Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria (L.))
EU-Code: A140
Artenschutzmaßnahmen
- Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten (O1.1.2) / Wiedervernässung (G4.3)
- Anlage von Flachgewässern / Blänken (G2.1)
- Anlage, Optimierung und naturnahe Gestaltung von Gewässern (G1.1, G2.1, G3.1, G6.2)
- Maßnahmen im Acker (O2.1, nur Kiebitz und Goldregenpfeifer)
- Fazit
Maßnahmen im Einzelnen
1. Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten (O1.1.2) / Wiedervernässung (G4.3)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Die hier behandelten Arten rasten oft auf feuchten, großflächigen Grünlandstandorten. In der Maßnahme werden geeignete Standorte durch Wiedervernässungen optimiert oder neu geschaffen.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Spaziergänger mit frei laufenden Hunden etc.) zu achten.
- Der Standort muss von den Grundwasserverhältnissen für eine Wiedervernässung geeignet sein (im Regelfall aktuell entwässerte Grünlandstandorte). Idealerweise ist ein Mikrorelief mit kleinen Kuppen und Senken bereits vorhanden, ansonsten im Rahmen der Maßnahmendurchführung zu schaffen.
- Maßnahmenstandorte mind. 200m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen), idealerweise innerhalb einer großräumig offenen Landschaft.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung.
- Entwicklung / Renaturierung von Feuchtgrünland; je nach örtlichen Voraussetzungen z. B. durch Grabenanstau, Rückbau von Drainagen, Anpassung der Pumpleistung in Bergsenkungsgebieten, Tieferlegung von Flächen im Deichvorland, aktive Bewässerung (z.B. über Windradpumpen).
- Eine Anhebung des Grundwasserstandes auf lediglich unter Flur oder kleinflächige Vernässungen ohne weitreichende Überflutung führen in der Regel nicht zu einer Verbesserung der Habitatbedingungen. Erforderlich sind im Regelfall großflächige Bereiche (BELTING & BELTING 1992 S. 51 f.; Dümmer in Niedersachsen, ABU 1992: Soest). Durch ein vorhandenes oder neu zu schaffendes Mikrorelief entsteht dabei ein Muster von flachen Wasserflutungen (vgl. Anlage von Flachgewässern / Blänken) und nicht überschwemmtem, kurzrasigem Grünland (Vegetationshöhe ca. 5 (10) cm) mit lückigen Bereichen, was für die Nahrungsverfügbarkeit günstig ist (AUSDEN et al. 2001, BEHRENS et al. 2007, BELTING & BELTING 1992 S. 24, 28). Kurzrasige Bestände können ggf. durch eine Mahd vor der Rastperiode hergestellt werden.
- Extensive Nutzung des Feuchtgrünlandes als Wiese oder Weide entsprechend den allgemeinen Hinweisen im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz (LANVU 2010a S. 34 f., Pakete 4200 bis 4212 „Nasswiesen, Feuchtheiden und Seggenriede“) sowie im Maßnahmenblatt Extensivgrünland. Auf Altgrasstreifen o. a. Strukturen, die Prädatoren anlocken, ist im Regelfall zu verzichten.
- Bei sehr wüchsigen Flächen mit Ausbildung einer hohen und dichten Vegetation muss ggf. eine Ausmagerungsphase vorgeschaltet werden, um eine niedrige Vegetation zur Rastzeit zu erhalten (BELTING & BELTING 1992 S. 51).
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Offenhaltung der Maßnahmenflächen durch regelmäßige Mahd oder Beweidung. Zur Gewährleistung von Kurzrasigkeit auch in der Rastzeit ggf. Durchführung einer Mahd vor der Herbstrast.
- Offenhaltung des Gebietes von Vertikalstrukturen; Entfernen von Gehölzen je nach deren Aufkommen im mehrjährigen Abstand.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Die Maßnahmen sind in der Regel innerhalb von bis zu 5 Jahren wirksam. Das Einstellen des angestrebten Grundwasserstandes kann jedoch auch bis zu 10 Jahren dauern, vorher sind ggf. Nachregulierungen erforderlich. Relevante Teilfunktionen können auch vorher erreicht werden (z. B. Flachwasserbereiche, Kurzrasigkeit).
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen in der Regel kurzfristig innerhalb von bis zu 5 Jahren wirksam. Vergleichbare Maßnahmentypen werden in der Literatur häufig empfohlen (z. B. BELTING & BELTING 1992, BECKERS 2002, BORNHOLDT 2000, KOWALLIK et al. 2010, LANUV 2011 S. 96, NLWKN 2011 S. 36, RÜCKRIEM et al. 2009 S. 136, 148). Wissenschaftliche Nachweise liegen nicht vor, die Maßnahme erscheint jedoch von der Artökologie her plausibel.
- Daher besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Wiedervernässungen erfordern jedoch im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung und es sind größere Flächen erforderlich. Daher ist im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
2. Anlage von Flachgewässern / Blänken (G2.1)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Für die im Grünland rastenden Limikolen mangelt es oft an geeigneten Flachgewässern, weil keine Senken vorhanden sind oder der Grundwasserspiegel zu niedrig ist. Durch die Anlage von flachen Kleingewässern entstehen attraktive Rasthabitate für die Limikolen, die im Flachwasser oder Uferbereich nach Nahrung suchen oder ruhen. Die Gewässer können grund- oder stauwassergespeist sein.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Touristen, Spaziergänger etc.) zu achten.
- Der Standort muss von den Grund- oder Stauwasserverhältnissen zu den Rastzeiten eine Wasserführung gewährleisten. Kandidaten für geeignete Standorte können im Winterhalbjahr bzw. bei hohen Wasserständen oder aus Luftbildern (Bereiche mit verminderter Vegetationsdeckung o. a.) identifiziert werden.
- Maßnahmenstandorte mind. 200m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen), idealerweise innerhalb einer großräumig offenen Landschaft.
- Einbettung in großflächige Feuchtgrünlandstandorte (vgl. Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten / Wiedervernässung).
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung.
- Die Flachgewässer sollen durchschnittlich ca. 50 cm tief sein und eine Maximaltiefe von 80 cm nicht überschreiten (ABU 1992 S. 124). Sie können grundwassergespeist (Blänken) oder hoch- bzw. stauwassergespeist sein (Flutmulden, LANUV 2011 S. 96). Die Randbereiche sollen zur Rastzeit breite, flache und schlammige Uferzonen (Stochermöglichkeit) aufweisen und einen Böschungswinkel von 1:15 bis 1:20 nicht überschreiten. Pro Flachgewässer mind. 1500 qm.
- Insbesondere für rastende Kampfläufer ist ein hoher Anteil von schlammigem Ufer relevant.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Offenhaltung der Maßnahmenflächen durch regelmäßige Mahd oder Beweidung des Ufers. Entfernen von Gehölzen je nach deren Aufkommen im mehrjährigen Abstand.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Ephemere Wasserstellen sind in der Regel kurzfristig innerhalb von 1 Jahr herstellbar und wirksam (in Anlehnung an die rasche Annahme von Flachwasserbereichen z. B. bei WEGGELER & MÜLLER 1996, Schweiz).
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam. Die Maßnahme wird z. B. von LANUV (2011 S. 98) empfohlen, ansonsten im Rahmen der Wiedervernässung genannt (s. Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten / Wiedervernässung). Die Annahme von geschaffenen Flachwasserbereichen (an größeren Gewässern) ist z. B. bei WEGGELER & MÜLLER (1996) nachgewiesen (s. Anlage, Optimierung und naturnahe Gestaltung von Gewässern). Entsprechend dieser Erfahrungen besteht eine grundsätzliche Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.
- Falls die Maßnahme im Rahmen einer flächigen Wiedervernässung von Feuchtgrünland durchgeführt wird, ist wegen der Komplexität der Maßnahme ein Monitoring durchzuführen (vgl. Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten / Wiedervernässung).
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
3. Anlage, Optimierung und naturnahe Gestaltung von Gewässern (G1.1, G2.1, G3.1, G6.2)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Durch Neuanlage von Gewässern oder Durchführung von Optimierungsmaßnahmen an bestehenden Gewässern wie Schaffung flacher Ufer (G3.1, G3.3), Schaffung offener Uferbereiche (G2.3, O5.2), Rückbau von Uferbefestigungen (G6.2.1) werden für rastende Limikolen attraktive Habitate geschaffen.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Touristen, Spaziergänger etc.) zu achten.
- Neuanlage Gewässer: Der Standort muss von den Grundwasserverhältnissen für eine Gewässeranlage geeignet sein und zu den Rastzeiten eine Wasserführung gewährleisten. Kandidaten für geeignete Standorte können im Winterhalbjahr bzw. bei hohen Wasserständen oder aus Luftbildern (Bereiche mit verminderter Vegetationsdeckung o. a.) identifiziert werden.
- Optimierung vorhandener Gewässer: Gewässer mit Aufwertungspotenzial z. B. bezüglich der Ufersteilheit, der Ufervegetation oder Uferverbauungen (z. B. Rieselfelder, Klärteiche, Abbaugewässer).
- Maßnahmenstandorte mind. 200m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen), idealerweise innerhalb einer großräumig offenen Landschaft.
- Einbettung in großflächig offene, störungsberuhigte Standorte z. B. in Feuchtgrünland oder Auenstandorte
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung.
- Neuanlage oder Optimierung von Gewässern mit ausgedehnten Flachwasserzonen. Die flachen Ufer sollen mind. 20 m breit sein und einen Böschungswinkel von 1:15 bis 1:20 nicht überschreiten. Pro Gewässer mind. 1500 qm Flachwasserzone ca. 5-10 cm tief. Insbesondere für rastende Kampfläufer ist ein hoher Anteil von schlammigen Ufern relevant.
- Bei WEGGELER & MÜLLER (1996 S. 160, Schweiz) zeigte sich, dass Bereiche, die zur Vegetationszeit weniger als 20-30 cm überspült sind, rasch einwuchsen, wodurch sich die für Limikolen nutzbare Wasserfläche und die Rastbestände anfänglich verringerten. Die Autoren weisen auf den idealen Limikolenteich nach REHFISCH (1994) hin: Dieser soll, um das Einwachsen zu verlangsamen, einen ca. 20-30 cm hohen, stufigen Rand unmittelbar unterhalb der Hochwasserlinie aufweisen, so dass auch die äußersten Schlickbereiche bei Hochwasser genügend überspült bleiben. Der eigentliche Teich ist als eine sehr flach absinkende Wanne (evtl. mit Inseln) gestaltet und weist an der tiefsten Stelle ein kleines, ständig wassergefülltes Refugium auf, in dem ein Teil der Benthosfauna die Niedrigwasserphase überdauern kann (Profil eines „umgestülpten Sombreros“). Das Modell von REHFISCH (1994) wird jedoch von GREEN & HILTON (1998) einer kritischen Analyse unterzogen, dessen Wirksamkeit erst noch empirisch nachgewiesen werden müsse.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Offenhaltung der Maßnahmenflächen durch regelmäßige Mahd oder Beweidung des Ufers. Entfernen von Gehölzen je nach deren Aufkommen im mehrjährigen Abstand.
- In den ersten Jahren kann eine regelmäßige Nachsteuerung des Wasserhaushalts notwendig sein. Wichtig ist, dass der Wasserstand während der gesamten Rastzeit günstige Bedingungen gewährleistet (dies kann auf unterschiedlichen Teilflächen erfolgen), um die Rastvögel in die Lage zu versetzen, die für den Zug erforderlichen Fettreserven aufzufrischen: WEGGLER (1992 S. 189) berichtet vom Klingnauer Stausee (Schweiz), dass die Schlickflächen für die dortigen Rastvögel (u. a. Kiebitz, Kampfläufer, Bekassine, Bruchwasserläufer) anziehend wirkten. Die günstigen Bedingungen „können sich aber bei steigendem Wasserstand rasch ändern und dann über längere Zeit (max. über 2 Tage) sehr ungünstig sein. Den Limikolen stehen keine Ausweichgebiete in der näheren Umgebung zur Verfügung. Die beiden Kurzstreckenzieher Kiebitz und Bekassine versuchten solche ungünstigen Verhältnisse am Stausee mit einer Ruhephase zu überbrücken (…).“
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Gewässer mit Flachwasserzonen sind kurzfristig herstellbar und im Regelfall unmittelbar nach Anlage wirksam (z. B. WEGGLER & MÜLLER 1996). Für die Etablierung eines neuen Grundwasserstandes nach Wiedervernässung (vgl. Anlage und Entwicklung von Extensivgrünland auf feuchten u. nassen Standorten / Wiedervernässung) kann allerdings auch ein längerer Zeitraum erforderlich sein.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind kurzfristig herstellbar. Vergleichbare Maßnahmentypen werden in der Literatur häufig empfohlen (z.B. LANUV 2011 S. 101, RÜCKRIEM et al. 2011 S. 136, 145, 148). Die Annahme von geschaffenen Flachwasserbereichen ist z. B. bei WEGGLER & MÜLLER (1996) nachgewiesen.
- Entsprechend dieser Erfahrungen besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Gewässerneuanlagen erfordern jedoch im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung. Daher ist bei Gewässerneuanlagen im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
4. Maßnahmen im Acker (O2.1, nur Kiebitz und Goldregenpfeifer)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Kiebitz und Goldregenpfeifer nutzen regional, v. a. in ackergeprägten Regionen, auch Äcker als Rastflächen (z. B. GILLINGS et al. 2007, HÖTKER 2004). Nach MILDENBERGER (1982) werden auf dem Herbstzug Stoppelfelder und abgeerntete Hackfruchtäcker, auf dem Frühjahrszug Wintergetreidefelder genutzt. Äcker mit ihrer weichen Bodenoberfläche können lokal auch dann relevant werden, wenn das Grünland an der Oberfläche austrocknet (Bodentiere ziehen sich zurück, größere Bodenhärte: BECKER 2004 S. 34). Bei Betroffenheit traditioneller Rastplätze auf Acker werden in der Maßnahme für beide Arten optimierte Äcker bereit gestellt.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Spaziergänger mit freilaufenden Hunden etc.) zu achten.
- Vorhandene Ackerstandorte (kein Umbruch von Grünland für die Maßnahme)
- Im Regelfall Durchführung in ackergeprägten Gebieten (z. B. Börden)
- Keine Flächen mit starker Vorbelastung von „Problemkräutern“ (z. B. Ackerkratzdistel, Quecke, Ampfer).
- Maßnahmenstandorte mind. 200m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen) innerhalb einer großräumig offenen Landschaft (z. B. Bevorzugung von Feldern > 10 ha für rastende Goldregenpfeifer und Kiebitze in Essex, MASON & MACDONALD 1999 S. 97).
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Je größer der Trupp, desto mehr werden Flächen in großräumig offenen Landschaften bevorzugt (MASON & MACDONALD 1999 S. 97 für Goldregenpfeifer und Kiebitz).
- Geeignet sind frisch gepflügte oder geeggte Äcker mit Ernterückständen, geerntete Kartoffel- und Zuckerrübenäcker, gekeimter Raps und Wintergetreide (BECKER 2004, GILLINGS et al. 2007, MASON & MACDONALD 1996 S. 91, RYSLAVY 2009). Die Vegetationshöhe soll zur Rastzeit nicht höher als ca. 10 cm sein (MASON & MACDONALD 1996 S. 96).
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Regelmäßige Pflege der Kulturen.
Weitere zu beachtende Faktoren
- BECKER (2004 S. 32) stellt die Vermutung auf, dass sich das bei der Wintersaat im Herbst ausbildende leichte Wurzelwerk positiv auf die Bodentiere auswirken kann (im Gegensatz zu den Äckern, die erst im nächsten Frühjahr bestellt werden). Außerdem werden diese Felder beim Bestellen fein gepflügt, so dass eine bessere Durchlüftung gewährleistet ist als bei den teilweise noch stärker verdichteten Böden der unbestellten Flächen. Da die Schollen der unbestellten Äcker stärker dem Nachtfrost ausgesetzt sind, wäre eine deutliche Besiedlung durch Bodentiere hier erst später zu erwarten.
- Für die Nahrungssuche kann Wintergetreide besser als Winterraps sein, da bei Raps ein größerer Anteil des Bodens von Blättern bedeckt ist. Rapsäcker und umgepflügte Äcker können aber als Ruheplatz bevorzugt werden. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass diese Kulturen mit einer strukturierteren Oberfläche einen höheren Schutz vor Wind oder Prädatoren bieten (BECKER 2004 S. 32 f.).
- In einer Auswertung von HÖTKER et al. (2009 S. 115) bezüglich der Präferenzen gegenüber Mais zeigten sich beim Goldregenpfeifer (2 Studien ausgewertet) im Verhältnis zu Wintergetreide, Raps und übrigen Feldfrüchten keine Tendenz, im Verhältnis zu Brache und Grünland zeigte sich eine Bevorzugung. Beim Kiebitz (4 untersuchte Studien) zeigte sich gegenüber Wintergetreide und übrigen Feldfrüchten eine Meidung von Mais, gegenüber Raps und Bracheflächen eine Bevorzugung. Mais ist aus anderen naturschutzfachlichen Gründen im Regelfall für die Maßnahme nicht geeignet.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Die Maßnahme ist nach Anlage der jeweiligen Kultur bzw. innerhalb der nächsten Rastsaison wirksam.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Aus der Literatur sind keine Hinweise auf spezifische Maßnahmen für Goldregenpfeifer und Kiebitz auf Äckern bekannt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen richten sich nach den Habitatansprüchen. Sie sind plausibel, so dass eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme besteht.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
5. Fazit
Für rastende Brachvögel, Goldregenpfeifer, Kampfläufer und Kiebitze besteht die Möglichkeit zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen.