Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Schleiereule  (Tyto alba (Scop.))

EU-Code: A213

Artenschutzmaßnahmen

  1. Optimierung des Angebotes von Nistmöglichkeiten (Av1.1)
  2. Anlage von Extensiv-Grünland (O1.1)
  3. Entwicklung von Extensivacker (O2.1) und Brachen (O2.2)
  4. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften, Strukturierung von Waldrändern (O3, W4)
  5. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Optimierung des Angebotes von Nistmöglichkeiten (Av1.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Schleiereule brütet in dunklen, geräumigen Nischen / Höhlen meist innerhalb von Gebäuden. Durch das Öffnen von Einflugmöglichkeiten in unzugänglichen, ansonsten geeigneten Räumen und / oder das Anbringen von artspezifischen Nistkästen werden der Schleiereule neue Brutmöglichkeiten angeboten, wenn diese limitierender Faktor sind.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Geeignete Gebäude / Räume (Kirchtürme, Scheunen, Dachstühle etc.), idealerweise innerhalb desselben Gebäudekomplexes wie der betroffene Brutplatz.
  • Idealerweise im Umfeld bis 500 m, max. bis 1000 m Vorkommen geeigneter Nahrungshabitate (je näher desto besser; innerhalb von 500 (-1000) m Radius zum Brutplatz kann normalerweise eine Nahrungssuche der Schleiereule erwartet werden, nur bei suboptimalen Bedingungen werden auch größere Distanzen zurückgelegt: an JONG 2006, WUNDKTE & SCHNEIDER 2003, MEBS & SCHERZINGER 2000 S. 117, SCHNEIDER 1997 S. 9).
  • Katzen- und mardersichere Standorte.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Öffnen von mind. 1 Einflugmöglichkeit zu einem vorher verschlossenen Raum (z. B. Anbringen einer Dachluke oder Entfernen von gegen Tauben vergitterte Kirchtürme). Einflugöffnung mind. 18 cm hoch, 12 cm breit (MEBS & SCHERZINGER 2000, S. 131). Sofern keine geeigneten Nischen im Raum vorhanden bzw. zur Verhinderung von Verschmutzungen Anbringung mind. Von 1 artspezifisch geeigneten Nistkasten.
  • Artspezifische Nistkästen weisen mind. folgende Maße auf: Länge 100 cm, Breite 70 cm, Höhe 70 cm (JUNKER-BORNHOLDT et al. 2001, S. 74), idealerweise > Länge 120 cm, Breite 80 cm, Höhe 70 cm (www.schleiereulen.de, DIEHL 2006). Es ist empfehlenswert, den Einschlupf ca. 30 cm über dem Boden einzurichten, damit die Jungeulen nicht zu früh den Eingang erreichen können und u. U. abstürzen. Wenn möglich (jedoch aufwändiger), Bau von Bretterverschlägen (mit Brettern abgegrenzte kleine Räume) mit 2-4 qm Grundfläche und > 2 m Höhe (DIEHL 2006). Kleinere Kastenmaße mit 100 cm Länge, 50 cm Breite und 50 cm Höhe, die teilweise auch im Fachhandel erhältlich sind, werden zwar auch erfolgreich angenommen, entsprechen aber nicht dem Platzbedarf junger Schleiereulen (DIEHL 2006, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, S. 252) und sollen daher im Regelfall nicht verwendet werden.
  • Kasten mit etwas Sägespäne, Gehölzhäckselgut o. a. auslegen, damit die Eier nicht umherrollen.
  • Die Anbringung soll von fachkundigen Personen vorgenommen werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Pflegedauer: Alle 2-3 Jahre sind die Nistkästen auf Funktionstüchtigkeit zu überprüfen, vor allem aus kleineren Kästen sind im Herbst viel angehäufte Gewölle und Beutereste zu entfernen. Nach der Entleerung Einbringen von grobem Sägemehl, Hobelspänen, Gehölzhäckselgut oder einen Teil des Nistmulms im Kasten belassen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Tauben können durch Einbau einer Zwischenwand zwischen der seitlich angebrachten Einflugöffnung und dem Brutraum abgeschreckt werden. Dadurch wird der Brutraum verdunkelt, was von den Eulen bevorzugt, von Tauben gemieden wird (MEBS & SCHERZINGER 2000, S. 131).
  • Sofern vorhanden, können als umfangreichere Maßnahme auch neue Brutmöglichkeiten durch Umbau von alten Trafohäusern o. a. (für mehrere Arten) entstehen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Nisthilfen sind ab der nächsten Brutperiode wirksam. Teilweise können jedoch Jahre vergehen, bis neu aufgehängte Kästen angenommen werden, wenn Niststandorte kein limitierender Faktor sind oder andere Faktoren eine Ansiedlung der Schleiereule verhindern oder verzögern. Um den Eulen eine Eingewöhnung zu ermöglichen, ist jedoch eine Vorlaufzeit von mind. 1 Jahr zu veranzuschlagen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Nistkästen sind kurzfristig einsetzbar. Die für den Maßnahmentyp relevanten Ansprüche der Art sind gut bekannt. Die Annahme von Nistkästen durch die Schleiereule ist zahlreich belegt (z. B. BAUER et al. 2005, MEBS & SCHERZINGER 2000, PREUSCH & EDELMANN 2010) und kann als gesichert gelten. Daher besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

2. Anlage von Extensiv-Grünland (O1.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung: Bei der Jagd auf Kleinsäuger ist die Schleiereule auf offene, kurzrasige oder lückige Bereiche angewiesen, die ihr einen Zugriff auf die Nahrungstiere, meist Wühlmäuse, ermöglichen (ARLETTAZ et al. 2010, SCHNEIDER 1997, WUNDTKE & SCHNEIDER 2003). Die Maßnahme stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem ein stetiges Angebot kurzrasiger Bereiche innerhalb eines strukturierten Grünlandes zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes der Schleiereule ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Im Regelfall im Umkreis lt; 500 m zum Brutplatz, da Schleiereulen insbesondere während der Brutphase auf Jagdgebiete in Nistplatznähe angewiesen sind (SCHNEIDER 1997, WUNDTKE & SCHNEIDER 2003).
  • Standort mit Potenzial zur Besiedlung durch Kleinnager (z. B. keine staunassen Standorte)
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen (möglich in Kombination mit Entwicklung von Extensivacker und Brachen und Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften, Strukturierung von Waldrändern). Bei streifenförmiger Anlage Breite der Streifen mind. 6 m (LANUV 2010), idealerweise > 10 m.
  • Grundsätzlich gelten die allgemeinen Vorgaben zur Herstellung und Pflege von Extensivgrünland (siehe Maßnahmenblatt Extensivgrünland).
  • Die Grünlandflächen weisen bei Mahd je nach Wüchsigkeit regelmäßig neu gemähte „Kurzgrasstreifen“ und höherwüchsige, abschnittsweise im mehrjährigen Rhythmus gemähte Altgrasstreifen / Krautsäume auf. Die Form von Alt- und Kurzgrasstreifen richtet sich nach den lokalen Bedingungen (gerade oder geschwungene Streifen). Die Streifenform ist wegen des hohen Grenzlinieneffekts wichtig (BOSSHARD et al. 2007, FUCHS & STEIN-BACHINGER 2008, MÜLLER & BOSSHARD 2010, Schweizer Vogelschutz SVS & BirdLife Schweiz 2010, SIERRO & ARLETTAZ 2007). Die Mindestbreite einzelner Streifen beträgt > 6 m, idealerweise > 10 m. Die „Altgrasstreifen“ sollen als Kleinsäuger- und Insektenhabitat dienen, während die „Kurzgrasstreifen“ für die Zugriffsmöglichkeit auf Kleinsäuger wichtig sind. Da in den ersten Tagen nach der Mahd die Nutzungsfrequenz und der Jagderfolg von Greifvögeln besonders hoch sind (ASCHWANDEN et al. 2005 für Turmfalke und Waldohreule, SZENTIRMAI et al. 2010 für die Wiesenweihe, MAMMEN et al. 2010 für den Rotmilan bei Luzerne, PEGGIE et al. 2011 für den Turmfalken), sollen die Flächen in der Vegetationsperiode ca. alle 3-5 Wochen (Anpassung an die Wüchsigkeit erforderlich) gemäht werden, möglich ist auch eine Staffelmahd innerhalb einer Fläche (PEGGIE et al. 2011 S. 397) oder über verschiedene Flächen hinweg. (Mahdturnus zum Vergleich: 10-30 Tage Steinkauz, 2-4 Wochen Waldohreule. Schleiereule jagt mit längeren Fängen eher auch in höherer Vegetation, Steinkauz braucht v. a. für Regenwurmfang kurze Vegetation.)
  • Bei einer Beweidung ist die Beweidungsintensität so zu wählen, dass der Fraß ein Muster von kurzrasigen und langrasigen Strukturen gewährleistet.
  • Je nach Ausgangsbestand kann es sich anbieten, den Anteil der Kräuter zu erhöhen, um das Nahrungsangebot für Mäuse und andere Nahrungstiere der Schleiereule zu erhöhen.
  • Pro Fläche > 2 Sitzwarten, um ggf. junge Gehölzanpflanzungen im Umfeld vor Schäden zu bewahren, sofern keine sonstigen geeigneten Strukturen vorhanden sind (z. B. Zaunpfähle > 2,5 m Höhe) und sofern durch die Sitzwarten das Prädationsrisiko für andere Zielarten (Bodenbrüter) nicht gesteigert wird.
  • Idealerweise werden unbefestigte Feldwege mit geringer Störungsfrequenz in die Maßnahme einbezogen. Bei gering frequentierten Wegen, die im Laufe der Vegetationsperiode zuwachsen, sollen dann die Fahrspuren o. a. Streifen offen / kurzrasig gehalten werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Maßnahmen müssen darauf ausgerichtet sein, dass während der Vegetationsperiode bzw. bis zum Erntebeginn der Hauptfeldfruchtart kurzrasige / lückige Strukturen in den Maßnahmenflächen vorhanden sind, die eine optische Lokalisierung der Beute und deren Zugriff erlauben (d. h. bei Mahd regelmäßiger Schnitt).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Ein hoher Besatz von Mäusen kann negative Auswirkungen auf angrenzende Kulturen haben.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren (Pflege / Herstellung von Grünland und Besiedlung durch Kleinnager.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Die Ergebnisse von ARLETTAZ et al. (2010), SCHNEIDER (1997) und WUNDTKE & SCHNEIDER (2003) weisen auf die Bedeutung der Zugänglichkeit zu Nahrungstieren (kurzrasige Bereiche in der Nähe zu Grenzlinien) für die Nahrungssuche der Schleiereule hin. Die Ergebnisse von ASCHWANDEN et al. (2005) belegen eine hohe Habitateignung von gemähten kurzrasigen Flächen für die Mäusejäger Turmfalke und Waldohreule, die an Buntbrachen / Krautsäume angrenzen. Die Schaffung kurzrasiger Bereiche benachbart zu kleinsäugereichen, höherwüchsigen Beständen wird vom Typ her von ARLETTAZ et al. (2010) für die Schleiereule empfohlen. Für Waldohreule und Turmfalke mit ähnlicher Ernährungsweise beschreiben ASCHWANDEN et al. (2005) eine hohe Wirksamkeit. Die Plausibilität der Maßnahme wird daher als hoch eingestuft.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Entwicklung von Extensivacker (O2.1) und Brachen (O2.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bei der Jagd auf Kleinsäuger ist die Schleiereule auf offene, kurzrasige oder lückige Bereiche angewiesen, die den Zugriff auf die Nahrungstiere ermöglicht. Die Maßnahme zur Herstellung von extensiv bewirtschafteten Ackerkulturen und Ackerbrachen stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem ein stetiges Angebot lückiger, grenzlinienreicher Strukturen zur Verfügung gestellt wird. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes der Schleiereule ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Im Regelfall im Umkreis lt; 500 m zum Brutplatz, da Schleiereulen insbesondere während der Brutphase auf Jagdgebiete in Nistplatznähe angewiesen sind (SCHNEIDER 1997, WUNDTKE & SCHNEIDER 2003).
  • Umsetzung vorzugsweise in ackergeprägten Gebieten mit Mangel an Grünland
  • Standort mit Potenzial zur Besiedlung durch Kleinnager (z. B. keine staunassen Standorte)
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paaren
  • Keine Flächen mit starker Vorbelastung von „Problemkräutern“ (z. B. Ackerkratzdistel, Quecke, Ampfer)
  • Kein Umbruch von Grünland für die Maßnahme
  • Lage der streifenförmigen Maßnahmen nicht entlang von frequentierten (Feld-) Wegen

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen (möglich in Kombination mit Anlage von Extensiv-Grünland und Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften, Strukturierung von Waldrändern). Bei streifenförmiger Anlage Breite der Streifen > 6 m (LANUV 2010); idealerweise > 10 m.
  • Grundsätzlich sollen bei den folgenden Maßnahmen im Regelfall keine Düngemittel und Biozide eingesetzt werden und keine mechanische Beikrautregulierung erfolgen. Ansonsten sind die im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz NRW (LANUV 2010), nach denen sich die im folgenden aufgeführten Maßnahmentypen richten, angegebene Hinweise zur Durchführung zu beachten. Die Maßnahmen führen zu besseren Jagdmöglichkeiten für Mäusejäger wie die Schleiereule. Sie werden idealerweise in Kombination untereinander durchgeführt, zudem ist eine Kombination mit Maßnahme: Anlage von Extensivgrünland, möglich. Zu beachten ist die jahreszeitliche Wirksamkeit (z. B. Stoppeln nur im Winterhalbjahr wirksam).
  • Stehenlassen von Getreidestoppeln oder Rapsstoppeln (Paket 4024 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz). Rapsstoppeln stellen wegen ihrer Länge und Härte eine ernsthafte Verletzungsgefahr für Greifvögel dar (KRETSCHMER 2005). Deshalb sind die Rapsstoppeln abzuhäckseln.
  • Anlage von Getreidestreifen mit doppeltem Saatreihenabstand (Paket 4026 + 4031 + 4034 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz); auch als flächige Maßnahme möglich.
  • Anlage von Ackerstreifen oder Parzellen durch Selbstbegrünung – Ackerbrache (Paket 4041 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz)
  • Anlage von Ackerstreifen oder –flächen durch dünne Einsaat mit geeignetem Saatgut (Paket 4042 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz, Hinweis Hybridisierungsgefahr bei Luzerne im Anhang 3 S. 47 beachten; in den meisten Fällen sind selbstbegrünende Brachen, insbesondere auf mageren Böden, Einsaaten vorzuziehen)
  • Für die Hellwegbörde können zudem die differenzierten Maßnahmenvorschläge von BRABAND et al. (2006) herangezogen werden.
  • Pro Fläche > 2 Sitzwarten, um ggf. junge Gehölzanpflanzungen im Umfeld vor Schäden zu bewahren, sofern keine sonstigen geeigneten Strukturen vorhanden sind (z. B. Zaunpfähle > 2,5 m Höhe) und sofern durch die Sitzwarten das Prädationsrisiko für andere Zielarten (Bodenbrüter) nicht gesteigert wird.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Regelmäßige Pflege entsprechend den Ausführungen im Anwenderhandbuch Naturschutz (LANUV 2010). Wichtig ist, dass die Ackerfrüchte / Brachen nicht zu hoch und dicht aufwachsen. Ggf. sind über Mahd / Umbruch Strukturen herzustellen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Ein hoher Besatz von Mäusen kann negative Auswirkungen auf angrenzende Kulturen haben.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Strukturen sind innerhalb eines Jahres herstellbar. Um eine Besiedlung mit Nahrungstieren und eine Anpassung durch die Schleiereule zu ermöglichen, soll die Maßnahme mit 1 Jahr Vorlaufzeit durchgeführt werden.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • ARLETTAZ et al. (2010) sowie WUNDTKE & SCHNEIDER (2003) wiesen nach, dass Brachen besonders kleinsäugerreiche Habitate sind. Die telemetrierten Schleiereulen nutzten die Brachen jedoch nur unterdurchschnittlich, da durch die hohe und dichte Vegetation die Zugriffsmöglichkeit erschwert war. ARLETTAZ et al. (2010) empfehlen daher in Anlehnung an Untersuchungen zu Waldohreule und Turmfalke (ASCHWANDEN et al. 2005), dass in der Fläche oder benachbart kurzrasige Streifen angelegt werden. Für diese Bestände kann von einer günstigen Eignung als Nahrungshabitat ausgegangen werden (ebd.), ebenso wie für lückige, „ökologisch“ bewirtschaftete Getreideschläge (WUNDTKE & SCHNEIDER 2003). SCHNEIDER (1997) weist weiterhin auf die Bedeutung der Winterstoppel für die Schleiereule hin, ebenso HÖTKER et al. (2004) für andere mäusejagende Vögel. BRABAND et al. (2006 S. 155 ff.) fanden im Kreis Soest eine hohe Dichte von Kleinnagern und Kleinvögeln (potenzielle Beutetiere der Schleiereule) in entsprechenden Maßnahmenflächen und eine häufigere Nahrungssuche von Greifvögeln in den Flächen im Vergleich zu konventionell bewirtschaftetem Getreide.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

4. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften, Strukturierung von Waldrändern (O3, W4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Schleiereule jagt oft entlang von Waldrändern o. a. Grenzlinien. In ausgeräumten Offenlandschaften erfolgt eine Verbesserung der Nahrungshabitate für die Schleiereule, indem für ihre Nahrungstiere (v. a. Kleinnager, ferner Kleinvögel) günstige Strukturen mit Grenzlinien (z. B. Hecken, Waldrandgestaltung) geschaffen werden. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes der Schleiereule ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2-5 ha Maßnahmenfläche (bei linearer Maßnahme: 1 km) im Aktionsraum empfohlen, je nach lokaler Situation und Beeinträchtigung auch mehr (möglich in Kombination mit Anlage von Extensiv-Grünland und Entwicklung von Extensivacker und Brachen).
  • Die folgenden Maßnahmen, die idealerweise in Kombination untereinander durchgeführt werden, erhöhen das Angebot an für die Schleiereule relevanten Nahrungstieren (v. a. Kleinsäuger):
  • Anlage und Pflege von Hecken: Orientierung an bestehenden Hecken, sofern vorhanden. Die Heckenbreite soll variierend zwischen 5 und 10 m angelegt werden. Zusammen mit der Hecke ist ein mind. (3-) 5 m breiter Gras-/Krautstreifen anzulegen und zu pflegen. Abstand der Hecken idealerweise lt; 300m zueinander (PFISTER et al. 1986). Durch die Lage der Hecke soll keine Gefährdung der Kleinvögel oder der Schleiereule durch Kollisionen erfolgen (d. h. nicht entlang von befestigen Wegen oder auf Straßen, Eisenbahntrassen zulaufend o. a.).
  • Erhalt und Pflege von Baumreihen und Solitärbäumen: Entsprechend den Hecken mit mind. (3-) 5 m breitem Gras-/Krautstreifen anzulegen und zu pflegen. Um Solitärbäume Pflege einer Saumfläche mit (3-) 5 m breitem Radius.
  • Aufbau und Pflege von gestuften Waldrändern. Das folgende Schema nach RICHERT & REIF (1992) bzw. KÖGEL et al. (1993) ist je nach lokaler Situation (Baumartenzusammensetzung, Exposition o. a.) anzupassen (vom Wald in Richtung Nutzungsgrenze): 1. Buchtige Auflichtung des Ausgangsbestandes bis auf 30-50 m; Förderung von Lichtbaumarten (ggf. Anpflanzung von Laubhölzern bei Ausgangsbestand Nadelholz). 2. Strauch- und Baummantel auf (6-) 10 m Breite: Sukzession (v. a. bei mehreren bereits vorhandenen geeigneten Sträuchern); alternativ buchtige Anpflanzung standortsheimischer Gehölze unter Ausnutzung ggf. bereits vorhandener Einzelsträucher. Wechsel von sonnigen und schattigen Buchten, mit einzel- und gruppenweiser Anpflanzung sowie Pflanzlücken. 3. Blütenreicher Stauden- und Krautsaum: Mahd in mehrjährigem Abstand zur Verhinderung des Vordringens von Gehölzen, ggf. vorherige Ausmagerung durch häufigeres Mähen mit Mahdgutabtransport.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Hecken: Abschnittsweise (nicht mehr als 1/3 der Gesamtlänge bzw. Abschnitte lt; 50 m) Hecke auf den Stock setzen, wenn diese „durchwächst“. Schnellwüchsige Arten können alle 5-15 Jahre auf den Stock gesetzt werden (z. B. Hasel, Esche, Zitterpappel). Langsam wachsende Arten und Dornensträucher sollen durch selteneren Schnitt gefördert werden. Ggf. vorhandene Steinhaufen o. a. sollen freigestellt werden. Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August, Abtransport des Mahdgutes. Beachtung der im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz (LANUV 2010, Paket 4400) angegebenen Hinweise.
  • Waldränder: In den ersten Jahren Pflegearbeiten zur Etablierung der Sträucher. Ggf. je nach Wüchsigkeit abschnittsweises Auf-den-Stock – Setzen der Waldmäntel, um eine Überalterung der Bestände zu verhindern (RICHERT & REIF 1992 S. 152). Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August je nach Aufkommen von Gehölzen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • In großflächig offenen Bereichen (z. B. Börden) im Regelfall Strukturierung mit niedrigwüchsigen Strukturen, nicht mit hohen Baumreihen o. a.
  • Strukturierungen mit Gehölzen können in großflächigen Offenlandschaften auch negative Wirkungen auf andere Arten (z. B. Feldlerche) oder das Landschaftsbild haben. Weiterhin können durch Gehölzanreicherung auch Prädatoren von Zielarten profitieren (z. B. Rabenkrähe in Bezug auf den Kiebitz).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren (v. a. Besiedlung durch Kleinnager als Hauptbeutetiere der Schleiereule).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Maßnahmen sind kurzfristig wirksam. Der Maßnahmentyp (Strukturierung von Offenland) wird von BAUER et al. (2005, S. 694) für die Schleiereule empfohlen. (Weitere) Wissenschaftliche Nachweise liegen nicht vor, die Maßnahme ist jedoch von der Artökologie her plausibel.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Fazit

Für die Schleiereule besteht die Möglichkeit zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen in den Brut- und Nahrungshabitaten.

Angaben zu Priorisierung: