Bechsteinfledermaus  (Myotis bechsteinii (Kuhl,1818))

(Syn.: Nycates bechsteinii, Myotus bechsteini, Vespertilio bechsteini Leisleri)

EU-Code: 1323

Artenschutzmaßnahmen

  1. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)
  2. Anbohren von Bäumen bzw. Fräsen von Initialhöhlen (FL2.2)
  3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)
  4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)
  5. Strukturanreicherung von Wäldern (W1.1 / W5.2, W2.1, W2.5, O3.1.3, G1.3)
  6. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Installation von Fledermauskästen (FL2.1, W1.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch das Ausbringen von Fledermauskästen sollen Quartierverluste im Wald (Baumhöhlen) kurzfristig kompensiert werden. Die Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Quartiere / Quartierhabitate im räumlichen Zusammenhang der betroffenen Kolonie an anderer Stelle kurzfristig über einen begrenzten Zeitraum bereit zu stellen. Zur langfristigen Sicherung des Quartierstandorts muss der umliegende Wald aus der regulären forstlichen Nutzung genommen werden (Nutzungsverzicht oder Erhöhung des Erntealters von Waldbeständen auf >160 Jahre für Buchen-, >200 Jahre für Eichen-, >120 Jahre für Nadelwälder), sodass sich eine ausreichende Anzahl an natürlichen Baumhöhlen entwickeln kann.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Die Waldstruktur / forstwirtschaftliche Nutzungsweise hat einen erheblichen Einfluss auf das Vorkommen der Bechsteinfledermaus, die typischerweise Baumhöhlen als Sommerquartier nutzt und diese häufig wechselt. Ein Vorkommen von Kolonien setzt daher eine hohe Anzahl an geeigneten Höhlenbäumen voraus, die i.d.R. als Quartierverbund genutzt werden. Oft nutzen Kolonien die Bereiche einer Waldfläche, in der die Baumhöhlendichte am höchsten ist und sofern geeignete Quartierbäume in ausreichender Zahl vorhanden sind; während der Reproduktionszeit im engen Verbund, auf meist nur wenigen Hektar, als „Koloniezentrum“.
  • Für die Maßnahmendurchführung wird ein Wald ausgewählt, der die Eignung als Nahrungshabitat aufweist und aufgrund des vorhandenen Entwicklungspotenzials mittel- bis langfristig auch als Quartierwald (hohe Höhlenbaumdichte erforderlich) in Betracht kommt.
  • Die Ausbringung der Kästen soll in Gruppen zu je 10 Stk. in den ausgesuchten Parzellen im Aktionsraum der betroffenen Kolonie erfolgen. Geeignete Maßnahmenstandorte sind aufgrund der relativ kleinen Aktionsräume die eine Kolonie oft nur besiedelt (meist wenige (2-5) km2) zuvor fachgutachterlich zu ermitteln, da die Anbringung der Kästen keinesfalls im Aktionsraum einer benachbarten Kolonie durchzuführen sind.
  • Da die Art als lichtempfindlich gilt, dürfen die Maßnahmenstandorte nicht durch nächtliche Beleuchtung (Straßenlaternen, Siedlungsnähe) beeinträchtigt sein.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren, sind 15 Kästen pro Hektar (Quelle: ABC-Bewertung des LANUV NRW 02/2010) gruppenweise auf den geeigneten Flächen anzubringen.
  • Als Wochenstubenquartiere werden nach Erfahrungswerten u.a. Rundkastentypen angenommen (z.B. 2F und 2FN - Fa. Schwegler), aber auch eine Reihe weiterer Bauformen (u.a. Fledermaushöhle FLH und FGRH - Fa. Hasselfeldt), häufig auch Vogelnistkästen, u.a. mit Vorwölbung am Einflugloch wie die Typen 2GR, 3SV (Fa. Schwegler) sowie Kästen, die dem „Bayrischen Spitzgiebelkasten“ ähneln.
