Wespenbussard (Pernis apivorus (L.))
EU-Code: A072
Artenschutzmaßnahmen
- Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)
- Optimierung von Nahrungshabitaten im Offenland (Grünland, Waldränder) (O1.1, O4.2, O4.3)
- Optimierung von Waldbereichen (Auflichtungen, Anlage von Schneisen, Anlage von Waldlichtungen) (W2)
- Fazit
Maßnahmen im Einzelnen
1. Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Wespenbussarde brüten meist am Waldrand bzw. in der Nähe von Waldlichtungen, teilweise auch in Feldgehölzen. Der Wespenbussard baut häufiger als andere Greifvögel einen neuen Horst und muss dabei aufgrund seiner späten Rückkehr aus dem Winterquartier mit den Standorten auskommen, die nicht bereits durch andere Greifvögel besetzt sind. Daher ist der Wespenbussard in besonderem Maße auf ein ausreichendes Angebot geeigneter Bruthabitate angewiesen. Als Brutplatz optimal geeignete Gehölzbestände werden für den Wespenbussard gesichert, um insbesondere in baumarmen Landschaften ein Angebot an störungsarmen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu gewährleisten.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Touristen, Spaziergänger etc.) zu achten.
- Gehölzbestand mit für den Wespenbussard geeigneten potenziellen Brutbäumen, in der Regel mit mind. mittlerem Baumholz (Brusthöhendurchmesser > 35 cm) innerhalb eines großflächigen Waldstückes (idealerweise mehrere hundert Hektar, mind. > 50 ha, KOSTRZEWA 1991, S. 238) in Waldrandlage (bis 200 m vom Waldrand, KOSTRZEWA 2001, S. 12), Laubwald oder Laubmischwald. Nach MILDENBERGER (1982, S. 176) werden Waldungen von 15-150 ha Größe bevorzugt.
- Geeignete Nahrungshabitate im Umfeld vorhanden
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Brutpaar: Wespenbussarde verfügen in der Regel über mehrere, jahrweise unterschiedlich genutzte Wechselhorste (s. o.). Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum des Paares bestehen.
- Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Orientierungswerte: Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht ausgleichen.
- Die Maßnahme kann umgesetzt werden über einen Nutzungsverzicht (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen) oder die Erhöhung des Erntealters (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen).
- Im Verhältnis zu den anderen Greifvögeln kommt der Wespenbussard spät aus dem Winterquartier zurück und muss dann mit den noch unbesetzten Standorten auskommen. Daher ist der Maßnahmenbedarf für den Wespenbussard ggf. etwas größer zu kalkulieren als der für andere Greifvögel.
- Erhalt aller anderen ggf. vorhandenen Bäume mit Großhorsten.
- Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume).
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein
- Erhöhung des Erntealters: Bei der Ernte muss gewährleistet sein, dass inzwischen andere Gehölze geeignete Strukturen ausgebildet haben. Solange geeignete Altbäume ein limitierender Faktor sind, dürfen bestehende Altbäume nicht eingeschlagen werden.
Weitere zu beachtende Faktoren
- Keine Standorte in der Nähe zu bekannten Habicht- und Mäusebussardvorkommen, idealerweise zum Habicht ca. 1 bis 1,5 km, zum Mäusebussard ca. 0,5 km.
- Konflikte, die dem Zielzustand u. a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit bzw. sind bereits vorhanden. Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Wespenbussarde können sich ihre Horste selbst bauen. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie als hoch eingeschätzt.
- Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor und sind mit derzeitigen Methoden für konkrete Flächen nur begrenzt und mit hohem Aufwand nachweisbar, da Wespenbussarde große Aktionsräume haben, innerhalb ihres Aktionsraumes flexibel verschiedene geeignete Bruthabitate nutzen können (Wechselhorste bzw. Horste anderer Arten, s. o.) und da die lokale Bestandsentwicklung auch von habitatunabhängigen Faktoren abhängt (z. B. Verluste auf dem Zugweg, Witterung: BAUER et al. 2005 S. 290 f). Die Zerstörung von (Brut-) Lebensräumen gilt jedoch als eine der Gefährdungsursachen des Wespenbussards (BAUER et al. 2005 S. 290), so dass Maßnahmen zum Erhalt / Pflege von Altholzbeständen z. B. von BAUER et al. 2005, HÖLZINGER 1987, MEBS & SCHMIDT 2006, S. 149, NLWKN 2010, SCHINDLER 1997 empfohlen werden und davon ausgegangen werden kann, dass die Art bei Bedarf die geeigneten Maßnahmenflächen annimmt. Daher besteht grundsätzlich eine hohe Eignung der Maßnahme.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall klären)
2. Optimierung von Nahrungshabitaten im Offenland (Grünland, Waldränder) (O1.1, O4.2, O4.3)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Offenlandflächen mit einem hohen Insektenaufkommen (insbesondere Erdwespen) sind für den Wespenbussard von besonderer Bedeutung für die Nahrungssuche. Die Maßnahme stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem besonnte Waldränder, Säume, Lichtungen und besonntes Offenland mit Grenzlinien und entsprechendem Insektenreichtum geschaffen und gepflegt werden. Diese Standorte werden von den Hauptbeutearten Gemeine und Deutsche Wespe häufig als Neststandorte gewählt (ZAHRADNIK 1985, S. 132, 135). Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Wespenbussards ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch punktuelle mehrere, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
- Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.
- Wenig wüchsige bis magere, aktuell verbrachte Offenland-Standorte (z. B. verbrachte / verbuschte Magerrasen, Halbtrockenrasen, Heiden, mesophiles Grünland); verbrachte Streuobstbestände; verbrachte Waldlichtungen; ferner Acker und Intensiv-Grünland (zur Umwandlung in Extensivgrünland).
- Für Mäuse / Maulwürfe geeignetes Substrat: keine staunassen Standorte (Mäuse- und Maulwurfsbauten werden von Vespula germanica und V. vulgaris als Niststätte genutzt).
- Idealerweise in Waldrandnähe und sonnenexponierter Lage. Besonnung vorhanden oder nach Freistellung möglich.
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen (möglich in Kombination mit Maßnahme „Optimierung von Waldbereichen (Auflichtungen, Anlage von Schneisen, Anlage von Waldlichtungen“). Bei streifenförmiger Anlage, Breite der Streifen > 6 m (LANUV 2010); idealerweise > 10 m.
- Erstinstandsetzung von verbrachten / verbuschten Magerrasen, Halbtrockenrasen, Heiden, mesophilem Grünland, Streuobstbeständen, z. B. durch Mahd oder Entkusselung bei starkem Gehölzaufkommen (Beschattung). Hinweise auf günstige (ehemalige) Standorte können Angaben in alten Messtischblättern liefern.
- Umwandlung von Intensiv-Grünland / - Acker in Extensiv-Grünland: Grundsätzlich gelten die allgemeinen Vorgaben zur Herstellung und Pflege von Extensivgrünland (siehe Maßnahmenblatt Extensivgrünland).
- Die Grünlandflächen weisen bei Mahd je nach Wüchsigkeit regelmäßig neu gemähte „Kurzgrasstreifen“ und höherwüchsige, abschnittsweise im mehrjährigen Rhythmus gemähte Altgrasstreifen / Krautsäume auf. Die Form von Alt- und Kurzgrasstreifen richtet sich nach den lokalen Bedingungen (gerade oder geschwungene Streifen). Die Streifenform ist wegen des hohen Grenzlinieneffekts wichtig (BOSSHARD et al. 2007, FUCHS & STEIN-BACHINGER 2008, MÜLLER & BOSSHARD 2010, Schweizer Vogelschutz SVS & BirdLife Schweiz 2010, SIERRO & ARLETTAZ 2007). Die Mindestbreite einzelner Streifen beträgt > 6 m, idealerweise > 10 m. Die „Altgrasstreifen“ sollen als Kleinsäuger- und Insektenhabitat dienen, während die „Kurzgrasstreifen“ für die Zugriffsmöglichkeit auf Kleinsäuger wichtig sind. Da in den ersten Tagen nach der Mahd die Nutzungsfrequenz und der Jagderfolg von Greifvögeln besonders hoch sind (ASCHWANDEN et al. 2005 für Turmfalke und Waldohreule, SZENTIRMAI et al. 2010 für die Wiesenweihe, MAMMEN et al. 2010 für den Rotmilan bei Luzerne, PEGGIE et al. 2011 für den Turmfalken), sollen die Flächen in der Vegetationsperiode ca. alle 2-3 Wochen (Anpassung an die Wüchsigkeit erforderlich) gemäht werden, möglich ist auch eine Staffelmahd innerhalb einer Fläche (PEGGIE et al. 2011 S. 397) oder über verschiedene Flächen hinweg.
- Bei einer Beweidung ist die Beweidungsintensität so zu wählen, dass der Fraß ein Muster von kurzrasigen und langrasigen Strukturen gewährleistet.
- Je nach Ausgangsbestand kann es sich anbieten, den Anteil der Kräuter zu erhöhen, um das Insektenangebot zu erhöhen.
- Offenhaltung von besonnten Böschungen.
- Sofern nicht vorhanden, Schaffung von Ansitzwarten (GAMAUF 1999, ZIESEMER 1997) z. B. durch Pfähle.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Gewährleistung einer ausreichenden Besonnung; Offenhaltung bei starkem Aufkommen von Gehölzen (Beschattung).
Weitere zu beachtende Faktoren
- Kurzrasige Strukturen der Bodenvegetation sind für den Wespenbussard nicht in dem Maße wie bei anderen Greifvögeln (z. B. Rotmilan, Mäusebussard) notwendig. Für den Wespenbussard sind Insektennester auch in unübersichtlichen Lebensräumen mit hoher und dichter Bodenvegetation allem Anschein nach ebenfalls gut erreichbar (z. B. im Brennnesseldickicht, GAMAUF 1999 S. 70; ZIESEMER 1997 S. 31).
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Unter günstigen Bedingungen (Optimierung aktuell suboptimaler Habitate) Wirksamkeit innerhalb von bis zu 2 Jahren. Bei Neuanlage oder Notwendigkeit einer Ausmagerung innerhalb von bis zu 5 Jahren.
- Die Maßnahme umfasst verschiedene Vegetationstypen. Für den Maßnahmenerfolg ist primär nicht das Vorhandensein einer bestimmten Pflanzengesellschaft entscheidend, sondern die entsprechende Struktur, die eine Besiedlung durch die Hauptnahrungstiere des Wespenbussards ermöglicht bzw. verbessert.
- Die für den Wespenbussard wesentlichen Wespenarten Vespula germanica und V. vulgaris weisen einjährige Staaten auf: Das Insektenvolk stirbt bis auf die begatteten Jungköniginnen ab, die im nächsten Frühjahr einen neuen Staat bilden. Dabei wird das alte Nest nicht wieder verwendet, sondern ein neues gebaut. Beide Arten bauen ihre Nester oft in Mäuse- oder Maulwurfsbauten an den oben aufgeführten Standorten (ZAHRADNIK 1985, S. 132, 135; RIPBERGER & HUTTER 1997 S. 84 ff.). Intensiv bewirtschaftete Äcker und Grünlandflächen werden vom Wespenbussard gemieden, da das Aufkommen von den Hauptnahrungstieren hier gering ist (z. B. durch Pflügen und Pestizidverwendung im Acker) und da hier in der Regel keine Ansitzwarten zur Verfügung stehen (GAMAUF 1999, S. 69).
- Die beiden genannten Wespenarten sind in Deutschland und NRW häufig, flächenhaft verbreitet und ungefährdet (ESSER et al. 2009). Daher kann eine kurzfristige Annahme geeigneter Flächen durch die Wespen erwartet werden.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar Die Habitatansprüche des Wespenbussards und seiner Nahrungstiere sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird in der Literatur zahlreich empfohlen (z. B. BAUER et al. 2005, LWF 2008, MEBS & SCHMIDT 2006, S. 149, NLWKN 2010, SCHINDLER 1997). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor und sind mit derzeitigen Methoden für konkrete Flächen nur begrenzt und mit hohem Aufwand nachweisbar, da Wespenbussarde große Aktionsräume haben und innerhalb ihres Aktionsraumes flexibel verschiedene geeignete Nahrungshabitate nutzen können. Die Plausibilität der Maßnahme wird jedoch von der Artökologie her als hoch eingestuft.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
3. Optimierung von Waldbereichen (Auflichtungen, Anlage von Schneisen, Anlage von Waldlichtungen) (W2)
Allgemeine Maßnahmenbeschreibung
Lichte Waldbestände mit einem hohen Insektenaufkommen (insbesondere Erdwespen) sind für den Wespenbussard von besonderer Bedeutung für die Nahrungssuche. Die Nester der Wespenarten finden sich neben den bei Maßnahme „Optimierung von Nahrungshabitaten im Offenland (Grünland, Waldränder)“ genannten Standorten v. a. auf sonnenbeschienenen Lichtungen, in jungen lückigen Aufforstungen, an Waldrändern, Schneisen oder in lichten Altholzbeständen (KOSTRZEWA 2001, S. 11, GAMAUF 1999, ZAHRADNIK 1985, S. 132, 136). Die Maßnahme stellt günstige Nahrungshabitate bereit, indem einschichtige Waldränder strukturiert und geschlossene, lichtarme Waldstadien (v. a. Dickungsphase) aufgelichtet und gepflegt werden. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Wespenbussards ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.
Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja
Anforderungen an den Maßnahmenstandort
- Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
- Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.
- Junge, dichte, beschattete Waldbestände (Laubholz oder Nadelholz).
- Für Mäuse / Maulwürfe geeignetes Substrat: Keine staunassen Standorte (Mäuse- und Maulwurfsbauten werden von Vespula germanica und V. vulgaris als Niststätte genutzt).
Anforderungen an Qualität und Menge
- Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche im Aktionsraum empfohlen (möglich in Kombination mit Maßnahme Optimierung von Nahrungshabitaten im Offenland (Grünland, Waldränder)“.
- Aufbau und Pflege von gestuften Waldrändern. Das folgende Schema nach RICHERT & REIF (1992) bzw. KÖGEL et al. (1993) ist je nach lokaler Situation (Baumartenzusammensetzung, Exposition o. a.) anzupassen (vom Wald in Richtung Nutzungsgrenze): 1. Buchtige Auflichtung des Ausgangsbestandes bis auf 30-50 m; Förderung von Lichtbaumarten (ggf. Anpflanzung von Laubhölzern bei Ausgangsbestand Nadelholz). 2. Strauch- und Baummantel auf (6-) 10 m Breite: Sukzession (v. a. bei mehreren bereits vorhandenen geeigneten Sträuchern); alternativ buchtige Anpflanzung standortsheimischer Gehölze unter Ausnutzung ggf. bereits vorhandener Einzelsträucher. Wechsel von sonnigen und schattigen Buchten, mit einzel- und gruppenweiser Anpflanzung sowie Pflanzlücken. 3. Blütenreicher Stauden- und Krautsaum: Mahd in mehrjährigem Abstand zur Verhinderung des Vordringens von Gehölzen, ggf. vorherige Ausmagerung durch häufigeres Mähen.
- Strukturierung von bisher artenarmen, einschichtigen und dichten Beständen durch Anlage von besonnten kleinen Lichtungen und Schneisen. Mindestlänge Schneise 25 m mit Breite > 5m, Mindestgröße Lichtung 100 qm, Besonnung muss gewährleistet sein. Bei Nadelholz-Reinbeständen weiterhin Strukturierung durch truppweise Beimischung heimischer, standortsgemäßer Arten (insbesondere Laubholz inklusive Pionierbaumarten) bei Erhalt von Nadelholz-Anteilen zwischen 30 und 60 % .
- Die anschließende Offenhaltung kann eventuell durch Beweidung z. B. mit Schweinen erfolgen, sofern insgesamt eine bewirtschaftungsfähige Gesamtfläche vorhanden ist. Mögliche Konflikte mit den Regelungen des LFoG sind zu beachten.
Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja
- Pflegearbeiten (Freistellung) zur Sicherstellung der sonnigen Lichtungen und Schneisen.
- Waldränder: in den ersten Jahren Pflegearbeiten zur Etablierung der Sträucher. Ggf. je nach Wüchsigkeit abschnittsweises Auf-den-Stock - Setzen der Waldmäntel, um eine Überalterung der Bestände zu verhindern (RICHERT & REIF 1992 S. 152). Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August je nach Aufkommen von Gehölzen.
Weitere zu beachtende Faktoren
- Mögliche Folgen der Vergrasung / eines hohen Mäusebesatzes für angrenzende Bestände beachten bzw. entsprechende Flächen nicht am Rand der Fläche platzieren.
- Unter der Voraussetzung ausreichend großer, bewirtschaftungsfähiger Flächen kommt auch die Offenhaltung mittels (Wald-)Weide in Betracht. Dann sind mögliche Konflikte mit den Regelungen des LFoG zu beachten.
Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit
- Kurzfristig wirksam innerhalb von bis zu 2 Jahren (Lichtungen, Schneisen) bzw. bis zu 5 Jahren (Waldränder) je nach Ausgangsbestand: Innerhalb dieses Zeitraumes kann eine Besonnung und ein krautiger Bewuchs ausgebildet werden. Entsprechende Bereiche werden gerne von Kleinnagern zur Anlage ihrer Bauten benutzt, die dann wiederum das Besiedlungspotenzial für Erdwespen und somit die Eignung als Nahrungshabitat für den Wespenbussard erhöhen.
Aspekte der Prognosesicherheit
- Die benötigten Strukturen sind kurzfristig entwickelbar Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird in der Literatur nicht direkt empfohlen, ergibt sich jedoch indirekt aus Hinweisen und Beobachtungsnachweisen, dass offenere Waldstadien (z. B. Zerfalls-, Zusammenbruchs- und Verjüngungsphasen) für den Wespenbussard günstigere Nahrungshabitate darstellen als geschlossene, lichtarme Bestände (KOSTRZEWA 2001, GAMAUF 1999, S. 69, STEINER 2000, S. 75, VAN DIERMEN et al. 2009). Die Plausibilität der Maßnahme wird daher als hoch eingestuft.
- Bei Durchführung von Waldweide ist aufgrund der in der Regel erforderlichen umfangreichen Maßnahmenplanung ein Monitoring erforderlich.
Risikomanagement / Monitoring
- erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
- erforderlich (populationsbezogen): Nein
- bei allen Vorkommen: Nein
- bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
- bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein
Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)
- Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
- Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
- Belege / Plausibilität: hoch
Fazit Eignung: hoch
4. Fazit
Für den Wespenbussard stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherung von Bruthabitaten und zur Entwicklung von Nahrungshabitaten zur Verfügung.