Heidelerche  (Lullula arborea (Linnaeus, 1758))

EU-Code: A246

Artenschutzmaßnahmen

  1. Entwicklung von halboffenen Habitaten (W4, O1.1, O2.1, O2.2, O4.2, O4.3, O4.4)
  2. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Entwicklung von halboffenen Habitaten (W4, O1.1, O2.1, O2.2, O4.2, O4.3, O4.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Heidelerche bevorzugt eine halboffene, strukturierte Landschaft in sonniger Lage mit Sing- und Beobachtungswarten, Waldrandnähe und lückiger Vegetation. In der Maßnahme werden für die Heidelerche aktuell z. B. durch Verbrachung oder Verbuschung suboptimal ausgeprägte Habitate optimiert durch Entbuschung / Auflichtung, extensive Grünlandbewirtschaftung, Anlage von Ackerbrachen und Anlage von vegetationsarmen Rohboden-Flächen. Die lokal unterschiedlichen Vorzugsbedingungen der Art sind zu beachten.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Spaziergänger, frei laufende Hunde etc.) zu achten.
  • Warme, sonnige Hanglage mit Windschutz und warmer Luftschicht in Bodennähe
  • Sandige (wasserdurchlässige und leicht erwärmbare), nährstoffarme Böden
  • Verbrachte / verbuschte, ansonsten für die Heidelerche geeignete Standorte (z. B. verbuschte / gehölzdominierte Heideflächen, Halbtrockenrasen, Binnendünen, militärische Übungsanlagen);
  • Dicht gewachsener Wald (-rand) zur Auflichtung oder unmittelbare Nähe zu einem Waldrand, günstig sind Bestände mit Kiefer, Eiche oder Birke (JÖBGES & CONRAD 1999 S. 38).
  • kein Umbruch von Grünland für die Ackermaßnahmen.
  • Idealerweise in unmittelbarer räumlicher Nähe zu vorhandenen Vorkommen

