Zwergfledermaus  (Pipistrellus pipistrellus (Schreb.,1774))

EU-Code: 1309

Artenschutzmaßnahmen

  1. Neuschaffung von Spaltenquartieren an / in Gebäuden als Sommerquartier (FL1.1.1)
  2. Anlage von Spaltenquartieren an Jagdkanzeln und -hütten (FL2.4)
  3. Neuschaffung von Spaltenquartieren an / in Gebäuden als Winterquartier (FL1.1.2)
  4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)
  5. Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern) (W 4.2)
  6. Strukturanreicherung von Wäldern (W6.1, W2.5, W2.1, W5.2, G1)
  7. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Neuschaffung von Spaltenquartieren an / in Gebäuden als Sommerquartier (FL1.1.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch die Anlage von Spalten / Hohlräumen als Hangplätze in störungsarmer Umgebung sollen Quartierverluste kompensiert werden. Durch die Maßnahme werden Hangplätze für Fledermäuse entweder durch die Schaffung von Hohlräumen entwickelt oder der Zugang zu bestehenden Hohlräumen geschaffen. Entwicklung von neuen QuartierstrukturenAnbringung von Verschalungen, Flachkästen, FassadenkästenAnlage von spaltenreichen Strukturen an Wänden / Mauern / Löchern in HohlblockwändenAnlage von Spalten / Hohlräumen in BrückenhohlkästenOptimierung von QuartierstrukturenÖffnen von Dachkästen und anderen Abschlüssen als Zugang zu (potenziellen) Quartieren / HohlräumenMaßnahme ist geeignet bei der Zerstörung nur eines (lokalen) Quartiers, nicht bei der Beeinträchtigung des Quartierverbundes. Bei großen Abrissvorhaben können u.U. eine Vielzahl an Quartieren und Quartierstrukturen verloren gehen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Maßnahme sollte sich 1:1 an der verloren gehenden Struktur orientieren (Exposition der Maßnahme, Besonnung, klimatische Gegebenheiten der Neuschaffung etc.).
  • Es sollte möglichst das Quartierpotenzial in direkter Umgebung zu verloren gehenden Strukturen geprüft werden und wenn möglich auch optimiert werden.
  • Neu zu schaffende Quartiere (Einflug) sollten mindestens 3 m hoch angelegt werden, um Eingriffe durch Personen oder Haustiere zu vermeiden. Nach Möglichkeit sollten Quartiere nach Süden oder Osten exponiert werden; eine Anflugöffnung nahe einer Hausecke oder einer anderen auffälligen Struktur am Gebäude (Giebel, Erker, Fensterbank) erleichtern den Tieren das Auffinden des Quartiers.
  • Anlage möglichst in den strukturreichen Lagen der Ortschaften (z.B. alte Dorfkerne oder alte Hofgebäude).
  • Nähe zu (alten) Baumgruppen und / oder Gewässern.
  • Anbindung an sonstige Leitstrukturen.
  • Vermeidung von Kollisionsgefahren (Ein-/Ausflugbereich nicht in unmittelbarer Nähe zu Straßen / in Ausrichtung auf eine Straße).
  • Werden Fledermauskästen (s.u.) aufgehängt, sollen diese Gruppen von 5-10 Kästen bilden. Da zur Paarungszeit auch territoriale Fledermausmännchen die Kästen belegen können, sollte der kleinste Abstand zwischen den Kästen nicht unter 5 m liegen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Aufgrund der jeweils sehr unterschiedlichen Bedingungen (Lage der Maßnahme, Besonnung etc.), ist die Maßnahmendurchführung stets eine Einzelfallentscheidung. Somit muss die Planung und Umsetzung dieser Maßnahme bei besonderen Vorkommen von ortskundigen Experten begleitet werden.
  • Gehen durch den Eingriff Spaltenquartiere z.B. hinter Fensterläden, in Rollladenkästen und vergleichbaren Strukturen verloren, können diese durch Fledermauskästen ersetzt werden. Als Wochenstubenquartiere der Zwergfledermaus werden nach Erfahrungswerten (DIETRICH 1994, 1998, DIETRICH & DIETRICH 1991 und eigenen Daten) folgende Kastentypen angenommen: Rundkästen (z.B. die Typen Fa. Schwegler Typ 2F, 2FN; Fa. Strobel: Rundkasten; Fa. Hasselfeldt: Typ FLH - Bayrischer Giebelkasten) und Flachkästen verschiedener Bauart (z.B. der Fledermausspaltenkasten FSPK der Fa. Hasselfeld (Koch nach Pommeranz in Lit.)). Lt. Herstellerangaben Einbausteine verschiedener Bauart (Kastentypen, die in die Wände integriert werden oder auf Wände aufgeschraubt werden), bspw. Fledermauseinbausteine der Firmen Hasselfeld, Schwegler und Strobel.
  • Pro zu ersetzendem Quartier werden mindestens fünf neue Quartierangebote in räumlicher Nähe zueinander geschaffen.
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Gutachtervorschlag: Je Verlust eines Quartiers muss mindestens die fünffache Menge an Angebot geschaffen werden. Dieser Orientierungswert (fachliche Einschätzung) ist plausibel unter dem Aspekt, dass durch ein höheres Angebot die Wahrscheinlichkeit des Auffindens und die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Angeboten die Akzeptanz steigern.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Vorrichtungen sind alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Weitere Unterhaltungsmaßnahmen sind nicht erforderlich.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Werden Gebäudequartiere durch Baumaßnahmen beansprucht, sollten zunächst die Lage des Quartiers sowie die Einflugmöglichkeiten in das Quartier abgeklärt werden. So kann geprüft werden, ob das Quartier bzw. wesentliche Quartiereigenschaften nicht erhalten bleiben können, beispielsweise durch eine Modifikation des geplanten Umbaues bzw. der Bauausführung.
  • Konflikte mit Gebäudeeigentümern / Bewohnern sind im Vorfeld zu klären / auszuräumen.
  • Beachtung der von REITER & ZAHN (2006) aufgestellten Richtlinien für die Sanierung von Quartieren der Zwergfledermaus.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 2 Jahren (1-5 Jahre), Belege s.u.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit. Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Der Maßnahmentyp wird häufig vorgeschlagen bzw. dokumentiert (Internetquellen s.u.).
  • Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen vor: Kontrollen im Zusammenhang von Sanierungsmaßnahmen angelegter Ersatzquartiere ergaben, dass diese sehr schnell, z. T. schon im ersten Jahr nach der Anlage, von Zwergfledermäusen besiedelt wurden (HERMANNS et al. 2002, SIMON et al. 2004).
  • Es existieren keine dem Maßnahmentyp widersprechenden Hinweise. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Empfehlungen in der Literatur als hoch eingeschätzt. Daher besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.
  • Aufgrund ausstehender wiss. Nachkontrollen muss bis auf Weiteres eine Nachkontrolle erfolgen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

2. Anlage von Spaltenquartieren an Jagdkanzeln und -hütten (FL2.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch das Ausbringen von Fledermauskästen sollen Quartierverluste kurzfristig kompensiert werden. Diese Maßnahme dient nur als Ersatz für verloren gehende Quartiere im Waldbereich. Quartierverluste an Gebäuden können mit dieser Maßnahme nicht kompensiert werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Die Anbringung von Quartieren darf nicht an mobilen Jagdkanzeln durchgeführt werden. Die dauerhafte Sicherung des Maßnahmenstandorts muss sichergestellt werden.
  • Die Anbringung der Kästen / Spaltenquartiere soll in Gruppen zu je 4-6 Stk. an den ausgesuchten Jagdkanzeln / -hütten erfolgen. Jede Kastengruppe soll mehrere Modelle beinhalten (s.u.).
  • Das Anbringen der Kästen / Spaltenquartiere soll mit unterschiedlicher Exposition (von schattig bis sonnig) und in unterschiedlichen Höhen (je nach Voraussetzung >3-4 m als Schutz vor Vandalismus, Diebstahl und Störungen) erfolgen.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (Freiheit von hineinragenden Ästen).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren sind 15 Kästen / Spaltenquartiere pro Hektar (in Anlehnung an ABC-Bewertung, LANUV 2010) gruppenweise ggf. auch im Umkreis des Maßnahmenstandorts im Wald anzubringen.
  • In einer Pufferzone von 100 m um den Maßnahmenstandort muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: je Verlust eines Quartiers hat sich in der Praxis ein Ersatz durch 5-10 Fledermauskästen etabliert. Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum der Kolonie bestehen. (Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen die genannten Orientierungswerte (fachliche Einschätzung) unter dem Aspekt geringerer Lebensdauer und – thermischer und im Hinblick auf Parasitenbefall – eingeschränkter Funktionalität gegenüber natürlichen Baumhöhlen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Kästen sind mindestens jährlich auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Reinigung (Entfernen von Vogel- und anderen alten Nestern). Flachkästen müssen mindestens alle 5 Jahre auf Funktionsfähigkeit geprüft werden (keine Reinigung notwendig).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Diese Maßnahme eignet sich nicht für die Kompensation von verloren gehenden Gebäudequartieren.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen ? 2 Jahren (1-5 Jahre).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt. Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen nicht vor, jedoch auch keine dem Maßnahmentyp widersprechenden Hinweise. Das Anbringen von Fledermausbrettern an Jagdkanzeln wird von Expertengremien empfohlen (z.B. http://www.thueringen.de/de/tmlfun/themen/naturschutz/fledermaus/nistkaesten/content.html, 27.07.2011). Es existieren einzelne positive Nachkontrollen (NN, in: der Flattermann, Heft 2 / 2009, Abb. 8). Wissenschaftliche Ergebnisse aus Nachkontrollen liegen nicht vor. Ein wissenschaftlich begleitetes Projekt „Ersatzquartiere für Fledermäuse an Jagdkanzeln“ fand in Österreich statt (Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich http://www.netzwerk-naturschutz-le.at/projekte/select.php?id=121). Das Projekt ist abgeschlossen, wissenschaftliche Ergebnisse sind aber noch nicht publiziert. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund als hoch eingeschätzt. Daher besteht eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.
  • Nach MESCHEDE & HELLER (2000, F&E-Vorhaben des BfN: „Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern“) ist der Einsatz von Nistkästen nicht geeignet, um langfristig den Mangel an natürlichen Höhlen auszugleichen. (Ebenso: BRINKMANN et al. 2008). In der Regel sollte die Maßnahme eingebettet sein in eine Maßnahme: Nutzungsaufgabe von Bäumen / Waldbereichen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

3. Neuschaffung von Spaltenquartieren an / in Gebäuden als Winterquartier (FL1.1.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch den Einbau von Spaltenquartieren in Gebäude, Brücken und ähnliche Strukturen sollen Quartierverluste kurzfristig kompensiert werden. Folgende Maßnahmentypen sind denkbar:Ausbringung von bedingt Frost geschützten Großraumkästen an Außenfassaden oder vergleichbaren Strukturen (s. http://www.fledermauskunde.de/fsch-kas.htm)

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Kästen sollen in Gruppen zu je 10 Stk. an / in den ausgesuchten Gebäuden / Bauwerken erfolgen. Jede Kastengruppe soll mehrere Modelle beinhalten (s.u.).
  • Das Anbringen der Kästen soll in unterschiedlichen Höhen (> 3-4 m als Schutz vor Vandalismus, Diebstahl und Störungen) und mit geschützter Exposition (schattig) außen bzw. ggf. innerhalb der Gebäude / Bauwerke erfolgen.
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (Freiheit von hineinragenden Ästen).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Als Winterquartiere von Zwergfledermäusen werden nach Erfahrungswerten Flachkästen bzw. Spaltenquartiere mit nur 1-2 cm Spaltenbreite (Eigenbau) in Brückenbauwerken angenommen (FUHRMANN, HEUSER mündl.). Auch Kastentypen (Einbausteine, Fassadenkästen, Großraumhöhlen) sind auf dem Markt, die den Anforderungen entsprechen.
  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren sind ?3 Kästen im räumlichen Verbund erforderlich (in Anlehnung an die ABC-Bewertung, LANUV 2010). Es gibt keine anderen begründeten Mengen- bzw. Größenangaben in der Literatur.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Kästen sind mindestens jährlich auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Reinigung (Entfernen von Vogel- und anderen alten Nestern). Flachkästen müssen mindestens alle 5 Jahre auf Funktionsfähigkeit geprüft werden (keine Reinigung notwendig).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen ? 2 Jahren (1-5 Jahre).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Die Unterbrechung der Tradition eines Winterquartiers durch Entnahme / Zerstörung birgt das Risiko der Aufgabe des gesamten Quartierstandortes, auch wenn „Neuschaffungen“ im näheren Umfeld erfolgen. Quartierwissen und Eignung als Winterquartier (durch positiven Überwinterungserfolg) werden in der Population weitergegeben. Deswegen ist zweifelhaft, ob bei einer „Neuschaffung von Winterquartieren“ eine Annahme erwartet werden kann, jedenfalls nach einer kurzen Zeitphase von weniger als fünf Jahren.
  • Es bestehen Kenntnisdefizite: Ob der Umsiedlungserfolg in ein neues Quartier von einer sehr geringen Entfernung vom alten positiv beeinflusst wird und ob eine große bzw. eine kleine Ausgangspopulation günstig für die Erfolgsaussicht ist, ist bislang nicht untersucht. Nach Gutachtereinschätzung bergen geringe Individuenzahlen die Gefahr, dass ein Quartierstandort vollständig aufgegeben wird, da diese wenigen Tiere nur ein geringes Potenzial haben, ein „neu geschaffenes potenzielles Winterquartier“ zu entdecken, jedenfalls dann, wenn die „Neuschaffung“ mehr als 20–100 m von dem genutzten Winterquartier entfernt liegt. Möglicherweise werden „Neuschaffungen“ von (einzelnen) Zwergfledermäusen eher entdeckt, wenn sich viele Tiere im Bereich des zerstörten bzw. neu geschaffenen Winterquartiers aufhalten (weil es sich um ein besonders individuenstarkes Winterquartier handelt). Jedoch ist dies bislang nicht durch Untersuchungen abgesichert.
  • Positive Beurteilungen von „Neuschaffungen“ von Winterquartieren sind in der Literatur nicht belegt. Der Maßnahmentyp wird auch in der Literatur nicht vorgeschlagen.
  • Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Empfehlungen in der Literatur als gering eingeschätzt. Daher besteht keine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: gering

Fazit Eignung: gering

4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Zwergfledermäuse jagen in einem Radius von 1–2 km um das Quartier. Die Jagdgebiete werden entlang von linearen Strukturen aufgesucht und bejagt (EICHSTEDT & BASSUS 1995, VERBOOM & HUITEMA 1997). Entsprechend kann durch Pflanzung von Gehölzen der Zugang der Fledermäuse zu vorhandenen oder zusätzlichen Jagdhabitaten erschlossen werden. Durch das Schließen von (größeren) Lücken in Gehölzsystemen wird ein vergleichbarer Effekt erzielt.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Um die Pflanzung dauerhaft zu machen, sollten die geplanten Heckenstandorte mit der örtlichen Landwirtschaft abgestimmt werden.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Je nach Standortbedingungen (Nährstoff- und Wasserversorgung) ist im Einzelfall das Pflanzgut auszuwählen und im Idealfall schnellwüchsige Arten, deren Pflanzung relativ dicht durchzuführen ist, damit sich eine funktionale Leitstruktur für Fledermäuse relativ schnell entwickeln kann.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur.
  • Eine regelmäßige Pflege des Maßnahmenstandorts durch Gehölzschnitt sollte nicht erfolgen. Ist dies nötig, sollte jedoch sowohl ein zeitliches als auch räumlich getrenntes Zurückschneiden / „auf den Stock setzten“ stattfinden, sodass die Maßnahme ihre Eigenschaft als Leitstruktur nicht verliert.
  • Fachliche Einschätzung: Eine Wirksamkeit dieser Maßnahme wird bei einer Gehölzhöhe von 2-3 m erreicht sein.
  • Ergibt sich aus Telemetrie- oder Detektoruntersuchungen, dass die Flugwegeverbindungen eine unterschiedliche Funktion / Bedeutung haben, muss dies Berücksichtigung finden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Gehölzpflege alle 10-15 Jahre (Erhaltung der geschlossenen Struktur) durch begrenzte Pflegereingriffe (s. u.).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Schnellwachsende Gehölze (z.B. Weiden) an gut wasserversorgten Standorten sorgen kurzfristig für eine dichte, und ausreichend hohe Leitstruktur. An mageren Standorten ist eine kurzfristige Eignung nur mit einem räumlich dichten Einsetzen von Heisterpflanzungen zu erreichen. Ansonsten ist nur eine mittelfristige Wirksamkeit der Maßnahme zu erreichen.
  • Umfangreiche Pflegeeingriffe (zum Beispiel „auf den Stock setzen“) können auf größerer Länge nur durchgeführt werden, wenn die Individuen nicht präsent sind (Winter) und sofern Ersatzstrukturen (eine andere Hecke in der Nähe oder ein provisorischer Zaun) die Verbindungsfunktion auch während der Pflege bzw. des Wiederanwachsens aufrechterhalten können.
  • Bei der Planung einer Neuanlage von Gehölzstrukturen sind die möglichen (negativen) Auswirkungen auf andere Arten (u.a. Offenlandbrüter) zu berücksichtigen und ggf. naturschutzfachlich gegeneinander abzuwägen.
  • Die Priorität der Maßnahme wird für die Zwergfledermaus als gering eingeschätzt. Eine Eignung / Umsetzung wird daher nur in Sonderfällen empfohlen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist – je nach Standort – kurz- bis mittelfristig (1-5 Jahre) umsetzbar. Die Gehölzpflanzungen müssen eine Höhe von mindestens 2-3 m haben, um funktional wirksam zu sein (Nachweise Struktur gebundener Fledermausarten an 2-3 m hohen neuen Heckenstrukturen im Zuge wissenschaftlicher Nachkontrollen an der A 17 bei Dresden; NACHTaktiv / SWILD 2007).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind unter günstigen Bedingungen kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind vergleichsweise gut bekannt (u.a. VERBOOM & HUITEMA 1997).
  • Wissenschaftliche Belege existieren nicht. Die Plausibilität der Maßnahme wird trotzdem im Analogieschluss als hoch eingestuft, zumal eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme herstellbar ist. (Insoweit wäre ggf. auch der Maßnahmenerfolg durch ein Maßnahmen bezogenes Monitoring eindeutig feststellbar).
  • Die Maßnahme findet sich in den einschlägigen Empfehlungen, auch artbezogen (siehe zum Beispiel die Erläuterungen zum bundesweiten Monitoring nach PAN & ILÖK 2010, „Methode Beeinträchtigungen“ in http://ffh-arten.naturschutzinformationen.nrw.de/ffh-arten/web/babel/media/6529.pdf)

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern) (W 4.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Erhöhung des Anteils strukturreicher Grenzlinien. Beute der Art sind neben Zuckmücken und Fliegen, Schmetterlinge, Käfer, Köcherfliegen, Netzflügler, Hautflügler, Zikaden und Eintagsfliegen (ausschließlich flugfähige Insekten). Die Jagd erfolgt im Flug. Diese Anforderungen werden von struktureichen inneren und äußeren Grenzlinien im Wald am besten – im Vergleich zum Waldinnenraum und zu Offenlandflächen – erfüllt (EKMANN & DE JONG 1994). Hinweis: im Allgemeinen sind Jagdhabitate für die Zwergfledermaus kein limitierender Faktor. Entsprechend sind Maßnahmen zur Neuschaffung von Jagdhabitaten speziell für die Zwergfledermaus höchstens ausnahmsweise erforderlich (geringe Priorität).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Möglichst südexponierte, warme Randlagen (Insektenreichtum).
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen folgende Orientierungswerte (subjektive fachliche Einschätzung): Als Faustwert kann als eine signifikante Verbesserung des Nahrungsangebotes eine Erhöhung der Grenzlinienlänge / -dichte um 10% angesehen werden.
  • Aufgrund der gemeinschaftlichen Nutzung von Nahrungshabitaten entspricht der Maßnahmenbedarf auch bei Betroffenheit von Jagdgebieten mehrerer Individuen der verloren gehenden oder funktional entwerteten Fläche.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Waldrandpflege alle 5–10 Jahre (Offenhaltung, ggf. waldbauliche Eingriffe bei ungünstiger Entwicklung oder Dominanz unerwünschter Arten).
  • Waldinnenränder: Die Maßnahmen müssen v.a. darauf ausgerichtet werden, den Waldrand / die Schneise als Flugraum der Art zu erhalten. Hierzu müssen die Freiflächen mindestens mit einer Breite von ?5 m angelegt werden (unter Berücksichtigung des Flugverhaltens der Art einerseits (vgl. ASCHHOFF et al. 2006) und geringer Pflegebedürftigkeit andererseits).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Maßnahme ist – je nach Standort – kurz- bis mittelfristig umsetzbar.
  • In stark vergrasten, windexponierten Beständen kann es schwierig sein, entsprechende Strukturen, z.B. durch Unterpflanzung, zu entwickeln.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen sind unter normalen Bedingungen kurzfristig entwickelbar. Die Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Von einer Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zur Herstellung von Nahrungshabitaten wird ausgegangen. Die Plausibilität der Maßnahme wird trotzdem als mittel eingestuft, zumal eine direkte Kausalbeziehung zwischen Nutzung durch die Fledermausart und Maßnahme nicht herstellbar ist (insoweit ist auch der Maßnahmenerfolg nicht eindeutig feststellbar).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel (Maßnahme ist im Allgemeinen aber nicht erforderlich / wird deswegen nur in Sonderfällen empfohlen)

6. Strukturanreicherung von Wäldern (W6.1, W2.5, W2.1, W5.2, G1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Optimierung von Jagdhabitaten durch waldbauliche Maßnahmen: Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in Laubwaldbeständen Freistellen von älteren, eingewachsenen Eichen Auflichten von dichten Beständen Nutzungsaufgabe und / oder Förderung von Totholz Anlage von Stillgewässern Die Maßnahme dient dazu, verlorent gegangene oder funktional graduell entwertete Nahrungshabitate zu ersetzen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Siehe Maßnahme Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern)
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Maßnahme ist lt. Erfahrungen der Experten aus NRW nur bei Waldflächen von mind. >1 ha geeignet.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Siehe Maßnahme Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern)

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Priorität der Maßnahme wird für die Zwergfledermaus als gering eingeschätzt. Eine Eignung / Umsetzung wird daher nur in Sonderfällen empfohlen.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Wirksamkeit tritt – je nach Maßnahmentyp – kurz-, mittel- oder langfristig ein. Da eine unmittelbare kausale Beziehung zwischen Maßnahme und Auswirkung auf die Fledermäuse bei einigen Maßnahmen nicht ohne weiteres herstellbar ist, ist die zeitliche Dauer bis zur Wirksamkeit bei diesen Maßnahmen unbekannt:
  • Kurzfristig: Anlage von Stillgewässern: die Zahl / Dichte an Insekten erhöht sich schon nach wenigen Wochen spürbar. Neue Stillgewässer werden von Fledermäusen dementsprechend auch bereits nach kurzer Zeit aufgesucht und bejagt.
  • Kurzfristig / unbekannt: Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in Laubwaldbeständen.
  • Kurzfristig: Auflichten von dichten Beständen: die entsprechenden Habitate werden durch die Auflichtung erst bejagbar. Allzu dichte (Jung-)Bestände werden dagegen nicht bejagt (u.a. KLENKE et al. 2004).
  • Kurzfristig / unbekannt: Freistellen von älteren, eingewachsenen Eichen.
  • Mittel- bis langfristig / unbekannt: Nutzungsaufgabe und / oder Förderung von Totholz.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Siehe Maßnahme Anlage von arten- und strukturreichen Waldinnen- und -außenmänteln (Verdichten von Waldrändern)

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel (je nach Maßnahmen-Subtyp) (Maßnahme ist im Allgemeinen aber nicht erforderlich / wird deswegen nur in Sonderfällen empfohlen)

7. Fazit

Für die Zwergfledermaus stehen geeignete Maßnahmen zur Herstellung / Sicherstellung eines Quartierangebotes sowie zur Herstellung von Flugrouten zur Verfügung.

Angaben zu Priorisierung:

Die Anlage von neuem Quartierangebot durch Spaltenquartiere in / an Gebäuden ist für diese Art von hoher Priorität. Aufgrund der Anpassungsfähigkeit der Art sind die Maßnahmen zur Herstellung von Flugrouten und Nahrungshabitaten (Gehölzanlage bzw. der Strukturanreicherung) von geringer Priorität. Eine Umsetzung ist daher nur in Sonderfällen angebracht.