Löffelente  (Anas clypeata L.)

EU-Code: A056

Artenschutzmaßnahmen

  1. Entwicklung und Pflege von Flachwasserbereichen und periodisch überschwemmtem Dauergrünland (G1.2, G4.3, G6.2, O1.1.2)
  2. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Entwicklung und Pflege von Flachwasserbereichen und periodisch überschwemmtem Dauergrünland (G1.2, G4.3, G6.2, O1.1.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die genannten Gründelenten bevorzugen als Rasthabitate insbesondere nahrungsreiche Flachwasserbereiche, darüber hinaus auch überschwemmtes Grünland. In der Maßnahme werden vorhandene Flachwasserbereiche optimiert oder neu geschaffen, ggf. in Kombination mit der Entwicklung und Pflege von winterlich periodisch überschwemmtem Dauergrünland.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Wassersport, Angelsport, Spaziergänger mit freilaufenden Hunden etc.) zu achten (z.B. GERKEN 1981, HÜBNER & PUTZER 1985, PUTZER 1985, 1989, REICHHOLF 1975, SÜDBECK & SPITZNAGEL 2001).
  • Vorhandene Stillgewässer: Aufwertungspotenzial bezüglich Wasser- oder Ufervegetation und / oder Störungsberuhigung. Im Regelfall keine Verwendung von oligotrophen (nährstoffarmen) Gewässern (siehe unten).
  • Neu zu schaffende Gewässer: Dauerhafte Wasserführung zur Entwicklung von Wasserpflanzen (und –tieren).
  • Grünland: Offenland-Standorte mit Potenzial zu periodischer Überschwemmung (z. B. vorhandene Drainagen oder Gräben). Geeignete Standorte sind im Winterhalbjahr bzw. aus bei Hochwasser aufgenommen Luftbildern gut zu identifizieren (vegetationslose oder nasse Stellen im Grünland oder Acker).
  • Idealerweise großräumige, offene Landschaften mit freien Sichtverhältnissen, Flussläufe mit weiträumigen Überschwemmungsflächen (NLWKN 2011 S. 12).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Der räumliche Umfang ist im Einzelfall festzulegen insbesondere anhand der Parameter Flächengröße und Zustand der betroffenen Gebiete und Individuenzahl. Grundsätzlich Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Da die Arten bevorzugt an größeren Flachgewässern rasten, wird als Faustwert eine Fläche von mind. 1 ha empfohlen.
  • Schaffung / Optimierung von Gewässern: Schaffung von Flachwasserzonen (Wassertiefe zwischen 5 und 50 cm variierend entsprechend den „Gründeltiefen“ der Arten), Entwicklung und Pflege der Ufervegetation (ggf. Auszäunung für Röhrichtentwicklung), Auflichten von dichten Ufergehölzriegeln zur Schaffung von Ruhezonen am Ufer
  • Bei der Renaturierung von Fließgewässern gelten die Hinweise in der „Blauen Richtlinie“ (MULNV 2010, Kapitel 6: Maßnahmen).
  • Schaffung / Optimierung von periodisch überschwemmtem Dauergrünland mit kurzrasigen Bereichen, idealerweise im Rahmen der Wiederherstellung der Überschwemmungsdynamik in Auenbereichen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • In den Gewässern sind regelmäßige Maßnahmen nicht erforderlich, ggf. in unregelmäßigen Abständen Verhindern des Zuwachsens der Flachwasserbereiche außerhalb der Rastzeit.
  • Für die Pflege des winterlich überschwemmten Dauergrünlandes ist eine, auf den Standort abgestimmte Nutzung als Wiese oder Weide erforderlich.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Zielkonflikte bei im Ausgangszustand nährstoffarmen Gewässern mit anderen Arten / Naturschutzzielen / der Wasserrahmenrichtlinie beachten: Ein extrem hohes Nährstoffangebot bis hin zum Umkippen des Gewässers (Polytrophie mit starker Gewässertrübung und Verschwinden von Wasserpflanzen) führt bei Gründelenten zu einer Abnahme (bis hin zum Verschwinden) der Nahrungsbasis. Eine mäßige Gewässerbelastung mit Nährstoffen kann für Gründelenten jedoch auch positive Auswirkungen haben, wenn dadurch die Nahrungspflanzen gefördert werden. Umgekehrt kann eine „bessere“ (nährstoffärmere) Gewässerqualität für diese Arten negativ sein (MEßER 2002: Abnahme Krickente bei der Kleinen Emscher nach Rückgang der Wasserpest durch Entkrautung und verringerte Abwassereinleitung).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahmen sind meist innerhalb von bis zu 5 Jahren wirksam (siehe die Literaturbeispiele unten).
  • Optimierung vorhandener Gewässer: Für die Entwicklung einer geeigneten Ufervegetation als Rückzugsraum wird eine Zeitdauer von bis zu 5 Jahren veranschlagt.
  • Neuschaffung von Gewässern: Eine Funktion als Ruhegewässer, bei dem sich die Tiere lediglich ausruhen, ist kurzfristig innerhalb von bis zu 5Jahren herstellbar. Für die Entwicklung einer Funktion als Nahrungsgewässer ist eine längere Zeitdauer von ca. 5 Jahren zu veranschlagen (Besiedlung v. a. durch Wasserpflanzen, ferner auch Wassertiere). Ggf. kann dieser Zeitraum durch Anpflanzungen und Einbringen von Wasserpflanzen (und ggf. auch Wassertieren) auf bis zu 5 Jahre verkürzt werden. Die Arten können lokal und / oder temporär ein Gewässer sowohl zur Nahrungssuche wie zum Ruhen nutzen. Daher ist zu prüfen, inwieweit beide Funktionen erfüllt sein müssen.
  • Dauergrünland: Für die Herstellung von winterlich überstautem Dauergrünland wird eine Entwicklungszeit von bis zu 5 Jahren veranschlagt.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig herstellbar. Die Habitatansprüche der Arten sind gut bekannt. Die grundsätzliche Wirksamkeit der Maßnahmentypen ist in der Literatur zahlreich belegt (z. B. BECKERS 2002, GRIMS 1963, KLOSE 2002, MEßER et al. 2011, RAMM & WOSEGIEN 2003, SCHÄFER 2010, TESCH et al. 2010, THIES 1992).
  • BECKERS (2002, S. 17) berichtet von einer groß angelegten Renaturierungsmaßnahme in der Lippeaue, dass bei Hochwasser das Gebiet „für seine großen Ansammlungen rastender Enten bekannt“ (Löffelente, Krickente, Spießente, Pfeifente) sei.
  • GRIMS (1963) berichtet von der Besiedlung des Innstausees St. Florian. Die Bauarbeiten wurden im September 1961 abgeschlossen, im Laufe einiger Wochen füllte sich der Stauraum mit Wasser (Überstauung der „Reichsberger Au“ auf 1-3 m). Innerhalb kurzer Zeit kam es zu einem Bestandsanstieg bzw. zur Neubesieldung durch Wasservögel (während der Zugzeiten rasteten vorher meist nur für wenige Stunden Stockente, Tafelente, Krickente, Knäkente und Reiherenten). Während des Winters 1961/62 konnten am Stausee ständig beobachtet werden (Durchschnittszahlen): „300 Stockenten, 300 Tafelenten, 100 Reiherenten, 20 Krickenten, 20 Schellenten, Pfeifenten (selten), Knäkenten (selten), Löffelenten (selten) 400 Bläßhühner, 20 Zwergtaucher, 6 Gänsesäger.“
  • Durch die Wiedervernässung einer ca. 9 ha großen Grünlandniederung bei Eutin (Holstein) entstand ein eutrophes Flachgewässer. In den folgenden 6 Jahren wurden u. a. rastende Löffelenten Pfeifenten, Krickenten, Knäkenten, Spießenten und Schnatterenten nachgewiesen. Das Flachgewässer hatte sich in dieser Zeit zu einem Brut- und Rastgewässer regionaler Bedeutung (auch für andere Arten) entwickelt (KLOSE 2002).
  • In der Rheinaue Walsum (VSG Unterer Niederrhein, NRW) etablierte sich Anfang der 1990er Jahre an Restbaggerseen ein Pfeifentenrastplatz, nachdem die Verfüllung in diesem Bereich bereits abgeschlossen war. Günstig für die Pfeifenten war die Kombination aus Grünland als Äsungsflächen und Gewässern, auf die sie sich bei Störungen zurückziehen konnten. (MEßER et al. 2011 S. 23).
  • Nach RAMM & WOSEGIEN (2003) wurden großflächige Vernässungsbereiche (150 ha als Kompensation für einen Torfabbau im Aschhorner Moor bei Stade) während der Zugzeit von „große(n) Mengen an Kiebitzen (über 1000 Individuen), Bekassinen, Stock-, Krick-, Reiher-, Spieß- und Pfeifenten“ angenommen.
  • SCHÄFER (2010) beschreibt für Südhessen von der Anlage von Flachwasserteichen in ehemaligen Tongruben. Die Gewässer wurden u. a. von Krickente, Knäkente, Löffelente und Schnatterente auf dem Durchzug angenommen.
  • TESCH et al. (2010, Unterweser) schildern die großflächige (> 200 ha) Umsetzung eines Projektes zur Umwandlung von Grünland in ein Tidebiotop mit neu angelegtem Prielsystem. Die Maßnahmenflächen wurden von mehreren Rast- und Gastvögeln angenommen und haben mindestens landesweite Bedeutung für Pfeifente, Schnatterente und Löffelente. Ihre Attraktivität erklärt sich nach den Autoren durch das Nebeneinander von Flachwasserzonen und niedrigwüchsigem Grünland sowie der Abwesenheit jeglicher Störungen (Jagdverbot).
  • Mehrere, Ende der 1980er Jahre im Kreis Segeberg (Holstein) angelegte Klärteiche, wurden wenige Jahre später während der Zugzeiten von rastenden Enten (Löffelente, Schell- und Reiherente) angenommen. Schnatter- und Tafelente mieden die Gewässer jedoch, was möglicherweise mit anderen Nahrungsansprüchen zusammenhing (THIES 1992).
  • Entsprechend dieser Erfahrungen besteht eine grundsätzliche Eignung der beschriebenen Maßnahmen als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen. Sie erfordern jedoch im Regelfall eine umfangreiche Maßnahmenplanung und es sind große (Gewässer-) Flächen erforderlich. Daher ist im Regelfall ein Monitoring durchzuführen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Fazit

Angaben zu Priorisierung: