Braunes Langohr  (Plecotus auritus (Linnaeus, 1758))

EU-Code: 1326

Artenschutzmaßnahmen

  1. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)
  2. Erweiterung des Quartierangebotes im Siedlungsbereich (FL1)
  3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)
  4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)
  5. Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern) (W4.2)
  6. Strukturanreicherung von Wäldern (W1.1/W5.2, W2.1, W2.5, O3.1.3, G1)
  7. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch das Ausbringen von Fledermauskästen sollen Quartierverluste innerhalb von Wäldern kurzfristig kompensiert werden. Die Maßnahme zielt auf Waldvorkommen dieser Art und sollte keine Anwendung bei gebäudebewohnenden Vorkommen / Populationen finden. Zur langfristigen Sicherung des Quartierstandorts muss der umliegende Wald aus der regulären forstlichen Nutzung genommen werden. Erhöhung des Erntealters von Waldbeständen (>160 Jahre für Buchen-, >200 Jahre für Eichen-, >120 Jahre für Nadelwälder), sodass sich eine ausreichende Anzahl an natürlichen Baumhöhlen entwickeln kann. Die Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Quartiere / Quartierhabitate im räumlichen Zusammenhang an anderer Stelle zu fördern und zu entwickeln.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Für die Maßnahmendurchführung wird ein Wald ausgewählt, der die Eignung als Nahrungshabitat aufweist und aufgrund des vorhandenen Entwicklungspotenzials mittel- bis langfristig auch als Quartierwald in Betracht kommt. Fledermauskästen sind vor allem in älteren (aber baumhöhlenarmen) Wäldern auszubringen.
  • Die Ausbringung der Kästen soll in Gruppen zu je 10 Stk. in den ausgesuchten Parzellen im Aktionsraum der betroffenen Kolonie erfolgen. Geeignete Maßnahmenstandorte sind aufgrund der relativ kleinen Aktionsräume die eine Kolonie oft nur besiedelt (meist wenige (1-3) km2) zuvor fachgutachterlich zu ermitteln, da die Anbringung der Kästen keinesfalls im Aktionsraum einer benachbarten Kolonie durchzuführen ist.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Da die Art als lichtempfindlich gilt, dürfen die Maßnahmenstandorte nicht durch nächtliche Beleuchtung (Straßenlaternen, Siedlungsnähe) beeinträchtigt sein.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (Freiheit von hineinragenden Ästen).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren sind 15 Kästen pro Hektar (Quelle: ABC-Bewertung, LANUV NRW, 2010) gruppenweise auf den geeigneten Flächen anzubringen.
  • Als Wochenstubenquartiere werden nach Erfahrungswerten u.a. Rundkastentypen angenommen (Fledermaushöhle FLH und FGRH - Fa. Hasselfeldt, Fledermaushöhle 2F und 2FN - Fa. Schwegler) (u.a. DIETRICH 1998, DIETRICH & DIETRICH 1991, MESCHEDE ET AL. 2002, HÜBNER 2002, SCHOLZ 1995, SCHLAPP 1990), aber auch eine Reihe weiterer Bauformen, wie Vogelnistkästen, u.a. mit Vorwölbung am Einflugloch (Marderschutz,) wie der Typ 3SV (Fa. Schwegler).
  • Nach Angaben der Experten aus NRW sollten möglichst auch großvolumige Kästen ausgebracht werden (Typen-Mix).
  • Das Anbringen der Kästen soll in unterschiedlichen Höhen (>3 - 4 m als Schutz vor Vandalismus, Diebstahl und Störungen) und mit unterschiedlicher Exposition (von schattig bis sonnig, am Bestandsrand / im Bestand) erfolgen.
  • Kasten tragende Bäume sind dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. In einer Pufferzone von 100 m um den Kastenstandort muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: je Verlust eines Quartiers hat sich in der Praxis ein Ersatz durch 5 - 10 Fledermauskästen etabliert. Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum der Kolonie bestehen. (Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen die genannten Orientierungswerte (fachliche Einschätzung) unter dem Aspekt geringerer Lebensdauer und – thermischer und im Hinblick auf Parasitenbefall – eingeschränkter Funktionalität gegenüber natürlichen Baumhöhlen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume / Bäume an denen Kästen angebracht werden).
