Moorfrosch  (Rana arvalis Nilsson,1842)

(Syn.: Rana terrestris, R. oxyrrhinus, R. palustris)

EU-Code: 1214

Artenschutzmaßnahmen

  1. Anlage von (Still)Gewässern (G1)
  2. Anlage / Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten und nassen Standorten (O1.1.2)
  3. Stabilisierung des Grundwasserstandes / Wiedervernässung (G4)
  4. Förderung naturnaher Waldentwicklung (W1.6) / Waldumbau (W6) / Einbringen von Stubben und Totholz (W5.1)
  5. Gewässerpflege (G6)
  6. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Anlage von (Still)Gewässern (G1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Neuanlage von flachgründigen, sonnenexponierten Kleingewässern mit Verlandungszone und vertikalen Strukturen im Gewässer (Seggen, Binsen, Schilf) in direkter Umgebung zu geeigneten Landlebensräumen. Zudem können bestehende, jedoch nicht besiedelte Gewässer durch Pflegemaßnahmen optimiert werden, sodass eine Spontanbesiedlung stattfinden kann (vgl. Maßnahme Gewässerpflege).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche entsprechend dem Median des Aktionsradius i.d.R. nicht weiter als 200 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Nährstoffarme und sehr nasse Standorte (RÜCKRIEM et al. 2009, VON BÜLOW et al. 2011).
  • Da die metamorphosierten Tiere im Landlebensraum ihre Nahrung aufnehmen, ist die direkte Anbindung der Landlebensräume an die Laichgewässer von höchster Priorität (GLANDT 2006).
  • Die Anlage der Gewässer in Waldnähe ist von Vorteil, da Moorfrösche nach GLANDT (2006, S. 84) Wälder oder Waldränder mit dichter Krautschicht zur Überwinterung bevorzugen.
  • Laut GLANDT (2008b) sind Gewässerneuanlagen besonders vielversprechend, wenn sie im Randbereich alter Hochmoorreste mit Mischwasser (pH-Wert ca. 5) liegen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Komplex aus zahlreichen (>10) Kleingewässern (Tümpel, Kleinweiher) oder einem großen (>1 ha) Einzelgewässer. In Westdeutschland bevorzugt der Moorfrosch vergleichweise größere Laichgewässer (HÜBNER & SENNERT 1987).
  • Das angrenzende Sommerhabitat sollte je nach Populationsgröße mindestens ein Umfeld von 500-1000 m umfassen (BÜCHS 1987b, HARTUNG 1991).
  • Das angrenzende Winterhabitat sollte mindestens 1 ha große Waldflächen umfassen (PAN & ILÖK 2010).
  • Vor der Neuanlage sollte möglichst eine Abschiebung des Oberbodens durchgeführt werden, da sich laut GLANDT (2008b) Nährstoffvorräte mobilisieren und zu einer schnellen und starken Ausbreitung von beschattender Vegetation (Flatterbinsen) führen können.
  • Flache Gewässer werden bevorzugt (FISCHER & PODLOUCKY 2008), jedoch muss bis Juli ein durchgehend hoher Wasserstand gewährleistet sein (BOBBE 2003a, VON BÜLOW et al. 2011). Die Gewässer sollen so flach angelegt werden, dass sie wenigstens alle paar Jahre austrocknen, um einen zu starken Prädationsdruck durch Fische zu vermeiden (BRAND & GEBHARD 2008).
  • Eine im Tagesverlauf längere Besonnung und eine windgeschützte Lage sind laut FISCHER & PODLOUCKY (2008) optimal.
  • Laut SCHESKE (1986) dienen vor allem meso- bis oligotrophe Gewässer mit reicher Vegetation als Laichgewässer. Der pH-Wert des Gewässers sollte um ca. 5 sein, 4,5 jedoch nicht unterschreiten (BOBBE 2003a).
  • Anteil besonnter Flachwasserzonen 70 % am Gesamtflächenanteil (PAN & ILÖK 2010):
  • Ausstattung des Gewässers mit Sauergrasrieden (Carex spec.), nicht zu dichten Röhrichten (z.B. Glyceria) und Pfeifengrasbeständen (Molinia caerulea), welche zur Laichballenabgabe genutzt werden (SIMON & SCHADER 1996).
  • Verzicht auf Fischbesatz da der Moorfrosch laut VIERTEL (1980, zitiert in GLANDT 2006) besonders unter Fischprädation leidet.
  • Anlage einer 50 m breiten Pufferzone um die Gewässer, um den Schadstoff- und Düngemitteleintrag zu reduzieren (VON BÜLOW et al. 2011).
  • Eine ausreichende Wasserhaltekapazität des Untergrundes ist zu gewährleisten und eventuell im Voraus zu prüfen, ansonsten können geeignete natürliche oder künstliche Materialien zur Abdichtung verwendet werden (BAKER et al. 2011), wobei auf eine regelmäßige Austrocknung des Gewässers zur Minderung des Prädationsdruck zu achten ist (BRAND & GEBHARD 2008).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die unmittelbare Umgebung und die Gewässerufer sind durch eine extensive Beweidung oder Mahd offen zu halten (RÜCKRIEM et al. 2009). Die bei der Entfernung von Binsen und Gehölzen anfallende Pflanzenmasse ist abzutransportieren (BOBBE 2008).
  • Evtl. Prüfung der Wasserhaltekapazität des Untergrundes und der Austrocknungshäufigkeit.
  • Evtl. Entfernen von Fischen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Das Substrat im Gewässerumfeld sollte locker und grabfähig sein (PAN & ILÖK 2010).
  • Im engen räumlichen Zusammenhang der neuen Gewässer ist die Erhaltung bzw. Neuanlage von geeigneten Landlebensräumen (extensives Grünland, Feuchtheiden u. ä.) sicherzustellen (GLANDT 2008a, VON BÜLOW et al. 2011).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Anlage der Gewässer lässt sich kurzfristig durchführen, die Besiedlung mit Pflanzen und Wirbellosen benötigt mindestens eine Vegetationsperiode. Da der Moorfrosch keine Pionierstandorte besiedelt, kann eine spontane Neuansiedlung von neu geschaffenen Gewässern viele Jahre dauern (GLANDT 2008b). RÜCKRIEM et al. (2009) gehen davon aus, dass ein neu angelegtes Laichgewässer bereits nach zwei Jahren seine volle ökologische Funktion für den Moorfrosch erfüllen kann. Auch VON BÜLOW et al. (2011) gehen mit Verweis auf SIMON & SCHADER (1996) davon aus, dass der Moorfrosch neu geschaffene Gewässer relativ schnell annimmt, sofern Strukturen und Vegetation entwickelt sind. Es wird von einer kurzfristigen Wirksamkeit innerhalb von 3-5 Jahren ausgegangen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen nur teilweise Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor. Angaben zur Besiedlung neuer Gewässer widersprechen sich (VON BÜLOW et al. 2011, S.757).
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig, d.h. innerhalb von 2–5 Jahren, entwickelbar und wirksam.
  • Es sind mehrere Nachuntersuchungen dokumentiert, die die grundsätzliche Wirksamkeit belegen (vgl. GLANDT 2008b, BOBBE 2008).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

2. Anlage / Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten und nassen Standorten (O1.1.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Im direkten Umfeld der Laich- und Aufenthaltsgewässer werden zur Optimierung des Landlebensraumes der Art naturnahe Feucht- und Nasswiesen durch Wiedervernässung bzw. Anhebung des Grundwasserspiegels entwickelt (s. hierzu entsprechende Maßnahme).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche entsprechend dem Median des Aktionsradius i.d.R. nicht weiter als 200 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Der Standort sollte einen hohen Grundwasserspiegel aufweisen bzw. dieser sollte ohne großen zeitlichen und baulichen Aufwand zu erhöhen sein (Maßnahmenkombination mit Maßnahme Stabilisierung des Grundwasserstandes / Wiedervernässung).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Bezüglich der Neuanlage von Extensivgrünland und allgemeiner Aspekte siehe Angaben im allgemeinen Maßnahmenblatt Extensivgrünland.
  • Laut GLANDT (2008b) beträgt der Flächenbedarf einer vitalen Moorfrosch-Population mehrere 10 Hektar Gesamtlebensraum.
  • Verzicht auf Düngung (RÜCKRIEM ET AL. 2009), ggf. Aushagerung je nach Ausgangsbedingungen. Entsprechend ist auch eine Entwässerung von Dränagen in die Flächen und ein damit verbundener Nährstoffeintrag zu unterbinden.
  • Extensive Beweidung mit Rindern ist laut HARTUNG et al. (1995) und GLANDT (2008b) die beste Bewirtschaftungsform für Grünlandflächen. Durch die extensive Beweidung entwickelt sich ein vielfältiges, bodennahes Strukturangebot, der Viehtritt auf den feuchten Böden bewirkt die Ausbildung zahlloser wassergefüllter Eindrücke, die sich als Refugialbereiche eignen (HARTUNG et al. 1995).
  • Extensive Beweidung mit maximal 1 bis 2 GVE/ha (GLANDT 2008b).
  • Ist eine Beweidung nicht durchführbar, sollte eine extensive Mahd nach Vorgaben von OPPERMANN & CLAßEN (1998) und LICZNER (1999) durchgeführt werden, wenn möglich mit einem Balkenmäher.
  • Nach Angaben von CLAßEN et al. (1997) stellt ein angepasstes Mahdsystem mit zeitlich versetzter Mahd, Spätmahdflächen und jährlich ungemähten Flächen Rückzugsgebiete bzw. Regenerationsbereiche für Amphibien bereit.
  • Bei Mahd: späte Mahd im Herbst jährlich bzw. im Abstand von 2-3 Jahren wenn sich die Moorfrösche im Winterquartier befinden (BRANDT & GEBHARD 2008). Da die Aktivität der Moorfrösche lt. HARTUNG (1991), PFEIFER & KINKELE (2005) zitiert in VON BÜLOW et al. (2011) weit in den Oktober reicht, ist eine Mahd ab Anfang November zu empfehlen.
  • Eine Mahd im Sommer sollte, wenn überhaupt, bei trockenem Wetter stattfinden, da sich die Moorfrösche dann aufgrund der dort mikroklimatisch besseren Verhältnisse, in Staudenfluren und Röhrichte zurückziehen (BRANDT & GEBHARD 2008). Hierbei ist die Förderung von ungenutzten Saumstrukturen von Vorteil, da sich die Moorfrösche während des Mahdereignisses (bei trockenen Bedingungen) in den mikroklimatisch begünstigten Saumstrukturen (Stauden, Röhrichte) befinden und somit einem Mahdverlust entkommen (BRANDT & GEBHARD 2008).
  • Feuchte Gräben und Wegränder sollten ungenutzt bleiben und somit gewährleisten, dass sich Saumstrukturen (Vegetation aus Stauden und Röhrichtpflanzen) ausbilden, welche dem Moorfrosch mikroklimatisch günstige Rückzugsmöglichkeiten bieten (BRANDT & GEBHARD 2008).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Sicherstellung eines hohen Grundwasserstandes (vgl. Maßnahme Stabilisierung des Grundwasserstandes / Wiedervernässung).
  • Extensive Bewirtschaftung s.o.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Kein Befahren mit schweren Maschinen.
  • Es ist sicherzustellen, dass eine ausreichende Zahl an geeigneten Laichgewässern vorhanden ist (vgl. Maßnahme Anlage von (Still)Gewässern).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Feucht- und Nasswiesen lassen sich durch Wiedervernässung kurzfristig herstellen. Extensivierte Weiden werden laut HARTUNG et al. (1995) schneller und intensiver besiedelt als extensive Wiesen, da sich auf Weiden ein kleinräumig, unregelmäßiges Vegetationsmuster einstellt. Die Wirksamkeit der Maßnahme ist innerhalb von 3-5 Jahren zu erwarten.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen nur teilweise Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Qualitäten sind kurzfristig entwickelbar.
  • Die Maßnahme wird einzeln, oder in der Kombination mit anderen in der Literatur häufig vorgeschlagen (u.a. RÜCKRIEM et al. 2009, VON BÜLOW et al. 2011). BRANDT & GEBHARD (2008) nennen die Grünlandextensivierung als wohl wichtigste Schutzmaßnahme für den Moorfrosch im Steinhuder Meer in Niedersachsen. Es liegt mindestens ein hinreichender Wirksamkeitsbeleg vor (HARTUNG et al. 1995; widersprüchliche Wirksamkeitsbelege sind nicht bekannt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Stabilisierung des Grundwasserstandes / Wiedervernässung (G4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch direkte Bewässerung der Lebensräume (z.B. über die Steuerung der Vorfluter FELDMANN (1983) kann eine Erhöhung des Grundwasserspiegels erreicht werden, um somit Landlebensräume und Gewässer zu schaffen bzw. vorhandene zu verbessern und den Ansprüchen des Moorfrosches an das Habitat anzugleichen. Neben aktiver Bewässerung können Wiedervernässungen ehemaliger entwässerter Habitate (z.B. Hochmoorreste, Auwälder) durch den Anstau von Entwässerungsgräben wiedervernässt werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche entsprechend dem Median des Aktionsradius i.d.R. nicht weiter als 200 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Am Maßnahmenstandort sollte innerhalb kurzer Zeit ein höherer Grundwasserspiegel erreicht werden können.
  • Vorzugsweise Standorte ehemaliger Feuchtwälder.
  • Standorte mit zu starker Evapotranspiration (z.B. großflächige Weidenbestände) sind hierbei auszuschließen.
  • Hochmoorreste eröffnen bei Wiedervernässung die Möglichkeit für ein erneutes Wachstum von Torfmoosen der Gattung Sphagnum (GLANDT 2008a), welche auf natürliche Weise das Mikroklima für den Moorfrosch verbessern.
  • Wiedervernässte Bereiche sollten einen ca. 10–30 m breiten Pufferstreifen zu intensiv genutzten Ackerflächen aufweisen (GLANDT 2008b), um die Einfuhr von Düngemitteln und Pestiziden zu vermeiden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Es ist sicherzustellen, dass durch die Erhöhung des Grundwasserspiegels geschaffene Gewässer nicht bzw. nicht vor Ende der Metamorphose der Frösche trocken fallen (BRANDT & GEBHARD 2008).
  • Ein Verschluss von Entwässerungsgräben (soweit vorhanden) staut das Grundwasser dauerhaft an (SCHADER 2008).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Eventuell wiederholte Vernässung bei Gefahr der Senkung des Grundwasserstandes.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Bei zu starken und sich wiederholenden Grundwassersenkungen ist eine Wiederauffüllung aus Kostengründen nicht mehr lohnenswert. Für solche Fälle schlägt BOBBE (2008) alternativ die Anlage von ganzjährig Wasser führenden Flachwassertümpeln vor.
  • Zusätzlich können zur kurzfristigen Stützung gefährdeter Populationen Laichgewässer aufgeschoben und aktiv mit Wasser verfüllt werden. Zur langfristigen Hilfe sollte der natürliche Grundwasserstand erhöht werden (vgl. BOBBE 2008).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die zeitliche Dauer bis zur Wirksamkeit dieser Maßnahme ist von den Gegebenheiten vor Ort (Grundwasserstand, Evapotranspiration, Niederschlagsmenge, Bodenverhältnisse und Geologie) abhängig. Grundsätzlich lässt sich der Grundwasserspiegel jedoch recht kurzfristig erhöhen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen nur teilweise Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor. Angaben zur Besiedlung neuer Gewässer widersprechen sich (VON BÜLOW et al. 2011).
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig, d.h. innerhalb von 3 Jahren, entwickelbar.
  • Es sind zahlreiche Nachuntersuchungen dokumentiert, die die grundsätzliche Wirksamkeit belegen (vgl. BOBBE 2008, GLANDT 2008b).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

4. Förderung naturnaher Waldentwicklung (W1.6) / Waldumbau (W6) / Einbringen von Stubben und Totholz (W5.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch Waldentwicklungs- bzw. Waldumbaumaßnahmen ist eine naturnahe Waldentwicklung zu fördern. Die Maßnahme umfasst als kurzfristig wirksame Komponente das aktive Ausbringen von Stubben und Totholz zur Verbesserung des Angebotes von geeigneten Winterverstecken in Verbindung mit einer Nutzungsextensivierung bzw. einem Nutzungsverzicht der Wälder. Zudem sollen zur Erhöhung des Anteils potenzieller Lebensräume reine Nadelwaldbestände in Laubwälder bzw. Mischwälder umgewandelt werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche entsprechend dem Median des Aktionsradius i.d.R. nicht weiter als 200 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Die unmittelbare Nähe des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Laichgewässern ist sehr wichtig.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Vor allem die Entwicklung feuchter Wälder (Erlenbruchwälder, feuchte Eichen-Hainbuchenwälder evtl. auch feuchte Kiefernwälder) ist für diese Art optimal, da diese Wälder sowohl Sommer- als auch Winterhabitat darstellen (VON BÜLOW et al. 2011).
  • Ein Verschluss von Entwässerungsgräben (soweit vorhanden) staut das Grundwasser dauerhaft an (SCHADER 2008).
  • Mittels aktiver Ausbringung von Stubben und totem Baummaterial (Maßnahme Einbringen von Stubben und Totholz) kann die Dichte an liegendem Totholz (potenzielle Winterquartiere) kurzfristig erhöht werden.
  • Entfernung standortfremder Gehölze.
  • Nutzungsextensivierung bzw. Nutzungsverzicht der Wälder zur nachhaltigen Sicherung einer naturnahen Waldentwicklung.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Bruch- und überschwemmte Auwälder sind der Primärlebensraum dieser Art (VON BÜLOW et al. 2011).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Mit der aktiven Ausbringung von Totholz und Stubben kann das Angebot an Winterverstecken kurzfristig erhöht und in Verbindung mit einem Nutzungsverzicht der Wälder gesichert werden. Die Umwandlung von Nadel- zu Laubwäldern wird erst mittel- bis langfristig wirksam. In Verbindung mit einer Anhebung des Grundwasserstandes sind jedoch weitere kurzfristige Habitatoptimierungen zu erwarten.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen nur teilweise Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen und Funktionen sind teilweise kurzfristig erreichbar (Einbringen von Totholz, Nutzungsverzicht, Anhebung des Grundwasserstandes). Waldumbaumaßnahmen werden erst mittel- bis langfristig in vollem Umfang wirksam.
  • Es liegen keine Literaturhinweise zu Monitoringuntersuchungen bezüglich dieser Maßnahme vor. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen in NRW wird die Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Maßnahme trotzdem als hoch bewertet.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Gewässerpflege (G6)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bereits besiedelte Gewässer werden durch pflegerische Maßnahmen in Bezug auf die Habitatanforderungen des Moorfrosches optimiert. Die Gewässerpflege umfasst die Freistellung der Gewässer von beschattender Ufervegetation, die Entfernung von eingesetzten Fischen und ggf. Aushub von Laub sowie ggf. die Anlage einer Pufferzone zur Entlastung des Gewässers von Nährstoff- bzw. Biozideinträgen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Das Maßnahmengewässer sollte alle für den Moorfrosch relevanten biotischen und abiotischen Habitatbedingungen aufweisen (s.u.) bzw. diese sollten innerhalb kurzer Zeit entwickelbar sein.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche entsprechend dem Median des Aktionsradius i.d.R. nicht weiter als 200 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein, wenn die Gewässer nicht bereits besiedelt sind.
  • Vorhandensein von ausreichend großen und gut strukturierten Sommerlebensräumen (je nach Populationsgröße mindestens ein Umfeld von 500-1000 m) und Winterverstecken (mindestens 1 ha große Waldflächen) in unmittelbarer Umgebung um die Laichgewässer (lt;200 m)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Komplex aus zahlreichen (>10) Kleingewässern (Tümpel, Kleinweiher) oder einem großen (>1 ha) Einzelgewässer. In Westdeutschland bevorzugt der Moorfrosch vergleichweise größere Laichgewässer (HÜBNER & SENNERT 1987).
  • Verzicht auf Fischbesatz, da der Moorfrosch laut VIERTEL (1980, zitiert in GLANDT 2006) besonders unter Fischprädation leidet.
  • Bei der Entfernung von Gehölzen und Binsenaufkommen am Gewässerrand, ist gerade bei nährstoffarmen Gewässern auf eine Entfernung der Phytomasse zu achten (GLANDT 2008b, PANKRATIUS 2008).
  • Entschlammung und Entfernung von Totholz zur Verbesserung der Wasserqualität (VON BÜLOW et al. 2011, BLUM & SIMON 2008).
  • Bei der Entschlammung ist die Abfolge und Lage der wasserspeisenden und wasserstauenden Schichten zu ermitteln, damit die für Kleingewässer wichtige Stauschicht nicht durch die Entschlammung durchstoßen wird (BERGER et al. 2011).
  • Schaffung von Flachwasserzonen und gut strukturierten Verlandungszonen (Anteil besonnter Flachwasserzonen 70 % am Gesamtflächenanteil (PAN & ILÖK 2010)), die zum Schutz der Kaulquappen mit Binsen oder Seggen bestanden sind (HANSBAUER & PANKRATIUS 2008, PANKRATIUS 2008). Flache Gewässer werden bevorzugt (FISCHER & PODLOUCKY 2008), jedoch muss bis Juli ein durchgehend hoher Wasserstand gewährleistet sein (BOBBE 2003a, VON BÜLOW et al. 2011).
  • Die winterliche Entfernung von Schilf und Rohrkolben fördert das Aufkommen von Seggen- und Binsenbeständen (PANKRATIUS 2008).
  • Die extensive Beweidung (1–2 GVE/ha) der Gewässerränder und des Gewässerumfeldes verhindert die Verbuschung und somit die Beschattung der Laichgewässer (BRAND & GEBHARD 2008, GLANDT 2008b).
  • Aufgrund eines potenziell hohen Nährstoffeintrags durch das Vieh sollte eine Vielzahl von Gewässern vorhanden sein, um diesen Effekt zu minimieren. Ansonsten sind die Einzäunung und Freistellung der Gewässer per Hand zu empfehlen.
  • Schutz vor dem Eintrag von Düngemittel und Insektiziden mittels eines 10–50 m (je nach Stoffeintragsgefährdung) breiten extensiv genutzten Uferrandstreifens bzw. absoluten Düngungsverzichts in unmittelbarer Umgebung (BERGER et al. 2011).
  • Maßnahmen am Gewässer sind unter weitgehender Schonung anderer Arten vorzunehmen (i.d.R. im September / Oktober).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Verhinderung der Beschattung der Laichgewässer und falls erforderlich eine wiederkehrende Entnahme von Fischen oder Laub.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Es können naturschutzinterne Zielkonflikte mit anderen Arten oder Lebensraumtypen auftreten.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Gewässerpflegemaßnahmen sind kurzfristig innerhalb von 1-3 Jahren wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen nur teilweise Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Qualitäten sind kurzfristig entwickelbar (1-3 Jahre).
  • Die Maßnahme wird einzeln, oder in der Kombination mit anderen in der Literatur häufig vorgeschlagen (u.a. RÜCKRIEM et al. 2009, VON BÜLOW et al. 2011). Wissenschaftliche Belege in Form eines Monitoring von Gewässeroptimierungsmaßnahmen sind nicht bekannt. Die Plausibilität der Maßnahme(n) wird im Analogieschluss jedoch als hoch bewertet.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: hoch

6. Fazit

Für den Moorfrosch stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherstellung der Laichgewässer sowie Sommer- und Winterlebensräume zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Die Maßnahme Anlage neuer (Still)Gewässer besitzt wie bei allen Amphibien die höchste Priorität.