Haselmaus  (Muscardinus avellanarius (Linnaeus, 1758))

EU-Code: 1341

Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)

1. Bestandserfassung (Ersterhebung)

1.1. Feststellung des Artvorkommens im Untersuchungsgebiet (Präsenz – Absenz)

1.1.1. Kartiermethode: Nestersuche
  • Suche nach Nestern (Freinester), da die Haselmaus bis zu 6 Nester pro Individuum anlegt.
    • Verlassene Nester in der laubfreien Zeit geben Auskunft über das Vorkommen der Art.
  • Sofern trotz geeigneter Habitate im Verbreitungsgebiet der Art keine Nachweise von Nestern erzielt werden, muss das Ergebnis durch Kartierung mittels Ausbringen spezieller Nistgelegenheiten (Haselmauskästen, "Haselmaus-Tubes", ggf. Hafthaarröhren oder Spurtunnel) überprüft werden (s. 1.1.2)
1.1.2. Kartiermethode: Nistkästen, Tubes, Hafthaarröhren und Spurtunnel
  • Ausbringen spezieller Nistgelegenheiten (Haselmauskästen, "Haselmaus-Tubes", ggf. Hafthaarröhren oder Spurtunnel) in geeignetem Habitat in ca. 1,5 – 2 m Höhe.
  • Sie sollten gut in die Vegetation eingefügt werden. In Hochwäldern ohne stärkeren Unterwuchs ist aufgrund der möglicherweise verringerten Nachweiswahrscheinlichkeit in den Kunstverstecken eine Konzentration von Nistkästen/Niströhren auf die oftmals strukturreicheren Randbereiche empfehlenswert (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume 2018: 9).
  • Standardmäßig ist eine Kombination aus Kästen und sog. Tubes vorzusehen, wobei nach Angaben von Lang et al. (2018: 46) Tubes gegenüber Kästen bevorzugt angenommen werden.
    • Holz-, oder Holzbetonkästen mit stammseitigem Eingang, Einstiegloch kleiner 30 mm Durchmesser zur Konkurrenzvermeidung zu Siebenschläfer. 6 – 10 Kästen / ha Waldgebiet, jedoch mindestens 20 Kästen pro untersuchtem Waldgebiet (jeweils abhängig von Größe und Habitatstruktur).
  • Werden Spurtunnel genutzt, sollten pro Fläche möglichst 25 Stk. verwendet werden. Anbringung an waagerechte Äste ab 1m Höhe
  • Eine Anleitung zum Bau von Spurtunneln findet sich u.a. hier: https://naturmuseum.tg.ch/public/upload/assets/59840/BauanleitungTippsSpurentunnelKleinsaeugetiere.pdf
    • 12 – 20 Tubes / ha Waldgebiet, jedoch mindestens 20.
    • 10 Hafthaarröhren pro 1 ha Fläche in geeignetem Habitat für mindestens 10 - 14 Tage.
1.1.3. Termine / Wiederholungen:
  • Freinestersuche ab Oktober bis Mitte November. 1 Kontrolldurchgang.
  • Ausbringen der Kästen / Tubes ab März. Kontrolle der Kästen, Tubes , Spurtunnel oder Hafthaarröhren zwischen (April) Mai und (September) Oktober, d.h. Quartiersuchphase im Frühjahr und die aktive Phasen von Adulten und Jungtieren im Spätsommer, im 4-wöchigen Turnus. Mind. 5 Kontrollen.
  • Die Nachweiswahrscheinlichkeit von Haselmäusen steigt mit der Dauer des Einsatzes von künstlichen Verstecken im Freiland (siehe: Bright et al. 2014: 27).
1.1.4. Auswertung der Bestandserfassung:
  • Von den nachgewiesenen Individuen werden Geschlecht, Reproduktionszustand und Alter erfasst.
  • Kartographische Auswertung der Artnachweise getrennt nach Erhebungsmethodik.
  • Determination der Haare (kann nach DEBROT et al. 1982 erfolgen), ist u.U. jedoch schwierig. Die visuelle Spurerkennung der Haselmaus in "Spurtunneln" ist vergleichsweise einfacher durchzuführen (vgl. u.a. https://www.meldestelle.gartenschlaefer.de/documents/20178/21515/gartenschlaefer_spuren_bestimmen.pdf/ee2cc86c-87cd-4d82-a67f-84436407cc70).
1.1.5. Hinweise:
  • Die o.g. Methoden können jeweils einzeln, am besten jedoch in Kombination zum Nachweis der Art ausreichen. Genauere Informationen zur Populationsstruktur und –größe sind nur mit den unter 1.2 angegebene Methoden zu erreichen (s. Punkt 1.2).
  • Neben den o.g. Methoden können Fraßspuren an Haselnüssen ergänzend Hinweise auf Artvorkommen geben, sofern die Hasel vorkommt. Identifizieren lassen sich die arttypischen Fraßspuren anhand Größe und Form der Löcher sowie anhand der Art der Zahnspuren (vgl. Juskaitis u. Büchner 2010).
  • Z.B. zur Klärung der Eignung von Verbringungsflächen sollte die Dichte der Nuss- und Beerensträucher und deren Vernetzung sowie die Eignung der Streuschicht als Winterquartier zusätzlich aufgenomen werden.
  • In manchen Jahren/Gebieten herrscht sehr hoher Konkurrenzdruck durch Apodemus Arten. Die geforderte Mindestanzahl an Kästen und Tuben sollte bei Bedarf daran angepasst werden.

1.2. Bestandserfassung lokale Population

1.2.1. Kartiermethode: Ausbringen und Kontrolle von Nistkästen und individuelle Markierung, Fang-Wiederfang oder DNA-Beprobung

Siehe z.B. Verbeylen (2012).

  • Erfassung mittels Nistkästen oder Tubes wie unter 1). Individuelle Markierung der erfassten Individuen mittels Fellfarben (für kurzfristige Markierung zu empfehlen) oder Ohrtätowierung (in Ausnahmefällen).
  • Oder Ausbringen von Hafthaarröhren (s. unter 1.1) und DNA-Untersuchung.
1.2.2. Termine / Wiederholungen:
  • Ausbringung der Kästen im April.
  • Kontrollen während der frühen Morgenstunden (geringe Störung aufgrund Torporzustands).
  • Kontrollen ab Mai bis Mitte Oktober mit 5 Kontrolldurchgängen. Idealer Zeitpunkt Mitte August bis Mitte September, da die Erfassungswahrscheinlichkeit sowohl von aktiven Jungtieren und Adulten am höchsten ist.
1.2.3. Auswertung der Bestandserfassung:
  • Folgende Daten sind für jedes gefangene Tier zu erheben: Geschlecht, Reproduktionszustand, Alter.
  • Zur Erfassung der lokalen Populationsgröße sind Fang-Wiederfang-Berechnungen (z.B. Methode nach Jolly Seber) anzuwenden.
  • Labor-Untersuchung der mitrochondrialen DNA der Haarproben (Geschlecht, Struktur der lokalen Population).
1.2.4. Hinweise:
  • Da die Kästen erst nach einer gewissen Vorlaufzeit angenommen werden, sind diese schon ab April auszubringen.
  • Lebendfallenfänge sind zeitlich sehr aufwendig und bedürfen eines sehr kurzen Kontrollrhythmus (alle 4 Std.). Da diese Methode mit sehr hohem Stress für die Tiere verbunden ist, wird diese nicht empfohlen und stattdessen die DNA-Besprobung angeraten, sofern Daten zur Population erforderlich erscheinen (Nachweis von Barrieren, Populationsstruktur).

Literatur

  • Baltus, H.; Mestdagh, X.; Moes, M.; Hoffmann, L.; Titeux, N. (2012): Evaluation de l’état de conservation du muscardin (Muscardinus avellanarius) (Mammalia) au Luxembourg : méthodologie et résultats préliminaires. Bulletin de la Société des naturalistes luxembourgois 113. 151-163.
  • Broght, P.; Morris, P. u. T. Mitchell-Jones (2014): The dormouse conservation handbook – second edition. English Nature. download: https://ptes.org/wpcontent/uploads/2014/06/Dormouse-Conservation-Handbook.pdf
  • Büchner, S. u. V. Wachlin (2004): Muscardinus avellanarius (Linnaeus, 1758) – Haselmaus. http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/ffh_asb_muscardinus_avellanarius.pdf (20.1.2017)
  • Büchner, S. (2006): Datenverdichtung und Nachuntersuchung zur Verbrietung der Haselmaus (Muscardinus avelanarius) in Hessen (Art des Anhanges IV der FFH-Richtlinie). pp 41.
  • Chanin, P., Woods, M. (2003): Surveying dormice using nest tubes. Results and experiences from the South West Dormouse Project. English Nature Research Reports No 524. 1-34.
  • GMN (2003): Artengutachten für die FFH-Anhang IV-Art Hasemaus (Muscardinus avellanarius). pp. 51.
  • Hessen Mobil (Hrsg.); Bosch, A.; Raschdorf, B. (2013): Leitfaden der Erfassungsmethoden und -zeiträume bei faunistischen Untersuchungen zu straßenrechtlichen Eingriffsvorhaben in Hessen. Stand 12/2013. Hessen Mobil. Bearb. Bosch, A.; Raschdorf, B. 42 S. https://mobil.hessen.de/sites/mobil.hessen.de/files/content-downloads/Kartiermethoden_Leitfaden_Dezember_2013.pdf (20.01.2017).
  • Juskaitis, R, Büchner, S. (2010): Die Haselmaus. Die Neue Brehm-Bücherei. Bd.670. Verlagskg. Wolf, 181 S.
  • Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländlicher Raum (2018): Haselmaus (Muscardinus avellanarius) - Merkblatt zur Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Haselmaus bei Vorhaben in Schleswig-Holstein. 27 S.
  • Lang, J.; Leonhardt, I.; Beer, S.; Bräsel, N.; Lanz, J.D. u. D. Schmittfull (2018): What Muscardinus avellanarius like but consultants don’t: performance of nest boxes vs. nest tubes for translocations (Rodentia: Gliridae) - Lynx, n. s. (Praha), 49: 43–48 (2018).
  • Meinig, H. (2005): Haselmaus - Muscardinus avelanarius (Linnaeus, 1758) - In: Doerpinghaus, A., Eichen, C., Gunnemann, H., Leopold, P., Neukirchen, M., Petermann, M., Schröder, E. u. J. Schröder (2005): Methoden zur Erfassung von Arten der Anhänge IV und V der Fauna-Flora Habitat-Richtlinie. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 20: 383 – 386.
  • Resch, R:; Blatt, C.; Slotta-Bachmayr, L. (2015): Populationsdichte und Habitatnutzung der Haselmaus Muscardinus avellanarius in einem Niedermoor. Joannea Zoologie 14: 25–36 (2015) http://www.zobodat.at/pdf/JoanZoo_14_0025-0036.pdf
  • Verbeylen, G. (2012): Monitoring and a population study of the common dormouse (Muscardinus avellanarius) in Flanders (Belgium). PECKIANA (8) 95-102. http://www.senckenberg.de/files/content/forschung/publikationen/peckania/volume_2012/issue_8/11_artikel_verbeylen_g.pdf
  • Wolton, R. (2010): Can nest tubes always detect dormice? People's Trust for Endangered SpeciesD - Dormouse Monitor Spring 2010. http://greenboot.co.uk/dormice/dormouse-monitor/ [Stand 14.01.2015], 14-15.
  • Weitere gesichtete Literatur:
  • Büchner, S. u. J. Lang (2014): Die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) in Deutschland – Lebensräume, Schutzmaßnahmen und Forschungsbedarf – Säugetierkundliche Informationen, Jena 9 (2014) 367 - 377. - https://www.researchgate.net/publication/269335282 (Abruf 04.08.2020)