Uferschnepfe (Limosa limosa (L.))
EU-Code: A156
Artenschutzmaßnahmen
- Anlage von flachen Kleingewässern mit Schlammufer (G2.3)
- Anlage und naturnahe Gestaltung von Gewässern (G1.1, G3.1, G3.3, G6.2)
- Fazit
Maßnahmen im Einzelnen
1. Anlage von flachen Kleingewässern mit Schlammufer (G2.3)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Durch die Anlage von flachen Kleingewässern mit breiten, schlammigen Uferzonen entstehen attraktive Rasthabitate für rastende Limikolen, die dort nach Nahrung suchen oder ruhen. Die Gewässer können grund- oder stauwassergespeist sein.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Touristen, Spaziergänger etc.) zu achten.
- Der Standort muss von den Grund- oder Stauwasserverhältnissen zu den Rastzeiten eine Wasserführung gewährleisten. Geeignete Standorte können im Winterhalbjahr bzw. bei hohen Wasserständen oder aus Luftbildern (Bereiche mit verminderter Vegetationsdeckung o. a.) identifiziert werden.
- Maßnahmenstandorte mind. 200 m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen), idealerweise innerhalb einer großräumig offenen Landschaft. (Flussufer-, Waldwasser-, Bruchwasserläufer und Zwergschnepfe nehmen auch Kleingewässer mit entsprechenden Uferstrukturen in Auwäldern an.)
- Einbettung in großflächig offene, störungsberuhigte Standorte.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung.
- Die Flachgewässer sollen durchschnittlich ca. 50 cm tief sein und eine Maximaltiefe von 80 cm nicht überschreiten (ABU 1992 S. 124). Sie können grundwassergespeist (Blänken) oder hoch- bzw. stauwassergespeist sein (Flutmulden, LANUV 2011 S. 96). Die Randbereiche sollen zur Rastzeit breite, flache und schlammige Uferzonen (Stochermöglichkeit) aufweisen und einen Böschungswinkel von 1:15 bis 1:20 nicht überschreiten. Pro Flachgewässer mind. 1500 qm.
- Kombination von flach überstauten Bereichen und Flachgewässern
- ABU (1992, S. 124) fand in den Ahsewiesen (Kreis Soest), dass mit zunehmendem Anteil der flach überstauten (Grünland-) Flächen sich die Ansammlungen rastender Limikolen in diese Bereiche verlagerte, bis der Wasserstand im Laufe des Frühjahrs dort so stark gesunken war, dass diese unattraktiv wurden. Dann wurden wieder vermehrt die tieferen und länger wasserführenden Blänken angenommen
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Offenhaltung der Maßnahmenflächen durch regelmäßige Mahd oder Beweidung des Ufers (bei Beweidung entstehen durch Trittwirkung offene Bodenstellen, die für bevorzugt auf Schlammböden rastende Limikolen vorteilhaft sind, WEGGLER & MÜLLER 1996 S. 159). Entfernen von Gehölzen je nach deren Aufkommen im mehrjährigen Abstand.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Ephemere Wasserstellen sind in der Regel kurzfristig innerhalb von 1 Jahr herstellbar und wirksam. Eine rasche Annahme von Flachwasserbereichen ist z. B. bei ABU 1992 (Kreis Soest) und bei WEGGELER & MÜLLER 1996 S. 158 (Schweiz) dokumentiert.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt.
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam.
- Die Maßnahme wird z. B. von LANUV (2011 S. 98) empfohlen, ansonsten im Rahmen der Wiedervernässung genannt. Die Annahme von geschaffenen Flachwasserbereichen durch die rastenden Zielarten ist z. B. bei ABU (1992), KLOSE (2002), RAMM et al. (2003), SCHMIDT (2002) und WEGGELER & MÜLLER (1996) nachgewiesen.
- Falls die Maßnahme im Rahmen einer flächigen Wiedervernässung von Feuchtgrünland durchgeführt wird, ist wegen der Komplexität der Maßnahme ein Monitoring durchzuführen (vgl. Maßnahme: Anlage von flachen Kleingewässern mit Schlammufer).
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
2. Anlage und naturnahe Gestaltung von Gewässern (G1.1, G3.1, G3.3, G6.2)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Durch Neuanlage von Gewässern oder Durchführung von Optimierungsmaßnahmen an bestehenden Gewässern wie Schaffung flacher Ufer, Schaffung offener Uferbereiche, Rückbau von Uferbefestigungen werden für rastende Limikolen attraktive Habitate geschaffen.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Touristen, Spaziergänger etc.) zu achten.
- Der Standort muss von den Grund- oder Stauwasserverhältnissen zu den Rastzeiten eine Wasserführung gewährleisten. Geeignete Standorte können im Winterhalbjahr bzw. bei hohen Wasserständen oder aus Luftbildern (Bereiche mit verminderter Vegetationsdeckung o. a.) identifiziert werden.
- Optimierung vorhandener Gewässer: Gewässer mit Aufwertungspotenzial z. B. bezüglich der Ufersteilheit, der Ufervegetation oder Uferverbauungen (z. B. Rieselfelder, Klärteiche, Abbaugewässer).
- Maßnahmenstandorte mind. 200m zu dichten geschlossenen Gehölzkulissen, Siedlungsrändern und großen Gebäuden (Meidung von Vertikalstrukturen).
- Einbettung in großflächig offene, störungsberuhigte Standorte.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung.
- Neuanlage oder Optimierung von Gewässern mit ausgedehnten Flachwasser- und Schlammuferzonen (Stochermöglichkeit). Die flachen Ufer sollen einen Böschungswinkel von 1:15 bis 1:20 nicht überschreiten. Pro Gewässer mind. 1500 qm Flachwasserzone.
- Bei WEGGELER & MÜLLER (1996 S. 160, Schweiz) zeigte sich, dass Bereiche, die zur Vegetationszeit weniger als 20-30 cm überspült sind, rasch einwuchsen, wodurch sich die für Limikolen nutzbare Wasserfläche und die Rastbestände anfänglich verringerten. Die Autoren weisen auf den idealen Limikolenteich nach REHFISCH (1994) hin: Dieser soll, um das Einwachsen zu verlangsamen, einen ca. 20-30 cm hohen, stufigen Rand unmittelbar unterhalb der Hochwasserlinie aufweisen, so dass auch die äußersten Schlickbereiche bei Hochwasser genügend überspült bleiben. Der eigentliche Teich ist als eine sehr flach absinkende Wanne (evtl. mit Inseln) gestaltet und weist an der tiefsten Stelle ein kleines, ständig wassergefülltes Refugium auf, in dem ein Teil der Benthosfauna die Niedrigwasserphase überdauern kann (Profil eines „umgestülpten Sombreros“). Das Modell von REHFISCH (1994) wird jedoch von GREEN & HILTON (1998) einer kritischen Analyse unterzogen, dessen Wirksamkeit erst noch empirisch nachgewiesen werden müsse.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Offenhaltung der Maßnahmenflächen durch regelmäßige Mahd oder Beweidung des Ufers (bei Beweidung entstehen durch Trittwirkung offene Bodenstellen, die für bevorzugt auf Schlammböden rastende Limikolen vorteilhaft sind, WEGGLER & MÜLLER 1996 S. 159).
- Uferzone periodisch und abschnittweise wieder in einen vegetationsfreien bzw. -armen Pionierzustand zurückversetzen; lückigen Vegetationsbewuchs der Parzellen anstreben (SCHLEGEL & WEBER 2005, S. 66). Entfernen von Gehölzen je nach deren Aufkommen im mehrjährigen Abstand.
- In den ersten Jahren kann eine regelmäßige Nachsteuerung des Wasserhaushalts notwendig sein. Wichtig ist, dass der Wasserstand während der gesamten Rastzeit günstige Bedingungen gewährleistet (dies kann auf unterschiedlichen Teilflächen erfolgen), um die Rastvögel in die Lage zu versetzen, die für den Zug erforderlichen Fettreserven aufzufrischen.
- WEGGLER (1992 S. 189) berichtet vom Klingnauer Stausee (Schweiz), dass die Schlickflächen für die dortigen Rastvögel (u. a. Kiebitz, Kampfläufer, Bekassine, Bruchwasserläufer) anziehend wirkten. Die günstigen Bedingungen „können sich aber bei steigendem Wasserstand rasch ändern und dann über längere Zeit (max. über 2 Tage) sehr ungünstig sein. Den Limikolen stehen keine Ausweichgebiete in der näheren Umgebung zur Verfügung. Die beiden Kurzstreckenzieher Kiebitz und Bekassine versuchten solche ungünstigen Verhältnisse am Stausee mit einer Ruhephase zu überbrücken (…).“
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Gewässer mit Flachwasserzonen sind kurzfristig herstellbar und im Regelfall unmittelbar nach Anlage wirksam (z. B. WEGGLER & MÜLLER 1996). Für die Etablierung eines neuen Grundwasserstandes nach Wiedervernässung (vgl. Maßnahme: Anlage von flachen Kleingewässern mit Schlammufer) kann allerdings auch ein längerer Zeitraum erforderlich sein.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt.
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig herstellbar.
- Vergleichbare Maßnahmentypen werden in der Literatur häufig empfohlen (z.B. LANUV 2011 S. 101, RÜCKRIEM et al. 2009 S. 136, 145, 148). Die Annahme von geschaffenen Flachgewässern ist z. B. bei BECKERS (2002), JOREK (1976), SCHÄFER (2010), SCHLEGEL & WEBER (2005), THIES (1992) und WEGGLER & MÜLLER (1996) nachgewiesen.
- Gewässerneuanlagen erfordern jedoch im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung. Daher ist bei Gewässerneuanlagen im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
3. Fazit
Für rastende Limikolen besteht die Möglichkeit zur Durchführung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen.