Artinformationen

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Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Rothalsgans  (Branta ruficollis (Pall.,1769))

EU-Code: A396

Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)

1. Bestandserfassung (Ersterhebung)

1.1. Bestandserfassung Brutvögel

Kein Brutvogel in NRW.

1.2. Bestandserfassung Rastvögel (Rastplätze)

Rothalsgänse nächtigen zumeist in Gruppen auf Stillgewässern, überstautem Grünland oder in ruhigen Buchten größerer Flüsse und fliegen tagsüber zu den essentiellen Äsungsflächen auf Grünland oder Acker. In mondhellen Nächten kann auch auf den Äsungsflächen übernachtet werden. Zur Mittagszeit finden Trinkflüge statt. Demzufolge sind unterschiedliche Bereiche zu erfassen: Schlafplatzzählungen und Zählungen in den Äsungsgebieten.

1.2.1. Kartiermethode:

Schlafplatzzählung:

  • Da sich der Einflug zum Schlafplatz insbesondere in hellen Nächten weit in die Nacht hinein verschieben kann, findet die Zählung um Sonnenaufgang statt (Bergmann et al. 2005, Hornman et al. 2012). Dabei werden alle abfliegenden und noch auf dem Gewässer rastenden Individuen gezählt. Bei großen Schlafgewässern sind mehrere Beobachter in den verschiedenen Abflugrichtungen zu positionieren. Gezählt wird in 10er-, 50er- oder 100er-Einheiten. Eine Artbestimmung ist bei schlechten Lichtverhältnissen oft schwierig, wobei die Erkennung der artspezifischen Rufe hilfreich ist. Da die Gänsearten unterschiedlich ruffreudig sind, lassen sich die Artanteile nicht immer sicher ermitteln.

Zählungen in den Äsungsgebieten:

  • Hierzu werden die Äsungsgebiete vorzugsweise mit dem Auto abgefahren (geringere Störwirkung) und die Rothalsganstrupps mittels Fernglas oder Spektiv ausgezählt (Bergmann et al. 2005). Trupps bis 100 Individuen können einzeln ausgezählt werden, Trupps bis 1.000 in Zehnerblöcken und größere Trupps in Hunderterblöcken. Insbesondere bei Gänsen kommt es oft zu einer Vermischung mit anderen Arten. Wenn eine Art im Trupp stark dominiert, zählt man zunächst diese (dabei bekommt man schon einen Überblick über weitere vorhandene Arten) und anschließend gezielt die selteneren Arten. Wenn zwei oder mehr Arten häufig sind (z.B. 1.200 Individuen von Art A, 1.400 Individuen von Art B) dann kann man beide Arten mit einer Mehrfachzähluhr in einem Durchgang auszählen oder nacheinander. Trupps über 1.000 Individuen sind zweimal zu zählen. Weichen die Werte um mehr als 10 % voneinander ab, ist eine dritte Zählung durchzuführen. Der Mittelwert der beiden ähnlichsten Zählwerte liefert das Ergebnis.
1.2.3. Termine:

Die Rastbestände unterliegen einer starken Dynamik durch Vogelzug, Witterung und ggf. Störungen, wodurch sie sich sehr schnell ändern können. Deshalb ist eine mehrmalige Erfassung der Rastbestände notwendig.

  • Zeitraum: Anfang Oktober bis Ende März.
  • Kartierintensität: wöchentlich (26 Zählungen).
1.2.4. Günstige Tageszeit:
  • Zählung auf Äsungsflächen: von 1 Stunde nach Sonnenaufgang bis mittags (anschließend erfolgen Trinkflüge und Bestandsverlagerungen).
  • Schlafplatzzählung bei Sonnenaufgang. 1 Stunde vor Sonnenaufgang sollte man im Gebiet zählbereit sein, um auch früh ausfliegende Gänse zu erfassen.
1.2.5. Auswertung der Bestandserfassung:
  • Angabe der Tageszählungen (Bestandsgrafik).
  • Maximalwertbetrachtung.
  • Berechnung von Vogeltagen (vereinfacht: Mittelwert der pro Zählung erfassten Individuenanzahl multipliziert mit der Anzahl der Rasttage), ggf. mit Flächenbezug (pro ha). Vereinfachte Formel: Gänsetage / ha = (Σ Gänse / Anzahl Zähltage) * Tage (Normwinter = 185) / Gebietsgröße in ha.
  • Zeitraum der Anwesenheit im Rastgebiet.
1.2.6. Hinweise:
  • Die Verwendung von Zähluhren ist sinnvoll.
  • Eine Anwesenheit von Gänsen kann auch durch eine Kotstangensuche überprüft werden, wobei durch weitere Beobachtungen Grau- und Kanadagänse ausgeschlossen werden müssen.
  • In den Hauptrastgebieten findet von September bis März eine von ehrenamtlichen Zählern durchgeführte monatliche Gänsezählung statt. Auch wenn diese Zählungen eigene Erhebungen im Regelfall nicht ersetzen, so tragen diese Daten doch zur Komplettierung der Datenlage bei. Insbesondere, wenn sie über mehrere Jahre erhoben wurden. Die Daten befinden sich im Eigentum der jeweiligen Zähler, Kontakte können durch die AG Wildgänse der NWO (http://www.nw-ornithologen.de) hergestellt werden. Der Auswertungszeitraum sollte 5-10 Jahre betragen.

1.3. Bestandserfassung Zugvögel (Zugbewegungen, Pendelflüge)

Großräumige Zugbewegungen finden bei Rothalsgänsen vorwiegend in für die meisten Planvorhaben unkritischen Höhen statt. So erfolgten auf Fehmarn 84 % des allgemeinen Vogelzuges im Frühjahr und 89 % im Herbst oberhalb von 200 m (BioConsult SH u. ARSU 2010), wobei sich solche Zugbewegungen nur mittels Radarmessungen verfolgen lassen (z.B. Hill u. Hüppop 2006). Planungsrelevant können dagegen Pendelflüge zwischen Rast- und Nahrungsgewässern/-flächen sein, wenn diese Flugkorridore durch Bauvorhaben (z.B. Freileitungstrassen) durch Hinderniswirkungen beeinträchtigt werden. Darüber hinaus ist der An-/Abflugbereich von Rastgewässern/-flächen auch in Bezug auf ankommende/abziehende Zugvögel relevant.

1.3.1. Kartiermethode:

Die Überflüge sind hinsichtlich Anzahl und Flugrichtung zu protokollieren, wobei die Richtung in Karten, die weiteren Daten in Tabellen aufgenommen werden. Für die Beobachtung ist eine günstige Position mit möglichst weiter Rundumsicht zum Plangebiet zu wählen. Wenn aus einem Auto heraus beobachtet wird, ist das Fenster zu öffnen, da man die Rufe mitunter eher als die Sichtbeobachtung mitbekommt. Da die Flughöhe nur sehr schwer abzuschätzen ist, sollten hier nur Überflüge in großer Höhe (>200 m) unterschieden werden, die vom Planvorhaben nicht betroffen sind.

1.3.2. Termine:
  • Kartierintensität: Dekadenzählung.
1.3.3. Günstige Tageszeit:
  • Die höchsten Flugaktivitäten bestehen morgens (Abflug von den Schlafplätzen), mittags (Trinkflüge) und abends (Anflug der Schlafplätze). In diesen Tagesabschnitten sind die Überflüge jeweils für 2 Stunden zu protokollieren.
1.3.4. Auswertung der Bestandserfassung:
  • Darstellung der Flugrouten in Karten.
1.3.5. Hinweise:
  • Die Verwendung von Zähluhren ist sinnvoll.

Literatur

  • Bergmann, H.H., T. Heinicke, K. Koffijberg, C. Kowallik u. H. Kruckenberg (2005): Wilde Gänse erkennen – beobachten – zählen. DO-G, Projektgruppe Gänseökologie (Hrsg.), Eigenverlag.
  • Hornman M., Hustings F., Koffijberg K. u. Klaassen O. (2012). Handleiding Sovon Watervogel- en slaapplaatstellingen. Sovon Vogelonderzoek Nederland, Nijmegen.
  • Kruckenberg, H. (2012): Vorkommen von Gänsen und Schwänen in den EU-Vogelschutzgebieten in der Gänseregion Ems-Dollart (V06, V10) sowie in der Krummhörn (V03, V04) im Winter 2011/12. Gutachten im Auftrag der Staatlichen Vogelschutzwarte im NLWKN, Hannover.
  • BioConsult SH GmbH u. Co.KG u. ARSU GmbH (2010): Zum Einfluss von Windenergieanlagen auf den Vogelzug auf der Insel Fehmarn. Gutachterliche Stellungnahme auf Basis der Literatur und eigener Untersuchungen im Frühjahr und Herbst 2009. Im Auftrag der Fehmarn Netz GmbH u. Co. OHG. http://www.bioconsult-sh.de/pdf/Gutachten_Fehmarn_20100310.pdf.
  • Hill, R. u. Hüppop, O (2006):Techniken zur Erfassung des „unsichtbaren Vogelzuges“ über See. Jber. Insitut für Vogelforschung 7: 21-22.