Uferschwalbe  (Riparia riparia (Linnaeus, 1758))

EU-Code: A249

Artenschutzmaßnahmen

  1. Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm (Av1.1, Av1.4, G3.2)
  2. Fließgewässerrenaturierung (G6.2)
  3. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm (Av1.1, Av1.4, G3.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Uferschwalben brüten meist in Abbruchwänden aus leichten bis mittleren Böden. Durch die Maßnahme wird das Angebot an Fortpflanzungsstätten durch Schaffung geeigneter Brutwände erhöht. Die Maßnahme umfasst das Abstechen abgeflachter Böschungen, und / oder dynamische Abbaukonzepte in Sand- oder Lehmgruben.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Geeignetes Substrat (sandig-lehmig bis humos)
  • Offener Anflugraum von ca. 20 m vor der Abbruchkante (LANG & WANNER 1997)
  • Idealerweise Exposition der Abbruchkante von der Hauptwetterseite abgewandt bzw. von der Vormittagssonne beschienen (Nordost bis Südost, KUHNEN 1983, S. 99).
  • Geeignete Nahrungshabitate im Umfeld von bis zu 1 km zum Maßnahmenstandort vorhanden (je näher desto besser).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Kolonie: Abbruchkante mit Gesamthöhe > 4 m (Schutz vor Nesträubern), unterhalb der Brutröhren mind. 2 m Höhe (RUGE 1989, LANG & WANNER 1997). Länge jeder Abbruchkante / Steilwand > 5 m)
  • Abstechen abgeflachter Böschungen: vorhandene, jedoch abgeflachte Böschungen werden senkrecht abgestochen.
  • Bei Maßnahmen in Sand- und Lehmgruben: uferschwalbenverträgliches Folgekonzept mit Erhalt von Steilwänden (keine Verfüllung oder Abflachung aller Steilwände). Anbringen eines Schutzzaunes an der Oberkante, sofern noch nicht vorhanden (gegen Wildschweine u. a. Säugetiere sowie Störungen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Kolonien werden bevorzugt in frisch abgebauten Bereichen gegründet (KUHNEN 1983, LOSKE et al. 1999). Nicht mehr abgebaute Bereiche verfallen rasch und eignen sich schon häufig nach wenigen Jahren nicht mehr als Brutplatz. Die Steilwände sind daher alle 2-3 Jahre auf Funktionstüchtigkeit zu prüfen (PANNACH 2006, S. 55) und ggf. neu abzustechen, von Pflanzenbewuchs zu befreien (RUGE 1989, S. 50) bzw. den Anflugraum freizuhalten.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Anforderungen an Unfallgefahrenverhütung (Steilwand für spielende Kinder) beachten (Einzäunung o. a.).
  • Als ergänzende Maßnahme können bestehende, aktuell geeignete Abbruchwände dadurch vor dem Abrutschen stabilisiert werden, dass man sie an der oberen Kante leicht abgräbt, eine Lage Eternit oder Dachpappe auflegt und die Abdeckung dann wieder mit Grasplatten oder Sand bedeckt. Dieses Verfahren empfiehlt sich besonders, wenn die Sandwände nur noch schmal sind (HÖLZINGER 1983, S. 14, RUGE 1989 S. 50).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von bis zu 2 Jahren. Die Uferschwalbe ist von ihrer Artökologie her darauf angewiesen, auch auf schnell sich verändernde (Pionier-) Standorte reagieren zu können. Daher und nach den vorliegenden Literaturhinweisen kann grundsätzlich eine kurzfristige Annahme geeigneter Standorte erwartet werden, wenn keine anderen Faktoren (z. B. Nahrungsangebot) limitierend wirken.
  • Die Maßnahme ist grundsätzlich ab der nächsten Brutperiode nach Fertigstellung der Struktur wirksam. Um den Vögeln eine Erkundung zu ermöglichen, soll jedoch eine Vorlaufzeit von mind. 2 Jahren veranschlagt werden. Je näher die Maßnahme zu einer bestehenden Kolonie umgesetzt wird, desto schneller ist mit einer Besiedlung zu rechnen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die Maßnahmen werden in der Literatur zahlreich vorgeschlagen (BAUER et al. 2005, DBV 1983, KUHNEN 1983, LOSKE et al. 1999).
  • Die Annahme von neu entstandenen Brutwänden ist in der Literatur zahlreich belegt (Haufen mit senkrechter Abbruchkante: KRAUSE 1988, GEORGE 1996b; Steilwände mit Nisthilfen: PANNACH 1996, SIEGNER 2001) und entspricht der Ökologie der Art, auf neu entstehende Lebensraumangebote kurzfristig reagieren zu können. Die Wirksamkeit der Maßnahme ist daher plausibel, wenn die Maßnahme im Umfeld bestehender Kolonien umgesetzt wird und wenn Bruthabitate limitierender Faktor sind. Da die benötigten Strukturen kurzfristig zur Verfügung stehen, besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.
  • Bei umfangreicher Maßnahmenkonzeption (uferschwalbenverträgliches Folgekonzept in Abbauflächen) ist ein Monitoring durchzuführen.
  • Die Maßnahme soll nur in Kombination mit Fließgewässerrenaturierung durchgeführt werden.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Fließgewässerrenaturierung (G6.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Uferschwalben brüten primär in natürlich entstandenen Abbruchkanten aus leichten bis mittleren Böden. Die aktuell bestehende Abhängigkeit von Sekundärstandorten (Abgrabungen) ist problematisch, da die Zukunft weiterer Abbauvorhaben Baggerseenlandschaften in NRW unsicher ist. Zudem sind die Brutwände in Abgrabungen oft sehr instabil (LOSKE in NWO 2002, S. 172). Durch die Renaturierung von Fließgewässern entstehen neue Abbruchkanten, so dass das Angebot an Fortpflanzungsstätten erhöht wird. Zudem sind die renaturierten Fließgewässer auch als Nahrungshabitat (Fluginsekten) von Bedeutung.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Verbautes oder stark beschattetes Fließgewässer, dessen Fließgeschwindigkeit eine Entstehung von für die Uferschwalbe geeigneten Abbruchkanten zumindest bei Hochwasserereignissen zulässt.
  • Geeignetes Substrat (sandig-lehmig bis humos) im Uferbereich.
  • Offene Standorte (keine Fließgewässer im Wald),
  • Geeignete Nahrungshabitate im Umfeld von bis zu 1 km zum Maßnahmenstandort vorhanden (je näher desto besser).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Kolonie: Es gibt keine weiteren begründeten Mengenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung und mind. 500m Gewässerlänge, mind. 3 geeignete potenzielle Böschungen am Prallhang, darüber hinaus auch mehr in Abhängigkeit von den lokalen Bedingungen. Abbruchkante am Prallhang des Gewässers soll ausreichend hoch sein (Schutz vor Nesträubern), unterhalb der Brutröhren mind. 2 m Höhe (RUGE 1989, LANG & WANNER 1997). Länge jeder Abbruchkante / Steilwand > 5 m.
  • Schaffung freier Anflugmöglichkeiten an die Steilwände (Rodung von ggf. vorhandenem Gehölzbewuchs. Um dem Fluss ein Mäandrieren zu ermöglichen, sind beidseitig des Fließgewässers mind. 10 m breite Pufferstreifen in die Maßnahme einzubeziehen.
  • Zur Renaturierung von Fließgewässern vgl. „Blaue Richtlinie“ (MULNV 2010, Kapitel 6: Maßnahmen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

  • Das Vorhandensein geeigneter Brutwände für die Uferschwalbe soll jährlich kontrolliert werden. Ggf. Kombination mit Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm.
  • Ggf. Auflichtungen je nach Aufkommen von Gehölzen

Weitere zu beachtende Faktoren

  • vgl. „Blaue Richtlinie“ (MUNLV 2010)

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Eine kurzfristige Wirksamkeit bezüglich der Entstehung von als Brutplatz geeigneten Böschungen innerhalb von bis zu 5 Jahren kann allgemein nicht garantiert werden, da unsicher ist, wann der Fluss neue Abbruchkanten schafft. Es besteht hierfür bei Einhaltung o. g. Bedingungen jedoch eine hinreichende Sicherheit. Dazu liegen auch Erfahrungen aus NRW vor (nach Erfahrungen bei der Ems und der Lippe, vgl. auch BECKERS 2002 unten). Ggf. kann eine Kombination mit Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm erfolgen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen innerhalb von bis zu 5 Jahren bereit (ggf. Kombination mit Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm). Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die Maßnahme wird in der Literatur zahlreich vorgeschlagen (BAUER et al. 2005, GEORGE 1996a, GIRVETZ 2010, LOSKE et al. 1999, PANNACH 2006, DBV 1983, TAMM et al. 2004).
  • BECKERS (2002, S. 18) berichtet von der Ansiedlung einer Uferschwalbenkolonie nach Entfesselung von Uferstrukturen im Rahmen eines Renaturierungsprojektes in der Lippeaue (1997: 1 BP, 1998: 4 BP; 1999: 26 BP, 2000 und 2001: 35 BP).
  • Aufgrund der in der Regel umfangreichen Maßnahmenkonzeption bei der Gewässerrenaturierung ist ein Monitoring durchzuführen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Fazit

Für die Uferschwalbe stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherung von Bruthabitaten und zur Entwicklung von Nahrungshabitaten zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Bereitstellung und Pflege von Steilwänden aus Sand oder Lehm: hohe Priorität (bei uferschwalbenverträglichen Abbaukonzepten in Sand- oder Lehmgruben) bis geringe Priorität (bei Fließgewässern)