Wildkatze (Felis silvestris Schreb.,1775)
(Syn.: Waldkatze)
EU-Code: 1363
Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)
1. Bestandserfassung (Ersterhebung)
1.1. Feststellung des Artvorkommens im Untersuchungsgebiet (Präsenz – Absenz)
- Ausbringen von sägerauhen Holzlatten in geeignetem Habitat, welche mit unverdünnter Baldriantinktur beködert wurden. Durch diesen olfaktorischen Reiz werden Wildkatzen angelockt und reiben sich an dem Lockstock, wobei aufgrund der rauen Oberfläche Haare anhaften.
- Lockstockdichte (nach Hupe u. Simon 2007): In potenziellen Wildkatzenausbreitungsgebieten 0,6-1,5 Lockstöcke je 100 ha Wald, am besten in einen Raster, unabhängig von der Habitatqualität, zu wählen.
- Die Lockstöcke sollten mindestens 60 cm lang sein und fest in den Boden eingeschlagen und mittels satellitengestütztem Positionierungssystems (GPS) vermessen werden.
- Nach jeder Kontrolle wird die Holzlatte neu mit Baldriantinktur beködert.
- Nach jedem Haarfund wird die Holzlatte mittels Gasbrenner abgeflammt um alle Haare pro Kontrolle zu entfernen (wichtig, wenn Bestandserfassung: Lokalpopulation geplant, s. unter 1.2).
- Sicherstellung der Haare in vorbereitete Probenbehälter für spätere genetische Analyse (eine gefrorene oder trockene Lagerung ist sicherzustellen).
- Zwischen Dezember bis April (beste Erfassungszeit: Januar – März).
- Je nach Witterung (Schneefall) kann sich die ideale Erfassungszeit verschieben.
- Rhythmus der Lockstockkontrolle 7 – 14 Tage. U.U. sind kürze Intervalle nötig, da die Haare z.T. von Meisen zum Nestbau abgetragen werden.
- Artnachweis anhand von einer ausreichenden Anzahl an Haaren (insbesondere des Leithaars) mittes eines visuell-makroskopischen Nachweises.
- Ist der reine Artnachweis nicht ausreichend, müssen Daten zur Populationsgröße und -struktur erfasst werden siehe Kap. 1.2.
- Nachweislich reagieren nicht alle Wildkatzen auf den olfaktorischen Reiz des Baldrians.
- Im Hinblick auf die Brandgefahr und die Geruchsentwicklung wird je nach Witterung unter Berücksichtigung der Brandgefahr empfohlen, nach jeder Kontrolle die mit Haaren versehenen Lockstöcke auszutauschen und auf ein Abflammen der Lockstöcke zu verzichten.
- Die Lockstockmethode ist aufgrund der dadurch resultierenden Erhöhung der Kollisionsgefahr nicht in Straßennähe anzuwenden.
- Die Lockstockmethode kann mittels des Aufstellens von Wildkameras optional erweitert werden. Dies erweist sich in Gebieten mit hoher Hauskatzendichte als sinnvoll. Hierdurch können später folgende teure genetische Untersuchungen ausgeschlossen werden.
- Die Bearbeitung der Holzlatten an den Rändern mit einem Messer (Kerben) kann den Erfolg - entsprechend höhere Mengen an Haaren zu gewinnen - erhöhen.
1.2. Bestandserfassung Sommerlebensraum
Grundsätzlich werden zur Erfassung der Populationsstruktur und der Streifgebiete der Individuen nicht-invasive Methoden (vgl. Kap. 1.3) vorgezogen, da im Normalfall alle relevanten Daten hinsichtlich der Lokalpopulation und der Streifgebietsgröße hiermit gewonnen werden können. In Ausnahmefällen können der Fang und die Besenderung (Satellitenhalsband) zwecks Telemetrie notwendig erscheinen.
Diese Methode wird hier als Spezialmethode nicht weiter im Einzelnen beschrieben. Sie sollte nur im Einzelfall und unter Rücksprache mit ausgewiesenen Experten Verwendung finden. Für die Anwendung müssen besondere nachvollziehbare Gründe vorliegen.
1.3. Bestandserfassung lokale Population
- Mittels DNA-Extraktion der sichergestellte Haare und der Mikrosatelliten-Analyse können aus den Haarwurzelzellen neben Rückschlüssen auf die Artzugehörigkeit auch Geschlechtsbestimmungen sowie verwandtschaftliche Verhältnisse untersucht werden. Aus den gewonnen Ergebnissen liegt eine individuenbezogene Auswertung vor, mittels derer Rückschlüsse auf die Populationsstruktur und -größe gezogen werden können.
- Zukünftig wird dieses Verfahren vermutlich durch das SNP-Matrix-Verfahren abgelöst. Dieses Verfahren ist kostengünstiger und erlaubt präzisere Aussagen über zurückliegende Einkreuzungen.
- Individuenbezogene Auswertung mit Daten zu Geschlecht, Alter, und Streifgebiet.
- Geschlechterverteilung im Wirkraum.
- Voraussetzung hierfür ist eine repräsentative Menge an Haarproben.
- Die Analysen für die vorliegende Untersuchung kann am Forschungsinstitut Senckenberg, Standort Gelnhausen (Referenzlabor für Deutschland) durchgeführt werden.
- Hier kann auch ein Abgleich mit der bestehenden Datenbank vorgenommen werden, um so Wanderrouten und Hinweise auf Aktionsräume von einzelnen Individuen zu erfassen.
- Mittels der Lockstockmethode kann das Streifgebiet während der Paarungszeit erfasst werden. Einen Rückschluss auf den gesamten jährlichen Aktionsraum hingegen ist nicht möglich, da die Lockmethode nur während der Paarungszeit effektiv funktioniert. Im Sommer ist die Bindung an deckungsreiche Strukturen nicht so ausgeprägt.
Literatur
- Hupe, K. u. O. Simon (2007): Die Lockstockmethode – eine nicht invasive Methode zum Nachweis der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris). - Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 27. Jg. Nr. 1. pp. 66 – 69.
- Hupe, K. (2013a): Vorkommen der Europäischen Wildkatze (Felis silvetris silvestris) im Eggegebirge und südwestlich angrenzenden Waldgebieten unter Verwendung der Lockstockmethode. Interner Bericht von Jagdeinrichtungsbüro Hupe im Auftrag von: Bezirksregierung Detmold, Höhere Landschaftsbehörde, Kreis Paderborn, Umweltamt; Kreis Höxter, Abteilung Umweltschutz und Abfallwirtschaft; Landesbetrieb Wald und Holz NRW Regionalforstamt Hochstift.
- Hupe, K. (2013b): Abschätzung der Habitateignung des Eggegebirges und südwestlich angrenzender Waldgebiete für die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) auf Basis einer durchgeführten Lockstockbeprobung. Interner Bericht von Jagdeinrichtungsbüro Hupe im Auftrag von: Bezirksregierung Detmold, Höhere Landschaftsbehörde, Kreis Paderborn, Umweltamt; Kreis Höxter, Abteilung Umweltschutz und Abfallwirtschaft; Landesbetrieb Wald und Holz NRW Regionalforstamt Hochstift.
- Simon, O., Hupe, K. u. Trinzen, M. (2005): Wildkatze Felis silvestris (Schreber, 1777). – In: Doerpinghaus, A., Eichen, C., Gunnemann, H., Leopold, P., Neukirchen, M., Petermann, J. u. Schröder, E. (Bearb.): Methoden zur Erfassung von Arten der Anhänge IV und V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 20: 395-402.
- Simon, O., Trinzen, M. u. Hupe, K. (2006): Kriterien zur Bewertung des Erhaltungszustandes der Populationen der Wildkatze Felis silvestris (Schreber, 1775). – In: Schnitter, P., Eichen, C., Ellwanger, G., Neukirchen, M. u. Schröder, E. (Hrsg.): Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland. – Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Sonderheft) 2 (Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle): 343-345.
- Steyer, K.; Simon, O.; Kraus, R.H.s.; Haase, P u. C. Nowak (2011): Hair trapping with valerian-treated lure sticks as a tool for genetic wildcat monitoring in low-density habitats. – Eur. J Wildl. Res. (2012) 59: 39 – 46.
- Trinzen, M. (2009): Wildkatzen in der Eifel. In: Fremuth, W., Jedicke, E., Kaphegyi, T.A.M., Wachendörfer, V., Weinzierl, H. [Hrsg], Zukunft der Wildkatze in Deutschland – Ergebnisse des internationalen Wildkatzen-Symposiums 2008 in Wiesenfelden, Initiativen zum Umweltschutz 75, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 4-5.
- Trinzen, M. (2010): Bewertung des Populationsstatus der Wildkatze (Felis s. silvestris) anhand von aktuellen und historischen Wildkatzennachweisen im rechtsrheinischen Teil von Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Wanderwege und Ausbreitungskorridore: Studie im Auftrag des LANUV NRW.