  • Die Kästen sind mindestens jährlich auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Reinigung (Entfernen von Vogel- und anderen alten Nestern).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u.a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Die langfristige Sicherung von Baumquartieren erfolgt parallel über den Nutzungsverzicht von Höhlenbäumen im Umkreis von 100 m um den Kastenstandort (z.B. durch die Schaffung von Altholzinseln).
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.
  • Die einzelnen Kolonien bzw. Kolonieverbände haben mitunter stark tradierte Nutzungsgewohnheiten bezüglich der Wahl von Wald- bzw. Gebäudequartieren. Vor Ergreifen der Maßnahme muss durch eine Untersuchung sichergestellt sein, dass es sich um eine waldbewohnende Kolonie handelt.
  • Nach Experteneinschätzung könnten als Maßnahmenfolge Beeinträchtigungen benachbarter Kolonien auftreten, sofern es zu Konkurrenzsituationen durch ein „Zusammendrängen“ benachbarter Kolonien aufgrund dieser Maßnahme käme. Deswegen sollen keine Kästen im möglichen Überlappungsbereich benachbarter (nicht beeinträchtiger, rein Baumhöhlen nutzender) Kolonien eingesetzt werden.
  • Nach Angaben der Experten aus NRW ist diese Art eine Pionierart, welche stets auf der Suche nach neuen Quartieren ist und schon nach sehr kurzer Zeit (lt;2 Wochen) in neu angebrachten Kästen aufgefunden werden konnte. Das Braune Langohr scheint jedoch nicht sehr konkurrenzstark zu sein und wird häufig von anderen (größeren) Fledermausarten langfristig aus den Quartieren wieder vertrieben.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit. Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird häufig vorgeschlagen bzw. dokumentiert (z. B. VAN RIESEN & DOCH 2003; Internetquellen s.u.). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor, jedoch auch keine dem Maßnahmentyp widersprechenden Hinweise. Nach HÜBNER (2002) gilt das Braune Langohr als Erstbesiedler von Nistkästen verschiedenster Typen. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Empfehlungen in der Literatur als hoch eingeschätzt. Daher besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.
  • Nach MESCHEDE & HELLER (2000, F&E-Vorhaben des BfN: „Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern“) ist der Einsatz von Nistkästen nicht geeignet, um langfristig den Mangel an natürlichen Höhlen auszugleichen. (Ebenso: BRINKMANN et al. 2008). Vor diesem Hintergrund wird die Maßnahme hier in der Form vorgeschlagen, dass zumindest der den Kasten tragende Baum – besser noch ein entsprechender Waldbestand – dauerhaft aus der Nutzung genommen wird. In der Regel sollte die Maßnahme eingebettet sein in eine Maßnahme: Nutzungsaufgabe von Bäumen / Waldbereichen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Erweiterung des Quartierangebotes im Siedlungsbereich (FL1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch Neuschaffung von Quartiergeeigneten Strukturen im Siedlungsbereich sollen Quartierverluste kompensiert werden (diese Maßnahme gilt nur für den Fall, dass bestehende Quartiere im Siedlungsbereich, beispielsweise auf Dachböden oder sonstige Spaltenquartiere verloren gehen).Zu unterscheiden ist zwischen Quartieren von Einzeltieren und Wochenstubenquartieren (Einzeltiere gelten bezügl. der Quartierannahme tendenziell als Pioniere, die neue Quartiere schnell auffinden und nutzen.Möglichkeiten Gebäudestrukturen zu erhalten sind bei REITER & ZAHN (2006) dargestellt. Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt werden und können nicht allgemein beschrieben werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Gehen Gebäudequartiere verloren, ist Ersatz nur durch strukturell vergleichbare Gebäude zu schaffen. Bei Neuschaffung von geeigneten Quartieren ist die Einbeziehung von fachkundigen Experten bei der Auswahl des Standortes und der Maßnahmenumsetzung unbedingt erforderlich. Die neuen Quartiere sollten möglichst nahe an oder innerhalb geeigneter Nahrungslebensräume realisiert werden oder müssen über Leitstrukturen (z. B. Baumreihen) an solche angebunden sein.
  • Warme Dachböden werden offenbar bevorzugt (REITER & ZAHN 2006); insgesamt sollen Hangmöglichkeiten mit unterschiedlichen Temperatureigenschaften zur Verfügung stehen (besonnt/warm bis ausgeglichen).
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (fledermausgerechte Öffnungen, die anderen konkurrierenden Arten keinen Zutritt erlauben). Bei allen Arbeiten an Gebäuden ist es sehr wichtig, dass vorhandene Ein- und Durchflugöffnungen erhalten bleiben, da neue Öffnungen nach eigenen Erfahrungen der Gutachter meist nur zögerlich oder gar nicht angenommen werden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Nähere Angaben zum Teilerhalt und zur Sanierung von Dachbodenquartieren des Braunen Langohrs s. bei REITER & ZAHN (2006, S. 100 ff.).
  • Bezügl. des vollständigen Ersatzes von Gebäudequartieren für das Braune Langohr bestehen kaum Erfahrungen. REITER & ZAHN (2006: S.102) berichten aus England, wo ein neu erbautes Gebäude als Ersatzquartier für Fledermäuse im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen für ein im Rahmen eines Autobahnbaues abgerissenes Wochenstubenquartier von Braunen Langohren errichtet wurde. Die Distanz zu den ehemaligen Quartieren betrug bis zu 1 km. Erste Anzeichen einer Besiedelung zeigten sich nach zwei Monaten und Braune Langohren nutzten das Quartier im ersten Jahr als Wochenstubenquartier, wobei die Koloniegröße in etwa jener des alten Quartiers entsprach.
  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Art, Umfang und sonstige Eigenschaften des neuen Wochenstubenquartiers müssen sich an den verloren gehenden Strukturen und Quartiereigenschaften orientieren. (Es wird empfohlen, von den Fledermäusen genutzte Strukturen aus dem verloren gehenden Quartier auszubauen und für die Neugestaltung des neuen Quartiers zu nutzen).
  • Nach Angaben der Experten sollten relativ große Einflugöffnungen ins Quartier vorhanden sein, da diese Art nicht gerne klettert, sowie verschiedene Temperaturzonen in den potenziellen Verstecken. Eine große Anzahl an verschieden ausgeprägten Verstecken (Zapfenlöcher, kleine Spalten im Mauerwerk, Verstecke auf Dachböden) erhöht den Maßnahmenerfolg da diese Art eine hohe Flexibilität bezüglich der Quartierwahl aufweist.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Das Quartier ist mindestens alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten. Beratung durch erfahrene Fledermausexperten bei baulichen Veränderungen ist unabdingbar.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren (sofern ein bestehendes Quartier saniert wurde bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem bestehenden Quartier neu entsteht).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Im Grundsatz liegen positive Experteneinschätzungen vor (s.o.). Es sind jedoch Kenntnisdefizite zu den artspezifischen Ansprüchen vorhanden. Artbezogene Wirksamkeitsbelege sind im Einzelfall vorhanden (in: REITER & ZAHN 2006).
  • Ein Risikofaktor für den Maßnahmenerfolg ist die im konkreten Fall u.U. stark ausgeprägte Traditionsbindung der Fledermaus-Individuen, wenn ein Quartier nicht spiegelbildlich zu den verlorengehenden Strukturen hinsichtlich der Hangplatzqualität und der Lage der Öffnungen für den Einflug hergestellt werden kann. Welche Veränderungen der Hang- und Eingangs-Strukturen die Fledermäuse noch tolerieren ist weitgehend unbekannt.
  • Zu unterscheiden ist zwischen Quartieren von Einzeltieren und Wochenstubenquartieren: Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Empfehlungen in der Literatur bei Einzeltieren als mittel eingeschätzt, sofern die genannten Rahmenbedingungen gewahrt werden können. Sind Wochenstuben betroffen, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit aufgrund der Schwierigkeit der Herstellung neuer Gebäudequartiere und der starken Traditionsbindung der Tiere an bestehende Quartiere gering.
  • Aufgrund der Unwägbarkeiten, insbesondere bei der möglicherweise aufwendigen Herstellung neuer Quartiere sowie wegen der Traditionsbindung an genutzte Quartiere, ist ein maßnahmenbezogenes und ein populationsbezogenes Monitoring notwendig.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: gering

3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Winterquartiere können im Allgemeinen nicht neu geschaffen werden, da sich diese meist in historischen Gewölben, Kellern oder unterirdischen Stollen, Höhlen o.ä. befinden, die mikroklimatische Besonderheiten aufweisen und durch eine langjährige Tradition von den Tieren genutzt werden. Da sich Fledermäuse in Winterquartieren sehr häufig in Spalten und nicht einsehbaren Hohlräumen verstecken können, kann der Umfang einer Nutzung sowie die Bedeutung eines Winterquartiers lediglich durch einen fachkundigen Spezialisten zuverlässig eingeschätzt werden. Neben der Beteiligung von ortskundigen Experten sind hierzu i.d.R. vorauslaufend vertiefende Untersuchungen erforderlich. Gehen Winterquartiere verloren, kann in der Regel nur Ersatz geschaffen werden, indem vorhandene Strukturen (Keller, Stollen, Tunnel, Bunkeranlagen), die bislang nicht besiedelt sind, in Bezug auf die von der Art geforderten Quartiereigenschaften optimiert bzw. saniert werden (zum Beispiel durch Schaffung von Hangstrukturen, Verbesserung der klimatischen Eigenschaften des Quartierraumes).bisher nicht zugängliche unterirdische Hohlräume in Form von Kellern, Stollen, Bunkeranlagen etc. geöffnet werden.vorhandene als Winterquartier genutzte Strukturen hinsichtlich ihrer Quartiereigenschaft optimiert werden, indem zum Beispiel vorhandene Störungen (Zugang für störende Menschen, Zugang für Fressfeinde) eliminiert werden.vgl. die Spezialpublikationen (u.a. MITCHELL-JONES et al. 2007). Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Die Maßnahme ist beschränkt auf sporadische Vorkommen von Einzeltieren und nur dann anzuwenden, wenn einzelne Quartiere von einzelnen Individuen verloren gehen. Traditionelle Dauerquartiere müssen stets als Einzelfall betrachtet werden.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Hangmöglichkeiten mit unterschiedlichen Temperatur- und Hangeigenschaften (frostfrei, raue Decken, 2 cm breite Spalten oder Bohrlöcher).
  • Störungsfreie Quartierumgebung, insbesondere Beleuchtungsfreiheit.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (fledermausgerechte Öffnungen, die Fressfeinden keinen Zutritt erlauben).
  • Bei allen Sanierungen ist es sehr wichtig, dass vorhandene Ein- und Durchflugöffnungen erhalten bleiben, da neue Öffnungen meist nur zögerlich oder gar nicht angenommen werden.
  • Neu hergestellte Quartiere sollten in Größe, Aufbau und Struktur dem verloren gehenden Quartier möglichst entsprechen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Vorrangig zu ergreifende Optimierungsmöglichkeiten (MITCHELL-JONES et al. 2007: 15 ff.)
  • Sicherung der Zugänge vor unbefugtem Betreten (Vergitterung)
  • Steuerung von Luftströmung und Temperatur
  • Wiedereröffnung verschlossener unterirdischer Quartiere
  • Anbringen von zusätzlichen Hangplätzen (z.B. HERTER 2007).
  • Je nach örtlicher Situation müssen spezifische Rahmenbedingungen eingehalten werden (s. die allgemeinen Zusammenstellungen in MITCHELL-JONES et al. 2007, REITER & ZAHN 2006).
  • Generell: Bauarbeiten sind bei Winterquartieren von Mai bis Ende Juli möglich. Renovierungen bei ganzjährig genutzten Quartieren sind im Einzelfall nach den Empfehlungen der örtlichen Experten zu planen, der günstigste Zeitpunkt ist meistens nur über eine Einzelfallprüfung ermittelbar.
  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Art, Umfang und sonstige Eigenschaften des neuen Quartiers müssen sich an den verloren gehenden Strukturen und Quartiereigenschaften orientieren.
  • In einer Pufferzone von 100 m um das Quartier muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Das Quartier ist alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt, von Spezialisten begleitet werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.
  • Beratung durch erfahrene Fledermausexperten bei baulichen Veränderungen.
  • Es ist stets zu beachten, dass darüber hinaus meist auch weitere Arten in unterirdischen Winterquartieren betroffen sind, die möglicherweise andere mikroklimatische Bedingungen präferieren.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren (sofern ein bestehendes Quartier saniert wurde bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem bestehenden Quartier neu entsteht).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Es sind Kenntnisdefizite zu den artspezifischen Ansprüchen vorhanden (siehe http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de).
  • Artbezogene Wirksamkeitsbelege sind nicht vorhanden.
  • Der Maßnahmentyp Sanierung wird naturschutzfachlich als allgemeine Zielsetzung häufig benannt (z. B. Erhaltung von unterirdischen Schwarm- und Winterquartieren (v.a. Einrichtung von einbruchsicheren Verschlüssen bzw. Fledermausgittern, Vermeidung von Umnutzungen und Störungen, Besucherlenkung, Erhalt und Förderung einer naturnahen Umgebung, s. http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen aber nicht vor.
  • Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Empfehlungen in der Literatur als grundsätzlich gegeben eingeschätzt. Sind wesentliche Änderungen in der Quartierbeschaffenheit unvermeidbar, besteht allerdings eine geringe Erfolgswahrscheinlichkeit.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: Mittel

4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Langohren (Gatt. Plecotus) gelten als empfindlich gegenüber Zerschneidungen ihrer Flugwege. Nach Erkenntnissen britischer Forscher (Kurzfassung in MARTINDALE 2007) können Unterbrechungen in Hecken von wenigen Metern bereits dazu führen, dass Braune Langohren einen Flugweg nicht weiter verfolgen. Entsprechend kann durch Pflanzung von Hecken / Gehölzen der Zugang der Fledermäuse zu vorhandenen oder zusätzlichen Jagdhabitaten erschlossen werden (SWIFT 1997). Durch das Schließen von Lücken in Heckensystemen wird ein vergleichbarer Effekt erzielt.In geschlossenen Waldgebieten dienen Waldwege und –schneisen als Flugrouten, soweit die Waldbestände nicht direkt durchflogen werden. Ein Herstellen von solchen Schneisen als Flugrouten ist im Allgemeinen nicht erforderlich / sinnvoll.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Als verbindendes Element zwischen Standort der Wochenstubenkolonie und günstigen (potenziellen oder nachgewiesenen) Jagdhabitaten.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen. Hierbei kann Dunkelheit auch als Lenkmaßnahme gezielt eingesetzt werden.
  • Je nach Standortbedingungen (Nährstoff- und Wasserversorgung) ist im Einzelfall das Pflanzgut auszuwählen und im Idealfall schnellwüchsige Arten, deren Pflanzung relativ dicht durchzuführen ist, damit sich eine funktionale Leitstruktur für Fledermäuse relativ schnell entwickeln kann.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es sind keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur vorhanden. Für jeweils einen Flugweg / verloren gehende Struktur muss eine neue entsprechend entwickelt werden.
  • Eine regelmäßige Pflege des Maßnahmenstandorts durch Gehölzschnitt sollte nicht erfolgen. Ist dies nötig, sollte jedoch sowohl ein zeitliches, als auch räumlich getrenntes Zurückschneiden / „auf den Stock setzten“ stattfinden, sodass die Maßnahme ihre Eigenschaft als Leitstruktur nicht verliert. Die Resthöhe der gepflegten Abschnitte sollte lt. Angaben der Experten mindestens 1 m betragen. Ansonsten müssen entsprechende Strukturen durch vergleichbare Zaunkonstruktionen, Pflanzungen o.ä. ersetzt werden.
  • Fachliche Einschätzung: Eine Wirksamkeit dieser Maßnahme wird bei einer Gehölzhöhe ab 1 - 2 m erreicht sein.
  • Ergibt sich aus Telemetrie- oder Detektoruntersuchungen, dass die Flugwegeverbindungen eine unterschiedliche Funktion / Bedeutung haben, muss dies Berücksichtigung finden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Gehölzpflege alle 10-15 Jahre (Erhaltung der geschlossenen Struktur) durch begrenzte Pflegeeingriffe (Einzelbaumpflege, s. u.).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Um die Pflanzung dauerhaft zu machen, sollten die geplanten Heckenstandorte mit der örtlichen Landwirtschaft abgestimmt werden. Insbesondere sind breitere Zufahrten (>10 m) im Hinblick auf die Artanforderungen abzustimmen.
  • Damit im Bereich notwendiger Zufahrten nicht die von der Art benötigten akustisch wirksamen Leitstrukturen fehlen, werden die Zufahrten temporär oder dauerhaft mit Zäunen oder vergleichbarem so zugestellt, dass eine annähernd lückenlose Verbindung zwischen den Heckenenden besteht.
  • Umfangreiche Pflegeeingriffe (zum Beispiel „auf den Stock setzen“) können auf größerer Länge nur durchgeführt werden, wenn die Individuen nicht präsent sind (Winter) und sofern Ersatzstrukturen (eine andere Hecke in der Nähe oder ein provisorischer Zaun) die Verbindungsfunktion auch während der Pflege bzw. des Wiederanwachsens aufrechterhalten können.
  • Diese Maßnahme besitzt in Fällen bei denen das Quartier der Tiere und ihre Jagdgebiete durch Offenland voneinander getrennt sind eine hohe Priorität, da diese Art sehr strukturgebunden fliegt und schon kleinere Lücken in den Leitstrukturen als Barriere wirken können.
  • Bei der Planung einer Neuanlage von Gehölzstrukturen sind die möglichen (negativen) Auswirkungen auf andere Arten (u.a. Offenlandbrüter) zu berücksichtigen und ggf. naturschutzfachlich gegeneinander abzuwägen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist auf günstigen Standorten kurzfristig (1-5 Jahre je nach Standort und Pflanzware) umsetzbar. Die Gehölzpflanzungen müssen eine Höhe von mindestens 2-3 m haben, um funktional wirksam zu sein (Nachweise strukturgebundener Fledermausarten an 2-3 m hohen neuen Heckenstrukturen im Zuge wissenschaftlicher Nachkontrollen an der BAB A 17 bei Dresden; NACHTaktiv / SWILD 2007).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Maßnahme ist – je nach Standortbedingungen – kurz- bis mittelfristig (1-5 Jahre) umsetzbar.
  • Die Habitatansprüche der Art sind vergleichsweise gut bekannt.
  • Wissenschaftliche Belege existieren meist nur mittelbar bzw. nur in der grauen Literatur (MARTINDALE 2007, NACHTaktiv/SWILD 2007). ENTWHISTLE et al. (1996) fanden heraus, dass Braune Langohren beim Wechsel zwischen ihren Jagdgebieten längere Wege in Kauf nehmen, wenn sie sich entlang von Hecken bewegen konnten. Die Plausibilität der Maßnahme wird als hoch eingestuft, zumal eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme herstellbar ist. (Insoweit wäre ggf. auch der Maßnahmenerfolg durch ein maßnahmenbezogenes Monitoring eindeutig feststellbar).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: hoch

5. Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern) (W4.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bei der Jagd ist das Braune Langohr auf insektenreiche, strukturierte Habitate angewiesen. Beute der Art sind mittelgroße Insekten; insbesondere Schmetterlinge, Fliegen, aber auch Spinnen (MEINECKE 1991). Die Jagd erfolgt im Flug; teilweise werden auch auf Blättern sitzende Beutetiere im sehr langsamen Rüttelflug erjagt („foliage gleaning“). Der Verzehr der Beute erfolgt im Allgemeinen an einem „Fraßplatz“. Die Anforderungen an das Jagdhabitat werden von struktureichen inneren und äußeren Grenzlinien im Wald am besten – im Vergleich zum Waldinnenraum und zu Offenlandflächen - erfüllt (EKMAN & DE JONG 1996). Deswegen können Nahrungshabitate für die Art durch Erhöhung des Anteils strukturreicher Grenzlinien neu geschaffen werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Waldbestand im räumlich-funktionalen Zusammenhang zu der betroffenen Kolonie mit entsprechender Eignung und hohem Aufwertungsbedarf aus naturschutzfachlicher Sicht. Möglichst südexponierte, warme Randlagen (Insektenreichtum).
  • Wenn möglich direkte Anbindung an weitere potenzielle Nahrungshabitate, wie strukturreiche Siedlungsumgebung mit Hecken, Bachläufen, Streuobstwiesen, usw.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich. Vor dem Hintergrund dass die Art als besonders empfindlich gegenüber Barrieren und gegenüber Kollisionen gilt, sollten Nahrungshabitate und Quartierhabitate zueinander räumlich zugeordnet sein und nicht durch Barrieren bzw. Kollision verursachende Infrastruktur, wie zum Beispiel eine breite Straße, zerschnitten sein. Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte (subjektive fachliche Einschätzung): Als Faustwert kann als eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes eine Erhöhung der Grenzlinienlänge /-dichte um 10% angesehen werden.
  • Aufgrund der gemeinschaftlichen Nutzung von Nahrungshabitaten entspricht der Maßnahmenbedarf auch bei Betroffenheit von Jagdgebieten mehrerer Individuen der verloren gehenden oder funktional entwerteten Fläche (Eingriffsfläche: Kompensationsfläche mind. 1:1).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Waldrandpflege alle 5 – 10 Jahre (Offenhaltung, ggf. waldbauliche Eingriffe bei ungünstiger Entwicklung oder Dominanz unerwünschter Arten).
  • Waldinnenränder: Die Maßnahmen müssen v.a. darauf ausgerichtet werden, den Waldrand / die Schneise als Flugraum der Art zu erhalten. Hierzu müssen die Freiflächen mindestens mit einer Breite von ?5 m angelegt werden (unter Berücksichtigung des Flugverhaltens der Art einerseits (vgl. ASCHHOFF et al. 2006) und geringer Pflegebedürftigkeit andererseits.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist – je nach Standort – kurz- bis mittelfristig umsetzbar.
  • In stark vergrasten, windexponierten Beständen kann es schwierig sein, entsprechende Strukturen, z.B. durch Unterpflanzung, zu entwickeln.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind unter normalen Bedingungen kurz- bis mittelfristig (meist lt; 5 Jahre) entwickelbar.
  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Von einer Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zur Herstellung von Nahrungshabitaten wird ausgegangen.
  • Die Plausibilität der Maßnahme wird als mittel eingestuft; eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme ist in der Regel nicht herstellbar (insoweit ist auch der Maßnahmenerfolg nicht eindeutig betroffenen-/artbezogen feststellbar).
  • Da bislang keine Erfahrungen zur Umsetzung und Wirksamkeit / Eignung speziell für das Braune Langohr vorliegen, ist ein maßnahmenbezogenes Monitoring vorzusehen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: mittel

6. Strukturanreicherung von Wäldern (W1.1/W5.2, W2.1, W2.5, O3.1.3, G1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Optimierung von Jagdhabitaten durch waldbauliche Maßnahmen mit der Zielsetzung, horizontal und vertikal vielschichtige Wälder / Gehölzstrukturen entstehen zu lassen (siehe die separaten Maßnahmenbeschreibungen): Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in LaubwaldbeständenFreistellen von älteren, eingewachsenen EichenAuflichten von dichten BeständenNutzungsaufgabe und/oder Förderung von TotholzAnlage von StillgewässernAnlage von Streuobstwiesen in direkter Nachbarschaft zu WaldrändernDie Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Nahrungshabitate zu ersetzen. Hinweis: Wegen der Flexibilität der Art bezüglich der Nahrungshabitate sind diese nur in Ausnahmefällen bestandslimitierend.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Waldbestand im räumlich-funktionalen Zusammenhang zu der betroffenen Kolonie mit entsprechender Eignung und hohem Aufwertungsbedarf aus naturschutzfachlicher Sicht.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Vor dem Hintergrund, dass die Art als besonders empfindlich gegenüber Barrieren und gegenüber Kollisionen gilt, sollten Nahrungshabitate und Quartierhabitate zueinander räumlich zugeordnet sein und nicht durch Barrieren bzw. Kollision verursachende Infrastruktur, wie zum Beispiel eine breite Straße, zerschnitten sein. Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur.
  • Aufgrund der gemeinschaftlichen Nutzung von Nahrungshabitaten entspricht der Maßnahmenbedarf auch bei Betroffenheit von Jagdgebieten mehrerer Individuen der verloren gehenden oder funktional entwerteten Fläche. Die individuelle Nahrungshabitatgröße wird je nach Qualität mit 0,3 - 10,5 - 21 ha angegeben (MESCHEDE & HELLER 2000), der Aktionsraum mit 1 km bis 3,3 km.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Neben der Strukturanreicherung von Wäldern erscheint lt. Angaben der Experten aus NRW die Anlage von Streuobstbeständen angrenzend zu genutzten Wäldern als sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung der Nahrungssituation des Braunen Langohrs.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Wirksamkeit tritt – je nach Maßnahmentyp – kurz-, mittel- oder langfristig ein. Da eine unmittelbare kausale Beziehung zwischen Maßnahme und Auswirkung auf die Fledermäuse bei einigen Maßnahmen nicht ohne weiteres herstellbar ist, ist die zeitliche Dauer bis zur Wirksamkeit bei diesen Maßnahmen unbekannt:
  • Kurzfristig: Anlage von Stillgewässern: die Zahl / Dichte an Insekten erhöht sich schon nach wenigen Wochen spürbar. Neue Stillgewässer werden von Fledermäusen dementsprechend auch bereits nach kurzer Zeit aufgesucht und bejagt (pers. Mitt. J. LÜTTMANN).
  • Kurzfristig / unbekannt: Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in Laubwaldbeständen.
  • Kurzfristig: Auflichten von dichten Beständen: die entsprechenden Habitate werden durch die Auflichtung erst bejagbar. Allzu dichte (Jung-)Bestände werden dagegen nicht bejagt (u.a. KLENKE et al. 2004).
  • Kurzfristig / unbekannt: Freistellen von älteren, eingewachsenen Eichen .
  • Mittel- bis langfristig / unbekannt: Nutzungsaufgabe und/oder Förderung von Totholz.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die benötigten Strukturen sind z.T. kurzfristig entwickelbar, z.T. ist die Veränderung eher mittel- bis langfristig zu erwarten. Die Zielhabitate entsprechen den Anforderungen der Art in besonderer Weise (SIMON et al. 2004: 177, MESCHEDE & HELLER 2000: 214, BRAUN & DIETERLEN 2003: 502). Die Verfügbarkeit von Nahrung / Beutetieren wird plausibel erhöht, sei es durch Verbesserung des Zuganges zum Nahrungshabitat, sei es durch Erhöhung des Beutetierangebotes (erhöhte Emergenz an Nahrungsinsekten an einem Waldgewässer im Vergleich zum benachbarten Wald bzw. erhöhte Beutetierdichte / Beutetierartenzahl an der Eiche gegenüber anderen heimischen und nicht heimischen Baumarten). Obwohl keine wissenschaftlichen Nachweise i.e. Sinn vorliegen, wird die Plausibilität der Maßnahmen mehrheitlich als hoch eingestuft. Die Maßnahmen entsprechen den Empfehlungen in der Literatur (u.a. RICHARZ 1997: 299).
  • Maßnahmen, deren Wirksamkeit aus den dargestellten Gründen als mittelfristig / unbekannt beurteilt wurden, sollten im Regelfall nicht als CEF-Maßnahmen Anwendung finden, sind aber als FCS-Maßnahmen geeignet.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel (je nach Maßnahmen-Subtyp)

7. Fazit

Für das Braune Langohr stehen Maßnahmen zur Bereitstellung von Quartieren sowie von Sommer- und Winterhabitaten zur Verfügung. Die Maßnahmen werden z.T. aber erst mittelfristig wirksam. Z.T. sind die Maßnahmen noch unerprobt und werden deswegen nicht als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme empfohlen.

Angaben zu Priorisierung:

Maßnahmen zur Verbesserung der Quartiersituation haben aufgrund der kleinen Aktionsräume und der begrenzten Verfügbarkeit von Quartieren in Baumhöhlen für diese konkurrenzschwache Art eine hohe Priorität. Die Entwicklung / Förderung von Baumquartieren als natürliches Quartierpotenzial hat, wie für alle Fledermausarten die regelmäßig Baumhöhlen als Quartier nutzen, eine hohe Priorität. Kurzfristig kann durch die Installation von Fledermauskästen in Wäldern geeignetes zusätzliches Quartierangebot bereitgestellt werden. Die Schaffung von geeignetem neuem Quartierpotenzial an Gebäuden ist für die Art möglich, hat aber aufgrund der unsicheren Prognosen auf Erfolg geringe Priorität als Maßnahme speziell für das Braune Langohr. Die Anlage von Gehölzstrukturen als Flugrouten ist je nach Standort kurzfristig wirksam und hat aufgrund der überwiegend strukturgebundenen Flugweise eine hohe Priorität bei der Vernetzung und Wiederherstellung strukturreicher Landschaften und Lebensräumen, die als Nahrungshabitate bevorzugt von Braunen Langohren besiedelt werden. Maßnahmen zur Strukturanreicherung von Wäldern können aufgrund der relativ kleinen Aktionsräume einer Kolonie ebenfalls wirksam sein, wenn sich deutliche Defizite und hohes Potenzial zur Aufwertung im direkten räumlichen Zusammenhang einer Kolonie erkennen lassen.