Wechselkröte  (Bufo viridis Laur.,1768)

(Syn.: Grüne Kröte)

(Syn.: Bufo schreberianus, B. viridi-radiatus, Rana variabilis)

EU-Code: 1201

Artenschutzmaßnahmen

  1. Anlage von (Still)Gewässern (G1)
  2. Entwicklung von jungen Brachen (O4.1.3) / Anlage von vegetationsarmen Flächen / Strukturen (O4.4) / Steuerung der Sukzession (in Abbaugebieten und Industriebrachen) (O5.4)
  3. Anlage von Gesteinsaufschüttungen (grob) oder Totholzhaufen (O4.4.3)
  4. Wiederherstellung / Entwicklung der Überschwemmungsdynamik in Auenbereichen (G5)
  5. Gewässerpflege (G6)
  6. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Anlage von (Still)Gewässern (G1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Neuschaffung von sonnenexponierten, temporären Klein- und Kleinstgewässern in Auen, Industriebrachen und Abgrabungskomplexen. Kleinste dynamische Gewässer können durch eine Bodenverdichtung durch Befahren mit Baufahrzeugen entstehen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Das Wasserhaltepotential des Standortes sollte ausreichend sein bzw. getestet werden (BAKER et al. 2011).
  • Wasserchemische Parameter des Standortes über 3-4° dH (VENCES et al. 2011).
  • Im unmittelbaren Umfeld sollte keine intensive Landwirtschaft mit Dünger- und Pestizideinsatz betrieben werden.
  • Optimale Landlebensräume (offen, grabbares Substrat, sonnenexponiert) mit ausreichenden Tagesverstecken bzw. der Möglichkeit zum Eingraben müssen in der unmittelbaren Umgebung vorhanden sein.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Mindestgröße eines neuangelegten Laichgewässers 100 m² (TWELBECK 2003, PAN & ILÖK 2010).
  • Anlage von zahlreichen (> 20) Klein- und Kleinstgewässern/ großen (> 1 ha) Einzelgewässern (PAN & ILÖK 2010).
  • Gewässer sollten 30 - 100 cm tief sein, wobei ausgedehnte Flachwasserbereiche (> 80 %) vorhanden sein müssen (PAN & ILÖK 2010). Sehr flache Pfützen werden eher gemieden (VENCES et al. 2011).
  • Nach der Klassifikation von PARDEY et al. (2005) sind dies vorzugsweise Pfützen, Lachen, Tümpel aber auch Kleinweiher.
  • Der Anteil an voll besonnten Gewässerflächen sollte > 90 % betragen (PAN & ILÖK 2010), sodass sich das Wasser schnell erwärmt. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Entwicklung und Thermoregulation der Kaulquappen.
  • Die Gewässer sollten in sehr frühen Sukzessionsphasen unbedingt fischfrei gehalten und nicht bepflanzt werden (PAN & ILÖK 2010, TWELBECK 2003, PELLKOFFER et al. 2010). auch wenn sich die Larven der Wechselkröte, wenn sie die Flachzonen größerer Gewässer besiedeln, ihren Lebensraum öfter mit Fischen, Molchen und räuberischen Wasserinsekten teilen (VENCES et al. 2011, S.682).
  • Gewässer sollten einen temporären Charakter aufweisen und sich durch Grund- oder Regenwasser speisen, jedoch nicht vor Mitte Juni austrocknen (BREUER & PODLOUCKY 1993).
  • Ein regelmäßiges Trockenfallen der Laichgewässer (Reduktion der Feinddichte) gewährleistet laut ZAHN & NIEDERMEIER (2004) einen dauerhaften Reproduktionserfolg.
  • Die Bedeutung von nichtaustrocknenden Laichgewässern sank laut SEDLMEIER (2008) schon im zweiten Jahr aufgrund einer erhöhten Prädatorendichte. Im dritten Jahr laichten dort nur noch Bergmolch, Erdkröte und Grasfrosch.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Vgl. Maßnahme Gewässerpflege
  • Die Laichgewässer müssen vegetationsfrei gehalten werden (möglichst im Turnus von 2 – 3 Jahren).
  • Freistellung der Gewässer von angrenzender Vegetation (Entbuschung).
  • Wiederholte Entfernung von Fischbesatz.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Aufgrund der Bevorzugung von vegetationsfreien Laichgewässern ist einer Neuschaffung von Gewässern ein Vorzug gegenüber der Pflege eines vorhandenen Gewässers zu geben (TWELBECK 2003a).
  • Der Aushub von Wechselkrötengewässern sollte laut BAKER et al. (2011) im Spätsommer bei niedrigem Wasserstand vollzogen werden.
  • Baum- bzw. Gebüschreihen einige Meter nördlich eines neu angelegten Gewässers fungieren als Windschutz und können zu einem schnelleren Aufheizen der Laichgewässer führen (BAKER et al. 2011).
  • Bei der Schaffung von temporären Kleingewässern stellt die zunehmende Frühjahrs- und Frühsommertrockenheit ein Problem dar.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb von 1-3 Jahren (Pioniercharakter der Gewässer).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen in Bezug auf die Laichgewässer vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig (innerhalb von 1 - 3 Jahren) entwickelbar.
  • Die Neuschaffung von Gewässern ist, gerade für Pionierarten wie der Wechselkröte, die am häufigsten vorgeschlagene und mit positiven Resultaten durchgeführte Maßnahme (PELLKOFFER et al. 2010, ZAHN & NIEDERMEIER 2004, SEDELMEIER 2008, KÜHNEL & KRONE 2003). Die Neuanlage von 40 cm tiefen Folienteichen in Berlin führte bereits im ersten Jahr zur erfolgreichen Reproduktion der Wechselkröten (KÜHNEL & KRONE 2003). Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist somit als sehr hoch anzusehen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

2. Entwicklung von jungen Brachen (O4.1.3) / Anlage von vegetationsarmen Flächen / Strukturen (O4.4) / Steuerung der Sukzession (in Abbaugebieten und Industriebrachen) (O5.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

(Wieder)herstellung eines jungen Sukzessionsstadiums auf Offenlandflächen. Auf Sekundärhabitaten wie Abbaugebieten und Industriebrachen, wird nach Beendigung der Nutzung der Sukzession entgegengewirkt, indem der Offenlandcharakter dieser Flächen aufrecht erhalten wird und eine dynamische Lebensraumentwicklung imitiert wird. Auf Teilflächen sind hierzu breite, sonnenexponierte und vegetationsarme Flächen mit grabbaren Substraten anzulegen wie z.B. sandige Böschungen und Aufschüttungen. Dies kann über einen großflächigen maschinellen Oberbodenabtrag oder über eine Ausbringung von grabbarem Material (Sand) erreicht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Die Maßnahmenflächen sollten möglichst eine direkte Anbindung an potenzielle bzw. besiedelte Laichgewässer besitzen.
  • Die Bodenverhältnisse sollten möglichst nährstoffarm sein, um eine schnelle Sukzession des Standortes zu vermeiden bzw. eine möglichst geringe Belastung mit Dünger und Bioziden aufweisen.
  • Im direkten Umkreis der Maßnahmenfläche muss eine ausreichende Zahl an Versteckmöglichkeiten und Überwinterungsquartieren (Sandböschungen usw.) vorhanden sein, oder durch die Ausbringung von Stein-, Sand-, Schotterschüttungen oder Einzelsteine oder Holzbretter angelegt werden.
  • Die Schaffung von Rohbodenstandorten sollte vorzugsweise auf Standorten mit grabbaren Sandböden erfolgen (VENCES et al. 2011).
  • Im direkten Umkreis der Maßnahmenfläche muss eine ausreichende Zahl an Versteckmöglichkeiten und Überwinterungsquartieren (Totholzhaufen) vorhanden sein oder durch die aktive Ausbringung angelegt werden (vgl. Maßnahme Anlage von Gesteinsaufschüttungen (grob) oder Totholzhaufen).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Die Flächengröße sollte mindestens 0,5 – 1 ha betragen (SEDELMEIER 2008).
  • > 80 % der Maßnahmenfläche sollte einen Offenlandcharakter aufweisen.
  • Wenn nötig Abtrag des Oberbodens (0,3 m Tiefe) zur Aushagerung des Standortes bzw. Auftrag von nährstoffarmen Böden, Sand oder Schotter im direkten Gewässerumfeld um eine schnelle Sukzession zu vermeiden (BREUER & PODLOUCKY 1993).
  • Die Ausbringung von Totholzhaufen zur Nutzung als Tages- und Winterverstecke sollte in Südexposition erfolgen.
  • Anpflanzungen sind nicht notwendig, vielmehr sollte sich eine Ruderalflora entwickeln bzw. erhalten bleiben.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Da in Sekundärlebensräumen (z.B. nach Beendigung des Abbaus) die dynamische Lebensraumgestaltung bzw. –veränderung fehlt, sind regelmäßige Eingriffe zur Steuerung der Sukzession unabdingbar (Neuschaffung von Pioniergewässern, Entbuschung der Landlebensräume etc.).
  • Offenhaltung der Brachflächen und eventuell winterliches Befahren mit schweren Maschinen.
  • Ggf. Bodenabtrag, Mahd, Entbuschung und / oder extensive Beweidung (1-2 GVE/ha) im Turnus von 2-3 Jahren (vgl. SCHIEL & RADEMACHER 2008, ZAHN 2006). BAKER et al. (2011) empfehlen sogar nur eine Beweidung mit 0,2-0,3 Rinder pro ha.
  • Ist eine Beweidung nicht durchführbar, sollte eine extensive Mahd mit einer schonenden Mähtechnik nach Vorgaben von OPPERMANN & CLAßEN (1998) und LICZNER (1999), möglichst mittels Balkenmäher durchgeführt werden. CLAßEN et al. (1997) empfehlen ein angepasstes Mahdsystem mit zeitlich versetzter Mahd, Spätmahdflächen und jährlich ungemähten Flächen, um Rückzugsgebiete bzw. Regenerationsbereiche für Amphibien zu sichern.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Zum Erhalt von jungen Sukzessionsstadien kann die extensive Beweidung eine langfristig praktikable Lösung sein (ZAHN & NIEDERMEIER 2004), da die anderen Maßnahmen (Entbuschung, Mahd usw.) stets mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden sind.
  • Die Entwicklung von jungen Sukzessionsstadien kann im Konflikt mit dem Schutz von Arten stehen, welche an ältere Sukzessionsstadien gebunden sind.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Strukturen sind aufgrund des Pioniercharakters kurzfristig wirksam (1-3 Jahre).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar (1-3 Jahre).
  • Dieser Maßnahmentyp wird häufig als flankierende Maßnahme vorgeschlagen (z.B. HERMANN et al. 2003, SEDLMEIER 2008). Dokumentierte Monitoringuntersuchungen zu Maßnahmen im Landhabitat sind nicht bekannt, jedoch aus der Artökologie heraus plausibel. Im Analogieschluss wird die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maßnahme(n) als sehr hoch eingeschätzt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

3. Anlage von Gesteinsaufschüttungen (grob) oder Totholzhaufen (O4.4.3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Anlage grober Gesteinsaufschüttungen und / oder Totholzhaufen

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Solche Überwinterungsmöglichkeiten sollten laut BAKER et al. (2011) möglichst nicht weiter als 250 m von den Laichgewässern entfernt sein.
  • Mindestausstattung der Maßnahmenflächen mit Pioniergewässern (vgl. Maßnahme Anlage neuer (Still)Gewässer).
  • Die Bodenverhältnisse sollten möglichst nährstoffarm sein, um eine schnelle Sukzession des Standortes zu vermeiden.
  • Die Gesteinsaufschüttungen sollten im Umfeld keiner Beschattung durch Vegetation unterliegen.
  • Der Maßnahmenstandort sollte einer möglichst geringen Störung unterliegen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • BAKER et al. (2011) beschreiben eine generelle Mindestgröße für Überwinterungsquartiere für Amphibien von 8m x 4m x 1m. Eine Mindesttiefe der Gesteinsaufschüttung von 70 cm ist erforderlich, um eine frostfreie Überwinterung zu gewährleisten.
  • Bei der Anlage der Totholzhaufen spielt die Größe eine untergeordnete Rolle.
  • Der Untergrund sollte eine gute Drainage besitzen.
  • Die Ausbringung von nährstoffarmen Substraten (Sand) auf und in der unmittelbaren Umgebung der Maßnahme verhindert den sofortigen Bewuchs dieser Flächen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Offenhaltung dieser Maßnahmenfläche durch die Entfernung von Gehölzen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Maßnahmenerfolg nur in Verbindung mit anderen habitatverbessernden Maßnahmen (Gewässeranlage bzw. -pflege, Verbesserung bzw. Schaffung von Landlebensräumen).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Strukturen sind kurzfristig herstellbar und wirksam (1 – 3 Jahre).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam.
  • Positive Erfolgskontrollen bezüglich des Erfolges der Wirksamkeit von Totholzhaufen für die Wechselkröte sind vorhanden (INDERMAUR & SCHMIDT 2011).
  • INDERMAUR & SCHMIDT (2011) stellten fest, dass eine Erhöhung der Holzhaufen im Sommerhabitat der Kröten eine Erhöhung der Aufnahmekapazität des Ökosystems für Kröten bedeutet, so dass sich eine größere Population dort ansiedeln konnte.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

4. Wiederherstellung / Entwicklung der Überschwemmungsdynamik in Auenbereichen (G5)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Schaffung von Primärstandorten in Gewässerauen / Renaturierung von größeren Fließgewässern (kies- und sandgeprägte Stromtalauen). Schaffung von flachen Altarmen, Überschwemmungsgebieten und großflächigen Kiesbänken.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m entfernt sein.
  • Landlebensräume im direkten Umfeld (100 – 500 m) müssen großflächig vegetationsfrei sein und einen Pioniercharakter aufweisen.
  • Die Rahmenbedingungen für eine Überschwemmungsdynamik am Maßnahmenstandort (Flussabschnitt) müssen gegeben sein, so sollte beispielsweise im Bereich der Gewässerränder bei Überschwemmungsereignissen die Entstehung flacher und vegetationsfreier Laichgewässer möglich sein.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Mögliche Maßnahmen zur kurzfristigen Renaturierung des Auenbereichs sind Uferrückbau und die Wiederanbindung von Alt- bzw. Nebenarmen.
  • Schaffung eines nährstofffreien Gewässerumfeldes durch Abtragung nährstoffreichen Mutterbodens und Aufschüttung von Sand- und Kiesflächen (vgl. Angaben von MÜNCH 2001 zur Kreuzkröte).
  • Anlage von breiten Überschwemmungsflächen mit verdichteten Senken, in denen sich temporäre und vegetationslose Kleingewässer ausbilden können.
  • Neben flachen, dynamischen Gewässern mit temporärem Charakter ist die Schaffung von perennierenden Gewässern ohne Anbindung an das Fließgewässer wichtig.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Förderung der Gewässer- und Geschiebedynamik ggf. Entbuschungsmaßnahmen im Gewässerumfeld in größeren Zeitabständen (5-10 Jahre).
  • Die Offenhaltung des Lebensraumes sollte vorzugsweise über eine extensive Beweidung durchgeführt werden.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Bei der Durchführung der Fließgewässerrenaturierung, ist die „Blaue Richtlinie“ (MULNV 2010) zu beachten.
  • Die Wiederherstellung von Primärlebensräumen mit einer natürlichen Dynamik kann von der Dauerverpflichtung zum künstlichen Erhalt früher Sukzessionsstadien (z.B. in aufgelassenen Kiesgruben) entlasten und der Art ein dauerhaftes und eigenständiges Überleben in ihrem Primärhabitat sichern (KORDGES & WILLIGALLA 2011) und ist daher wünschenswert. Der Spielraum für Fließgewässerredynamisierungen ist im dicht besiedelten NRW jedoch sehr begrenzt.
  • Durch die initiierte Dynamik an renaturierten Gewässern entstehen neben Laichgewässern auch Landlebensräume wie durch Hochwasser freigelegte Kies- und Sandbänke (vgl. BERG et al. 2008).
  • Um die Sukzession bzw. Abschwemmung von nährstoff- und biozidbelastetem Boden in den Fluss zu verhindern, ist eine weitgehende Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Aue anzustreben (Extensivgrünland, Auwald).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Aufgrund des Pioniercharakters der dynamischen Lebensräume und Gewässer, ist die Funktionsfähigkeit für die Art – abhängig von den standörtlichen Gegebenheiten - innerhalb von 1 – 5 Jahren zu erreichen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurz- bis mittelfristig wirksam.
  • Aufgrund der biologisch-ökologischen Gemeinsamkeiten der Wechselkröte mit der Kreuzkröte können Beispiele der Kreuzkröte auch auf die Wechselkröte bezogen werden. BERG et al. (2008) stellten eine Etablierung der Kreuzkröte in ungeplanten Fluttümpeln an der renaturierten Inde fest. (Die Untersuchung stellt allerdings kein explizites Monitoring in Bezug auf die Etablierung der Kreuzkröte durch diese Maßnahme dar). Renaturierungen von Flüssen werden häufig als Maßnahme vorgeschlagen (vgl. MÜNCH (2001) und KORDGES & WILLIGALLA (2011)) und sind aufgrund der bekannten Artökologie plausibel.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: hoch

5. Gewässerpflege (G6)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Mit pflegerischen Maßnahmen soll der Pioniercharakter bestehender Wechselkrötengewässer verbessert bzw. wieder hergestellt werden. Vorrangig einzusetzende Maßnahmen sind die Entbuschung und damit die Freistellung beschatteter Gewässer und der Landlebensräume (mittels extensiver Beweidung).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Landlebensräume mit ausreichenden Tagesverstecken (grabbares Substrat, sonnenexponierte Böschungen, Totholz- und Steinhaufen) bzw. der Möglichkeit zum Eingraben müssen in der unmittelbaren Umgebung (100 – 500 m) vorhanden sein (lückig bewachsene Flächen wie Brachen, Rohbodenstandorte usw.).
  • Vorzugsweise dynamisch geprägte Standorte (Auen, Industriebrache und Abgrabungskomplexe).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Freistellung beschatteter Gewässer: der Anteil an besonnter Gewässerfläche sollte > 90 % liegen (PAN & ILÖK 2010). Vegetation um die Laichgewässer muss dauerhaft kurz und schütter gehalten werden (SEDLMEIER 2008).
  • Auch das Gewässer selbst sollte weitestgehend unbewachsen sein und eine flache Uferzone aufweisen (TWELBECK 2003). Die Entfernung eines Teils des Bodengrunds und die Entfernung der Ufervegetation richtet sich nach der Vegetationsentwicklung, sollte jedoch bei schneller Vegetationsentwicklung alle 2 Jahre durchgeführt werden (ZAHN & NIEDERMEIER 2004, SEDLMEIER 2008).
  • Eine Beweidung sollte einen extensiven Charakter aufweisen und mit maximal 1- 2 GVE/ha durchgeführt werden, um den Nährstoffeintrag durch Exkremente so gering wie möglich zu halten. Nach ZAHN & NIEDERMEIER (2004) ist eine Rinderbeweidung der Entschlammung und der mechanischen Reduktion von Röhrichtpflanzen vorzuziehen.
  • Entschlammung von Sukzessionsgewässern zur Verringerung der Feinddichte (ZAHN & NIEDERMEIER 2004). Beim Aushub der Gewässer sollten laut BAKER et al. (2011) nicht mehr als ¼ der Gewässersohle innerhalb von 3 Jahren entfernt werden.
  • Bei der Entschlammung ist die Abfolge und Lage der wasserspeisenden und wasserstauenden Schichten zu ermitteln, sodass die für Kleingewässer wichtige Stauschicht nicht durch die Entschlammung durchstoßen wird (BERGER et al. 2011).
  • Schutz vor dem Eintrag von Düngemitteln und Insektiziden mittels eines 10 – 50 m (je nach Stoffeintragsgefährdung) breiten extensiv genutzten Uferrandstreifens bzw. absoluter Düngungsverzicht in unmittelbarer Umgebung (BERGER et al. 2011).
  • Ggf. Entfernung von Fischbesatz.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Pflegemaßnahmen am und um das Gewässer sollten laut BREUER & PODLOUCKY (1993) mindestens alle 3 – 5 Jahre durchgeführt werden.
  • Kontrolle und evtl. Entfernung von Fischbesatz.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • In manchen Fällen kann, aufgrund des Pioniercharakters der Gewässer, eine Gewässerneuschaffung zeitlich schneller durchführbar und auch günstiger sein als die Gewässerpflege, wenn bestehende Gewässer einer zu starken Sukzession unterliegen.
  • Einer Rinderbeweidung ist eine Entschlammung und die mechanische Reduktion von Röhrichtpflanzen aus Kostengründen den Vorzug zu geben.
  • Eine Gewässerpflege und Umwandlung in ein jüngeres Sukzessionsstadium kann mit den Bedürfnissen anderer schützenswerter Arten kollidieren und ist jeweils im Einzelfall abzuwägen.
  • Maßnahmen am Gewässer sind unter weitgehender Schonung anderer Arten vorzunehmen (i.d.R. im September / Oktober).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Eine Gewässerpflege entsprechend den artspezifischen Anforderungen ist innerhalb von 1 – 3 Vegetationsperioden wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Die benötigten Qualitäten sind kurzfristig entwickelbar (lt;1Jahr) und wirksam.
  • Die Maßnahme wird einzeln oder in der Kombination mit anderen in der Literatur häufig vorgeschlagen (z. B. PELLKOFER et al. 2010, KÜHNEL & KRONE 2003). Wissenschaftliche Belege, in Form eines Monitoring von Gewässeroptimierungsmaßnahmen, sind nicht bekannt. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus NRW ist eine sehr hohe Erfolgsaussicht der Maßnahme jedoch plausibel.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

6. Fazit

Für die Wechselkröte stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherstellung der Laichgewässer sowie Sommer- und Winterlebensräume zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Die Maßnahme: Anlage neuer (Still)Gewässer besitzt die höchste Priorität.