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Bei Funktionsverlust des Reviers mind. im Umfang der lokal ausgeprägten Reviergröße und mind. 1,5 ha.
  • Die von der Heidelerche besiedelten Habitate können lokal unterschiedlich sein (s. o). Die im Folgenden genannten Maßnahmenvorschläge sollen an die lokalen Bedingungen angepasst werden.
  • Auflichtung / Entbuschung von dichten, wenig strukturierten Waldbeständen: Mindestgröße der Auflichtung 1 ha, Absenkung des Bestockungsgrades bis 0,3; anschließende Offenhaltung.. Dabei Erhalt einzeln stehender Bäume und Büsche (RAGGER 2000).
  • Weiterhin können auch (in anderem Rahmen angelegte) junge Aufforstungsflächen in die Maßnahmenkonzeption einbezogen werden. Diese weisen allerdings lediglich eine temporäre Eignung auf. Kiefernschonungen sind nach VOGEL (1999) für 5 Jahre geeignet (ähnlich PÄTZOLD 1986 S. 42 und BOWDEN 1990), Laubwaldschonungen für 2 Jahre. Heidelerchen geben junge Kiefern-Aufforstungen auf, wenn die Jungbäume > 1,5 m hoch werden (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1985 S. 213). Die Reihenabstände zwischen den Bäumen sollen möglichst groß sein, weiterhin sollen offene Störstellen für die Nahrungssuche vorhanden sein (HÖLZINGER et al. 1999 S. 42). Fichtenkulturen werden tendenziell gemieden, wahrscheinlich wegen der zu dichten Struktur und zu intensiver Bodenbeschattung (PÄTZOLD 1986 S. 42).
  • Aufbau und Pflege von gestuften Waldrändern. Das folgende Schema nach RICHERT & REIF (1992) bzw. KÖGEL et al. (1993) ist je nach lokaler Situation (Baumartenzusammensetzung, Exposition o. a.) anzupassen (vom Wald in Richtung Nutzungsgrenze): 1. Buchtige Auflichtung des Ausgangsbestandes bis auf 30-50 m; Förderung von Lichtbaumarten (ggf. Anpflanzung von Laubhölzern bei Ausgangsbestand Nadelholz). 2. Strauch- und Baummantel auf (6-) 10 m Breite: Sukzession (v. a. bei mehreren bereits vorhandenen geeigneten Sträuchern); alternativ buchtige Anpflanzung standortsheimischer Gehölze unter Ausnutzung ggf. bereits vorhandener Einzelsträucher. Wechsel von sonnigen und schattigen Buchten, mit einzel- und gruppenweiser Anpflanzung sowie Pflanzlücken. 3. Blütenreicher Stauden- und Krautsaum: Mahd in mehrjährigem Abstand zur Verhinderung des Vordringens von Gehölzen, ggf. vorherige Ausmagerung durch häufigeres Mähen.
  • Bei flächigem Mangel an Gehölzen ggf. Nachpflanzung mit standortsgerechten Arten zur Strukturierung.
  • Offenlandpflege: Grundsätzlich gelten die allgemeinen Angaben im Maßnahmenblatt Extensivgrünland. Mosaikmahd von kleinen Teilflächen und / oder extensive Beweidung z. B. mit Schafen und Ziegen auf Heideflächen, Halbtrockenrasen o. a. Pflege von kurzrasigen Strukturen (bis ca. 5 cm) für die Nahrungssuche), weiterhin müssen im Revier auch höhere, vorjährige krautige (Gras-) Bestände bis ca. 30 cm für die Nestanlage vorhanden sein (s. o.). Ggf. können im Rahmen einer Schafbeweidung Stellen mit flachgründig-steinigem Boden stärker durch Schafe auf mehreren, über den Bestand verteilten Flächen beweidet werden (Abweiden bis zum „Steintrift“-Charakter) zur Schaffung von offenen Stellen (HÖLZINGER et al. 1999 S. 37).
  • Weiterhin können bei Beweidung Pferchacker-Flächen von 0,1-1,0 ha Größe am Rande des Bestandes (z. B. bei Heiden) angelegt und in wechselnden Abschnitten mehrfach umgeackert werden (ebd.). Bei Schafbeweidung sind ggf. einzelne Ziegen zur stärkeren Gehölzkontrolle mitzuführen (MEßLINGER 1999 S. 215). Mahd ist insbesondere auf wüchsigeren Flächen geeignet, deren Aufwuchs nur durch mehrmalige, intensive (Schaf-) Beweidung zu kontrollieren wäre (MEßLINGER 1999 S. 215). Mahd und Beweidung sollen nicht in der Brutzeit (Zeitbruten bis Juli) durchgeführt werden.
  • Schaffung von Waldrand-Brache- und Waldrand-Extensivacker-Habitaten auf nährstoffarmen (Sand-) Böden in unmittelbarer Nähe zu ansonsten geeigneten bzw. zu pflegenden Wäldern. Grundsätzlich sollen im Regelfall keine Düngemittel und Biozide eingesetzt werden und keine mechanische Beikrautregulierung erfolgen. Ansonsten sind die im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz NRW (LANUV 2010), nach denen sich die im Folgenden aufgeführten Maßnahmentypen richten, angegebenen Hinweise zur Durchführung zu beachten. Die aufkommende Vegetation darf nicht zu dicht sein.
  • Anlage von Ackerstreifen oder Parzellen durch Selbstbegrünung – Ackerbrache (Paket 4041 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz)
  • Anlage von Ackerstreifen oder –flächen durch dünne Einsaat mit geeignetem Saatgut (Paket 4042 im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz, Hinweis Hybridisierungsgefahr bei Luzerne im Anhang 3 S. 47 beachten).
  • In den meisten Fällen sind selbstbegrünende Brachen, insbesondere auf mageren Böden, Einsaaten vorzuziehen (Einsaaten entwickeln oft eine zu dichte Vegetation).
  • Beide Maßnahmentypen sollen durch randliche Schwarzbrachestreifen am Waldrand begleitet werden.
  • Schaffung von vegetationsfreien, sandigen offenen Rohbodenbereichen (RAGGER 2000), z. B. durch Einbezug von unbefestigten Feldwegen oder Bodenabtrag (MEßLINGER 1999 S. 215) auf > 15 % der Reviergröße.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Offenhaltung und Verhindern der Sukzession je nach Wüchsigkeit des Standortes. Gebüschanteil lt; 20 % (BAUER et al. 2005 S. 137), Erhalt von kurzrasigen Bereichen für die Nahrungssuche sowie von vegetationslosen, sandigen Bereichen.
  • Grünland / Acker: regelmäßige Pflege entsprechend o. g. Angaben.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Zielkonflikte mit anderen bedeutsamen (Wald-) Arten und dem Landschaftsbild beachten.
  • Einige Maßnahmen des „naturnahen Waldbaus“ haben auf die Heidelerche und andere Arten, die auf ausgedehnte Lückensysteme angewiesen sind, negative Auswirkungen (KLAUS 2009). So profitierte die Heidelerche zumindest lokal von der Kahlschlagswirtschaft (z. B. KIECKBUSCH et al. 2000 für Bad Segeberg (Schleswig-Holstein), ROTHHAUPT & VOGEL 1996 für die Dübener Heide (Sachsen-Anhalt).
  • Unter der Voraussetzung ausreichend großer, bewirtschaftungsfähiger Flächen kommt auch die Offenhaltung mittels (Wald-)Weide in Betracht. Dann sind mögliche Konflikte mit den Regelungen des LFoG zu beachten.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Bei Auflichtungen vorhandener Gehölzbestände kurzfristige Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren nach Durchführung der Pflegemaßnahme. Heidelerchen sind in der Lage, sofort oder innerhalb weniger Jahre z. B. Windwürfe zu besiedeln (MALLORD et al. 2007, ROTHAUPT & VOGEL 1996 S. 232, VOGEL & FELDMANN 1997 S. 139).
  • Bei Notwendigkeit von Ausmagerungen nährstoffreicher Standorte ist im Regelfall eine längere Zeitdauer bis zur Wirksamkeit nötig.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar. Die Heidelerche ist als Art, die Sukzessionstadien besiedelt (z. B. Windwürfe und Kahlschläge, BORNHOLDT & LUCAN 1993, MILDENBERGER 1984 S. 140), durch ihr hohes Kolonisierungspotenzial in der Lage, neu entstehende Habitatstrukturen kurzfristig (sofort oder innerhalb von 1 Jahr) zu besiedeln, wie dies auch in der Literatur belegt ist (MALLORD et al. 2007, ROTHHAUPT & VOGEL 1996 S. 232, VOGEL & FELDMANN 1997 S. 139).
  • Die Maßnahmen werden in der Literatur zahlreich empfohlen (z. B. BAUER et al. 2005 S. 137, BORNHOLDT & LUCAN 1993, ELLMAUER 2005, HÖLZINGER et al. 1999, JÖBGES & CONRAD 1999, MEßLINGER 1999, VENNE 2003).
  • Für das südöstliche Herzogtum Lauenburg (Holstein) vermuten KIECKBUSCH et al. (2000), dass der dortige positive Entwicklungstrend mit dem vermehrten Angebot von nährstoffarmen Ackerbrachen zusammenhängt (entsprechende Empfehlungen z. B. bei NLWKN 2010 und SHLF 2009).
  • Nach MEßLINGER (1999 S. 212, Bayern) kam es auf den von Pflegemaßnahmen (Auflichten Kiefernwälder, Auf-den-Stock-setzen von früheren Nieder- und Mittelwäldern und Entbuschen mit regelmäßiger Pflege durch Beweidung oder Mahd) betroffenen Flächen zu einem Bestandsanstieg der Heidelerche, allerdings ebenso auf Vergleichsflächen ohne spezielle Maßnahmen. Entsprechend dem Ausgangszustand waren die Maßnahmen jedoch „mit hoher Wahrscheinlichkeit notwendige Voraussetzung für eine Wiederbesiedlung des Gebietes oder zumindest einzelner Reviere“ (ebd. S. 213, als Gründe für den Bestandsanstieg auch auf den übrigen Flächen ohne gezielte Maßnahmen werden Sturmschäden, der Neubau einer Bahntrasse und eine Vitalitätsminderung der Vegetation durch trockene Sommer diskutiert). RICHTER (1998 S. 33 f.) berichtet aus Unterfranken, dass gezielte Pflegemaßnahmen (Entfernung von Gebüschen, Aufweitung von Trockenrasenstücken, Schafbeweidung) zu einem raschen Bestandsanstieg führten (Beginn der Pflegemaßnahmen 1989, 1991 Verdoppelung des Bestandes). Bis 1993 erhöhte sich der Bestand in den 19 gepflegten Flächen von ursprünglich 3 auf 21 Paare, danach kam es auch zur Besiedlung von suboptimalen, noch nicht gepflegten Flächen. 1995 waren 30 Paare auf den gepflegten Flächen anwesend. Aufgrund ausbleibender Folgepflege sank der Bestand dann wieder. Die Orniplan AG Zürich (2006, Schweiz) berichtet von der positiven Auswirkung von Buntbrachen auf Heidelerchen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch (bei Notwendigkeit einer Ausmagerung mittelfristige Wirksamkeit beachten)

2. Fazit

Für die Heidelerche bestehen Möglichkeiten zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen in den Brut- und Nahrungshabitaten.

Angaben zu Priorisierung: