Saatgans (Anser fabalis (Lath.,1787))
EU-Code: A039
Art und Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte (FoRu)
Fortpflanzungsstätte:
Ruhestätte: Die Saatgans ist in NRW Zug- und Rastvogel, der während der Frühjahrs- und / oder Herbstrast in der Regel in Trupps an strukturell geeigneten Plätzen rastet und / oder überwintert. Dabei handelt es sich um offene und möglichst störungsarme Flussauen mit Grünland- und/oder Ackerflächen. Neben fakultativ und nur sporadisch genutzten Rastplätzen gibt es regelmäßig von größeren Individuengruppen genutzte traditionelle Rast- und Schlafplätze (v. a. in den VSG Unterer Niederrhein und Weseraue sowie an der Rur im Kreis Heinsberg). Diese traditionellen Rast- und Schlafplätze sind jeweils als Ruhestätte abzugrenzen, wobei jährliche Verlagerungen innerhalb der Ruhestätte aufgrund landwirtschaftlicher Nutzung auftreten können. Die Ruhestätte besteht aus den Schlafplätzen sowie den essenziellen regelmäßig für die Nahrungssuche genutzten Flächen. Der räumliche Umgriff ergibt sich aus dem für die Nahrungssuche genutzten Aktionsradius im Umfeld der Schlafplätze, der störungsarm sein muss, damit sich die Funktion als Ruhestätte entfalten kann. Die Nahrungsflächen können sich von Jahr zu Jahr und auch innerhalb eines Winters verlagern. In sehr großen Rast- und Überwinterungsgebieten (VSG Unterer Niederrhein) ist jeweils ein zusammenhängender Funktionsraum als eine Ruhestätte abzugrenzen. Bei der Abgrenzung dieser Funktionsräume sind möglichst vorhandene Erkenntnisse der Experten vor Ort zu den Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Nahrungsflächen und den Schlaf-/Trinkplätzen zu berücksichtigen.
Lokalpopulation
- Vorkommen in einem Schutzgebiet, Vorkommen in Kreisgebiet
Habitatanforderungen
- Großräumige Agrarflächen mit geeigneten Nahrungsgebieten sowie einem Angebot an Trink- und Schlafgewässern (LANUV)
- Bei der Saatgans ergibt sich folgendes Muster bei der Nahrungssuche: im Herbst / Frühwinter werden Äcker mit Ernterückständen bevorzugt (solange der Vorrat reicht bzw. bis zum Umbruch), dann junges Wintergetreide / junger Raps. Ab dem Mittwinter wird dann bevorzugt Grünland aufgesucht.
- WILLE (1999, Unterer Niederrhein, S. 101): Die Saatgänse haben ihre Präferenzen seit Ende der 1970er Jahre stark verändert. Sie begannen Mitte der 1980er Jahre, abgeerntete Zuckerrübenfelder zu nutzen. Dies erfolgte etwa zeitgleich mit der Einführung einer veränderten Erntetechnik, wobei das Blattgrün und die Wurzelspitzen der gehäckselten Rüben auf den Flächen verbleibt.
- FEIGE at al. (2011, Unterer Niederrhein, S. 172): Saatgänse nutzten in den Wintern 2004/05 bis 2008/09 lediglich 27 % Grünland. Bei der Saatgans zeigt sich aber ein starker Unterschied zwischen November (14 % Grünland, 22 % Maisstoppeln, 21 % Sturzacker, 18 % Hackfrucht und 15 % Wintergetreide) und Januar (49 % Grünland, 4 % Maisstoppeln, 11 % Sturzacker, 14 % Hackfrucht und 10 % Wintergetreide).
- DEGEN et al. (2009, Elbtalaue): Die Nutzung des Grünlandes nahm in der Reihenfolge Saatgans, Blässgans, Graugans und Weißwangengans zu, die der Ackerflächen entsprechend ab. Mit Eintritt des Frühjahrs wurde Grünland zunehmend bevorzugt. Es war für alle Gänsearten im Februar und März der am häufigsten aufgesuchte Habitattyp. Auch Wintergetreide wurde, v. a. von Saat- und Graugänsen, zum Frühjahr hin deutlich häufiger aufgesucht als im Herbst. Stoppelfelder hatten besonders für die Saatgans, aber auch für die Blässgans im Herbst eine sehr große Bedeutung, die im Verlauf der Rastsaison deutlich abnahm; Saatgänse nutzten diese Flächen aber bis in den Winter hinein. Saatgänse waren insgesamt deutlich stärker auf Ackerflächen spezialisiert als die anderen Gänsearten. Sie nutzten (neben Ablenkflächen, Getreidestoppelfeldern und Raps) auch Maisstoppelfelder sowie zumindest in einzelnen Jahren auch Kartoffel- und Rübenäcker überproportional häufig. Ein Vergleich der Nutzung der angebauten Feldfrüchte zeigt, dass die Nutzungsintensität durch die Schwäne und Gänse auf Rapsflächen durchgehend (und z. T. wesentlich höher) war als auf Wintergetreide- und Grünlandflächen. Hohe Nutzungsintensitäten wurden außerdem auf Getreidestoppelfeldern sowie auf Kartoffeläckern durch die Saatgans erreicht.
- Möglichst räumliche Nähe zwischen Schlafplätzen und Nahrungshabitaten (umso näher, desto günstiger: HEINICKE 2008). Schlaf- und Nahrungsplätze können zwar grundsätzlich viele Kilometer auseinander liegen, bevorzugt werden jedoch schlafplatznahe Nahrungshabitate. Daher soll die Entfernung von Nahrungs- und Schlafplätzen 5 km nicht überschreiten. Im Idealfall liegen die Schlafgewässer inmitten der Nahrungshabitate.
- Die Nutzung der Nahrungshabitate kann bei Ackerflächen wegen der dynamisch wechselnden Fruchtfolge großen jährlichen Veränderungen unterworfen sein. Orts- bzw. Flächentraditionen dürften daher für die lokale Ebene ohne große Bedeutung sein (ebd). Gänse sind generell Nahrungsopportunisten und nehmen innerhalb ihres Rastplatzraumes die Flächen an, die gerade eine attraktive Nahrungsquelle darstellen (KREUZIGER 2002, KRUCKENBERG et al. 2003, WILLE 1999). Die Gänse wechseln dabei auch innerhalb eines Winters zwischen mehreren Nahrungsflächen innerhalb des Rastgebietes, die entsprechend ihrem Nahrungsangebot (Ernterückstände, Vegetationshöhe, nachwachsende Kräuter / Gras) turnusmäßig aufgesucht werden.
- Lage der Maßnahmenflächen in weithin offener Landschaft aufgrund der Meidung der Gänse gegenüber Sichtbarrieren wie hohen geschlossenen Vertikalstrukturen (Waldränder, dichte und geschlossene Baumreihen oder hohe Hecken) (SPILLING 1999 Saatgans an der Unteren Mittelelbe). Keine Nähe zu Windenergieparks im Umfeld von bis zu 1200m oder in der Einflugschneise (LAG-VSW 2007). Eine kleinflächig gegliederte Landschaft kann dagegen durchaus von Saatgänsen genutzt werden: Nach MOOJI (1993) bevorzugten die am Unteren Niederrhein überwinternden Saatgänse für die Nahrungsaufnahme Grünlandflächen in relativ ungestörten Bereichen, die periodisch überflutet wurden und ± kleinflächig durch Hecken, Gehölze und Relief strukturiert sind (ähnlich MESSER et al. 2011 S. 25 für die Rheinaue Walsum). Saatgänse zeigen eine deutlich stärkere Präferenz für trockene Nahrungsflächen und eine durch Gehölze strukturierte Landschaft als Blässgänse.
- Lage der Maßnahmenflächen in störungsarmer Landschaft: Nach BALLASUS (2005b, Niederrhein) schränkten landschaftstrukturelle Störfaktoren (Straßen/Wege, Freileitungen, Gebäude) die Gebietskapazität stark ein. Nahrungsflächen einer Mittelpunktentfernung von weniger als 120 m zu Störfaktoren wurden geringer ausgeschöpft, die genutzten Flächen kennzeichnete bei gestörter Beweidungsrhythmik eine im Mittel wenigstens halbierte Nutzungsintensität. So waren Flächen in einer Distanz von bis zu ca. 240 m zu Störfaktoren, beeinträchtigt.