Feldschwirl (Locustella naevia (Bodd.,1783))
EU-Code: A290
Artenschutzmaßnahmen
Maßnahmen im Einzelnen
1. Steuerung der Sukzession (O5.4) / Anlage von Hochstaudenfluren (O4.1)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Der Feldschwirl brütet in weitgehend offenem Gelände mit dichter Krautschicht und Vorhandensein von Warten. Zu den typischen Habitaten zählen frühe Sukzessionsstadien und Hochstaudenfluren. Im Verlauf einer Sukzession nimmt die Habitateignung aufgrund der zunehmenden Gehölzdeckung wieder ab. In der Maßnahme werden für den Feldschwirl z. B. durch Verbuschung suboptimal ausgeprägte Habitate optimiert oder neu angelegt.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
- Die Standorte müssen in der Lage sein, die für den Feldschwirl benötigte Vegetation auszubilden. Staudenfluren mit hinreichender Vegetationshöhe und -dichte lassen sich nur auf nährstoffreichen Böden innerhalb kurzer Zeit entwickeln, in anderen Fällen ist die Entwicklungszeit länger. Ungeeignet sind in der Regel sehr magere und flachgründige Standorte.
- Keine Nutzungsaufgabe von anderweitig naturschutzfachlich bedeutsamen Standorten.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Paar: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Bei Funktionsverlust des Reviers mind. im Umfang der lokal ausgeprägten Reviergröße und mind. 0,5 ha. Bei streifenförmiger Anlage (z. B. an Gewässern) idealerweise mind. 7 m Breite (BORN et al. 1990 S. 32), Mindestlänge 100m.
- Anlage / Entwicklung von Sukzessionsflächen oder Hochstaudenfluren mit einer für den Feldschwirl günstigen Vegetationsstruktur (s. o.). Günstig sind insbesondere Feuchtgrünlandbrachen, aber auch (feuchte) Windwürfe, Waldlichtungen oder Industriebrachen (z. B. Tagebau-Folgelandschaften: ROST 1996). Weiterhin können auch (in anderem Rahmen angelegte) junge Aufforstungsflächen in die Maßnahmenkonzeption einbezogen werden (Zulassen der Sukzession). Diese weisen allerdings lediglich eine temporäre Eignung auf. So werden junge Nadel- und Laubholzaufforstungen sowie Weichholzbestände bis zu einer Gehölzhöhe von ca. 2-3 m besiedelt, sofern kleine offene Flächen mit dichtem Krautwuchs (Vergrasungen) im Bestand vorhanden sind (ROST 1996 S. 46, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 102, BORNHOLDT 1993 S. 2).
- Entwicklung und Förderung von Verlandungsbereichen mit lichten Röhrichten (vgl. „Blaue Richtline“ MULNV 2010 S. 65 Anlage von Uferrandstreifen, S. 75 f. Maßnahmen im Uferbereich).
- Bei Dominanz von Gehölzen (> 50 %) Rodung bzw. Entbuschung. Dabei Erhalt einzeln stehender Büsche (z. B. Strauchweiden) als Warten, Höhe der Gehölze max. 2-3 m (ROST 1996 S. 45 f.).
- Nach den Ergebnissen von ROST (1996 S. 47) weisen bei Revierbesetzung nach Rückkehr aus dem Winterquartier Warten eine besondere Bedeutung auf. Nach ROST (1996 S. 47) können „auch größere, flächige Reisighaufen, wie sie z. B. durch den Abtrieb der immissionsgeschädigten Fichtenwälder im sächsischen Erzgebirge entstanden sind, (…) durchaus schon zu dieser Zeit besiedelbare Strukturen bilden (Glutz l. c.).“ Durch Anlage von Reisighaufen in ansonsten bei Ankunft der Feldschwirle homogenen Gebieten (die erst im weiteren Frühling in eine geeignete Struktur hineinwachsen wie z. B. Kahlschlagsflächen, ROST 1996 S. 47) kann daher die Attraktivität der Flächen gesteigert werden.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Entbuschung bei starkem Aufkommen von Gehölzen, wobei einzelne Gebüsche stehen bleiben. Eine Mahd ist nicht grundsätzlich erforderlich. Falls die Maßnahmenfläche gemäht werden muss, soll diese erst ab Anfang September stattfinden und jährlich nur in Teilbereichen geschehen, so dass stets geeignete ältere Brachstücke zur Verfügung stehen (BORN et al. 1990 S. 32).
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Unter günstigen Bedingungen (Optimierung aktuell suboptimaler Habitate durch Auflichtung,) Wirksamkeit innerhalb von 1-2 Jahren. Bei der Entwicklung von Hochstaudenfluren Wirksamkeit je nach vorhandenem Pflanzenbestand und Wüchsigkeit der Fläche innerhalb von 2 bis 5 Jahren.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind je nach Standortsbedingungen meist innerhalb von bis zu 5 Jahren entwickelbar. Der Maßnahmentyp wird in der Literatur z. B. von BAUER et al. (2005 S. 208), BORN et al. (1990 S. 32), HÖLZINGER (1999 S. 539) und UHL (2009 S. 46) genannt. TESCH et al. (2010, Unterweser bei Bremerhaven) und HIELSCHER (1999, Brandenburg) belegen die Annahme von Feuchtwiesenbrachen durch den Feldschwirl. BUNZEL-DRÜKE et al. (2003, zit. bei Institut für Botanik und Landschaftskunde 2004 S. 11) berichten von einem Bestandsanstieg des Feldschwirls in der Lippeaue nach Verbrachung und Aufkommen von Stauden. Für Baden-Württemberg gibt der NABU Schorndorf (1998) an, dass geeignete Habitate u. a. auf nicht mehr bewirtschafteten Streuobstwiesen, Brachflächen und Sturmflächen entstanden. Brach- und Sturmflächen in Wäldern waren nach 2-3 Jahren Optimalhabitate für max. 4 Jahre. Mit dem Fortschritt der Sukzession wurden diese Flächen dann für den Feldschwirl immer uninteressanter, ab etwa dem 5.-6. Jahr kamen hier keine Feldschwirle mehr vor.
- (Weitere) wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird von den Kenntnissen zu den besiedelten Habitaten (Besiedlung von Windwürfen, Feuchtgrünland-Brachen und Industrie-Brachen) jedoch als hoch eingeschätzt. Es besteht grundsätzlich eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Um die Entwicklung geeigneter Strukturen sicherzustellen, ist ein nach Experteneinschätzung (Workshop 7.11.2011 LANUV) ein maßnahmenbezogenes Monitoring erforderlich.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
2. Fazit
Für den Feldschwirl besteht mit der Pflege und Entwicklung von Sukzessionsflächen auf wüchsigen Standorten eine Möglichkeit zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen.