Wachtel (Coturnix coturnix (L.))
EU-Code: A113
Art und Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte (FoRu)
„Weite Abgrenzung“
Fortpflanzungsstätte: Wachteln sind Bodenbrüter und legen ihr Nest jedes Jahr neu an. Das Fortpflanzungsverhalten ist kompliziert (s. u.). Eine besondere Ortstreue ist bei dieser „Invasionsvogelart“ nicht bekannt. Die Fortpflanzungsstätte einzelner Individuen ist daher nicht konkret abgrenzbar. Hilfsweise kann als Fortpflanzungsstätte die gesamte Parzelle in einem Umfang von bis zu 1 ha um den Aktionsraum-Mittelpunkt mit angrenzenden Randstreifen, Feldwegen, Brachflächen etc. abgegrenzt werden.
Ruhestätte: Wachteln ruhen auf dem Boden, in den Mittagsstunden z. B. an sonnigen, geschützten Plätzen (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1994 S. 312). Die Abgrenzung der Ruhestätte von Brutvögeln ist in der Abgrenzung der Fortpflanzungsstätte enthalten. Darüber hinaus ist die Ruhestätte einzelner Tiere nicht konkret abgrenzbar.
Lokalpopulation
- Vorkommen im Gemeindegebiet
Habitatanforderungen
- Als Offenlandart besiedelt die Wachtel möglichst gehölzfreie Felder, Wiesen und Ruderalflächen mit einer ausreichend hohen, Deckung bietenden, jedoch auch lichten Vegetationsschicht auf tiefgründigen bis feuchten Böden. Sie fehlt in ganz trockenen oder gehölzbestandenen Flächen. Die Vegetation muss nach oben ausreichend Deckung bieten, aber auch gut zu durchlaufen sein (HERRMANN & DASSOW in FLADE et al. 2003, GEORGE 1990 S. 139), z. B. sind dichtes Grünland oder verfilzte Brachen ungeeignet.
- GEORGE (1996, 1999) fand in einer 15jährigen Untersuchung in Sachsen-Anhalt eine Bevorzugung folgender Kulturen (Optimalhabitate): Sommergerste oder Sommerroggen mit Luzerne-Einsaat, Sommergerste oder Sommerroggen mit Klee-Einsaat, Luzerne-Gras-Gemisch, Hafer mit Klee- oder Gras-Einsaat, weiterhin wahrscheinlich (geringe Stichprobenzahl) auch selbstbegrünte Brachen, Senf und Sommerweizen. Durchschnittliche Nutzungen (suboptimale Habitate) waren bei Luzerne, Winterweizen, Rotklee, Klee-Gras-Gemisch, Erbsen und wahrscheinlich auch Weidelgras festzustellen. Unterdurchschnittlich (pessimal) wurden Wintergerste, Mais, Buschbohne, Kartoffel, Hafer, Winterraps und Mähwiesen genutzt. Wichtigste Gemeinsamkeit der optimalen Habitate ist die Frühjahrsaussaat der Kulturen, was zur Folge hat, dass zum Zeitpunkt der Ankunft der Wachteln der Boden nicht vollständig bedeckt ist. Aufwertend ist auch der gemischte Anbau von Sommergetreide und / oder Gras mit Luzerne oder Klee (GEORGE 1999).
- Nach den Rufstandorten einer Erfassung in Mittelwestfalen wurden vor allem Ackerbrachen und Sommergerste bevorzugt, während Raps, dichtes Wintergetreide und Randbereiche von Gehölzen gemieden wurden (ILLNER in NWO 2002; S. 86).
- Der Lebensraum muss neben der Deckung ein reichhaltiges Angebot an kleinen Sämereien (Ackerkräuter) und Arthropoden liefern, daneben Sonnen- und Staubbademöglichkeiten (WEISS in SUDMANN et al. 2012).
- Weiterhin wichtig sind auch Weg- und Ackerrandstreifen sowie unbefestigte Wege. im Verlauf des Sommers kann die Wachtel auch in Hackfruchtkulturen wechseln (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1994 S. 305).
- Die Wachtel ist in Deutschland Zugvogel von ausgeprägtem Invasionsvogelcharakter, der je nach den Niederschlags- und damit Nahrungsverhältnissen im Südteil seines Brutgebietes Jahr für Jahr unterschiedlich weit nach Norden zu ziehen scheint (zu einer genaueren Analyse reichen die vorliegenden Daten nicht aus, doch scheinen sich ,,Wachteljahre“ in Nordafrika und Mitteleuropa gegenseitig auszuschließen, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1994 S. 300). Die bisherigen Daten deuten darauf hin, dass ein Teil der mitteleuropäischen Spätbruten von diesjährigen Vögeln lokaler oder auch mediterraner Herkunft getätigt wird (ebd. S. 307). So weist auch DÖRRIE (2008) für Süd-Niedersachsen darauf hin, dass die Mehrzahl der Wachteln im Juni eintrifft. Diese Tiere gehören vermutlich der südeuropäisch- / nordafrikanischen Teilpopulation an. Nachweise „deutscher” Wachtelmännchen, die ab Ende April bis Mitte Mai rufend auf sich aufmerksam machen, seien damit verglichen nur spärlich. Die potenziellen Bruthabitate sind im Juni aber wegen der fortgeschrittenen Vegetationsentwicklung kaum noch nutzbar und werden zudem bereits sechs bis acht Wochen nach dem Eintreffen der Vögel abgeerntet. Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Reproduktion ist dann zu klein. Der geringe Bestand „heimischer“, früher ankommender Brutvögel werde daher wahrscheinlich durch die Zunahme der später ankommenden balzenden Männchen überlagert.
- Das Fortpflanzungsverhalten der Wachtel ist kompliziert, es sind verschiedene Paarungssysteme bekannt (von Monogamie bis Polygynie, Polyandrie und Promiskuität). Territorien i. e. S. werden nicht verteidigt, dafür bestehen „Wachtelrufplätze“ an geeigneten Standorten. Viele ? bleiben unverpaart und nomadisieren umher. Der Aktionsraum eines „Paares“ beträgt meist lt; 1 ha, bei den unverpaarten ? ca. 2-6 ha (BAUER et al. 2005 S. 150). Bei einer in der Uckermark durchgeführten Untersuchung (HERRMANN & DASSOW in FLADE et al. 2003.) zeigte sich eine enorme Fluktuation und Wanderbewegungen der Mehrzahl der besenderten Wachtel-?. Fast die Hälfte der ? war nach spätestens 5 Tagen aus dem Beobachtungsgebiet verschwunden; nur 4 (14 %) der ? hielten sich über 30 (bis 100) Tage im UG auf. Einzelne rufende ? konnte verfolgt werden, wie sie tagsüber das Untersuchungsgebiet großräumig durchwanderten und schließlich verließen. Verpaarte ? riefen bis auf eine Ausnahme nicht und hielten sich stets in unmittelbarer Nähe (max. 5 m entfernt) von den ? auf. In der Nähe von verpaarten Vögeln waren aber stets andere rufende ? zu hören.
- Optimale Habitate werden gezielt aufgesucht, was fruchtwechselbedingt über Jahre zu einer Gleichverteilung der Wachtelnachweise in großen Teilen einer Feldflur führen kann(GEORGE 1999, Sachsen-Anhalt).
- WEISS (in SUDMANN et al. 2012) weist darauf hin, dass für die Wachtel großflächige Maßnahmen notwendig sind, um eine ausreichende Reproduktion in kolonieartigen Brutverdichtungen sicherzustellen und kleinräumige „Hier und Dort“-Maßnahmen der Art nicht weiter helfen. Deshalb kann es sinnvoller sein, Maßnahmen in bestimmten Gebieten zu konzentrieren, um solche Areale zu optimieren oder aufzubauen, anstatt kleinflächig in unmittelbarer Umgebung zum Eingriffsort zu planen.