Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Waldlaubsänger  (Phylloscopus sibilatrix (Bechst.,1793))

EU-Code: A314

Artenschutzmaßnahmen

  1. Umwandlung monoton gleichaltriger Bestände in strukturreiche ungleichaltrige Bestände (W2)
  2. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Umwandlung monoton gleichaltriger Bestände in strukturreiche ungleichaltrige Bestände (W2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Der Waldlaubsänger brütet in strukturierten Wäldern mit einem bestimmten Verhältnis von Krautschicht, Strauchschicht und Baumschicht. In der Maßnahme werden entsprechende Habitate entwickelt.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Idealerweise angrenzend an bestehende Waldlaubsängerreviere. Größe der Waldfläche, in der die Maßnahme liegt, mind. (10-) 20 ha (Flächen lt; 10 ha werden auch bei Eignung kaum besiedelt, s. o.).
  • Idealerweise Flächen mit südlicher, südwestlicher oder westlicher Exposition, ungünstig sind nordexponierte Standorte (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1215, STIEBEL 1997).
  • Bestände mit einer ausgeprägten oberen Baumschicht (Höhe der Bäume mind. 10 m) und einem weitgehend geschlossenen Kronendach (Laubwald: Deckungsgrad > 80 %, Mischwald: Deckungsgrad > 60 % nach GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1215.)

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung. Bei Funktionsverlust des Reviers mind. im Umfang der lokal ausgeprägten Reviergröße und mind. 1 ha.
  • Anpassung des Deckungsgrades der Krautschicht: Waldlaubsänger bevorzugen kleine krautige Flächen zur Anlage ihrer Bodennester, meiden jedoch vollständig krautbestandene Wälder (HILLIG 2009, REINHARDT & BAUER 2009, STIEBEL 1997). Die Deckung der Krautschicht soll daher ca. 10 bis 25 % betragen (s. o.), insbesondere in Form kleiner Grasinseln oder -büscheln. In der Maßnahme wird die Krautschicht bei aktuell ungünstiger Ausprägung entweder aufgelichtet (bei > 50 % Deckung) oder es werden kleine Lücken geschaffen, in denen sich ein entsprechender krautiger Bewuchs ansiedeln kann.
  • Strukturierung der Strauch- und unteren Baumschicht: Der Waldlaubsänger bevorzugt Wälder mit einer Strukturierung durch Äste oder Stangenholz im Bereich bis 4 (-6) m (REINHARDT & BAUER 2009, STIEBEL 1997) unter dem Kronendach eines Altbestandes. Diese Strukturen sind für die Art als Singwarte und Anflugwarte für das Bodennest von Bedeutung (REINHARDT & BAUER 2009, HILLIG 1997). Bereiche mit flächenhaft ausgeprägter Strauchschicht, unterer Baumschicht oder Naturverjüngung bis ca. 6 m Höhe sind wenig geeignet, weil dadurch der Zugang zum Nest am Boden erschwert wird (RHEINHARDT & BAUER 2009). In der Maßnahme werden bei Durchforstungen die Strauch- und untere Baumschicht bis auf ca. 25 % aufgelichtet. Einzelne Nadelbäume oder Nadelholzgruppen in Laubbeständen sind dabei zu erhalten (und umgekehrt), da von diesen Elementen für den Waldlaubsänger – wahrscheinlich aufgrund ihrer Struktur – eine anziehende Wirkung ausgeht (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1216, HILLIG 2009 S. 89). Bei Fehlen von Unterwuchs kann durch Auflichtung und Aufkommen von Naturverjüngung oder Unterpflanzung mittelfristig eine geeignete Strukturierung geschaffen werden.
  • Strukturierung der oberen Baumschicht: Bei vollständig geschlossenem Kronendach kann eine geringe Auflichtung durchgeführt werden (Zielwerte Laubwald: Deckungsgrad 80-90 %, Mischwald: Deckungsgrad 60-80 % nach GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1215.), bspw. zur Förderung kleiner krautiger Flächen am Waldboden.
  • Um langfristig die Habitatansprüche des Waldlaubsängers zu erfüllen, kann bei Altersklassenbeständen eine räumliche Rotation der Maßnahmenfläche über eine größere Grundfläche hinweg erforderlich sein (da z. B. alte Hallenwaldbestände ungeeignet sind). Geeigneter ist eine Bewirtschaftung des Waldes als Mosaik aus verschiedenen Entwicklungsstufen, Altersklassen, Baumarten und Sonderbiotopen. Erreicht werden können solche Strukturen durch Einzelbaumentnahmen, sowie durch Belassen von älteren Bäumen und Totholz im Bestand. Auf diese Weise wird ein Wechsel aus lückigen bis dichteren Beständen mit offenen Bodenbereichen für die Anlage des Nestes geschaffen. Durch die unterschiedlichen Altersklassen der Bäume existieren im Stammraum genügend Äste als Singwarten und Anfluggäste für den Waldlaubsänger (HILLIG 2009 S. 89).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Pflegemaßnahmen sind darauf auszurichten, dass ein permanentes Angebot der oben beschriebenen Strukturen gewährleistet ist.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Flächenauswahl: Vor dem Hintergrund starker Prädation durch Kleinnager Meidung von Waldbereichen bei hohem Mäusebesatz (WESOLOWSKI et al. 2009).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Je nach Ausgangsbestand und waldbaulicher Umsetzung:
  • Maßnahmen zur Auflichtung bei starkem flächenhaftem Unterwuchs der Kraut-, Strauch- und unteren Baumschicht sind sofort bzw. in der nächsten Brutperiode wirksam (die Struktur besteht unmittelbar nach dem Eingriff).
  • Bei fehlender Krautschicht muss für Maßnahmen zur Förderung von Kräutern (z. B. durch Auflichtung beschattender Gehölze) mit einer Entwicklungszeit von bis zu 2 Jahren angenommen werden (Aufkommen krautiger Pflanzen).
  • Bei fehlender und zu geringer Strukturierung durch Sitzwarten im Bereich bis 4 (6) m ist für eine Wirksamkeit (Aufwachsen von Gehölzen aus der Krautschicht, Naturverjüngung, Anpflanzungen) in der Regel ein Zeitraum von > 10 Jahren anzunehmen aufgrund des langsamen Gehölzwachstums. Bei vorhandenen, niedrigen Gehölzen insbesondere bei hoher Wüchsigkeit der Arten / des Standortes kann auch eine Zeitspanne von 5-10 Jahre ausreichen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Habitatansprüche des Waldlaubsängers sind grundsätzlich gut bekannt und detailliert beschrieben (z. B. GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1214, HILLIG 2009, REINHARDT 2003, REINHARDT & BAUER 2009, STIEBEL 1997)
  • Die benötigten Strukturen sind kurz- bis mittelfristig entwickelbar.
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor und sind mit derzeitigen Methoden nur begrenzt und mit hohem Aufwand nachweisbar, da die lokale Bestandsentwicklung auch von habitatunabhängigen Faktoren (z. B. Witterung, Nahrungsangebot: BAUER et al. 2005 S. 175; Anlockeffekte beim Eintreffen der Männchen: HERREMANS 1993) abhängt. Habitatveränderungen in den Wäldern gelten jedoch als eine wesentliche Rückgangsursache für den Waldlaubsänger. Die o. g. Maßnahmen orientieren sich an den bekannten Habitatansprüchen des Waldlaubsängers und werden vom Typ her von BAUER et al. (2005 S. 176) und HILLIG 2009 S. 88 empfohlen. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie als hoch eingeschätzt. Allerdings bestehen Unsicherheiten in der konkreten Steuerbarkeit des Zielzustandes (z. B. Steuerung der Bodendeckung von Strauch- und Krautschicht). Daher und aufgrund fehlender Erfahrungen in der Umsetzung als konkrete Maßnahme für den Waldlaubsänger besteht nach Experteneinschätzung (Workshop LANUV 9.11.2011, Recklinghausen) lediglich eine mittlere Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: mittel

2. Fazit

Je nach Ausgangsbestand können Maßnahmen für den Waldlaubsänger grundsätzlich kurz- oder mittelfristig wirksam werden. Da keine Erfahrungen zur Wirksamkeit von Maßnahmen für die Art vorliegen und der Zielzustand wahrscheinlich schwer steuerbar ist, ist ein Monitoring erforderlich.

Angaben zu Priorisierung: