Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Sperber  (Accipiter nisus (Linnaeus, 1758))

EU-Code: A086

Artenschutzmaßnahmen

  1. Optimierung von Bruthabitaten: Auflichten dichter Gehölzbestände (W2.1)
  2. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften (O3)
  3. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Optimierung von Bruthabitaten: Auflichten dichter Gehölzbestände (W2.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Sperber bevorzugen für die Anlage ihrer Horste Fichten- oder Lärchenstangenholz. Vorhandene, sehr dichte Bestände dieser Baumarten werden mittels angepasster Durchforstung in ihrer Eignung für den Sperber optimiert.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Dichtes, undurchforstetes Stangenholz ca. 20-40 Jahre aus Fichte, Lärche, Kiefer; Laubholz-Stangenholz mit beigemischter Fichte, Lärche, Kiefer (IGS 2008, S. 33; ORTLIEB 1987, S. 67, SCHNEIDER et al. 1996, S. 33)
  • Nähe zu geeigneten Nahrungshabitaten und Gewährleistung freier Anflugmöglichkeit: Die Flächen sollen nach mind. 1 Seite offen sein (Waldrand, Jungwuchs oder Waldlichtung), keine Flächen mitten im Inneren dichter, großflächiger Wälder (v. a. keine großen Nadelholzforste wegen geringem Aufkommen von Kleinvögeln: FEHSE 2008, IGS 2008 S. 305, SCHNEIDER et al. 1996)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Der Bestand muss so groß und geschlossen sein, dass er standsicher ist (mind. „Feldgehölzgröße“, bei Flächen innerhalb von Wäldern mind. 0,5 ha.
  • Oft nimmt der Sperber Stangenholzbestände nach der ersten regulären Durchforstung an (MEBS & SCHMIDT 2006, S. 306). Bei zu starker Durchforstung nimmt die Habitateignung für den Sperber aber wieder ab (MEBS & SCHMIDT 2006, S. 312), was möglicherweise mit der Prädationsgefahr (Habicht, Marder) zusammenhängt (FRIEMANN 1993, SCHNEIDER et al. 1996). Meist werden in größeren Waldgebieten alle Stangenhölzer gleichzeitig und so radikal ausgelichtet, dass kaum noch geeignete Brutmöglichkeiten verbleiben (FRIEMANN 1993, S. 11). Der Sperber bevorzugt Fichtenbestände, bei denen die typische trockene Beastung der Stämme bis zum Fuß des Baumes reicht (ORTLIEB 1987, S. 67). Nach IGS (2008, S. 34) kann als Faustregel ein Nadelwald dann als geeignet gelten, „wenn er ohne allzu große Mühe aufrecht gehend begangen werden kann.“ FRIEMANN (1993, S. 12) und SCHNEIDER et al. (1996, S. 33) empfehlen, dass bei der Durchforstung mehrere dichtere und dunklere Parzellen (je 100-400 qm nach FRIEMANN) erhalten bleiben sollen, die der Sperber zur Horstanlage nutzen kann.
  • Das bei der Durchforstung anfallende Astwerk kann für den Sperber offenbar ungünstig wirken, da ihm beim Rupfen die Sicht auf Bodenfeinde versperrt ist, sofern er nicht hochstehende Wurzeln oder halbhoch liegende umgestürzte Bäume nutzen kann (FRIEMANN 1993, S. 12). In den Maßnahmenflächen soll daher der Boden dementsprechend weitgehend geräumt werden bis auf einzelne Stämme als potenzielle Rupfplätze. Ggf. sind einzelne Schneisen anzulegen zur Schaffung von Flugbahnen / freier Anflugmöglichkeit zu den Horstbäumen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Bestände verlieren mit zunehmendem Gehölzalter / geringer werdender Deckung ihre Eignung als bevorzugter Sperberbrutplatz. In Gebieten, wo nur wenige geeignete Bruthabitate für den Sperber vorhanden sind, ist ein Pflegemanagement in Zusammenarbeit mit den Forstbehörden zu empfehlen, um ein mittel- bis langfristiges Angebot an Bruthabitaten für den Sperber sicherzustellen (FRIEMANN 1993, S. 12)
  • Kein gleichzeitiges Vorkommen des Habichts (Habicht als Prädator des Sperbers, ORTLIEB 1987 S. 106) in unmittelbarer Nähe zum Maßnahmenstandort.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit. Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • FRIEMANN (1993, S. 12) berichtet von Flächen im Darmstädter Ostwald und von der Bergstraße (Hessen), wo „zusammen mit den Revierförstern einige wenige Versuche dazu durchgeführt wurden, die zeigten, dass der Sperber genau diese „Brutplätze nach Maß“ annahm.“
  • Nach Experteneinschätzung (Workshop LANUV 7.11.2011) besteht für NRW jedoch keine Maßnahmeneignung (Fehlen entsprechend dichter Bestände).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: keine

2. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften (O3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Der Sperber erbeutet seine Nahrungsstiere aus einem schnellen und wendigen Jagdflug unter Ausnutzung von Deckung. In ausgeräumten Offenlandschaften erfolgt eine Verbesserung der Nahrungshabitate für den Sperber, indem für seine Nahrungstiere günstige Strukturen (z. B. Hecken, Waldrandgestaltung) geschaffen werden. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Sperbers ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Maßnahmen im Acker: keine Umwandlung von Grünlandstandorten
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche (bei linearer Maßnahme: 500 m) im Aktionsraum empfohlen.
  • Die folgenden Maßnahmen, die idealerweise in Kombination untereinander durchgeführt werden, erhöhen das Angebot an für den Sperber relevanten Nahrungstieren:
  • Anlage und Pflege von Hecken: Orientierung an bestehenden Hecken, sofern vorhanden. Die Heckenbreite soll variierend zwischen 5 und 10 m angelegt werden. Zusammen mit der Hecke ist ein mind. (3-) 5 m breiter Saumstreifen anzulegen und zu pflegen. Abstand der Hecken idealerweise lt; 300m zueinander (PFISTER et al. 1986). Durch die Lage der Hecke soll keine Gefährdung der Kleinvögel oder des Sperbers durch Kollisionen erfolgen (d. h. nicht entlang von befestigen Wegen oder in Richtung auf Straßen, Eisenbahntrassen o. a.).
  • Erhalt und Pflege von Baumreihen und Solitärbäumen: Entsprechend den Hecken mit mind. (3-) 5 m breitem Saumstreifen anzulegen und zu pflegen. Um Solitärbäume Pflege einer Saumfläche mit (3-) 5 m breitem Radius.
  • Aufbau und Pflege von gestuften Waldrändern. Das folgende Schema nach RICHERT & REIF (1992) bzw. KÖGEL et al. (1993) ist je nach lokaler Situation (Baumartenzusammensetzung, Exposition o. a.) anzupassen (vom Wald in Richtung Nutzungsgrenze): 1. Buchtige Auflichtung des Ausgangsbestandes bis auf 30-50 m; Förderung von Lichtbaumarten (ggf. Anpflanzung von Laubhölzern bei Ausgangsbestand Nadelholz). 2. Strauch- und Baummantel auf (6-) 10 m Breite: Sukzession (v. a. bei mehreren bereits vorhandenen geeigneten Sträuchern); alternativ buchtige Anpflanzung standortsheimischer Gehölze unter Ausnutzung ggf. bereits vorhandener Einzelsträucher. Wechsel von sonnigen und schattigen Buchten, mit einzel- und gruppenweiser Anpflanzung sowie Pflanzlücken. 3. Blütenreicher Stauden- und Krautsaum: Mahd in mehrjährigem Abstand zur Verhinderung des Vordringens von Gehölzen, ggf. vorherige Ausmagerung durch häufigeres Mähen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Hecken: Abschnittsweise (nicht mehr als 1/3 der Gesamtlänge bzw. Abschnitte lt; 50 m) Hecke auf den Stock setzen, wenn diese „durchwächst“. Schnellwüchsige Arten können alle 5-15 Jahre auf den Stock gesetzt werden (z. B. Hasel, Esche, Zitterpappel). Langsam wachsende Arten und Dornensträucher sollen durch selteneren Schnitt gefördert werden. Ggf. vorhandene Steinhaufen o. a. sollen freigestellt werden. Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August, Abtransport des Mahdgutes. Beachtung der im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz (LANUV 2010, Paket 4400) angegebenen Hinweise.
  • Waldränder: In den ersten Jahren Pflegearbeiten zur Etablierung der Sträucher. Ggf. je nach Wüchsigkeit abschnittsweises Auf-den-Stock – Setzen der Waldmäntel, um eine Überalterung der Bestände zu verhindern (RICHERT & REIF 1992 S. 152). Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August je nach Aufkommen von Gehölzen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • In großflächig offenen Bereichen (z. B. Börden) im Regelfall Strukturierung mit niedrigwüchsigen Strukturen, nicht mit hohen Baumreihen o. a.
  • Strukturierungen mit Gehölzen können in großflächigen Offenlandschaften auch negative Wirkungen auf andere Arten (z. B. Feldlerche) oder das Landschaftsbild haben. Weiterhin können durch Gehölzanreicherung auch Prädatoren von Zielarten profitieren (z. B. Rabenkrähe in Bezug auf den Kiebitz).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Hecken, Baumreihen, Waldränder: Die Zeitdauer bis zur Wirksamkeit hängt vom vorhandenen Bestand und (bei Anpflanzungen) den verwendeten Pflanzqualitäten ab. Bei Vorhandensein geeigneter Gehölzstrukturen wird für die Entwicklung und Pflege der krautigen Vegetation eine Zeitdauer von bis zu 2 Jahren veranschlagt. Für die Gehölze wird bei Anpflanzung eine Wirksamkeit innerhalb von bis zu 5 Jahren angenommen (bei Verwendung höherer Pflanzqualitäten auch weniger). Die kurzfristige (innerhalb von ca. 5 Jahren) Besiedlung von angepflanzten Gehölzstrukturen zumindest durch allgemein häufige Vogelarten (z. B. Amsel, Goldammer, Dorngrasmücke) ist z. B. bei FISCHER & ZADLER (2009), FLÖTER (2002) GRUTTKE & WILLECKE (1993) und PLATH (1990) beschrieben.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Maßnahmen sind kurzfristig wirksam. Der Maßnahmentyp (Strukturierung von Offenland, Erhöhung der Bestandzahlen potenzieller Beutetiere) wird von BAUER et al. (2005, S. 331) für den Habicht empfohlen. Wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit liegen bezogen auf den Habicht nicht vor, die Maßnahmen sind jedoch von der Artökologie her plausibel.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Fazit

Geeignete Maßnahmen für die Bruthabitate liegen nicht vor. Bezüglich der Nahrungshabitate sind in ausgeräumten Landschaften Maßnahmen zur Strukturierung durchführbar, die sich günstig auf die Nahrungstiere des Sperbers und somit auch auf den Sperber selbst auswirken.

Angaben zu Priorisierung:

Optimierung von Bruthabitaten: Auflichten dichter Gehölzbestände: geringe Priorität