfall durch Voruntersuchungen zu klären. Sind die vorhandenen Ausflüge nicht bekannt, müssen die Ein-/Ausflugbereiche vor der Sanierung durch Experten ermittelt werden.
  • Störungen im Quartier während der Wochenstubenphase sind oftmals nicht ganz vermeidbar. Dann müssen sie auf ein Minimum reduziert und zeitlich sowie räumlich auf die Ansprüche der Fledermäuse abgestimmt werden (Hinweise in UHL 2003, BLOHM et al. 2005).
  • Verschmutzungen durch Fledermauskot sind nicht vermeidbar (beim Großen Mausohr ist der Kot vergleichsweise auffällig). Deswegen absehbare Nutzungskonflikte müssen durch Aufklärung und ggf. jährliche Reinigung im Vorfeld vermieden werden.
  • Vor der Anlage neuer Ein- und Durchflugöffnungen / Öffnung von Dachböden für Fledermäuse, ist darauf zu achten, dass keine für Fledermäuse giftigen Holzschutzmittel verwendet wurden. Zurückliegende Holzschutzbehandlungen können noch nach Jahrzehnten toxische Wirkungen haben, wenn Fledermäuse mit kontaminierten Holzteilen in Kontakt kommen. Auf mögliche Rückstände chemischer Holzschutzmittel ist daher die Bausubstanz sorgsam zu prüfen (ggf. Holzschutz- / Schadstoffgutachten erforderlich).
  • Nutzungskonflikte mit Eulen (v.a. Schleiereule) sind zu beachten (dazu: BERND et al. 2000).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb von 5 Jahren möglich (sofern ein bestehendes Quartier saniert wurde bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem bestehenden Quartier neu entsteht).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Quartierstrukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Der Maßnahmentyp Sanierung wird in der Literatur als allgemeine Zielsetzung häufig benannt (z. B. LANUV: http://ffh-arten.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-arten/de/arten/gruppe/saeugetiere/schutzziele/6521, NLWKN 2010, weitere Internetquellen s.u.).
  • Sanierungsmaßnahmen als solche werden nicht in Frage gestellt. Es liegt ein umfangreiches Erfahrungswissen aus Sanierungen im Siedlungsbereich (u.a. BLANT 1991, BLOHM et al. 2005, DIETZ & WEBER 2000, FANKHAUSER 1996, GEBHARD & LANDERT 2002, JABERG 1997, MAGNIN 1994, OHLINGER 2007, RYSER 1989, SCHULZE 1992) und von der Sanierung von (Straßen-)Brücken (HECK & BARZ 2000) dahingehend vor, dass bestimmte – vergleichsweise geringe - Sanierungseingriffe von Mausohrwochenstubenkolonien toleriert werden. Hinweise die den Maßnahmentyp infrage stellen, beziehen sich darauf, dass die Traditionsbindung der Fledermaus-Individuen nicht unterschätzt werden darf und der Maßnahmenerfolg insoweit ungewiss bleibt, wenn ein Quartier nicht spiegelbildlich zu den verloren gehenden Strukturen hinsichtlich der Hangplatzqualität und der Lage der Öffnungen für den Einflug hergestellt werden kann.
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen einer neuen Einrichtung eines Quartiers für das Große Mausohr liegen bislang nicht vor. Im Grundsatz liegen positive Experteneinschätzungen vor (s.o.); es sind aber gravierende Kenntnisdefizite in Bezug auf die Akzeptanz von neu geschaffenen Quartieren vorhanden.
  • Die speziellen Anforderungen und die Wissenslücken bezüglich der Traditionsbildung im Detail verursachen oft Unsicherheiten. Die für eine hohe Prognosesicherheit erforderliche Randbedingung, dass die beeinträchtigten Quartierqualitäten annähernd eins zu eins wiederhergestellt werden, wird sich nur äußerst selten realisieren lassen. Es ist bislang nicht bekannt, ob der Verlust einzelner Teilquartiere von einer Wochenstubenkolonie kurzfristig kompensiert wird (sofern Ersatzquartiere bereitstehen, vgl. u.a. FANKHAUSER 1996). Die Experten aus NRW weisen darauf hin, dass auch ehemalig genutzte Quartiere nicht durchweg wieder genutzt werden. Der Neuanlagen von Quartieren wird daher eine geringe Eignung attestiert.
  • Sofern die o.g. Rahmenbedingungen (1:1-Anlage) aber gewährleistet werden können, wird die Maßnahme aber als sinnvoll und insoweit auch als CEF-Maßnahme geeignet angesehen werden. Die Prognosesicherheit ist dann ausnahmsweise hoch.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: gering

Fazit Eignung: gering

2. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch das Ausbringen von Fledermauskästen sollen Quartierverluste im Wald (speziell: Einzel- und Paarungsquartiere) kurzfristig kompensiert werden. Wochenstubenquartiere können hierdurch keinesfalls ersetzt oder geschaffen werden (vgl. Maßnahme „Erweiterung des Quartierangebotes im Siedlungsbereich“).Zur langfristigen Sicherung des Quartierstandorts muss der umliegende Wald aus der regulären forstlichen Nutzung genommen werden. Wichtig ist eine Erhöhung des Erntealters von Waldbeständen (>160 Jahre für Buchen-, >200 Jahre für Eichen-, >120 Jahre für Nadelwälder), sodass sich eine ausreichende Anzahl an natürlichen Baumhöhlen entwickeln kann. Die Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Quartiere / Quartierhabitate im räumlichen Zusammenhang an anderer Stelle zu fördern und zu entwickeln.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Der Maßnahmenstandort (Ausgangsbestand) muss eine gewisse, der Art angepasste Ausprägung bzw. Qualität aufweisen (Laub-/Laubmischwälder mit entsprechendem Baumabstand und Alter, die auch als Jagdhabitat geeignet sind).
  • Die Maßnahme ist nur als Ersatz für Baumquartiere geeignet, die i.d.R. als Einzelquartiere oder Paarungsquartiere genutzt werden.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Die Ausbringung der Kästen soll in Gruppen zu je 10 Stk. in den ausgesuchten Parzellen erfolgen. Jede Kastengruppe soll mehrere Modelle beinhalten (s.u.).
  • Das Anbringen der Kästen soll in unterschiedlichen Höhen (>3-4 m als Schutz vor Vandalismus, Diebstahl und Störungen) und mit unterschiedlicher Exposition (von schattig bis sonnig, am Bestandsrand / im Bestand) erfolgen.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (Freiheit von hineinragenden Ästen).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Als Einzel- / Paarungsquartiere werden vom Großen Mausohr verschiedene Rundkastentypen im Wald angenommen (HORN 2005, LEITL 1995, MAINER 1990, SCHWARTING 1990, 1992, 1994).
  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren sind 15 Kästen pro Hektar (in Anlehnung an die ABC-Bewertung des LANUV NRW, 2010) gruppenweise auf den geeigneten Flächen anzubringen.
  • Kasten tragende Bäume sind zu markieren und dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen.
  • In einer Pufferzone von 100 m um den Kastenstandort muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: je Verlust eines Einzel- / Paarungsquartiers hat sich in der Praxis ein Ersatz durch 5-10 Fledermauskästen etabliert. Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum der Kolonie bestehen. (Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen die genannten Orientierungswerte (fachliche Einschätzung) unter dem Aspekt geringerer Lebensdauer und – thermischer und im Hinblick auf Parasitenbefall – eingeschränkter Funktionalität gegenüber natürlichen Baumhöhlen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Kästen sind dauerhaft mindestens jährlich auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. In diesem Rahmen erfolgt eine jährliche Reinigung (Entfernen von Vogel- und anderen alten Nestern).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahme kann nur als kompensatorische Übergangslösung angesehen werden.
  • Die Maßnahme ist nicht geeignet, Quartierverluste in Gebäuden zu kompensieren.
  • Zur kurzfristigen Kompensation sind Fledermauskästen vor allem in baumhöhlenarmen Wäldern auszubringen. Die langfristige Sicherung von Quartieren ist über den Nutzungsverzicht und die Entwicklung von Höhlenbäumen im Umkreis von 100 m um den Kastenstandort sicherzustellen.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u.a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.
  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume / Bäume an denen Kästen angebracht werden).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren (nach allgemeinen Erfahrungswerten, sofern ein Bedarf an zusätzlichen Quartieren gegeben ist).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Einzelfeststellungen (s. die o.g. Literatur) als hoch eingeschätzt. Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor. Es existieren Belege, dass bereits nach kurzer Zeit (lt;1 Jahr) Kästen durch Einzeltiere angenommen werden (THIES im Rahmen des Expertenworkshop, HEUSER, mündl.). Es existieren keine dem Maßnahmentyp widersprechenden Hinweise. Daher besteht grundsätzlich eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zum Ersatz von Männchen, -Zwischen- und Balzquartieren.
  • Allerdings stellt sich regelmäßig die Frage nach der Notwendigkeit, da Zwischenquartiere im Wald für Mausohrkolonien vermutlich selten bestandslimitierend sind.
  • Die Maßnahme genügt nach Überzeugung der beteiligten Experten nicht den Anforderungen an CEF-Maßnahmen. Nach MESCHEDE & HELLER (2000), F&E-Vorhaben des BfN: „Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern“) ist der Einsatz von Nistkästen nicht geeignet, um langfristig den Mangel an natürlichen Höhlen auszugleichen. (Ebenso: BRINKMANN et al. 2008). Aufgrund dieser Auffassungen wir die Wirksamkeit als mittel eingestuft. RUNGE et al. (2010) bewerteten die Eignung dieser Maßnahme ebenfalls mit mittel; die Maßnahme stellt für die Autoren nur eine Übergangslösung dar.
  • Vor diesem Hintergrund wird die Maßnahme hier in der Form vorgeschlagen, dass zumindest der den Kasten tragende Baum – besser noch ein entsprechender Waldbestand – dauerhaft aus der Nutzung genommen wird. In der Regel sollte die Maßnahme eingebettet sein in eine Maßnahme: Nutzungsaufgabe von Bäumen / Waldbereichen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel

3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Winterquartiere können im Allgemeinen nicht neu geschaffen werden, da sich diese meist in großen unterirdischen Gewölben, Kellern, Stollen, Höhlen o.ä. befinden, die mikroklimatische Besonderheiten aufweisen und durch eine langjährige Tradition von den Tieren genutzt werden. Da sich Fledermäuse in Winterquartieren sehr häufig in Spalten und nicht einsehbaren Hohlräumen verstecken können, kann der Umfang einer Nutzung sowie die Bedeutung eines Winterquartiers lediglich durch einen fachkundigen Spezialisten zuverlässig eingeschätzt werden. Neben der Beteiligung von ortskundigen Experten sind hierzu i.d.R. vorauslaufend vertiefende Untersuchungen erforderlich. Gehen Winterquartiere verloren, kann in der Regel nur Ersatz geschaffen werden, indem vorhandene Strukturen (Keller, Stollen, Tunnel, Bunkeranlagen), die bislang nicht besiedelt sind, in Bezug auf die von der Art geforderten Quartiereigenschaften optimiert bzw. saniert werden (zum Beispiel durch Schaffung von Hangstrukturen, Verbesserung der klimatischen Eigenschaften des Quartierraumes).Vorhandene, als Winterquartier genutzte, Strukturen hinsichtlich ihrer Quartiereigenschaft optimiert werden, indem zum Beispiel vorhandene Störungen (Zugang für störende Menschen, Zugang für Fressfeinde) eliminiert werden.vgl. die Spezialpublikationen (u.a. MITCHELL-JONES et al. 2007). Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Die Maßnahme ist beschränkt auf sporadische Vorkommen von Einzeltieren und nur dann anzuwenden wenn einzelne Quartiere von einzelnen Individuen verloren gehen. Bei traditionellen Dauerquartieren ist diese Maßnahme nicht anzuwenden und muss stets im Einzelfall betrachtet werden. Das gleiche gilt für das Vorgehen bei einer Betroffenheit von Schwarmquartieren.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Hangmöglichkeiten mit unterschiedlichen Temperatur- und Hangeigenschaften (frostfrei, raue Decken).
  • Störungsfreie Quartierumgebung, insbesondere Beleuchtungsfreiheit.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (fledermausgerechte Öffnungen, die Fressfeinden keinen Zutritt erlauben).
  • Bei allen Sanierungen ist es sehr wichtig, dass vorhandene Ein- und Durchflugöffnungen erhalten bleiben, da neue Öffnungen meist nur zögerlich oder gar nicht angenommen werden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Vorrangig zu ergreifende Optimierungsmöglichkeiten (MITCHELL-JONES et al. 2007: 15 ff.)
  • Sicherung der Zugänge vor unbefugtem Betreten
  • Steuerung von Luftströmung und Temperatur (Große Mausohren bevorzugen wärmere Quartierbereiche)
  • Wiedereröffnung verschlossener unterirdischer Quartiere
  • Anbringen von zusätzlichen Hangplätzen
  • Je nach örtlicher Situation müssen spezifische Rahmenbedingungen eingehalten werden (s. die allgemeinen Zusammenstellungen in MITCHELL-JONES et al. 2007, SCHULZ & SCHULZ 2011).
  • Generell: Bauarbeiten sind bei Winterquartieren von Mai bis Ende Juli möglich. Renovierungen bei ganzjährig genutzten Quartieren sind im Einzelfall nach den Empfehlungen der örtlichen Experten zu planen, der günstigste Zeitpunkt ist meistens nur über eine Einzelfallprüfung ermittelbar.
  • Sofern das Quartier im Wald liegt: In einer Pufferzone von 100 m um das Quartier muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Das Quartier ist dauerhaft (spätestens) alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt, von Spezialisten begleitet werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.
  • Es ist stets zu beachten, dass meist auch weitere Arten in unterirdischen Winterquartieren betroffen sind, welche möglicherweise andere mikroklimatische Bedingungen präferieren.
  • Beratung durch erfahrene Fledermausexperten bei baulichen Veränderungen.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren (sofern ein bestehendes Quartier saniert wurde bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem bestehenden Quartier neu entsteht).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Der Maßnahmentyp Sanierung wird naturschutzfachlich als allgemeine Zielsetzung häufig benannt (z. B. Erhaltung von unterirdischen Schwarm- und Winterquartieren (v.a. Einrichtung von einbruchsicheren Verschlüssen bzw. Fledermausgittern, Vermeidung von Umnutzungen und Störungen, Besucherlenkung, Erhalt und Förderung einer naturnahen Umgebung), s. http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen aber nicht vor.
  • Artbezogene Wirksamkeitsbelege sind nicht vorhanden. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Optimierung von Winterquartieren sehen RUNGE et al. (2010) bei kleineren Individuengruppen (lt;15 Tieren) als sehr hoch an.
  • Sind wesentliche Änderungen in der Quartierbeschaffenheit unvermeidbar, besteht allerdings eine geringe Erfolgswahrscheinlichkeit. Nach Erfahrungen der Experten aus NRW ist die „Umzugswahrscheinlichkeit“ in neue Winterquartiere beim Großen Mausohr gering, da Mausohren tendenziell eine sehr starke Quartiertreue aufweisen. Dieses gilt auch für die Winterquartiernutzung. Aufgrund dessen wird die Eignung dieser Maßnahme als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme als mittel eingestuft.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: Mittel

4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Große Mausohren erschließen sich den Raum, in dem Quartiere und Jagdhabitate liegen, nach Möglichkeit entlang von Leitstrukturen (Waldränder, Gehölzreihen, Hecken in der freien Landschaft): Telemetrieuntersuchungen in entsprechenden Raumausschnitten in der Feldflur, die durch Hecken oder ähnliche linienhafte Elemente gegliedert sind, ergaben eine insgesamt vorherrschende Orientierung der telemetrierten Mausohrindividuen an den entsprechenden Leitlinien (DIETZ mündl. nach Untersuchungen an der BAB A4, BACH & LIMPENS mündl., SIMON & WIDDIG 2005, GRUBER, Büro Ökokart München, nach Telemetrie- und Detektoruntersuchungen 2006 und 2009 an der geplanten BAB A94, mündl. Mitt.); an den von GRUBER (ebd., schriftl. Mitt.) bei München vergleichend untersuchten Probeflächen flogen 88% der Mausohren (n=211 Kontakte) strukturnah bzw. strukturorientiert. Entsprechend kann durch Pflanzung von Hecken / Gehölzen der Zugang zu vorhandenen oder zusätzlichen Jagdhabitaten erschlossen/verbessert werden, etwa durch das Schließen von (großen) Lücken in Heckensystemen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Als verbindendes Element zwischen Standort der Wochenstubenkolonie und günstigen (potenziellen oder nachgewiesenen) Jagdhabitaten.
  • Grundsätzlich sollten keine Maßnahmen in Straßennähe angelegt werden, sofern nicht für sichere Querungsmöglichkeiten gesorgt ist (kollisionsempfindliche Art, FÖA 2011).
  • Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen. Hierbei kann Dunkelheit auch als Lenkmaßnahme gezielt eingesetzt werden.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur.
  • Um zusätzliche oder vorhandene Jagdhabitate durch Pflanzung von Baumreihen / Gehölzen für das Große Mausohr zu erschließen, sind zusammenhängende, vernetzende Strukturen von ausreichender Länge erforderlich, die mind. >0,5 km pro Einzelmaßnahme erfordern.
  • Ergibt sich aus Telemetrie- oder Detektoruntersuchungen, dass die Flugwegeverbindungen eine unterschiedliche Funktion / Bedeutung haben, muss dies Berücksichtigung finden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Gehölzpflege alle 10-15 Jahre (Erhaltung der geschlossenen Struktur) durch begrenzte Pflegeeingriffe (s. u.).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Um die Pflanzung dauerhaft zu machen, sollten die geplanten Gehölzstandorte mit der örtlichen Landwirtschaft abgestimmt werden.
  • Umfangreiche Pflegeeingriffe (zum Beispiel „auf den Stock setzen“) können auf größerer Länge nur durchgeführt werden, wenn die Individuen nicht präsent sind (Winter) bzw. sofern Ersatzstrukturen (eine andere Hecke in der Nähe oder ein provisorischer Zaun) die Verbindungsfunktion auch während der Pflege bzw. des Wiederanwachsens aufrechterhalten können.
  • Schnellwachsende Gehölze (z.B. Weiden) an gut wasserversorgten Standorten sorgen kurzfristig für eine dichte, und ausreichend hohe Leitstruktur. An mageren Standorten ist eine kurzfristige Eignung nur mit einem räumlich dichten Einsetzen von Heisterpflanzungen zu erreichen. Ansonsten ist nur eine mittelfristige Wirksamkeit der Maßnahme zu erreichen.
  • Nach Angaben der Experten aus NRW ist diese Maßnahme nur in Sonderfällen (Betroffenheit / Verlust stark frequentierter Flugwege) geeignet und hat ansonsten eher eine geringe Priorität.
  • Bei der Planung einer Neuanlage von Gehölzstrukturen sind die möglichen (negativen) Auswirkungen auf andere Arten (u.a. Offenlandbrüter) zu berücksichtigen und ggf. naturschutzfachlich gegeneinander abzuwägen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist – je nach Standort – kurz- bis mittelfristig (1-5 Jahre) umsetzbar. Die Gehölzpflanzungen müssen eine Höhe von, nach Gutachtereinschätzung entsprechend den Daten bei diesbezüglich vergleichbaren Arten wie der Fransenfledermaus und der Breitflügelfledermaus (s. dort in den Artsteckbriefen), vermutlich mindestens 2-3 m haben, um funktional wirksam zu sein.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind unter günstigen Bedingungen kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind vergleichsweise gut bekannt.
  • Wissenschaftliche Belege existieren nur mittelbar (Analogieschlüsse, s.o.) und nur in der grauen Literatur (o.g. Arbeiten). Die Plausibilität der Maßnahme wird aber als hoch eingestuft, zumal eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme herstellbar ist. (Insoweit wäre ggf. auch der Maßnahmenerfolg durch ein maßnahmenbezogenes Monitoring eindeutig feststellbar).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Förderung von Hallenwäldern mit freiem Flugraum über dem Waldboden (W9)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Erhöhung des Anteils an Waldfläche, der als geeignetes Jagdhabitat zur Verfügung steht. Die Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Nahrungshabitate zu ersetzen, welche im Einzelfall insbesondere im engeren Umfeld von Fortpflanzungsstätten (Wochenstubenquartieren) als essentielle Nahrungshabitate eingestuft werden können. Eine Optimierung von Jagdhabitaten kann durch waldbauliche Maßnahmen erfolgen, mit der Zielsetzung, freien Flugraum über dem Waldboden entstehen zu lassen und eine entsprechende Insektendichte zu fördern:Auflichten dichter Gehölzbestände, Erhöhung des Baumabstandes (>3-4 m) in dichten Beständen.Förderung von Waldweide.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Möglichst größere zusammenhängende Waldgebiete und Waldinseln ab >5-10 ha mit Laub(Misch)Waldbestand.
  • Vor dem Hintergrund dass die Art als empfindlich gegenüber Barrieren und gegenüber Kollisionen gilt, sollten Nahrungshabitate und Quartierhabitate zueinander räumlich zugeordnet sein und nicht durch Barrieren bzw. Kollision verursachende Infrastruktur, wie zum Beispiel eine breite Straße, zerschnitten sein.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die erforderliche Habitatqualität
  • kann aus Habitatanalysen entnommen werden (MESCHEDE & HELLER 2000, DENSE & RAHMEL 2002 (südl. Niedersachsen), BIEDERMANN et al. 2002 (Thüringen), ZAHN et al. 2005, ZAHN et al. 2006 (Bayern)),
  • ist der Beschreibung der Habitateignungsklassen in der Kartiermatrix des LANUV NRW (FB 24/Artenschutz, Kartierungsmatrix M. myotis, 02/2010) zu entnehmen.
  • Orientierungswerte: Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Fachliche Einschätzung:
  • Eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes im Aktionsraum einer Kolonie wird erzielt, wenn eine Erhöhung der als gut bis sehr gut geeigneten Jagdgebietsfläche im 5 km Radius um eine Wochenstube (Kolonie) um > 20% (in Anlehnung an LANUV NRW FB 24/Artenschutz, Kartierungsmatrix M. myotis, 02/2010) erzielt wird.
  • Aufgrund der gemeinschaftlichen Nutzung von Nahrungshabitaten entspricht der Maßnahmenbedarf auch bei Betroffenheit von Jagdgebieten mehrerer Individuen der verloren gehenden oder funktional entwerteten Fläche.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Waldpflege alle 5–10 Jahre (Offenhaltung, ggf. waldbauliche Eingriffe bei ungünstiger Entwicklung oder Dominanz unerwünschter Arten / Bodenbedeckung).
  • Die Maßnahmen müssen v.a. darauf ausgerichtet werden, den Wald als Flugraum / Jagdhabitat der Art zu erhalten. Hierzu müssen die Baumabstände mindestens >3-4 m betragen und die Bodenschicht arm an krautiger Vegetation gehalten werden (ggf. durch die Anlage von Waldweiden).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Vor der Maßnahmendurchführung ist zu untersuchen, in welchem Umfang und räumlicher Konstellation essentielle Nahrungshabitate betroffen sind.
  • Ergibt sich aus Telemetrie- oder Detektoruntersuchungen, dass die umliegenden Wälder / Jagdgebiete eine unterschiedliche Funktion / Bedeutung für die betroffene Kolonie haben, muss dieses bei der Maßnahmenplanung und Flächenwahl Berücksichtigung finden.
  • Falls die Maßnahme erwogen wird, müssen die entgegenstehenden Habitatansprüche von anderen Waldfledermausarten und weiteren Waldtierarten berücksichtigt werden. Für viele Waldarten bietet eine reich strukturierte Kraut-, Strauch- und untere Baumschicht Nahrung und Deckung. Zielkonflikte können auftreten. Dann sind die Argumente für und gegen die Maßnahme naturschutzfachlich sorgfältig abzuwägen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist – abhängig von vorhandenen geeigneten Ausgangsbeständen – kurz- bis mittelfristig umsetzbar.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind unter normalen Bedingungen kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art in Bezug auf den Nahrungshabitat sind gut bekannt.
  • Die Zielhabitate entsprechen den Anforderungen der Art in besonderer Weise (u.a. MESCHEDE & HELLER 2000, BRAUN & DIETERLEN 2003). Die Verfügbarkeit von Nahrung / Beutetieren wird plausibel erhöht, sei es durch Verbesserung des Zuganges zu Nahrungsinsekten (v.a. Laufkäfern), sei es durch Erhöhung des Anteils an Nahrungshabitaten.
  • Von einer Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zur Herstellung von Nahrungshabitaten wird ausgegangen.
  • Die Plausibilität der Maßnahme wird als hoch eingestuft, zumal eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme herstellbar ist (insoweit ist auch der Maßnahmenerfolg eindeutig feststellbar).
  • Zielkonflikte können auftreten (s.o.). Falls die Maßnahme erwogen wird, müssen auch die Habitatansprüche von anderen Waldfledermausarten und weiteren Waldtierarten berücksichtigt werden.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch (Zielkonflikte beachten)

6. Fazit

Für das Große Mausohr stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Bereitstellung von Quartieren sowie Optimierung von Sommer- und Winterlebensräume zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Für das Große Mauohr hat die Erweiterung und Optimierung des Quartierangebotes in Siedlungsräumen eine hohe Priorität. Fortpflanzungsstätten der Reproduktionsgemeinschaft aus weiblichen Tieren (die Wochenstuben) können nach derzeitigem Kenntnisstand aufgrund der ausgeprägten Quartiertreue nicht kurzfristig ersetzt oder ausgeglichen werden. Durch die Neuschaffung und Erweiterung des Quartierangebotes in Siedlungsräumen ist eine langfristige Entwicklung möglich und sinnvoll. Daher besitzt die Maßnahme „Erweiterung des Quartierangebots im Siedlungsbereich“ (trotz einer geringen Eignung als CEF-Maßnahme aufgrund der Unwägbarkeiten) eine hohe Priorität.Kurzfristig kann die Maßnahme „Anbringen von Fledermauskästen“ zusätzliches Quartierangebot als Einzel- / Männchen- und für Paarungsquartiere bereitstellen. Aufgrund der spezialisierten Jagdweise als Bodenjäger und des enormen Nahrungsbedarfs dieser großen Fledermausart, hat der Erhalt ausreichender Nahrungshabitate insbesondere im nahen Umfeld der Wochenstuben eine besondere Bedeutung für die Lokalpopulation (Förderung von Hallenwäldern mit freiem Flugraum über dem Waldboden). Das Angebot an geeigneten Jagdhabitaten kann durch Optimierung derzeit ungünstig strukturierter Wälder kurzfristig verbessert werden. Allerdings steht diese Maßnahme vielfach im Konflikt mit den Habitatansprüchen anderer Waldarten und muss entsprechend besonders begründet sein. Die „Anlage von Gehölzstrukturen“ besitzt trotz hoher Eignung zur räumlichen Erschließung weiterer Jagdgebiete für diese strukturgebundene Art nur eine geringe Priorität, da i.d.R. ein Wegfall solcher Strukturen nur in Sonderfällen bestandslimitierende Wirkungen auf eine Wochenstubenkolonie hat.