Rauchschwalbe (Hirundo rustica Linnaeus, 1758)
EU-Code: A251
Artenschutzmaßnahmen
Maßnahmen im Einzelnen
1. Anbringen von Kunstnestern (Av1.1)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Die Rauchschwalbe brütet meistens in selbst angefertigten Nestern an Gebäudewänden o. a. Insbesondere. bei Mangel an Baumaterial können Engpässe bei der Herstellung der Nester auftreten. Durch die Maßnahme werden der Rauchschwalbe artspezifische Nisthilfen angeboten.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
- Günstige Nahrungshabitate (s. o.) im Umfeld von ca. 300 m vorhanden.
- Möglichst noch genutzter Stall mit Viehbesatz während der Brutzeit (WILLI et al. 2011; bevorzugt Kühe) Keine zugigen Boxenlaufställe.
- Gewährleistung der Zugänglichkeit zu den Räumen in der Fortpflanzungszeit (mind. Ende März bis Ende September) durch Öffnungen von mind. 20 cm Durchmesser sowie freier Anflugmöglichkeit an die Kunstnester, dabei kein Entstehen von Gefahrensituationen (z. B. bei Niedrigflug Gefahr durch Prädation Hauskatze oder Kollisionsgefahr mit Kfz)
- Katzen-, marder- und rattensichere Stellen mit möglichst wenig Zugluft.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Bei Betroffenheit von 1-10 Paaren werden pro Paar 2 artspezifisch geeignete Nistkästen angeboten (Typ: offene Halbschalen von etwa 16 cm Durchmesser). Bei > 10 Paaren werden rechnerisch 1,5 Nistkästen pro Paar angeboten.
- Alternativ zum Nistkasten: ein Brett von ca. 12 x 12 cm Durchmesser als Nistsims). Sofern möglich, können auch Nistnischen in Wänden angelegt werden.
- Anbringen der Kunstnester in Deckennähe des Raumes (Raumhöhe > 2 m). Abstand der Oberkante zur Decke ca. 5-10 cm (bei Brettern ca. 10-15 cm unterhalb der Decke (RUGE 1989, VON HIRSCHHEYDT 2004).
- Rauchschwalben sind keine Koloniebrüter i. e. S. wie Mehl- oder Uferschwalbe. In großen Räumen, die mehrere Brutpaare beherbergen können, sollten die Nisthilfen deshalb möglichst weit auseinander liegen (mehrere Meter) und so verteilt werden, dass zwischen den Nestern kein Sichtkontakt besteht (FUJITA & HIGUCHI 2011; ohne Sichtkontakt auch lt; 1 m). Konflikte zwischen Paaren lassen sich verringern, wenn nicht alle Vögel die gleiche Einflugöffnung benutzen müssen (VON HIRSCHHEYDT 2004).
- Die Gefahr, Kunstnester an ungeeigneten Orten aufzuhängen, lässt sich vermindern, wenn man sie dort anbringt, wo ältere, defekte Naturnester oder deren Spuren auf Standorte hinweisen, die von den Vögeln selber ausgewählt worden sind (VON HIRSCHHEYDT 2004).
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Kunstnester sind grundsätzlich Jahrzehntelang haltbar. Um einen starken Befall mit Parasiten entgegenzuwirken, sollen die Kunstnester mind. alle 2 Jahre außerhalb der Brutzeit gereinigt werden.
Weitere zu beachtende Faktoren
- Die Anlage von Schwalbenpfützen ist für Kunstnester nicht zwingend parallel durchzuführen, da die Nester bereits vorhanden sind. Sie kann trotzdem sinnvoll sein, um die Anlage natürlicher Nester in der Kolonie zu fördern.
- Klebschnüre zur Fliegenbekämpfung sind grundsätzlich nicht im Brutraum zu verwenden. In Ausnahmefällen sind sie knapp (1–2 cm, mit Distanzhaltern alle 1–2 m) unter der Decke zu spannen. Wo dies nicht möglich ist, muss eine zusätzliche Schnur, ein Plastikband o.ä. möglichst nah oberhalb zur Klebschnur geführt werden, um die Vögel von dieser fern zu halten (VON HIRSCHHEYD 2004).
- Keine Geräte näher als 2 m zu den Nestern abstellen (Prädationsgefahr durch Katzen / Marder, VON HIRSCHHEYD 2004).
- Wo der Kotanfall unter besetzten Nestern zum Problem wird, kann man dies mit Hilfe von Kotbrettern verhindern (VON HIRSCHHEYDT 2004)
- Für langfristige Wirksamkeit ist Akzeptanz beim Eigentümer / Nutzer des Gebäudes wichtig.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Die Maßnahme ist innerhalb von bis zu 2 Jahren wirksam, wenn die Nester an Stellen aufgehängt werden, wo ältere, defekte Naturnester oder deren Spuren auf Standorte hinweisen, die von den Vögeln selber ausgewählt worden sind (VON HIRSCHHEYDT 2004).
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Das Anbringen von Kunstnestern wird in der Literatur vorgeschlagen (BAUER et al. 2005, JUNKER-BORNHOLDT et al. 2001, RUGE 1989). Nach LÖHRL (1979, zit. bei GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985, S. 422) werden Kunstnester „bereitwillig“ angenommen.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
2. Anlage von Schwalbenpfützen (G2.2)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Für die Anlage ihrer Nester benötigt die Rauchschwalbe feuchte Pfützen, Flachgewässern o. a. mit offenem Boden (Lehm, Erde oder Schlamm). Durch die Maßnahme wird ein Angebot dieser Strukturen gewährleistet.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
- In der Nähe eines Vorkommens (nicht weiter als 500m zum Brutplatz)
- Offener oder lückiger Boden mit Lehm (nach Befeuchtung dünnflüssig), Erde oder Schlamm. Abdichtungen mit Folien o. a. sollen nicht durchgeführt werden.
- Freier Anflug ohne Gefährdungen durch Kollision o. a.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Durchmesser einer Schwalbenpfütze mind. (0,5) bis 1 m (RUGE 1989, S. 80). Es gibt keine weiteren begründeten Mengenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Bei 1-5 Paaren mind. 2 Schwalbenpfütze pro Paar oder eine entsprechend große Pfütze, bei > 5 Paaren rechnerisch 1,5 Pfützen, bei > 10 Paaren 1 Pfütze (oder jeweils eine entsprechend große geeignete Fläche).
- Während der Nestbauzeit im Mai / Juni ist eine ausreichende Feuchte zu gewährleisten
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Während der Nestbauzeit im Mai / Juni ist eine ausreichende Feuchte zu gewährleisten
Weitere zu beachtende Faktoren
- Bei Verwendung von Kunstnestern ist die Maßnahme nicht zwingend nötig, zur Anlage selbst gebauter Nester aber wünschenswert (s. Anbringen von Kunstnestern).
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Das Anlegen von Schwalbenpfützen wird in der Literatur empfohlen (BAUER et al. 2005, S. 155, JUNKER-BORNHOLDT et al. 2001, S. 75, NABU 2007, RÜCKRIEM et al. 2009, RUGE 1989, S. 80). Wissenschaftlich dokumentierte Nachweise liegen nicht vor. Eine Annahme der Pfützen kann vor dem Hintergrund der Artökologie sicher erwartet werden, da die Art unter natürlichen Verhältnissen für ihren Nestbau flexibel auf kurzfristig / temporär verfügbare geeignete Stellen reagiert.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
3. Fazit
Für die Rauchschwalbe stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherung von Bruthabitaten zur Verfügung.
Angaben zu Priorisierung:
Anbringen von Kunstnestern: geringe Priorität