Artinformationen

Artenschutzmaßnahmen

Bestandserfassung

Verbreitungskarten

Habicht  (Accipiter gentilis (Linnaeus, 1758))

EU-Code: A085

Artenschutzmaßnahmen

  1. Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)
  2. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften (O2, O3.1.2, O3.1, W4)
  3. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Nutzungsverzicht von Einzelbäumen (W1.1) / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen (W1.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

In als Brutplatz optimal geeigneten Gehölzbeständen werden für den Habicht potenzielle Horstbäume gesichert, um insbesondere in baumarmen Landschaften ein Angebot an störungsarmen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu gewährleisten.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden). Weiterhin ist auf eine ausreichende Störungsarmut bezüglich Erholungsnutzung (Spaziergänger etc.) zu achten.
  • Maßnahmenfläche mit hohem Laub- oder Nadelholz, starkes Baumholz, starke Äste in > 10 m Höhe zur Horstanlage vorhanden.
  • Im Aktionsraum des betroffenen Paares; möglichst nahe zum betroffenen Horst.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Brutpaar: Habichte verfügen in der Regel über mehrere, jahrweise unterschiedlich genutzte Wechselhorste (s. o.). Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum des Paares bestehen.
  • Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Orientierungswerte: Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht ausgleichen.
  • Die Maßnahme kann umgesetzt werden über einen Nutzungsverzicht (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen) oder die Erhöhung des Erntealters (flächenhaft / als Baumgruppe / einzelbaumbezogen).
  • Erhalt aller anderen ggf. vorhandenen Bäume mit Großhorsten.
  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

  • Bei Erhöhung des Erntealters: Bei der Ernte muss gewährleistet sein, dass inzwischen andere Gehölze geeignete Strukturen ausgebildet haben. Solange geeignete Altbäume ein limitierender Faktor sind, dürfen bestehende Altbäume nicht eingeschlagen werden.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Zielkonflikte mit anderen Arten beachten: Habicht als Prädator anderer Greifvogelarten; Habichte werden von Kolkraben (DREIFKE & ELLENBERG 1991) oder Uhus (KRÜGER 2009) verdrängt.
  • Ggf. Konflikte durch menschliche Verfolgung beachten (z. B. HEGEMANN & KNÜWER 2005, HIRSCHFELD 2011).
  • Konflikte, die dem Zielzustand u. a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Sofort bzw. in der nächsten Brutperiode

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig resp. kontinuierlich bereit. Habichte können sich ihre Horste selbst bauen. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie als hoch eingeschätzt. Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor und sind mit derzeitigen Methoden nur begrenzt und mit hohem Aufwand nachweisbar, da Habichte große Aktionsräume haben und die lokale Bestandsentwicklung auch von maßnahmenunabhängigen Faktoren (z. B. Jagd, BAUER et al. 2005 S. 327.) abhängt. Die Zerstörung von (Brut-) Lebensräumen gilt jedoch als eine der Gefährdungsursachen des Habichts, so dass Maßnahmen zum Erhalt / Pflege von Altholzbeständen z. B. von BAUER et al. (2005 S. 327) und LWF (2009, S. 18) empfohlen werden

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall klären)

2. Strukturierung ausgeräumter Offenlandschaften (O2, O3.1.2, O3.1, W4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Der Habicht erbeutet seine Nahrungsstiere aus einem schnellen und wendigen Jagdflug unter Ausnutzung von Deckung. In ausgeräumten Offenlandschaften erfolgt eine Verbesserung der Nahrungshabitate für den Habicht, indem für seine Nahrungstiere günstige Strukturen (z. B. Hecken, Waldrandgestaltung) geschaffen werden. Aufgrund der Größe des Aktionsraumes des Habichts ist eine flächendeckende Neuanlage / Optimierung von Nahrungshabitaten nicht möglich und sinnvoll. Die Lebensraumkapazität kann aber durch mehrere punktuelle, verteilt liegende, Maßnahmenflächen qualitativ erhöht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Möglichst zentral im Aktionsraum der betroffenen Paare.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte pro Paar: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte: Maßnahmenbedarf mind. im Verhältnis 1:1 zur Beeinträchtigung; als Faustwert werden für eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes pro Paar insgesamt mind. 2 ha Maßnahmenfläche (bei linearer Maßnahme: 500 m) im Aktionsraum empfohlen, je nach lokaler Situation und Beeinträchtigung auch mehr.
  • Die folgenden Maßnahmen, die idealerweise in Kombination untereinander durchgeführt werden, erhöhen das Angebot an für den Habicht relevanten Nahrungstieren:
  • Anlage und Pflege von Hecken (O3.1.2): Orientierung an bestehenden Hecken, sofern vorhanden. Die Heckenbreite soll variierend zwischen 5 und 10 m angelegt werden. Zusammen mit der Hecke ist ein mind. (3-) 5 m breiter Saumstreifen anzulegen und zu pflegen. Abstand der Hecken idealerweise lt; 300m zueinander (PFISTER et al. 1986). Durch die Lage der Hecke soll keine Gefährdung der Kleinvögel oder des Habichts durch Kollisionen erfolgen (d. h. nicht entlang von befestigen Wegen oder in Richtung auf Straßen, Eisenbahntrassen o. a.).
  • Erhalt und Pflege von Baumreihen und Solitärbäumen (O3.1): Entsprechend den Hecken mit mind. (3-) 5 m breitem Saumstreifen anzulegen und zu pflegen. Um Solitärbäume Pflege einer Saumfläche mit (3-) 5 m breitem Radius.
  • Aufbau und Pflege von gestuften Waldrändern (W4.1). Das folgende Schema nach RICHERT & REIF (1992) bzw. KÖGEL et al. (1993) ist je nach lokaler Situation (Baumarten im Ausgangsbestand, Exposition o. a.) anzupassen (vom Wald in Richtung Nutzungsgrenze): 1. Buchtige Auflichtung des Ausgangsbestandes bis auf 30-50 m; Förderung von Lichtbaumarten (ggf. Anpflanzung von Laubhölzern bei Ausgangsbestand Nadelholz). 2. Strauch- und Baummantel auf (6-) 10 m Breite: Sukzession (v. a. bei mehreren bereits vorhandenen geeigneten Sträuchern); alternativ buchtige Anpflanzung standortsheimischer Gehölze unter Ausnutzung ggf. bereits vorhandener Einzelsträucher. Wechsel von sonnigen und schattigen Buchten, mit einzel- und gruppenweiser Anpflanzung sowie Pflanzlücken. 3. Blütenreicher Stauden- und Krautsaum: Mahd in mehrjährigem Abstand zur Verhinderung des Vordringens von Gehölzen, ggf. vorherige Ausmagerung durch häufigeres Mähen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Hecken: Abschnittsweise (nicht mehr als 1/3 der Gesamtlänge bzw. Abschnitte lt; 50 m) Hecke auf den Stock setzen, wenn diese „durchwächst“. Schnellwüchsige Arten können alle 5-15 Jahre auf den Stock gesetzt werden (z. B. Hasel, Esche, Zitterpappel). Langsam wachsende Arten und Dornensträucher sollen durch selteneren Schnitt gefördert werden. Ggf. vorhandene Steinhaufen o. a. sollen freigestellt werden. Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August, Abtransport des Mahdgutes. Beachtung der im Anwenderhandbuch Vertragsnaturschutz (LANUV 2010, Paket 4400) angegebenen Hinweise.
  • Waldränder: In den ersten Jahren Pflegearbeiten zur Etablierung der Sträucher. Ggf. je nach Wüchsigkeit abschnittsweises Auf-den-Stock – Setzen der Waldmäntel, um eine Überalterung der Bestände zu verhindern (RICHERT & REIF 1992 S. 152). Regelmäßige Pflege der Saumstreifen ab August je nach Aufkommen von Gehölzen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Fazit

Maßnahmen zu den Brutplätzen beinhalten im Regelfall keine aktive Komponente, so dass ihre Zulässigkeit im Einzelfall zu klären ist. Bezüglich der Nahrungshabitate sind im Aktionsraum des Habichts Maßnahmen zur Strukturierung durchführbar, die sich günstig auf die Nahrungstiere des Habichts und somit auch auf den Habicht selbst auswirken.

Angaben zu Priorisierung:

Nutzungsverzicht von Einzelbäumen / Erhöhung des Erntealters in Altholzbeständen: Nutzungsverzicht gegenüber Erhöhung des Erntealters ist zu favorisieren. Ebenso ist ein flächiger Schutz gegenüber dem Schutz von Einzelbäumen zu favorisieren.