Gänsesäger  (Mergus merganser L.)

EU-Code: A070

Artenschutzmaßnahmen

  1. Optimierung von geeigneten Nahrungsgewässern (G1.1, G.3.1, G.6.2, G6.3)
  2. Optimierung von geeigneten Ruhegewässern (G1.1, G.3.1, G.6.2, G6.3)
  3. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Optimierung von geeigneten Nahrungsgewässern (G1.1, G.3.1, G.6.2, G6.3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Tauchenten und Säger suchen ihre Nahrung in störungsberuhigten Gewässern. In der Maßnahme werden bestehende Nahrungsgewässer optimiert oder neu geschaffen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Wassersport, Angelsport, Spaziergänger mit freilaufenden Hunden etc.) zu achten (z.B. GERKEN 1981, HÜBNER & PUTZER 1985, PUTZER 1985, 1989, REICHHOLF 1975, SÜDBECK & SPITZNAGEL 2001).
  • Vorhandene Gewässer mit Vorkommen von Wasserpflanzen und Tieren, Aufwertungspotenzial bezüglich Ufervegetation und / oder Störungsberuhigung.
  • Neu zu schaffende Stillgewässer, die einen Bestand von Nahrungstieren der Arten entwickeln können.
  • Keine nährstoffarmen Gewässer, deren Nährstoffarmut im Rahmen eines anderen Naturschutzziels zu erhalten ist (nährstoffarme Gewässer weisen oft einen geringeren Bestand an Nahrungstieren für die Zielarten auf als nährstoffreichere Gewässer: EINSTEIN 1983, KOOP 1996, UTSCHIK 1995).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Der räumliche Umfang ist im Einzelfall festzulegen insbesondere anhand der Parameter Flächengröße und Zustand der betroffenen Gebiete und Individuenzahl. Grundsätzlich Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Da die Arten bevorzugt an größeren Flachgewässern rasten, wird ein Faustwert von mind. 1 ha für die Gewässergröße empfohlen.
  • Möglichst nahe zu den Ruhegewässern (Nahrungs- und Ruhegewässer können auch identisch sein).
  • Anlage der Gewässer entsprechend den o. g. Artansprüchen. Abflachung der Ufer, Rückbau von Uferverbauungen, Optimierung und Gestaltung einer standortsangepassten Ufervegetation. Bei dichten Gehölzriegeln am Ufer teilweises Auflichten zur Schaffung von Ruheplätzen.
  • Ggf. Einschränkung der Fischerei / des Angelsports bei fischfressenden Arten (NWLKN 2011 S. 12).
  • Bei der Renaturierung von Fließgewässern gelten die Hinweise in der „Blauen Richtlinie“ (MULNV 2010, Kapitel 6: Maßnahmen).
  • Ggf. Einbringen von Fischen, Muscheln o. a., sofern dadurch andere Funktionen des Gewässers nicht negativ beeinträchtigt werden (im Regelfall nicht bei Fließgewässern; Zielkonflikte und Vorgaben Wasserrahmenrichtlinie beachten).
  • GALHOFF (1987) kalkulierte den Nahrungsbedarf einer Überwinterungspopulation der Tafelente am Kemnader See bei Bochum (ca. 660 Individuen) auf ca. 160 ± 70 kg pro Tag. Hier bildeten vermutlich Zuckmückenlarven und Schlammröhrenwürmer des Benthos die Hauptnahrungsquelle.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Gewährleistung der artspezifischen Ansprüche an die Gewässer.
  • Ggf. Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung von Verlandungen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Zielkonflikte bei im Ausgangszustand nährstoffarmen Gewässern mit anderen Arten / Naturschutzzielen / der Wasserrahmenrichtlinie beachten: Ein extrem hohes Nährstoffangebot bis hin zum Umkippen des Gewässers (Polytrophie mit starker Gewässertrübung und Verschwinden von Muscheln und Fischen) führt auch bei Tauchenten / Sägern zu einer Abnahme (bis hin zum Verschwinden) der Nahrungsbasis, die meisten Tauchenten können sich jedoch zumindest in geringem Maße auch in sehr nährstoffreichen Gewässern von der Schlammfauna des Seebodens ernähren (z. B. Schlammröhren- und Zuckmückenlarven: EINSTEIN 1983 S. 386: Federsee in Baden-Württemberg; GALHOFF 1987: Kemnader See). Eine mäßige Gewässerbelastung mit Nährstoffen kann für Tauchenten und Säger mit vorwiegend tierischer Ernährung positive Auswirkungen haben, wenn dadurch die Nahrungstiere gefördert werden. Umgekehrt kann eine „bessere“ (nährstoffärmere) Gewässerqualität für diese Arten negativ sein (UTSCHIK 1995; Rückgang des Mauserbestandes der Tafelente an den Ismaninger Teichen (Bayern) vermutlich aufgrund der durch ein neues Klärwerk bedingten, verbesserten Gewässerqualität: KÖHLER & KÖHLER 1996, KOOP 1996 S. 395).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Optimierung vorhandener Gewässer: Wirksamkeit je nach Ausgangsbedingungen innerhalb von 2 bis 5 Jahren (Abflachung der Ufer, Einhalten Abstandzonen für Störungen, Optimierung Ufervegetation bei vorhandenem Ausgangsbestand).
  • Neuanlage von Stillgewässern: Für die Etablierung einer Ufervegetation sowie die Besiedlung durch Muscheln u. a. Nahrungstiere der Tauchenten und Säger wird eine mittelfristige Wirksamkeit innerhalb von 5-10 Jahren veranschlagt. Ggf. kann dieser Zeitraum durch Anpflanzungen und Einbringen von Fischen, Muscheln o. a. auf bis zu 5 Jahre verkürzt werden.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.
  • Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind kurz- bis mittelfristig herstellbar. Es besteht grundsätzlich eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Nahrungssuchende Enten und Säger reagieren schnell auf günstige Nahrungshabitate.
  • GRIMS (1963) berichtet von der Besiedlung des Innstausees St. Florian. Die Bauarbeiten wurden im September 1961 abgeschlossen, im Laufe einiger Wochen füllte sich der Stauraum mit Wasser (Überstauung der „Reichsberger Au“ auf 1-3 m). Innerhalb kurzer Zeit kam es zu einem Bestandsanstieg bzw. zur Neubesieldung durch Wasservögel (während der Zugzeiten rasteten vorher meist nur für wenige Stunden Stockente, Tafelente, Krickente, Knäkente und Reiherenten). Während des Winters 1961/62 konnten am Stausee ständig beobachtet werden (Durchschnittszahlen): „300 Stockenten, 300 Tafelenten, 100 Reiherenten, 20 Krickenten, 20 Schellenten, Pfeifenten (selten), Knäkenten (selten), Löffelenten (selten) 400 Bläßhühner, 20 Zwergtaucher, 6 Gänsesäger.“ KLOSE (2002) berichtet über die Wiedervernässung einer ca. 9 ha großen Grünlandniederung bei Eutin. Das entstandene eutrophe Flachgewässer wurde innerhalb von 6 Jahren u. a. von rastenden Gänsesägern (max. 198 Ex.) und Zwergsägern (max. 87 Ex.) angenommen. THIES (1992) untersuchte mehrere v. a. in den 1980er Jahren angelegte Klärteiche im Kreis Segeberg (Holstein). Während der Zugzeiten wurden sie u. a. von der Schellente (weiterhin z. B. Reiher- und Löffelente) angenommen.
  • Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen erfordern im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung und es sind große (Gewässer-) Flächen erforderlich. Daher ist im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Optimierung von geeigneten Ruhegewässern (G1.1, G.3.1, G.6.2, G6.3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Tauchenten und Säger ruhen in störungsberuhigten Gewässern. In der Maßnahme werden bestehende Gewässer optimiert oder neu geschaffen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Wassersport, Angelsport, Spaziergänger mit freilaufenden Hunden etc.) zu achten (z.B. GERKEN 1981, HÜBNER & PUTZER 1985, PUTZER 1985, 1989, REICHHOLF 1975, SÜDBECK & SPITZNAGEL 2001).
  • Möglichst nahe zu den Nahrungsgewässern (Nahrungs- und Ruhegewässer können auch identisch sein).
  • Vorhandene Gewässer mit Aufwertungspotenzial bezüglich Ufervegetation.
  • Neu zu schaffende Stillgewässer: Dauerhafte Wasserführung.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Rastbestand: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Der räumliche Umfang ist im Einzelfall festzulegen insbesondere anhand der Parameter Flächengröße und Zustand der betroffenen Gebiete und Individuenzahl. Grundsätzlich Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Da die Arten bevorzugt an größeren Flachgewässern rasten, wird ein Faustwert von mind. 1 ha für die Gewässergröße empfohlen.
  • Anlage der Gewässer entsprechend den o. g. Artansprüchen. Abflachung der Ufer, Rückbau von Uferverbauungen, Optimierung und Gestaltung einer standortsangepassten Ufervegetation. Bei dichten Gehölzriegeln am Ufer teilweises Auflichten zur Schaffung von Ruheplätzen.
  • Bei der Renaturierung von Fließgewässern gelten die Hinweise in der „Blauen Richtlinie“ (MULNV 2010, Kapitel 6: Maßnahmen).
  • Bei dichter (Gehölz-) Ufervegetation teilweises Auflichten, bei fehlenden Ufergehölzen Anpflanzen von Einzelbüschen oder –bäumen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Arten können lokal und / oder temporär ein Gewässer sowohl zur Nahrungssuche wie zum Ruhen nutzen. Daher ist zu prüfen, inwieweit die maßnahmenbezogenen Gewässer zugleich ein Nahrungsangebot bereitstellen müssen (Maßnahme 1). Die Verbindungsräume zwischen Nahrungsflächen und Ruhegewässern sollen idealerweise frei von Bauwerken o. a. Störquellen sein (NLWKN 2011 S. 12).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Siehe Maßnahme 1. Eine Besiedlung durch Nahrungstiere ist nicht zwingende Voraussetzung, allerdings können Nahrungs- und Ruhegewässer auch identisch sein.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Siehe Maßnahme 1.
  • Die hier vorgeschlagenen Maßnahmen erfordern im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung und es sind große (Gewässer-) Flächen erforderlich. Daher ist im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.
  • Die Betroffenheit ganzer Ruhegewässer ist eine Einzelfallentscheidung und im Regelfall von einem Monitoring zu begleiten.
  • Für Maßnahmen bei Betroffenheit der Tafelente bestehen nach fachgutachterlicher Einschätzung (Expertenworkshop 8.11.2011, LANUV Recklinghausen) graduell geringere Anforderungen bzw. die Prognosesicherheit ist graduell höher.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel

3. Fazit

Für rastende / überwinternde Tauchenten und Säger besteht die Möglichkeit zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen für Ruhe- und Nahrungsgewässer. Je nach Ausgangssituation kann die Maßnahme kurz- oder mittelfristig umgesetzt werden. Da die Maßnahmenkonzeption in der Regel große (Gewässer-) Flächen und eine umfangreiche Planung umfasst, ist ein Monitoring durchzuführen. Die Betroffenheit ganzer Ruhegewässer bedarf einer Einzelfallentscheidung.

Angaben zu Priorisierung: