Kreuzkröte  (Bufo calamita Laur.,1768)

(Syn.: Rana fetidissima,, R. ecaudata, R. portentosa, R. cruciata, Bufo portentosus)

EU-Code: 1202

Art und Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte (FoRu)

„Weite Abgrenzung“

Fortpflanzungsstätte: Da Eiablage und Larvalentwicklung vollständig innerhalb der Laichgewässer (temporäre Wasserflächen) stattfinden, ist dieses inklusive der direkten Uferzone als Fortpflanzungsstätte abzugrenzen. Zudem nutzt die Kreuzkröte während der Paarungszeit eine große Zahl an Tagesverstecken in unmittelbarer Umgebung (lt. Angaben von KORDGES & WILLIGALLA 2011 weniger als 100 m) des Laichgewässers.

Ruhestätte: Die Ruhestätten während der Fortpflanzungszeit liegen in ummittelbarer Umgebung des Laichhabitats. Potenzielle Ruhestätten im Winter finden sich im Umkreis bis ca. 500 m um das Laichgewässer.

Lokalpopulation

  • Lokale Population (Reproduktionsgemeinschaft) am / im Laichgewässer, ggf. einschl. benachbarter Vorkommen bis lt;1000 m Entfernung (Metapopulation; entsprechend bekannter Dismigrationsradien).
  • Die Kreuzkröte gilt als ausgesprochene Pionierart und besiedelt vor allem über die mobilen Weibchen und juvenilen Tiere neue Gebiete, auch über mehrere Kilometer. Laut SINSCH (1998) sind die Männchen eher ortstreu (Aktionsradien von wenigen Hundert Metern um die Laichgewässer). Fernausbreitungen wurden von SINSCH (1998) auf 3–5 km geschätzt, THOMAS (2004, zitiert in KORDGES & WILLIGALLA 2011) stellte eine Migration von 8 km fest. Der Median aller in KORDGES & WILLIGALLA (2011) festgestellten Entfernungen beträgt 400 m. PAN & ILÖK (2010) geben für einen hervorragenden Erhaltungszustand in Bezug auf die Vernetzung eine Entfernung von lt; 1000 m zur nächsten Population an.

Habitatanforderungen

  • Laichgewässer sind vorwiegend ganztägig sonnenexponierte, flache Klein– oder Kleinstgewässer (SIMON 1979, zitiert in SANDER 1996, SCHLÜPMANN 1995, KORDGES & WILLIGALLA 2011). Typisch in NRW sind Gewässerkomplexe aus >20 Kleingewässern. Der größte Teil der meist als Lachen ausgebildeten Laichhabitate ist mit einer Tiefe von lt;30 cm oft nur temporär wasserführend und mit maximal 10 % Deckung weitgehend vegetationsfrei (SCHLÜPMANN 1995, KORDGES & WILLIGALLA 2011). Maßgeblich ist die schnelle Erwärmung der Gewässer.
  • Aufgrund der Besiedlung von stets austrocknungsgefährdeten Laichgewässern, besitzt die Kreuzkröte eine variable, meist sehr zügige Larvalentwicklung, die durch hohe Temperaturen beschleunigt wird (FLINDT & HEMMER 19768, HEMMER & KADEL 1973, KORDGES & WILLIGALLA 2011).
  • Ausnahmsweise werden auch größere und vegetationsreiche Gewässer besiedelt. In solchen Fällen handelt es sich um Gewässer, die zumindest partiell über Flachwasserzonen verfügen, die sich stark erwärmen (KORDGES & WILLIGALLA 2011). Flache Uferzonen als Rufplätze für die Männchen (ECKSTEIN 2003a).
  • Gelegentlich werden auch flache Betonbecken oder flache Folienteiche genutzt (KORDGES & WILLIGALLA 2011, S.240).
  • Der Chemismus der Laichgewässer ist zweitrangig (GROSSE & SCHÖPKE 1992, zitiert in SANDER 1996; BREGULLA 1986, SCHLÜPMANN 1995). Die Art toleriert pH–Werte des Laichgewässers von 4,0–9,6, besiedelt selbst Gewässer mit starker Salzbelastung und ist in Bezug auf die Gesamthärte des Wassers anpassungsfähiger als die Wechselkröte (KORDGES & WILLIGALLA 2011).
  • Landlebensräume sind vegetationsarm und offen mit grabbaren, sandigen Substraten und trocken–warmem Mikroklima in direkter Nähe zum Fortpflanzungsgewässer (Pionierstandorte auf Rohböden mit schütterem Bewuchs) (vgl. NIEKISCH 1982, SCHLÜPMANN 1984, 1995, GÜNTHER & MEYER 1996; ECKSTEIN 2003a). In NRW werden Abbaustellen des gesamten Spektrums genutzt (Locker– und Festgesteinabtragungen, Ton–, Mergel–, Sand– und Kiesabtragungen sowie Steinbrüche aller Art (SCHLÜPMANN et al. 2006, KORDGES & WILLIGALLA 2011), Truppenübungsplätze als auch Großbaustellen, Deponien, Bergehalden und Industriebrachen (KORDGES & SCHLÜPMANN 2011). Schwere, nicht grabbare Lehmböden werden gemieden (GEIGER et al. 1994).
  • Ausreichende Anzahl an Tagesverstecken in unmittelbarer Umgebung des Laichgewässers: Hohlräume im Boden bzw. sandige Böschungen (sonnenexponiert), Fußbereiche von Abraumhalden und Bahndämmen, in die sich die Tiere selbst eingraben können (SCHLÜPMANN 1984, THIELCKE 1987, KORDGES & WILLIGALLA 2011), sowie Tagesverstecke unter Steinen, Brettern und Bauschutt sowie in Kleinsäugerbauten (SCHLÜPMANN 1995 ).
  • Winterquartiere, z.B. ältere, sonnenexponierte Böschungen mit geringer Vegetation (eigenständiges Eingraben bis in 100 cm Tiefe), Blockschutthalden, ältere Steinhaufen, Kleinsäugerbauten und Spaltenquartiere: frostfrei und oberhalb der Hochwasserlinie (KORDGES & WILLIGALLA 2011).
  • Ein grundlegendes Merkmal aller Kreuzkröten–Lebensräume ist ihre Dynamik und die Kurzlebigkeit des von der Art bevorzugten bzw. benötigten Pionierstadiums. Ein Lebensraum kann durch Hochwasser in der Aue oder menschliche Tätigkeit in Abgrabungen (KREBS & WILDERMUTH 1975, FELDMANN & SCHLÜPMANN 2011), auf Industrieflächen oder militärischen Übungsplätzen neu geschaffen werden, obliegt der natürlichen Sukzession und wird dann erneut an dieser oder einer benachbarten Stelle neu geschaffen.
  • Der Betrieb von Abgrabungen, Halden, Deponien und militärischen Übungsplätzen sowie das Befahren von Flächen mit schweren Fahrzeugen fördert die Art, wenn auch veränderte Techniken z. B. in der Abgrabungsindustrie schädlich sein können (SCHLÜPMANN 1995 u. a., SCHLÜPMANN & GEIGER 1999).

  • Ortsveränderungen finden regelmäßig statt. Zur Nahrungssuche wird i.d.R. ein näherer Umkreis (ca. 100 m Radius) um den Aufenthaltsort genutzt (SINSCH 1998, zitiert in KORDGES & WILLIGALLA 2011). In geeigneten Habitaten verhalten sich die Männchen ortstreu (Aktionsradius wenige Hundert Meter um die Laichgewässer), während die weiblichen Tiere z.T. Strecken von mehreren km wandern (KORDGES & WILLIGALLA 2011). Entsprechend wird für die Neuanlage von Habitaten eine Entfernung von in der Regel nicht mehr als 400 m (Median–Wert) empfohlen.
  • Lineare Strukturen (z.B. Bahntrassen) sind bedeutsam für die Ausbreitung und Besiedlung neuer Standorte (SCHLÜPMANN 1995).
  • Die Kreuzkröte weist beträchtliche Bestandsschwankungen mit hohen Aussterbe– und Neugründungsraten auf. Sie ist diejenige Amphibienart, welche am schnellsten neu geschaffene Lebensräume besiedeln kann (Pionierart) (MÜNCH 2005). Über vagabundierende Individuen kann sie neue Habitate schnell auffinden und für mehrere Jahre besiedeln („springende Dislokation“; FLINDT & HEMMER 1968). Existenz von Temporalpopulationen mit zeitlich deutlich getrennten Laichschüben (SINSCH 1988, SCHRÖER 1993, SCHLÜPMANN 1995, KORDGES & WILLIGALLA 2011).