Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Neuntöter  (Lanius collurio Linnaeus, 1758)

EU-Code: A338

Artenschutzmaßnahmen

  1. Anlage und Optimierung von Nisthabitaten (O3.1, W2.1)
  2. Anlage von zur Nestanlage geeigneten Strukturen (Gestrüppwälle, Reisighaufen) (Av3.1)
  3. Entwicklung von Nahrungshabitaten (O1.1, O2.2)
  4. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Anlage und Optimierung von Nisthabitaten (O3.1, W2.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Neuntöter brüten in Dornsträuchern. Dornsträucher stellen auch wichtige Habitatbestandteile zum Aufspießen der Nahrung sowie als Sitz- und Ruheplatz dar. In der Maßnahme werden bei Mangel an Nistmöglichkeiten geeignete Gehölzbestände mit Hecken oder Sträuchern aus standortsgemäßen Arten angelegt oder es werden vorhandene, dichtwüchsige Dornstrauchbestände auf ansonsten geeigneten Standorten aufgelichtet.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Ungehinderter Überblick über das Revier und dessen nähere Umgebung, jedoch keine windexponierten Standorte.
  • Nicht unmittelbar am Waldrand (> 25 m vom Waldrand entfernt, TITEUX et al. 2007).
  • Idealerweise im Umfeld von vorhandenen Neuntötervorkommen (s. o.).
  • Auflichten von Gehölzbeständen: Vorhandensein eines dichten und großflächigen Dornstrauchbestandes, die aufgelichteten Flächen müssen grundsätzlich eine Offenland-Pflege (Anlage von zur Nestanlage geeigneten Strukturen (Gestrüppwälle, Reisighaufen)) ermöglichen (z. B. stark verdichteter, zugewachsener Schlehen- oder Weißdornbestand auf Halbtrockenrasen).
  • Vorhandensein geeigneter Nahrungshabitate (oder über Anlage von zur Nestanlage geeigneten Strukturen (Gestrüppwälle, Reisighaufen) herzustellen)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Bei Funktionsverlust des Reviers mind. im Umfang der lokal ausgeprägten Reviergröße und mind. 2 ha. Keine isolierten Maßnahmenflächen für nur 1 Paar (DONNERBAUM & WICHMANN 2003, TITEUX et al. 2007). Die Länge einer Heckenstruktur soll pro Revier mind. 250 m betragen.
  • Hecken (lineare Struktur): Die Heckenbreite soll variierend zwischen 5 und 10 m angelegt werden. Etwa alle 50 m sind Lücken in der Hecke (unbepflanzte Stellen) anzulegen. Pro Paar mind. 5, besser 10 dichtbeastete Dornsträucher (TITEUX et al. 2007) mit einer Mindesthöhe von 1,5 m als potenzielle Nisthabitate. Sofern nicht vorhanden, st die Hecke in Kombination mit einem mind. 3-5 m breiten Saumstreifen anzulegen (PFISTER et al. 1986). Der Saum ist einmal pro Jahr oder alle 2 Jahre abschnittsweise ab August zu mähen mit Abtransport des Schnittgutes.
  • Der Neuntöter profitiert von Hecken mit Lücken bzw. mit freistehenden Büschen (BARKOW 2001, S. 37), daher sollen Lücken im Abstand von ca. 50 m angelegt werden (TITEUX et al. 2007). Wenn Hecken zu dicht gepflanzt werden („wandartig“), kann durch Zuwachsen die Eignung für Sitzwarten abnehmen (HAGE 2005). Nach BARKOW (2001, S. 75) bevorzugt der Neuntöter schmale Hecken lt; 6 m Breite, nach FUCHS & STEIN-BACHINGER (2008) dagegen Hecken mit > 7 m; weiterhin sind für andere Arten zur Abpufferung von Randeinflüssen Breiten > 4 m notwendig (LENSCHOW 2001, S. 73, MADER et al. 1986). Die einzelne Hecke soll idealerweise im Umkreis von max. 300-400 m von benachbarten Hecken umgeben sein (PFISTER & NAEF-DAENZER 1987).
  • Einzelgehölze (in flächiger Maßnahme): Pro Paar mind. 5, besser 10 dichtbeastete Dornsträucher (TITEUX et al. 2007) mit einer Mindesthöhe von 1,5 m als potenzielle Nisthabitate (nach GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1993 S. 1185 sind die meisten Nestbüsche zwischen 1,5 und 2,5 m hoch). Der Deckungsgrad der Gehölze auf der Fläche soll zwischen 5 und max. 50 % liegen (ebd. S. 1179), optimal sind 10 % bis 15 % (VANHINSBERGH & EVANS 2002).
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Hecken: Abschnittsweise (nicht mehr als 1/3 der Gesamtlänge bzw. Abschnitte lt; 50 m) Hecke auf den Stock setzen. Schnellwüchsige Arten können alle 5-15 Jahre auf den Stock gesetzt werden (z. B. Hasel, Esche, Zitterpappel). Langsam wachsende Arten und Dornensträucher sollen durch selteneren Schnitt gefördert werden. Ggf. vorhandene Steinhaufen o. a. sollen freigestellt werden.
  • Einzelgehölze in der Fläche: Unterbinden von starker vegetativer Ausbreitung in der Fläche zu Lasten des Offenlandanteils.
  • Saumstreifen: jährliche Mahd ab August.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Orientierung an bestehenden Hecken / Gehölzen
  • Maßnahmen können mit Zielarten kollidieren, die weithin freie Sicht brauchen, z. B. Feldlerche (Zielpriorität klären).
  • Lückige Hecken erfüllen ggf. keine Windschutzfunktion (LENSCHOW 2001, S. 73)

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Anlage von Gehölzen: Innerhalb von 2 Jahren bei Verwendung höherer Pflanzqualitäten (dichtbeastete Dornsträucher ab Höhe ca. 1,5 m). Bei Verwendung geringerer Pflanzqualitäten ist sonst meist erst nach ca. (5-) 10 Jahren eine Wirksamkeit gegeben (FISCHER & ZEIDLER 2009, NEUGEBAUER 2009, Bayerisches Landesamt für Umwelt 2007). FLÖTER (2002) berichtet jedoch von einer Annahme der Gehölzpflanzungen ab der ersten Vegetationsperiode nach Pflanzung.
  • Auflichten dichter Gehölzbestände: Wirksamkeit sofort bzw. innerhalb der nächsten Brutperiode.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Neuanlage von Gehölzen: Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird in der Literatur häufig vorgeschlagen (BAUER et al. 2005, HÖTKER 2004, LUWG 2006, PFISTER et al. 1986) bzw. durchgeführt (BOLLMANN 1999, PLATH 1990, TISCHEW et al. 2004). Nachweise zur Wirksamkeit der Maßnahme liegen in Einzelfällen vor, die jedoch meist nur wenige Individuen bzw. deutlich größere Flächen betreffen und / oder die Begleitumstände (z. B. die Pflanzqualität) nicht genau beschreiben (FLÖTER 2002, KULLMANN 1999, zit. bei FLADE et al. 2003, PLATH 1990). Aufgrund der Plausibilität der Maßnahme entsprechend der Artökologie wird von einer Eignung als vorgezogener Ausgleichsmaßnahme ausgegangen.
  • Beispiel PLATH (1990 bei Rostock): Dreireihige Hecke mit Saum 1983 angepflanzt, Länge 1,4 km, mit Ahorn, Erle, Hainbuche, Eiche, Pappel, Heckenkirsche, Traubenkirsche, Holunder. Untersuchung 1986-89: 1983 0 Paare, 1986-88 jeweils 1 Paar, 1989 2 Paare.
  • Auflichten von Gehölzen: Die Maßnahme wird in der Literatur i. d. R. nicht direkt genannt, sondern im Rahmen von Entbuschungen / Verhinderung einer Sukzession genannt (siehe bei Anlage von zur Nestanlage geeigneten Strukturen (Gestrüppwälle, Reisighaufen)). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird von der Artökologie als hoch eingeschätzt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Anlage von zur Nestanlage geeigneten Strukturen (Gestrüppwälle, Reisighaufen) (Av3.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

In der Maßnahme werden zur temporären Schaffung von Nisthabitaten aus Schnittgut (mit Dornsträuchern) Gestrüppwälle / Reisighaufen angelegt.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Siehe Anlage und Optimierung von Nisthabitaten

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Brutpaar: In Anlehnung an die Ansprüche bezüglich der Dornsträucher sollen die Reisig- oder Totholzhaufen eine dichte Verzweigung bieten und > 1,5 m hoch sein. Pro Paar mind. 5 Gestrüppwälle / Reisighaufen (siehe Anlage und Optimierung von Nisthabitaten).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

  • Pflegedauer: Mit zunehmender Zeit verliert die Gehölzstruktur ihre Eignung als Niststätte. Da der Maßnahmentyp jedoch grundsätzlich temporär konzipiert ist (bis andere, neuangepflanzte Gehölze eine Eignung als Niststätte aufweisen), kann auf Maßnahmen zur Funktionssicherung verzichtet werden. Andernfalls sollen ca. alle 5 Jahre neue Gehölzhaufen angelegt werden.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Angepflanzte Gehölze / Hecken benötigen meist einen seitlichen Schutz vor übermäßigem Verbiss. Als Alternative zu Einzäunungen kann dieser Schutz durch die genannten Gestrüppwälle übernommen werden („modifizierte Benjes-Hecke“, KÜHNE & FREIER 2001). Daher kann die Maßnahme in Kombination mit Anlage und Optimierung von Nisthabitaten sinnvoll sein.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Die Maßnahme wird in der Literatur z. B. von JAKOBER & STAUBER (1987a: Reisighaufen) und KÜHNE & FREIER (2001: Gestrüppwälle mit Nachweis der Annahme als Nistplatz) genannt.
  • Eine Wirksamkeit erscheint vor dem Hintergrund der bisher vorliegenden Erfahrungen und der Ökologie zwar grundsätzlich plausibel, jedoch mit eingeschränkter Sicherheit: Reisighaufen üben einerseits eine starke Anziehungskraft auf Neuntöter aus (v. a. als Sitzwarte, Spießplatz, Versteck vor Feinden) und können auch als Nistplatz genutzt werden (JACOBER & STAUBER 1987a), andererseits werden (lebende) Dornsträucher hierzu jedoch bevorzugt (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1993, S. 1185). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor. Die Maßnahme hat nach Experteneinschätzung (Workshop 9.11.2011 LANUV) lediglich eine geringe (und temporäre) Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: gering

3. Entwicklung von Nahrungshabitaten (O1.1, O2.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung: Neuntöter benötigen kurzrasiges, lückiges Offenland mit Sitzwarten als Nahrungshabitat. In der Maßnahme wird entsprechendes, strukturiertes Offenland geschaffen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Siehe Anlage und Optimierung von Nisthabitaten
  • Keine wüchsigen Standorte, die im Saisonverlauf eine geschlossene und dichte Vegetationsdecke ausbilden (oder vorige Ausmagerungsphase).
  • Grundsätzlich sollen in ackergeprägten Gebieten (z. B. Börden) vorrangig Maßnahmen im Acker, in grünlandgeprägten Gebieten (z. B. Mittelgebirge) vorrangig Maßnahmen im Grünland umgesetzt werden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Bei Funktionsverlust des Reviers mind. im Umfang der lokal ausgeprägten Reviergröße und mind. 2 ha. Keine isolierten Maßnahmenflächen für nur 1 Paar (DONNERBAUM & WICHMANN 2003, TITEUX et al. 2007). Die folgenden Maßnahmentypen können je nach vorhandenem Landschaftstyp miteinander kombiniert werden:
  • Maßnahmen im Grünland: Grundsätzlich gelten die allgemeinen Vorgaben zur Herstellung und Pflege von Extensivgrünland (siehe Maßnahmenblatt Extensivgrünland).
  • Bei einer Beweidung (gegenüber Mahd zu favorisieren, da höhere Strukturdiversität entsteht) ist die Beweidungsintensität so zu wählen, dass der Fraß ein Muster von kurzrasigen und langrasigen Strukturen gewährleistet. Die Umzäunung soll zumindest teilweise mit Holzpflöcken erfolgen (Sitzwarten). Die Beweidung soll dafür sorgen, dass in der Zeit der Anwesenheit des Neuntöters kurzrasige Strukturen / freie Bodenflächen für die Bodenjagd vorhanden sind.
  • Die Grünlandflächen weisen bei Mahd je nach Wüchsigkeit regelmäßig neu gemähte „Kurzgrasstreifen“ (lt; 10 cm Halmlänge; in der Vegetationsperiode ca. alle 10 Tage einen Kurzgrasstreifen mähen) und höherwüchsige, abschnittsweise im mehrjährigen Rhythmus gemähte Altgrasstreifen / Krautsäume auf. Die Form von Alt- und Kurzgrasstreifen richtet sich nach den lokalen Bedingungen (gerade oder geschwungene Streifen). Die Streifenform ist wegen des hohen Grenzlinieneffekts wichtig (BOSSHARD et al. 2007, FUCHS & STEIN-BACHINGER 2008, MÜLLER & BOSSHARD 2010, Schweizer Vogelschutz SVS & BirdLife Schweiz 2010, SIERRO & ARLETTAZ 2007). Die Mindestbreite einzelner Streifen beträgt > 6 m, idealerweise > 10 m. Die „Altgrasstreifen“ sollen als Kleinsäuger- und Insektenhabitat dienen, während die „Kurzgrasstreifen“ für die Zugriffsmöglichkeit auf Kleinsäuger wichtig sind.
  • Je nach Ausgangsbestand kann es sich anbieten, den Anteil der Kräuter zu erhöhen, um das Nahrungsangebot für Mäuse und andere Nahrungstiere des Neuntöters zu erhöhen.
  • Anlage von Ackerbrachen: Grundsätzlich sollen bei den folgenden Maßnahmen im Regelfall keine Düngemittel und Biozide eingesetzt werden und keine mechanische Beikrautregulierung erfolgen. Ansonsten sind die im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz NRW (LANUV 2010), nach denen sich die im Folgenden aufgeführten Maßnahmentypen richten, angegebenen Hinweise zur Durchführung zu beachten.
  • Anlage von Ackerstreifen oder Parzellen durch Selbstbegrünung – Ackerbrache (Paket 4041 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz)
  • Anlage von Ackerstreifen oder –flächen durch dünne Einsaat mit geeignetem Saatgut (Paket 4042 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz, Hinweis Hybridisierungsgefahr bei Luzerne im Anhang 3 S. 47 beachten). In den meisten Fällen sind selbstbegrünende Brachen, insbesondere auf mageren Böden, Einsaaten vorzuziehen. Bei letzteren besteht die Gefahr, eine für den Neuntöter zu dichte Vegetationsdecke auszubilden (keine optische Beutelokalisierung mehr möglich). Dichtwüchsige Bestände (z. B. dichte Brachen mit Luzerne) sind für den Neuntöter ungeeignet.
  • Anlage von Sitzwarten, sofern nicht vorhanden. Die Sitzwarten (Dornsträucher, Pfähle) sollen freistehen und eine Höhe von 1 – 3 m aufweisen (JACOBER & STAUBER 1987a) und nicht weiter als 20 m von geeigneten Nahrungshabitaten bzw. 40 m von geeigneten Bruthabitaten entfernt stehen (TITEUX et al. 2007). Anteil von Einzelgebüschen 10 % bis 15 % (VANHINSBERGH & EVANS 2002).
  • Idealerweise werden unbefestigte Feldwege mit geringer Störungsfrequenz in die Maßnahme einbezogen. Bei gering frequentierten Wegen, die im Laufe der Vegetationsperiode zuwachsen, sollen dann die Fahrspuren o. a. Streifen offen / kurzrasig gehalten werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Offenhaltung der jeweiligen Biotoptypen erfordert in der Regel eine jährliche Pflege (Mahd / Beweidung, Umbruch bei Ackerbrachen).
  • Rückschnitt von Gehölzen bei > 50 % Gehölzbedeckung.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Unter günstigen Bedingungen (Optimierung aktuell suboptimaler Habitate) Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren. Bei Neuanlage innerhalb von bis zu 5 Jahren, je nach Wüchsigkeit des Bodens auch mehr (vorherige Ausmagerung erforderlich).
  • Die Anlage von künstlichen Sitzwarten ist sofort bzw. in der nächsten Brutperiode wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird in der Literatur häufig vorgeschlagen (meist in Kombination mit Bruthabitaten) (BAUER et al. 2005, FUCHS & STEIN-BACHINGER 2008, HÖTKER 2004, PFISTER et al. 1986, JACOBER & STAUBER 1987a LUWG 2006, TISCHEW et al. 2004, TITEUX et al. 2007).
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen in Einzelfällen vor (KULLMANN 1999, zit. bei FLADE et al. 2003). Nach VANHINSBERGH & EVANS (2002, Kärnten) besteht eine hohe Bedeutung von Extensiv-Weiden für Neuntöter. Bei einem Hutewaldprojekt in Baden-Württemberg stellte sich der Neuntöter mit Beginn der Beweidung ein (vorher Ackerfläche, SONNENBURG et al. 2003 zit. bei Institut für Botanik und Landschaftskunde 2004 S. 19).
  • Die Wirksamkeit wird daher und wegen der Plausibilität in Bezug auf die Artökologie als hoch eingeschätzt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch (bei Notwendigkeit einer Ausmagerung mittelfristige Wirksamkeit beachten)

4. Fazit

Für den Neuntöter liegen leicht durchführbare und kurzfristig wirksame Maßnahmen vor, die aufgrund des sehr guten Kenntnisstandes eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit aufweisen.

Angaben zu Priorisierung: