Zierliche Moosjungfer (Leucorrhinia caudalis )
Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)
1. Bestandserfassung (Ersterhebung)
1.1. Standardmethode
- Erfassung an artspezifisch geeigneten Gewässern wenn möglich durch Exuviensuche, ansonsten durch Sichtbeobachtung oder Kescherfang von Imagines (Kescherfang bei ausgefärbten Männchen in der Regel wegen eindeutiger Erkennung nicht notwendig). Die Uferabschnitte sollen bei kleinen Gewässern komplett, ansonsten auf repräsentativen Abschnitten mit einer Mindestlänge von je 10m (Mauersberger u. Petzod 2001: 342) untersucht werden. Ggf. ist die Erfassung vom Boot aus durchzuführen. Leucorrhinia caudalis ist in NRW sehr selten (Schmidt et al. 2016: 290). Es wird empfohlen, vor der Kartierung Rücksprache mit dem Arbeitskreis Libellen NRW (http://www.ak-libellen-nrw.de/) zu halten (Überblick zu aktuellen Vorkommen in NRW, Vermittlung von Gebietskennern).
- Wenn eine Exuviensuche möglich ist: 5 Begehungen zwischen Anfang Mai und Mitte Juni (Schlupfzeit nach Albrecht et al. 2014: 268) im Abstand von ca. 5-10 Tagen und 1 Begehung in der Hauptflugzeit von Anfang Mai bis Ende Juli (Albrecht et al. 2014: 268) bei günstigen Witterungsbedingungen.
- Wenn eine Exuviensuche nicht möglich oder sinnvoll ist (s. u.): 3 Termine in der Hauptflugzeit von Anfang Mai bis Ende Juli (Albrecht et al. 2014: 268), wobei dann die geringere Aussagekraft zur Bodenständigkeit zu berücksichtigen ist. Die Begehungen sollen bei günstigen Witterungsbedingungen stattfinden. Abstand der einzelnen Termine zueinander ca. 10 Tage; bei günstigen Witterungsbedingungen auch kürzerer Abstand, bei ungünstigen längerer Abstand.
- Ggf. ist eine witterungsabhängige Anpassung der Kartiertermine erforderlich.
- Exuviensuche: Tagsüber. Günstig ist eine Suche nach längerer Schönwetterperiode (starker Regen spült die Exuvien ab).
- Imaginalerfassung: ca. 10 bis 17 Uhr, optimal 11 bis 16 Uhr mitteleuropäische Sommerzeit. Kein Regen, Wind nicht stärker als Stufe 4 Beaufort-Skala, mindestens 17 °C, viel Sonne, geringe Bewölkung (Albrecht et al. 2014: 268).
- Angabe der Nachweise in absoluten Zahlen getrennt nach Imagines und Exuvien (bei Abschnittsbildung der Gewässer auch getrennt nach den Abschnitten).
- Angabe von beobachtetem Fortpflanzungsverhalten (Kopula, Eiablage etc.) zur Beurteilung der Bodenständigkeit.
- Abgrenzung von für die Fortpflanzung essenzieller Uferabschnitte und Strukturen (Vegetation, Gewässermorphologie, Substrate, Strömung, etc.) (Albrecht et al. 2014: 268).
- Potenzielles Fortpflanzungsgewässer: Nachweise von Imagines an artspezifisch geeigneten Gewässern.
- Nachgewiesenes Fortpflanzungsgewässer: Nachweis zusätzlich von Eiablage, frisch geschlüpften Tieren oder Exuvienfunde.
- Die Exuvien der Moosjungfern können nur während weniger Tage nach dem Schlupf gesammelt werden (leichte Vergänglichkeit: Mauersberger u. Petzold 2001: 342).
- Die Exuviensuche kann bei Moosjungfern mit Schwierigkeiten verbunden sein, wenn diese in Schwingdecken oder an Röhrichthalmen hängen, die (ohne große Schäden an der Vegetation zu verursachen) weder zu Fuß noch per Boot erreichbar sind. Ein Brutgewässer kann daher oft nicht vollständig abgesammelt werden. Die Untersuchungen sind daher unter Beachtung möglicher Zielkonflikte (Schutz von Biotopen und anderen Arten) durchzuführen. Ggf. ist dann eine Erfassung von Imagines sinnvoller.
- Im Zusammenhang mit hochinfektiösen Amphibienkrankheiten (Ranaviren, Chytridiomykose) sind bei Wechsel zwischen Gewässern die Regelungen des „Hygieneprotokolls“ zur Reinigung von Schuhen und Kartiergeräten einzuhalten (gründliche Reinigung mit Wasser, Desinfizierung, Trocknung, Details in Uni Trier u. LANUV 2021). Hintergrundinformationen sowie das Hygieneprotokoll des LANUV finden sich unter: https://www.lanuv.nrw.de/natur/artenschutz/amphibienkrankheiten/
- Bei der Erfassung der Imagines kann man gezielt Schwimmblattvegetation mit dem Fernglas absuchen, insbesondere Männchen sind hier auffällig, gut zu bestimmen und teilweise auch zu zählen.
1.2. Umwelt-DNA-Nachweis (Präsenznachweis)
Bislang liegen noch keine Referenzprofile für die Art vor. Sobald diese vorliegen, ist die Anwendung der Methode aber plausibel, da es sich um eine Stillgewässerart handelt und damit vergleichbare Anwendungsbedingungen wie für L. pectoralis gegegeben sind.
- Erfassung an artspezifisch geeigneten Gewässern durch Umwelt-DNA-Analyse (eDNA). Diese Methode ist v.a. dann eine sinnvolle Ergänzung zu den o.g. Methoden, wenn ein Vorkommen möglich, bislang aber nicht nachgewiesen ist und wenn zur Beantwortung der Fragestellung der Artnachweis (Präsenz) ausreichend ist. Bei Fragestellungen, die semiquantitative Angaben benötigen (Nachweis erfolgreicher Reproduktion, Schätzung der Besiedlungsdichte / Populationsgröße) sind i.d.R. die o. g. Standarderfassungsmethoden anzuwenden.
- Folgende Angaben stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckpunkte für die Beprobung dar. (Eine ins Detail gehende Beschreibung der Vorgehensweise bei der Gewässerbeprobung, der benötigten Utensilien (Materialliste), der Vorgehensweise bei Lagerung und Versand der Proben sowie Angaben zu Desinfektion und Reinigung kann u.a. Arnal 2019 entnommen werden.)
- Wasserprobennahme in vorbereitete Sampling Submission Forms (SSF).
- Eine Mischprobe / Gewässer, Anzahl der (Teil-)Proben abhängig von Gewässergröße.
- kleiner 50 m² = 3-5 Probenahmestellen
- 50 – 500 m² = 6-10 Probenahmestellen
- größer 500 m² = 11-20 Probenahmestellen
- Bei einem Gewässer-Komplex können, abhängig von der Fragestellung, entweder Laborproben für jedes einzelne Gewässer oder eine Mischprobe für den gesamten Komplex gesammelt werden (vgl. Arnal 2019).
- Desinfektion und Reinigung der Probenahmewerkzeuge entsprechend Arnal (2019) nach jeder (Teil-)Probenahme zur Vermeidung von DNA-Kontaminationen bzw. Verschleppung und zur Vermeidung von Krankheitsübertragung analog zum „Hygieneprotokoll“ (Uni Trier u. LANUV 2021), s.o..
- Eine Begehung/Beprobung.
- Die eDNA bleibt im Wasser etwa zwei bis drei Wochen lang nachweisbar. Daher soll der Erhebungszeitpunkt während der Aufenthaltszeit der Larven im Gewässer stattfinden. Als günstig wird der Zeitraum von Ende März bis Anfang April (d. h. vor der Hauptschlupfphase) angesehen.
- Witterung und Tageszeit spielen bei der Probenahme keine Rolle.
- Unterschieden werden bei der Analyse der Daten, abhängig von der Menge an erfasster Art-DNA (Anzahl „reads“): kein Nachweis, unsicherer Nachweis, sicherer Nachweis.
- Die Nachweiswahrscheinlichkeit (vgl. Schmidt u. Grünig 2017) ist u.a. abhängig von:
- der Anzahl der Individuen im Gewässer
- der Verteilung der Individuen im Gewässer
- der eDNA Ausscheiderate der Art
- Qualitative Nachweismethode (reiner Artnachweis); bei hoher DNA-Konzentration ist entweder die Dichte der Tiere hoch oder aber die Probe wurde in unmittelbarer Nähe eines Tieres entnommen.
- Weitere Angaben zur Bewertung / Interpretation der Ergebnisse s. Microsynth et al. (2018).
Literatur
- Albrecht, K.; Hör, T.; Henning, F.; Töpfer-Hofmann, G.; Grünfelder, C. (ANUVA; 2014): Leistungsbeschreibungen für faunistische Untersuchungen im Zusammenhang mit landschaftsplanerischen Fachbeiträgen und Artenschutzbeitrag. Schlussbericht 2013. Stadt- und Landschaftsplanung. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FE 02.332/2011/LRB. Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST). Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. 311 S. u. Anhang.
- LANUV, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (2010): ABC-Bewertung Zierliche Moosjungfer NRW. https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/web/babel/media/151991.pdf, Abruf 16.10.2019
- Mauersberger, R.; Petzold, F. (2001): Moosjungfern (Leucorrhinia albifrons, L. caudalis und L. pectoralis). In Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E. (2001): Berichtspflichten in Natura-2000-Gebieten - Empfehlungen zur Erfassung der Arten des Anhangs II und Charakterisierung der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Bundesamt für Naturschutz. Angewandte Landschaftsökologie 42: 337-344.
- Menke, N.; Olthoff, M. (2009): Individuenreiche Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) in Westfalen im Jahr 2008. Masseneinflug oder übersehene Vorkommen? Natur und Heimat 69 (3): S. 69-72.
- Microsynth et al. (2018): Interpretationshilfe Amphibiennachweis mittels eDNA. ARNAL, Büro für Natur und Landschaft AG Herisau, Salzburg; C Infraconsult AG Bern; Info fauna / karch Neuchatel; Kaden u. Partner AG Frauenfeld; Naturschutz und Feldherpetologie Peyer
- Schmidt, E. G.; Menke, N.; Olthoff, M. (2016): Leucorrhinia caudalis Charpentier, 1840. Zierliche Moosjungfer. In Menke, N.; Göcking, C.; Grönhagen, N.; Joest, R.; Lohr, M.; Olthoff, M.; Conze, K.-J. (Hrsg.): Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster, S. 290-293.
- Universität Trier; Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (2021): Hygieneprotokoll und Praxistipps zur Verhinderung der Übertragung von Krankheitserregern (v.a. Batrachochytrium salamandrivorans, B. dendrobatidis, Ranavirus) zwischen Amphibienpopulationen. Stand April 2021, 8 S. https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/hygieneprotokoll/Hygieneprotokoll.pdf, Abruf 13.05.2022.
Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)
1. Bestandserfassung (Ersterhebung)
Erfassung insbesondere durch Exuviensuche, sekundär auch durch Sichtbeobachtung von Imagines (inklusive Fotodokumentation) und Kescherfang an artspezifisch geeigneten Fließgewässerabschnitten. Die Uferabschnitte sollen bei kurzen Uferstrecken möglichst komplett, ansonsten auf einer Mindestlänge 250m einseitig oder von 125 m beidseitig untersucht werden (je nach Projektwirkung auch mehr). Zumindest am Rhein kann die Probeflächengröße evtl. nicht ausreichen, da die Dichte der Art (noch) sehr gering ist. Trifft dies in der Praxis zu, sollen 1 km Uferlinie einseitig oder 500 m beidseitig abgesucht werden (LANUV 2010b). Nach Möglichkeit soll sich die Abgrenzung der Kartierabschnitte an der Gewässerkilometrierung orientieren. Für jede Probefläche sind die Werte der Gewässerkilometrierung anzugeben. Es wird empfohlen, vor der Kartierung Rücksprache mit dem Arbeitskreis Libellen NRW (http://www.ak-libellen-nrw.de/) zu halten (Überblick zu aktuellen Vorkommen in NRW, Vermittlung von Gebietskennern).
- 5 Begehungen in der Hauptschlupfzeit (Anfang Juni bis Ende Juli / Anfang August). Ggf. ist eine witterungsabhängige Anpassung der Kartiertermine erforderlich. Bei Hochwasserereignissen (Abspülen der Exuvien) können zusätzliche Begehungen notwendig sein (Schnitter et al. 2006: 129, LANUV 2010b).
- Abstand der einzelnen Termine zueinander 5-10 Tage.
- Exuviensuche: Günstig sind die frühen Morgenstunden ab ca. 5 bis 6 Uhr. Ansonsten können andere Tiere wie z. B. Bachstelzen schlüpfende Libellen erbeuten / wegtransportieren sowie der Wellenschlag zu stärkeren Beeinträchtigungen schlüpfender Libellen führen (v. a. auf dem Rhein, an Kanälen sowie besiedelten Flüssen).
- Sichtbeobachtung Imagines: ca. 10 bis 17 Uhr, optimal 11 bis 16 Uhr (Albrecht et al. 2014, Anhang L1).
- Kein Regen, Wind nicht stärker als Stufe 4 Beaufort-Skala, mindestens 17 Grad Celsius, sonnig (keine oder geringe Bewölkung) (Albrecht et al. 2013 Anhang L1).
- Angabe der Nachweise in absoluten Zahlen getrennt nach Imagines und Exuvien sowie getrennt nach den Kartierabschnitten.
- Angabe von beobachtetem Fortpflanzungsverhalten (Kopula, Eiablage etc.) zur Beurteilung der Bodenständigkeit (bei den aktuell noch vorhandenen Dichten in NRW ist die Beobachtungswahrscheinlichkeit zu diesem Verhalten allerdings gering).
- Abgrenzung von für die Fortpflanzung essenzieller Uferabschnitte und Strukturen (Vegetation, Gewässermorphologie, Substrate, Strömung, etc.) (Albrecht et al. 2014 Anhang L1).
- Potenzielles Fortpflanzungsgewässer: Nachweise von Imagines an artspezifisch geeigneten Gewässern.
- Nachgewiesenes Fortpflanzungsgewässer: Nachweis von Eiablage, frisch geschlüpften Tieren oder Exuvienfunde.
- Auch in der Hauptschlupfphase können Phasen geringer Schlupfaktivität auftreten (Salm u. Müller 2001: 347).
- Exuviensuche bevorzugt an Uferpartien, auf denen eine vereinfachte Exuvienaufsammlung möglich ist. Besonders geeignet sind vegetationsarme Bereiche, die möglichst nicht vom Wellenschlag des Schiffsverkehrs beeinträchtigt werden (Salm u. Müller 2001: 349, S. 84). Die Auswahl der abzusuchenden Bereiche soll außerdem repräsentativ für das Untersuchungsgebiet sein.
- Bei landseitig schwer einsehbaren Gewässern oder bei sehr breiten Ufern ist die Kartierung aufwändig und ggf. watend oder von einem Boot aus durchzuführen.
- In Abhängigkeit lokaler Besonderheiten kann die Schlupfperiode erheblich von den Literaturangaben abweichen. Lokale Gomphiden-Populationen entlang sich schnell erwärmender Flüsse haben eine kürzere Entwicklungszeit und schlüpfen eher im Jahr (Salm u. Müller 2001: 349-350).
- Im Zusammenhang mit hochinfektiösen Amphibienkrankheiten (Ranaviren, Chytridiomykose) sind bei Wechsel zwischen Gewässern die Regelungen des "Hygieneprotokolls" zur Reinigung von Schuhen und Kartiergeräten einzuhalten (gründliche Reinigung mit Wasser, Desinfizierung, Trocknung, Details in Uni Trier u. LANUV 2021). Hintergrundinformationen sowie das Hygieneprotokoll des LANUV finden sich unter: https://www.lanuv.nrw.de/natur/artenschutz/amphibienkrankheiten/
- Als Hintergrundrecherche sind die im jeweiligen Bezugsraum gelegenen Benthosuntersuchungsstellen für die Gewässergüte inklusive ihrer Ergebnisse abzufragen und auszuwerten, da diese kontinuierlich und standardisiert erhoben werden. Zwar ist die Methodik nicht schwerpunktmäßig auf Libellen ausgelegt, die Larven können aber dennoch darüber erfasst und zumindest theoretisch auch korrekt bestimmt werden.
Literatur
- Albrecht, K.; Hör, T.; Henning, F.; Töpfer-Hofmann, G.; Grünfelder, C. (ANUVA; 2014): Leistungsbeschreibungen für faunistische Untersuchungen im Zusammenhang mit landschaftsplanerischen Fachbeiträgen und Artenschutzbeitrag. Schlussbericht 2013. Stadt- und Landschaftsplanung. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FE 02.332/2011/LRB. Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST). Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. 311 S. + Anhang.
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV, 2010a): Asiatische Keiljungfer (Stylurus flavipes (Charp.,1825)). https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/web/babel/media/151993.pdf (Abruf 23.1.2014).
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV, 2010b): ABC-Bewertung Asiatische Keiljungfer NRW. https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe/libellen/steckbrief/151993 (Abruf 23.1.2014).
- Lohr, M. (2016): Gomphus flavipes Charpentier, 1825. In Menke, N.; Göcking, C.; Grönhagen, N.; Joest, R.; Lohr, M.; Olthoff, M.; Conze, K.-J. (Hrsg.): Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster, S. 228-233.
- Müller, O. (1995): Ökologische Untersuchungen an Gomphiden (Odonata: Gomphidae) unter besonderer Berücksichtigung ihrer Larvenstadien. Dissertation, Institut für Biologie der Humboldt- Universität zu Berlin, Cuvillier Verlag Göttingen, 234 S.
- Salm, P.; Müller, O.; Asiatische Keiljungfer (Gomphus flavipes) und Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia). In Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E. (2001): Berichtspflichten in Natura-2000-Gebieten - Empfehlungen zur Erfassung der Arten des Anhangs II und Charakterisierung der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Bundesamt für Naturschutz. Angewandte Landschaftsökologie 42: 344-351.
- Linke, T. J. (2009): Flussjungfern am Niederrhein. Verbreitung und Habitatbindung. Diplomarbeit Universität Münster. 44 S. + Anhang.
- Linke, T. J.; Fartmann, T. (2009): Flussjungfern am Niederrhein: Verbreitung und Habitatbindung (Odonata: Gomphidae). Libellula 28 (3/4): 159-173.
- Schnitter, P.; Eichen, C.; Ellwanger, G.; Neukirchen, M.; Schröder, E. (Bearb.)(2006): Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFHRichtlinie in Deutschland.- Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle), Sonderheft 2.
- Suhling, F.; Müller, O. (1996): Die Flußjungfern Europas. Die neue Brehm-Bücherei Band 628. Westarp Wissenschaften, Magdeburg.
- Sternberg, K. (1999): Faunistik und Ökologie. In Sternberg, K.; Buchwald, R. (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil. Kleinlibellen (Zygoptera). Ulmer-Verlag, Stuttgart.
- Universität Trier u. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (2021): Hygieneprotokoll und Praxistipps zur Verhinderung der Übertragung von Krankheits-erregern (v.a. Batrachochytrium salamandrivorans, B. dendrobatidis, Ranavirus) zwischen Amphibienpopulationen. Stand April 2021, 8 S. https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/natur/hygieneprotokoll/Hygieneprotokoll.pdf, Abruf 12.05.2022.
Artspezifisch geeignete Kartiermethoden (Methodensteckbriefe)
1. Bestandserfassung (Ersterhebung)
1.1. Standardmethode
Erfassung an artspezifisch geeigneten Gewässern wenn möglich durch Exuviensuche, ansonsten durch Sichtbeobachtung oder Kescherfang von Imagines (Kescherfang bei ausgefärbten Männchen in der Regel wegen eindeutiger Erkennung nicht notwendig). Die Uferabschnitte sollen bei kleinen Gewässern komplett, ansonsten auf repräsentativen Abschnitten mit einer Mindestlänge von je 10m (Mauersberger u. Petzod 2001: 342) bis 20m (Schnitter et al. 2006: 135) untersucht werden. Ggf. ist die Erfassung vom Boot aus durchzuführen. Nordrhein-Westfalen liegt im Bereich des westlichen Arealrandes von Leucorrhinia pectoralis. Vorkommen der Art sind zumeist individuenarm, unstete und bodenständige Nachweise oftmals nur mit großem Aufwand zu erbringen. Individuenstarke Vorkommen treten auf (Menke u. Olthoff 2009), sind aber ggf. auf Einflüge der Art zurückzuführen. Es wird empfohlen, vor der Kartierung Rücksprache mit dem Arbeitskreis Libellen NRW (http://www.ak-libellen-nrw.de/) zu halten (Überblick zu aktuellen Vorkommen in NRW, Vermittlung von Gebietskennern, Klärung der Möglichkeit der Durchführung der „environmental-DNA“ – Beprobung (Dejean et al. 2011, Ficetola et al. 2008, Herder et al. 2013), bei die Anwesenheit der Art anhand von DNA-Spuren im Gewässer nachgewiesen wird).
- Wenn eine Exuviensuche möglich ist: 5 Begehungen zwischen Ende April und Ende Mai im Abstand von ca. 5 Tagen und 1 Begehung in der Hauptflugzeit von Ende Mai bis Mitte Juli bei günstigen Witterungsbedingungen.
- Wenn eine Exuviensuche nicht möglich oder sinnvoll ist (s. u.): 3 Termine in der Hauptflugzeit von Ende Mai bis Mitte Juli (insbesondere 20.5. bis 20.6.), wobei dann die geringere Aussagekraft zur Bodenständigkeit zu berücksichtigen ist. Die Begehungen sollen bei günstigen Witterungsbedingungen stattfinden. Abstand der einzelnen Termine zueinander ca. 10 Tage (Mauersberger u. Petzold 2001: 343, Schnitter et al. 2006: 135); bei günstigen Witterungsbedingungen auch kürzerer Abstand, bei ungünstigen längerer Abstand.
- Ggf. ist eine witterungsabhängige Anpassung der Kartiertermine erforderlich.
- Exuviensuche: günstig ist eine Suche am Morgen nach längerer Schönwetterperiode (starker Regen spült die Exuvien ab).
- Imaginalerfassung: später Vormittag bis später Nachmittag (LANUV 2010b), ca. 10 bis 17 Uhr, optimal 11 bis 16 Uhr mitteleuropäische Sommerzeit (Albrecht et al. 2013, Anhang L1). Kein Regen, Wind nicht stärker als Stufe 4 Beaufort-Skala, mindestens 20 °C (optimal grösser 25°C), sonnig.
- Angabe der Nachweise in absoluten Zahlen getrennt nach Imagines und Exuvien (bei Abschnittsbildung der Gewässer auch getrennt nach den Abschnitten).
- Angabe von beobachtetem Fortpflanzungsverhalten (Kopula, Eiablage etc.) zur Beurteilung der Bodenständigkeit.
- Abgrenzung von für die Fortpflanzung essenzieller Uferabschnitte und Strukturen (Vegetation, Gewässermorphologie, Substrate, Strömung, etc.) (Albrecht et al. 2013 Anhang L1).
- Potenzielles Fortpflanzungsgewässer: Nachweise von Imagines an artspezifisch geeigneten Gewässern.
- Nachgewiesenes Fortpflanzungsgewässer: Nachweis zusätzlich von Eiablage, frisch geschlüpften Tieren oder Exuvienfunde.
- Die Männchen sind sehr standorttreu (LANUV 2010b).
- Die Exuvien der Moosjungfern können nur während weniger Tage nach dem Schlupf gesammelt werden (leichte Vergänglichkeit: Mauersberger u. Petzold 2001: 342).
- Die Exuviensuche kann bei Moosjungfern mit Schwierigkeiten verbunden sein, wenn diese in Schwingdecken oder an Röhrichthalmen hängen, die (ohne große Schäden an der Vegetation zu verursachen) weder zu Fuß noch per Boot erreichbar sind. Ein Brutgewässer kann daher oft nicht vollständig abgesammelt werden. Die Untersuchungen sind daher unter Beachtung möglicher Zielkonflikte (Schutz von Biotopen und anderen Arten) durchzuführen. Ggf. ist dann eine Erfassung von Imagines sinnvoller.
- Begehungen sind auch in der Hauptflugphase Ende Mai bis Anfang Juli (insbesondere 20.5. bis 20.6.) möglich („Imaginalstichprobe“: Mauersberger u. Petzold 2001 S. 343), wobei dann die geringere Aussagekraft (Bewertung von Imagines allen erlaubt in der Regel keine sichere Bewertung der Bodenständigkeit, Schnitter et al. 2006: 137) zu beachten ist.
- Im Zusammenhang mit hochinfektiösen Amphibienkrankheiten (Ranaviren, Chytridiomykose) sind bei Wechsel zwischen Gewässern die Regelungen des "Hygieneprotokolls" zur Reinigung von Schuhen und Kartiergeräten einzuhalten (gründliche Reinigung mit Wasser, Desinfizierung, Trocknung, Details in Uni Trier u. LANUV 2021). Hintergrundinformationen sowie das Hygieneprotokoll des LANUV finden sich unter: https://www.lanuv.nrw.de/natur/artenschutz/amphibienkrankheiten/
1.2. Umwelt-DNA-Nachweis (Präsenznachweis)
- Erfassung an artspezifisch geeigneten Gewässern durch Umwelt-DNA-Analyse (eDNA). Diese Methode ist v.a. dann eine sinnvolle Ergänzung zu den o.g. Methoden, wenn ein Vorkommen möglich, bislang aber nicht nachgewiesen ist und wenn zur Beantwortung der Fragestellung der Artnachweis (Präsenz) ausreichend ist. Die Nachweiswahrscheinlichkeit dieser Methode liegt bei der Großen Mossjungfer bei mehr als 75 Prozent (vgl. Herder et al. 2013, Thomsen et al. 2012). Bei Fragestellungen, die semiquantitative Angaben benötigen (Nachweis erfolgreicher Reproduktion, Schätzung der Besiedlungsdichte / Populationsgröße) sind i.d.R. die o. g. Standarderfassungsmethoden anzuwenden.
- Folgende Angaben stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckpunkte für die Beprobung dar. (Eine ins Detail gehende Beschreibung der Vorgehensweise bei der Gewässerbeprobung, der benötigten Utensilien (Materialliste), der Vorgehensweise bei Lagerung und Versand der Proben sowie Angaben zu Desinfektion und Reinigung kann u.a. Arnal 2019 entnommen werden.)
- Wasserprobennahme in vorbereitete Sampling Submission Forms (SSF).
- Eine Mischprobe / Gewässer, Anzahl der (Teil-)Proben abhängig von Gewässergröße
- kleiner 50 m² = 3-5 Probenahmestellen
- 50 – 500 m² = 6-10 Probenahmestellen
- mehr als 500 m² = 11-20 Probenahmestellen
- Bei einem Gewässer-Komplex können, abhängig von der Fragestellung, entweder Laborproben für jedes einzelne Gewässer oder eine Mischprobe für den gesamten Komplex gesammelt werden (vgl. Arnal 2019).
- Desinfektion und Reinigung der Probenahmewerkzeuge entsprechend Arnal (2019) nach jeder (Teil-)Probenahme zur Vermeidung von DNA-Kontaminationen bzw. Verschleppung und zur Vermeidung von Krankheitsübertragung analog zum "Hygieneprotokoll" (Uni Trier u. LANUV 2021).
- Eine Begehung/Beprobung.
- Die eDNA bleibt im Wasser etwa zwei bis drei Wochen lang nachweisbar. Daher soll der Erhebungszeitpunkt während der Aufenthaltszeit der Larven im Gewässer stattfinden. Als günstig wird der Zeitraum von Ende März bis Anfang April (d. h. vor der Hauptschlupfphase) angesehen.
- Witterung und Tageszeit spielen bei der Probenahme keine Rolle.
- Unterschieden werden bei der Analyse der Daten, abhängig von der Menge an erfasster Art-DNA (Anzahl "reads"): kein Nachweis, unsicherer Nachweis, sicherer Nachweis.
- Die Nachweiswahrscheinlichkeit (vgl. Schmidt u. Grünig 2017) ist u.a. abhängig von:
- der Anzahl der Individuen im Gewässer
- der Verteilung der Individuen im Gewässer
- der eDNA Ausscheiderate der Art
- Qualitative Nachweismethode (reiner Artnachweis); bei hoher DNA-Konzentration ist entweder die Dichte der Tiere hoch oder aber die Probe wurde in unmittelbarer Nähe eines Tieres entnommen.
- Weitere Angaben zur Bewertung / Interpretation der Ergebnisse s. Microsynth et al. (2018).
- Abundanzen können mit dieser Methode nicht bzw. nur sehr grob abgeschätzt werden (Thomsen et al. 2012). Angaben zu Alter, Größe oder Gesundheitszustand kann eDNA bei Libellen nicht liefern.
- Es entstehen zusätzliche Kosten für die Laboranalyse jeder Probe.
Literatur
- Albrecht, K.; Hör, T.; Henning, F.; Töpfer-Hofmann, G.; Grünfelder, C. (ANUVA; 2014): Leistungsbeschreibungen für faunistische Untersuchungen im Zusammenhang mit landschaftsplanerischen Fachbeiträgen und Artenschutzbeitrag. Schlussbericht 2013. Stadt- und Landschaftsplanung. Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FE 02.332/2011/LRB. Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST). Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. 311 S. u. Anhang.
- Arnal et al. (2019): Methodik eDNA Amphibien Feldprobenahme. ARNAL, Büro für Natur und Landschaft AG Herisau, Salzburg; IC Infraconsult AG Bern; Info fauna / karch Neuchatel; Kaden u. Partner AG Frauenfeld; Naturschutz und Feldherpetologie Peyer Ottenbach; Quadra GmbH Zürich; UMG Umweltbüro Grabher Bregenz. http://arnal.ch/media/files/methodik_edna_2019_190122_d.pdf 12pp
- Conze, K.-J. (2016): Leucorrhinia pectoralis Charpentier, 1825. Große Moosjungfer. In Menke, N.; Göcking, C.; Grönhagen, N.; Joest, R.; Lohr, M.; Olthoff, M.; Conze, K.-J. (Hrsg.): Die Libellen Nordrhein-Westfalens. LWL-Museum für Naturkunde, Münster. S. 298-301
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV, 2010a): FFH-Artenerfassung NRW Leucorrhinia pectoralis (Große Moosjungfer). https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe/libellen/steckbrief/6852 (Abruf 23.1.2014).
- Dejean, T.; Valentini, A.; Duparc, A.; Pellier-Cuit, S.; Pompanon, F.; Taberlet, P.; Miaud, C. (2011): Persistence of Environmental DNA in Freshwater Ecosystems. PLoS ONE 6(8): e23398. doi:10.1371/journal.pone.0023398.
- Ficetola, G. F.; Miaud, C.; Pompanon, F.; Taberlet, P. (2008): Species detection using environmental DNA from water samples. Biol. Lett. 4: 423-425.
- Herder, J.; Termaat, T.; Valentini, A. (2013): Environmental DNA als inventarisatiemethode voor libellen. Vlinders 2: 22-25.
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV, 2010b): Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis (Charp.,1825)). https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe/libellen/steckbrief/6852 (Abruf 23.1.2014).
- Mauersberger, R.; Petzold, F. (2001): Moosjungfern (Leucorrhinia albifrons, L. caudalis und L. pectoralis). In Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E. (2001): Berichtspflichten in Natura-2000-Gebieten - Empfehlungen zur Erfassung der Arten des Anhangs II und Charakterisierung der Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Bundesamt für Naturschutz. Angewandte Landschaftsökologie 42: 337-344.
- Menke, N.; Olthoff, M. (2009): Individuenreiche Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis) in Westfalen im Jahr 2008. Masseneinflug oder übersehene Vorkommen? Natur und Heimat 69 (3): S. 69-72.).
- Microsynth et al. (2018): Interpretationshilfe Amphibiennachweis mittels eDNA. ARNAL, Büro für Natur und Landschaft AG Herisau, Salzburg; C Infraconsult AG Bern; Info fauna / karch Neuchatel; Kaden u. Partner AG Frauenfeld; Naturschutz und Feldherpetologie Peyer
- Schmidt, B.R., u. C.R. Grünig (2017): Einsatz von eDNA im Amphibien-Monitoring. - WSL-Berichte (Forum des Wissens) 60: 57-62.
- Schnitter, P.; Eichen, C.; Ellwanger, G.; Neukirchen, M.; Schröder, E. (Bearb. 2006): Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFHRichtlinie in Deutschland.- Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Halle), Sonderheft 2.
- Sternberg, K. (1999): Faunistik und Ökologie. In Sternberg, K.; Buchwald, R. (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil. Kleinlibellen (Zygoptera). Ulmer-Verlag, Stuttgart.
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