Bluthänfling (Linaria cannabina (L.1758))
Artenschutzmaßnahmen
- Entwicklung und Optimierung von Nisthabitaten (O3.1)
- Entwicklung von Nahrungshabitaten (O1.1, O2.1, O4.1.3)
- Fazit
Maßnahmen im Einzelnen
1. Entwicklung und Optimierung von Nisthabitaten (O3.1)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Bluthänflinge brüten meist in Büschen oder Gehölzen. In der Maßnahme werden bei Mangel an Nistmöglichkeiten geeignete Gehölzbestände aus Hecken, Sträuchern oder Gehölzgruppen entwickelt. Ist das Angebot an Nahrungsquellen nicht ausreichend, muss die Maßnahme in Kombination mit Maßnahme 2 durchgeführt werden.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Vorhandensein geeigneter Nahrungshabitate (oder über Maßnahme 2 herzustellen).
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Revier: Es gibt keine begründeten Mengen- bzw. Größenangaben in der Literatur. Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht ausgleichen.
- Als Orientierungswert werden für eine signifikante Verbesserung des Brutplatzangebotes pro Revier mind. 10 Gehölze empfohlen. Geeignete Gehölze sind z. B. Holunder, Schlehe, Weißdorn. Sie sollen dichtbeastet sein und eine Mindesthöhe von 1,5 m aufweisen, da die Nesthöhe des Bluthänflings meist ca. 0,5 bis 1,5 m beträgt (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1997: 741). Die Maßnahme kann auf einer Fläche oder als Bestandteil eines Gehölzstreifens / Hecke umgesetzt werden. Die Anpflanzung soll überwiegend in kleinen Gruppen (ca. 2-5 Gehölze zusammen) erfolgen, da diese gegenüber Einzelsträuchern bevorzugt werden (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1997: 741).
- Sofern nicht vorhanden, ist das Gehölz in Kombination mit einem mind. 3 m breiten Saumstreifen anzulegen (in Anlehnung an PFISTER et al. 1986). Der Saum ist einmal pro Jahr oder alle 2 Jahre abschnittsweise (d. h. es ist auch im Winter ein Altgrasanteil vorhanden) ab August zu mähen mit Abtransport des Schnittgutes.
- Keine Neuanpflanzung von Ziergehölzen oder Brombeeren. Vorhandene Ziergehölze oder Brombeergruppen können aber in die Maßnahme einbezogen werden.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Der den Brutstandort umgebende Saum (Nahrungsangebot) ist einmal pro Jahr oder alle 2 Jahre abschnittsweise (d. h. es ist auch im Winter ein Altgrasanteil vorhanden) ab August zu mähen mit Abtransport des Schnittgutes.
- Einige Gehölzarten wachsen mit zunehmendem Alter bzw. zunehmender Höhe hinsichtlich des Dichtwuchses am Gehölz aus der Eignung für den Bluthänfling heraus. Für diese besteht daher nur eine temporäre Eignung (und müssen dann ggf. entfernt und ersetzt / geschnitten werden).
- Die flächige Ausbreitung der Gehölze über Ausläuferbildung oder Naturverjüngung kann ggf. unerwünscht sein und ist dann durch geeignete Maßnahmen wie Mahd, Beweidung oder manuelle Entbuschung zu unterbinden. Ein Zuwachsen potenzieller Nahrungshabitate des Bluthänflings und anderer Vogelarten, die offene Flächen zur Nahrungssuche benötigen, ist zu vermeiden.
- Gehölzstreifen / Hecken: Abschnittsweise (nicht mehr als 1/3 der Gesamtlänge bzw. Abschnitte < 50 m) auf den Stock setzen. Schnellwüchsige Arten in der Hecke können alle 5-15 Jahre auf den Stock gesetzt werden (z. B. Hasel, Esche, Zitterpappel). Langsam wachsende Arten und Dornensträucher sollen durch selteneren Schnitt gefördert werden.
Weitere zu beachtende Faktoren
- Gehölzanpflanzungen oder -ergänzungen können mit Zielarten kollidieren, die weithin freie Sicht brauchen, z. B. Feldlerche.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Innerhalb von 2 Jahren bei Verwendung hoher Pflanzqualitäten (Anpflanzung dichtbeasteter Gehölze mit Höhe mind. 1,5 m).
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
- Die benötigten Strukturen sind bei Verwendung hoher Pflanzqualitäten kurzfristig entwickelbar.
- Maßnahmen zur Anpflanzung von Nistgehölzen werden z. B. von BAUER et al. (2005: 558), GRÜNEBERG & SUDMANN et al. (2013: 440), HÖLZINGER (1997: 660) oder NABU (2013: 16) empfohlen.
- Die Maßnahmen sind angesichts der Habitatökologie plausibel. Wissenschaftliche Nachuntersuchungen liegen nicht vor. PLATH (1990) berichtet von einer 1983 angepflanzten, dreireihigen und 1,4 km langen Hecke mit Saum und u. a. Ahorn, Eiche, Heckenkirsche, Traubenkirsche und Holunder, die ab 1987 von mind. 2 Bluthänfling-Revieren besiedelt wurde. Eine direkte Vergleichbarkeit besteht vermutlich nicht (1983 vermutlich geringere Pflanzqualität als hier für CEF-Maßnahmen gefordert, weitere Daten zu den Rahmenbedingungen nicht bekannt).
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit
hoch
2. Entwicklung von Nahrungshabitaten (O1.1, O2.1, O4.1.3)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Bluthänflinge benötigen als Nahrungshabitat offene Flächen mit samentragender Krautschicht. In der Maßnahme werden bei Mangel an Nahrungshabitaten geeignete Bestände entwickelt. Sofern die Anforderungen an Nisthabitate nicht erfüllt sind, muss die Maßnahme in Kombination mit Maßnahme 1 durchgeführt werden.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist
- sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Revier: Es gibt keine begründeten Mengen- bzw. Größenangaben in der Literatur. Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht ausgleichen. Als Orientierungswert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Revier insgesamt ca. 0,5 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen. Aufgrund der gemeinschaftlichen Nutzung von Nahrungshabitaten muss der Maßnahmenbedarf bei Betroffenheit mehrerer Reviere nicht linear steigen.
- Flächenhafte, größere Maßnahmen sind gegenüber Streifen zu priorisieren, da Hinweise auf eine Bevorzugung von flächenhaften Angeboten vorliegen (HENDERSON et al. 2012: 889).
- Einsaat einer standortangepassten Kräutermischung mit hohem Anteil an samentragenden Pflanzen. Einzelne Pflanzen sollen die übrige Vegetation überragen (Funktion als Sitzwarte). Zu den Nahrungspflanzen des Hänflings gehören bspw. Ampfer (Rumex sp.), Beifuß (Artemisia sp.), Gräser (Poaceae), Hornkraut (Cerastium glomeratum), Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris), Knöterich (Polygnoum sp.), Kreuzkraut (Senecio vulgare), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Melden (Atriplex sp), Rauke (Sisymbrium sp.), Senf (Brassica napus), Skabiosen (Skabiosa sp), Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia), Vogelmiere (Stellaria media), Wegerich (Plantago sp.) (BAUER et al. 2005: 558, EYBERT & CONSTANT 1998: 277, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1997 758).
- Anlage als Brache oder streifenweise Einsaat in bestehendes, artenarmes Grünland. Keine Anwendung von Pestiziden und Düngern. Abschnittsweise Mahd zur Verhinderung einer Sukzession, wobei mind. die Hälfte der Fläche Altkrautbestände aufweisen soll, zur kontinuierlichen Gewährleistung eines Nahrungsangebotes. Idealerweise werden die Flächen als Mosaik unterschiedlich alter Bestände mit einem Alter bis 6 Jahren (in Anlehnung an ZOLLINGER et al. 2013: 787) angelegt. Abtransport des Mahdgutes.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Jährliche Mahd (Staffelmahd) entsprechend den o. g. Vorschriften. Zu verhindern ist eine Sukzession in Richtung Gehölzbestand.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Innerhalb einer Vegetationsperiode (Ausbildung von Samen).
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar.
- Die aufgeführten Maßnahmen zur Anlage von Nahrungshabitaten werden z. B. bei BAUER et al. (2005: 558), GRÜNEBERG & SUDMANN et al. (2013: 440) oder NABU (2013: 16) genannt. Nach MORRIS et al. (2010: 204f.) erhöhte sich der Hänflingbestand auf der „Hope Farm“ durch vergleichbare, umfangreiche Strukturierungsmaßnahmen innerhalb von 9 Jahren (u. a. Anlage von Altgrasstreifen, Ansaat von Kräutermischungen) von 6 auf 36 Reviere. In der Hellwegbörde (NRW) war der Bluthänfling häufiger Nahrungsgast in Brache- und Wildkrautstreifen (BRABAND et al. 2006: 150).
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit
hoch
3. Fazit
Für den Bluthänfling bestehen Möglichkeiten zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen in den Brut- und Nahrungshabitaten.