  • Kasten tragende Bäume sind dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. In einer Pufferzone von 100 m um den Kastenstandort muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: je Verlust eines Quartiers hat sich in der Praxis ein Ersatz durch 5 - 10 Fledermauskästen etabliert. Daher muss die Maßnahmenfläche ausreichend groß sein oder aus mehreren verteilten Einzelflächen im Aktionsraum der Kolonie bestehen. (Es gibt keine begründeten Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Plausibel erscheinen die genannten Orientierungswerte (fachliche Einschätzung) unter dem Aspekt geringerer Lebensdauer und – thermischer und im Hinblick auf Parasitenbefall – eingeschränkter Funktionalität gegenüber natürlichen Baumhöhlen).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Kästen sind dauerhaft mindestens jährlich auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. In diesem Rahmen erfolgt auch eine Reinigung (Entfernen von Vogel- und anderen alten Nestern).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume / Bäume an denen Kästen angebracht werden).
  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.
  • Die langfristige Sicherung von Baumquartieren erfolgt parallel über den Nutzungsverzicht von Höhlenbäumen im Umkreis von 100 m um den Kastenstandort (z.B. durch die Schaffung von Altholzinseln).
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u.a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Nach Experteneinschätzung könnten als Maßnahmenfolge Beeinträchtigungen benachbarter Kolonien auftreten, sofern es zu Konkurrenzsituationen durch ein „Zusammendrängen“ benachbarter Kolonien aufgrund dieser Maßnahme käme. Deswegen sollen keine Kästen im möglichen Überlappungsbereich benachbarter (nicht beeinträchtiger, rein baumhöhlen-nutzender) Kolonien eingesetzt werden.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit abhängig vom ursprünglichen Quartiernutzungstyp der betroffenen Kolonie. Ist eine Kolonie betroffen, die bereits Kästen als Quartiere kennt und nutzt, so ist mit einer kurzfristigen Wirksamkeit zu rechnen.
  • Bei Kolonien die bislang aus rein „baumhöhlentreuen“ Individuen besteht, sind Prognosen nur unzureichend möglich und es wird nur mit einer mittel bis – (sehr) langfristigen Annahme der Kästen gerechnet, sofern Höhlenbäume auch weiterhin in ausreichender Zahl vorhanden sind und keinen limitierenden Faktor für die Kolonie darstellen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit. Die für den Maßnahmentyp relevanten Habitatansprüche der Art sind gut bekannt.
  • Es liegen mehrere hinreichende Wirksamkeitsbelege vor, dass Bechsteinfledermäuse Kästen regelmäßig nutzen. Der Maßnahmentyp wird häufig genannt und dokumentiert. Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen des Ersatzes von FoRu nach einem Eingriff im engeren Sinn liegen nicht vor, jedoch ist die Populationsökologie, Sozialstruktur und die Nutzung von Kästen durch die Bechsteinfledermaus wissenschaftlich gut untersucht (z.B. KERTH 1998, KERTH & RECKARDT 2003). Es existieren auch keine dem Maßnahmentyp widersprechenden Hinweise. Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der Artökologie und der Empfehlungen in der Literatur als hoch eingeschätzt. Daher besteht grundsätzlich eine Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Dies ist nach dem Votum des Expertenworkshops in NRW wie folgt zu differenzieren:
  • Eine hohe Prognosesicherheit besteht bei Kolonien, die bereits Kästen „kennen“ und auch als Quartier nutzten.
  • Eine geringe Prognosesicherheit besteht bei rein Baumhöhlen bewohnenden Kolonien. Dort ist möglicherweise erst nach einer Annahmephase langfristig mit einem Erfolg zu rechnen.
  • Nach MESCHEDE & HELLER (2000), F&E-Vorhaben des BfN: „Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern“) ist der Einsatz von Nistkästen nicht geeignet, um langfristig den Mangel an natürlichen Höhlen auszugleichen (Ebenso: BRINKMANN et al. 2008).
  • Vor diesem Hintergrund wird die Maßnahme hier in der Form vorgeschlagen, dass zumindest der den Kasten tragende Baum – besser noch ein entsprechender Waldbestand – dauerhaft aus der Nutzung genommen wird. In der Regel soll die Maßnahme eingebettet erfolgen in eine Maßnahme: Nutzungsaufgabe von Bäumen / Waldbereichen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: gering bis hoch (je nach Quartiernutzungstradition der Kolonie)

2. Anbohren von Bäumen bzw. Fräsen von Initialhöhlen (FL2.2)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Durch Anbohren von Bäumen bzw. Fräsen von Initialhöhlen wird künstlich ein zusätzliches Höhlenangebot geschaffen.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Wie Maßnahme 1 „Installation von Fledermauskästen“
  • Für die Maßnahmendurchführung werden möglichst Baumstämme ausgesucht, welche bereits Vorschädigungen aufweisen (z.B. Trocken- / Rindenschäden, Pilzbefall), sodass eine schnelle(re) Ausfaulung der Höhle erwartet werden kann.
  • Aufgrund der Harzbildung sollte diese Maßnahme nach Angaben der Experten aus NRW bei Nadelbäumen keine Anwendung finden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die angestrebte Fräsform (Höhlenmaße) orientiert sich an den für Wochenstubenquartiere in der Literatur dargestellten Maßen (DIETZ & PIR 2009: Tab. 3) und/oder den Innenmaßen entsprechender Kunsthöhlen.
  • Um ein wirksames Quartierangebot zu realisieren, sind 15 Kunsthöhlen pro Hektar (eigene Einschätzung in Anlehnung an die ABC-Bewertung des LANUV NRW, 2010) gruppenweise auf den geeigneten Flächen anzubringen.
  • Bäume mit Kunsthöhlen sind dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen.
  • In einer Pufferzone von 100 m um den Kunsthöhlenstandort muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.
  • Orientierungswerte pro Quartierverlust: Erfahrungswerte für den Einsatz von künstlich geschaffenen Baumhöhlen existieren bislang nicht. Insofern müssen sich die Werte je Verlust eines Quartiers bis zum Vorliegen anderer Erkenntnisse an den Erfahrungswerten für Fledermauskästen anlehnen (s. „Installation von Fledermauskästen“).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die gefrästen Höhlen sind dauerhaft alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume / Bäume an denen Kästen angebracht werden).
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u.a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Der Zeitraum, bis neu gefräste Baumhöhlen als Bechsteinfledermaus-Quartier dienen können, ist bislang aufgrund fehlender breiter Anwendung der Maßnahme nur im Einzelfall bekannt. Nach Berichten von M. Simon (Marburg) von einem Anwendungsfall (unveröff.) wurde eine Wochenstubenkolonie der Bechsteinfledermaus in entsprechend künstlich angelegten Baumhöhlen erstmalig im dritten Jahr nach Maßnahmenumsetzung festgestellt. Weil die Quartierstrukturen – je nach Rahmenbedingungen und Ausführung – nach dem Herstellen der Höhlen durch Anbohren / Fräsen vermutlich meist erst durch weitere Ausfaulungsprozesse entstehen müssen, ist in der Regel mit einer längeren „Herstellungszeit“ zu rechnen (>5 Jahre). Die Experten aus NRW haben Zweifel bezüglich der kurzfristigen Wirksamkeit dieser Maßnahme.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Weil die Quartierstrukturen (Höhlendom mit Hangmöglichkeiten) nach dem Herstellen der Höhlen durch Anbohren / Fräsen – je nach Ausführung – erst durch weitere Ausfaulungsprozesse entstehen müssen, ist eine kurze Herstellungszeit nicht sicher anzunehmen (>5 Jahre).
  • Ein Vorteil der Maßnahme ist, dass mittel- bis langfristig Höhlen entstehen (können), die hinsichtlich der Eigenschaften (thermische Eigenschaften, Parasitenbefall) natürlichen Specht- bzw. Baumhöhlen nahe kommen oder diesen sogar entsprechen.
  • Es liegen (bislang) keine hinreichenden Wirksamkeitsbelege vor. Der Maßnahmentyp wurde von M. SIMON erstmalig vorgeschlagen (positive Experteneinschätzung); eine Erprobung und wissenschaftliche Dokumentation wurde begonnen (Bild auf: http://www.simon-widdig.de/html/fue_artenschutz.html); Ergebnisse sind nicht veröffentlicht. Jedoch berichtet M. SIMON über die Erstfeststellung einer Wochenstubenkolonie / -gruppe in einer so hergestellten Baumhöhle im dritten Jahr nach Herstellung (M. SIMON, Büro SIMON & WIDDIG Marburg, mündl. Mitt. im Sept. 2012).
  • Es existieren keine dem Maßnahmentyp grundsätzlich widersprechenden Hinweise. Vor dem Hintergrund der Artökologie wird gutachterlich erwartet, dass die Maßnahme mittelfristig wirksam wird. Entsprechende Versuche haben allerdings bis zum Vorliegen gesicherter Erkenntnisse experimentellen Charakter (Monitoring immer erforderlich). Entsprechend dem Expertenvotum wird die Maßnahme mit einer mittleren Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme belegt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: mittel

3. Sanierung von Winterquartieren (FL4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Winterquartiere können im Allgemeinen nicht neu geschaffen werden, da sich diese meist in historischen Gewölben, Kellern oder unterirdischen Stollen, Höhlen o.ä. befinden, die mikroklimatische Besonderheiten aufweisen und durch eine langjährige Tradition von den Tieren genutzt werden. Da sich Fledermäuse in Winterquartieren sehr häufig in Spalten und nicht einsehbaren Hohlräumen verstecken können, kann der Umfang einer Nutzung sowie die Bedeutung eines Winterquartiers lediglich durch einen fachkundigen Spezialisten zuverlässig eingeschätzt werden. Neben der Beteiligung von ortskundigen Experten sind hierzu i.d.R. vorauslaufend vertiefende Untersuchungen erforderlich. Gehen Winterquartiere verloren, kann in der Regel nur Ersatz geschaffen werden, indem vorhandene Strukturen (Keller, Stollen, Tunnel, Bunkeranlagen), die bislang nicht besiedelt sind, in Bezug auf die von der Art geforderten Quartiereigenschaften optimiert bzw. saniert werden (zum Beispiel durch Schaffung von Hangstrukturen, Verbesserung der klimatischen Eigenschaften des Quartierraumes).bisher nicht zugängliche unterirdische Hohlräume in Form von Kellern, Stollen, Bunkeranlagen etc. geöffnet werden.vorhandene, als Winterquartier genutzte, Strukturen hinsichtlich ihrer Quartiereigenschaft optimiert werden, indem zum Beispiel vorhandene Störungen (Zugang für störende Menschen, Zugang für Fressfeinde) eliminiert werden.vgl. die Spezialpublikationen (u.a. MITCHELL-JONES et al. 2007). Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Hangmöglichkeiten mit unterschiedlichen Temperatur- und Hangeigenschaften (frostfrei, raue Decken, 2 cm breite Spalten oder Bohrlöcher).
  • Störungsfreie Quartierumgebung, insbesondere Beleuchtungsfreiheit.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).
  • Auf günstige An- und Abflugflugmöglichkeiten ist zu achten (fledermausgerechte Öffnungen, die Fressfeinden keinen Zutritt erlauben).
  • Bei allen Sanierungen ist es sehr wichtig, dass vorhandene Ein- und Durchflugöffnungen erhalten bleiben, da neue Öffnungen meist nur zögerlich oder gar nicht angenommen werden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Genaue Überwinterungsverstecke sind lt. Angaben der Experten aus NRW weitestgehend unbekannt. Vermutet wird ein Eingraben der Tiere in grabfähige Substrate.
  • Vorrangig zu ergreifende Optimierungsmöglichkeiten (MITCHELL-JONES et al. 2007: 15 ff.)
  • Sicherung der Zugänge vor unbefugtem Betreten (Vergitterung)
  • Steuerung von Luftströmung und Temperatur
  • Wiedereröffnung verschlossener unterirdischer Quartiere
  • Anbringen von zusätzlichen Hangplätzen.
  • Je nach örtlicher Situation müssen spezifische Rahmenbedingungen eingehalten werden (s. die allgemeinen Zusammenstellungen in MITCHELL-JONES et al. 2007, REITER & ZAHN 2006).
  • Generell: Bauarbeiten sind bei Winterquartieren von Mai bis Ende Juli möglich. Renovierungen bei ganzjährig genutzten Quartieren sind im Einzelfall nach den Empfehlungen der örtlichen Experten zu planen, der günstigste Zeitpunkt ist meistens nur über eine Einzelfallprüfung ermittelbar.
  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur. Art, Umfang und sonstige Eigenschaften des neuen Wochenstubenquartiers müssen sich an den verloren gehenden Strukturen und Quartiereigenschaften orientieren.
  • In einer Pufferzone von 100 m um das Quartier muss der Waldbestand mindestens dauerwaldartig bewirtschaftet werden oder anderweitig (z.B. durch Nutzungsaufgabe) störungsarm gestellt werden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Das Quartier ist dauerhaft alle fünf Jahre auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Maßnahmen müssen ortspezifisch festgelegt, von Spezialisten begleitet werden und können nur rahmenhaft allgemein beschrieben werden.
  • Wesentlich für den Maßnahmenerfolg ist die fachliche Begleitung bei Planung und Durchführung durch Art-Experten.
  • Es ist stets zu beachten, dass darüber hinaus meist auch weitere Arten in unterirdischen Winterquartieren betroffen sind, die möglicherweise andere mikroklimatische Bedingungen präferieren.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksam innerhalb von im Allgemeinen 1-5 Jahren (sofern ein bestehendes Quartier saniert wurde bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem bestehenden Quartier neu entsteht).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die benötigten Strukturen stehen kurzfristig bereit.
  • Es sind Kenntnisdefizite zu den artspezifischen Ansprüchen vorhanden (siehe http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de).
  • Artbezogene Wirksamkeitsbelege sind nicht vorhanden.
  • Der Maßnahmentyp Sanierung wird naturschutzfachlich als allgemeine Zielsetzung häufig benannt (z. B. Erhaltung von unterirdischen Schwarm- und Winterquartieren (v.a. Einrichtung von einbruchsicheren Verschlüssen bzw. Fledermausgittern, Vermeidung von Umnutzungen und Störungen, Besucherlenkung, Erhalt und Förderung einer naturnahen Umgebung, s. http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de). Wissenschaftlich dokumentierte Nachkontrollen liegen aber nicht vor.
  • Die Plausibilität der Wirksamkeit wird vor dem Hintergrund der traditionellen Nutzung von Winterquartieren und den Wissensdefiziten bezüglich der Örtlichkeiten der Überwinterung (Experteneinschätzung) als mittel eingestuft.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Ja
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: mittel
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: mittel

Fazit Eignung: Mittel (FCS)

4. Anlage von linienhaften Gehölzstrukturen (FL5.1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Bechsteinfledermäuse erschließen sich den Raum außerhalb geschlossener Wälder vorrangig entlang von Leitstrukturen, welche von Hecken, Alleen, Waldrändern und anderen Vegetationselementen gebildet werden (FITZSIMONS et al. 2002, LÜTTMANN et al. 2003, LÜTTMANN & TRAPPMANN 2003). Entsprechend kann durch Pflanzung von Hecken / Gehölzen der Zugang der Fledermäuse zu vorhandenen oder zusätzlichen Jagdhabitaten erschlossen werden. Durch das Schließen von Lücken in Heckensystemen wird ein vergleichbarer Effekt erzielt.(In geschlossenen Waldgebieten dienen Bachläufe, Waldwege und –schneisen als Flugrouten, soweit die Waldbestände nicht direkt durchflogen werden. Ein Herstellen von solchen Schneisen als Flugrouten ist im Allgemeinen nicht erforderlich / sinnvoll).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Als verbindendes Element zwischen dem Standort der Wochenstubenkolonie (Kolonieverbund mit Baumhöhlen im Wald) und günstigen (potenziellen oder nachgewiesenen) Jagdhabitaten, wenn diese in den Waldflächen nicht ausreichend zur Verfügung stehen. U.a. bei Vorkommen in zerschnittenen Waldgebieten (lt; 2 km2 zusammenhängende Waldfläche) oder einem Vorkommen der Bechsteinfledermaus, die einen mosaikartig strukturierten Landschaftsraum mit kleinen Waldflächen / Waldinseln (von jeweils wenigen Hektar Größe) sowie die Offenlandbereiche mit Gehölzstrukturen in Kombination nutzt.
  • Grundsätzlich sollten keine Maßnahmen in Straßennähe angelegt werden, sofern nicht für sichere Querungsmöglichkeiten gesorgt ist (kollisionsempfindliche Art, FÖA 2011).
  • Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen. Hierbei kann Dunkelheit auch als Lenkmaßnahme gezielt eingesetzt werden.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Je nach vorgefundener örtlicher Situation. Es sind keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur vorhanden. Für jeweils einen Flugweg / verloren gehende Struktur muss eine neue entsprechend entwickelt werden.
  • Die Gehölzpflanzungen sollten eine Höhe von mindestens 2-3 m haben, um funktional wirksam zu sein (Nachweise Struktur gebundener Fledermausarten an 2-3 m hohen neuen Heckenstrukturen im Zuge wissenschaftlicher Nachkontrollen an der BAB A 17 bei Dresden; NACHTaktiv / SWILD 2008).
  • Gehölzstrukturen, welche Wälder und naheliegende Obstwiesen verbinden, sind für die Bechsteinfledermaus in diesem Fall nach Angaben der Experten aus NRW besonders geeignet und sinnvoll.
  • Ergibt sich aus Telemetrie- oder Detektoruntersuchungen, dass die Flugwegeverbindungen eine unterschiedliche Funktion / Bedeutung haben, muss dies Berücksichtigung finden.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Gehölzpflege alle 10-15 Jahre (Erhaltung der geschlossenen Struktur) durch begrenzte Pflegeeingriffe (s. u.).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Um die Pflanzung dauerhaft zu machen, sollten die geplanten Heckenstandorte mit der örtlichen Landwirtschaft abgestimmt werden. Insbesondere sind größere Lücken (>10 m) bspw. im Zuge breiter Zufahrten im Hinblick auf die Artanforderungen abzustimmen.
  • Eine Pflege durch Gehölzschnitt sollte in Abstimmung auf die Artanforderungen erfolgen. Ist ein Schnitt nötig, ist sowohl ein zeitliches, als auch räumlich getrenntes Zurückschneiden / „Auf den Stock setzen“ notwendig, sodass die Maßnahme ihre Eigenschaft als Leitstruktur nicht verliert. Die Resthöhe der gepflegten Abschnitte sollte lt. Einschätzung der Experten mindestens 1 m betragen. Ansonsten müssen die entsprechenden Strukturen durch vergleichbare Zaunkonstruktionen (zeitweise) ersetzt werden. Umfangreiche Pflegeeingriffe (zum Beispiel „auf den Stock setzen“) können auf größerer Länge nur durchgeführt werden, wenn die Individuen nicht präsent sind (Winter) und sofern andere Strukturen (eine andere Hecke in der Nähe, ggf. ein provisorischer Zaun an Stelle der hohen Hecke) die Verbindungsfunktion auch während der Pflege bzw. des Wiederanwachsens in der auf den Pflegeschnitt folgenden Zeit aufrechterhalten können.
  • Bei der Planung einer Neuanlage von Gehölzstrukturen sind die möglichen (negativen) Auswirkungen auf andere Arten (u.a. Offenlandbrüter) zu berücksichtigen und Zielkonflikte ggf. naturschutzfachlich abzuwägen.
  • Werden bei dem Eingriff Gehölze beeinträchtigt, ist vor Neupflanzung zu prüfen, ob ein Verpflanzen / Versetzen möglich ist.
  • . Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit:
  • Die Maßnahme ist kurzfristig unsetzbar und wirksam (1-5 Jahre je nach Standort und Pflanzware).
  • Schnellwachsende Gehölze (z.B. Weiden) an gut wasserversorgten Standorten sorgen kurzfristig für eine dichte, und ausreichend hohe Leitstruktur. An mageren Standorten ist eine kurzfristige Eignung nur mit einem räumlich dichten Einsetzen von Heisterpflanzungen zu erreichen (ansonsten nur mittelfristige Wirksamkeit der Maßnahme wahrscheinlich).
  • .

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Nein
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Nein

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Strukturanreicherung von Wäldern (W1.1 / W5.2, W2.1, W2.5, O3.1.3, G1.3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Optimierung von Jagdhabitaten durch waldbauliche Maßnahmen (siehe die separaten Maßnahmenbeschreibungen): Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in LaubwaldbeständenFreistellen von älteren, eingewachsenen EichenAuflichten von dichten BeständenNutzungsaufgabe und/oder Förderung von TotholzAnlage von StillgewässernAnlage von Streuobstwiesen in direkter Nachbarschaft zu Waldrändern.Die Maßnahme dient dazu, verloren gegangene oder funktional graduell entwertete Nahrungshabitate zu ersetzen. Als besonders günstig (Sollzustand) sind alte, feuchte Eichen-Buchen-Altholzbestände mit üppiger krautiger Vegetation und dichtem Unterwuchs anzusehen (ZIMMERMANN 1992). Die Anlage von Waldtümpeln, kleinräumigen Lichtungen und strukturreichen Wegrändern führt zu einer höheren Insektendichte und damit zur Erhöhung des Nahrungsangebotes (KERTH 1997: 29).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Vor dem Hintergrund des vergleichsweise kleinen Aktionsraumes der Art (s.o.) müssen Maßnahmen zur Schaffung von Quartierhabitaten und Maßnahmen zur Schaffung von Nahrungshabitaten möglichst nahe beieinander liegen / in der Regel denselben Waldbestand betreffen (Entfernung bis 500 m, ausnahmsweise weiter bis 1000 m). Bei im Einzelfall größeren Entfernungen sind Habitatverbundaspekte zu beachten und ggf. zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
  • Da die Art als besonders empfindlich gegenüber Barrieren und gegenüber Kollisionen gilt, sollten Nahrungshabitate und Quartierhabitate nicht durch Barrieren bzw. Kollision verursachende Infrastruktur, wie zum Beispiel eine breite Straße, zerschnitten sein.
  • Der Maßnahmenstandort darf keine nächtliche Beleuchtung aufweisen.
  • Eine ausreichende Entfernung des Maßnahmenstandorts zu weiteren potenziellen Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (s. Einführung zum Leitfaden).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Orientierungswerte: Es gibt keine unmittelbar begründbaren Mengen-, bzw. Größenangaben in der Literatur.
  • Der Maßnahmenbedarf entspricht der verloren gehenden oder funktional entwerteten Fläche. Werden die Ersatzhabitate für die Fledermäuse nicht durch zusätzliche Habitate, sondern durch Aufwertung geschaffen, muss dies durch Flächenaufschläge berücksichtigt werden. Die Jagdhabitate der Weibchen überlappen bei der Bechsteinfledermaus wenig (DIETZ & PIR 2009, KERTH et al. 2001). Nach Telemetriestudien werden optimale Habitate (besonders reich strukturierte feuchte Eichenwälder, Waldbereiche um Gewässer) u.U. von mehreren Weibchen genutzt (LÜTTMANN et al. 2003, weitere unveröff. Daten).
  • Zielführend sind alle Maßnahmen, die sowohl den Höhlenreichtum als auch den Insektenreichtum fördern, am besten
  • alle Maßnahmen zur Förderung der Bruthabitate der Spechtarten Großer Buntspecht, Mittelspecht, Grau- und Grünspecht.
  • Maßnahmen zur Schaffung insektenreicher und für die Jagdstrategie der Bechsteinfledermaus optimaler Waldstrukturen durch Förderung mehrschichtiger, mäßig lichter, stellenweise besonnter Waldbereiche (Durchforstung).
  • Die Maßnahmen / Maßnahmenflächen sind geeignet, wenn sie folgende Umsetzung auf denselben Flächen oder eng räumlich benachbart erlauben:
  • Erhalt einer ausreichender Dichte von Höhlenbäumen (>8 – 10 / ha) (MESCHEDE & HELLER 2000, DIETZ & PIR 2009).
  • Erhöhung des Anteils sehr alter Eichen (wenn vorhanden) (Optimalphase ((120) 140 Jahre – 250 Jahre) und Buchen (z.B. durch Schaffung nutzungsfreier Waldbestände / Einzelbäume oder Heraufsetzung des Endnutzungsalters.
  • Strukturierung der Strauch- und unteren Baumschicht: Die Bechsteinfledermaus bevorzugt (Eichen-) Wälder mit einer Strukturierung durch unterständige Buchen / Hainbuchen in einer Dichte, dass sich die Äste der unterständigen Gehölze annähernd berühren, im Wechsel mit durchsonnten Bereichen (DIETZ & PIR 2009). Zwecks Schaffung entsprechender Bereiche wird bei Durchforstungen die Strauch- und untere Baumschicht bis auf ca. 25 % aufgelichtet. Einzelne alte Nadelbäume sind dabei zu erhalten, da alte Fichten- und Kiefern schnell ein Reifestadium erreichen, in das Spechte Höhlen bauen. Diese Höhlen werden als Quartierbäume ebenfalls genutzt (STEINHAUSER 2002, FÖA unveröff. eig. Daten aus der rheinland-pfälzischen Eifel 2011).
  • Strukturierung der oberen Baumschicht: Bei vollständig geschlossenem Kronendach kann eine geringe Auflichtung durchgeführt werden (Zielwerte Laubwald: Deckungsgrad 80-90 %, Mischwald: Deckungsgrad 60-80 %. zur Förderung besonnter Flächen; in Anlehnung an GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1991 S. 1215).
  • Besonders geeignet ist eine Bewirtschaftung des Waldes als Mosaik aus verschiedenen Entwicklungsstufen, Altersklassen, Baumarten und Sonderbiotopen (Gewässer, s.o.). Erreicht werden können solche Strukturen durch Einzelbaumentnahmen, sowie durch Belassen von älteren Bäumen und Totholz im Bestand. Auf diese Weise wird ein Wechsel aus lückigen bis dichteren Beständen erzeugt.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Nein

  • Die Maßnahmen sind eindeutig und individuell zu markieren (aus der Nutzung genommene Bäume / Bäume an denen Kästen angebracht werden).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Ggf. können die Maßnahmen / Maßnahmenflächen im Zielkonflikt mit Maßnahmen stehen, welche lichtere Waldstadien benötigen. Bspw. benötigt das Mausohr Hallenwaldbestände mit einer allenfalls schwachen Gehölzunterbauung.
  • Konflikte, die dem Zielzustand u.a. durch mögliche Wegesicherungspflichten entgegenstehen, sind im Vorfeld zu prüfen und bei der Flächenauswahl zu berücksichtigen. Ggf. ist eine Änderung / Aufgabe des Wegenetzes erforderlich, um Waldbereiche flächig aus der Nutzung zu nehmen und aus der erhöhten Sicherungspflicht zu entlassen.
  • Der Nutzungsverzicht / die Erhöhung des Erntealters ist im Regelfall zusammen mit der Totholzförderung durchzuführen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Wirksamkeit tritt – je nach Maßnahmentyp – kurz-, mittel- oder langfristig ein. Da eine unmittelbare kausale Beziehung zwischen Maßnahme und Auswirkung auf die Fledermäuse bei einigen Maßnahmen nicht ohne weiteres herstellbar ist, ist die zeitliche Dauer bis zur Wirksamkeit bei diesen Maßnahmen unbekannt:
  • Kurzfristig: Anlage von Stillgewässern: die Zahl / Dichte an Insekten erhöht sich schon nach wenigen Wochen spürbar. Neue Stillgewässer werden von Fledermäusen dementsprechend auch bereits nach kurzer Zeit aufgesucht und bejagt (neu angelegte Stillgewässer wurden von Bechsteinfledermäusen innerhalb weniger Wochen nach Anlage zur Jagd aufgesucht; pers. Mitt. J. LÜTTMANN).
  • Kurzfristig / unbekannt: Entnahme von Fremdgehölzen, insbesondere Fichten, in Laubwaldbeständen.
  • Kurzfristig: Auflichten von dichten Beständen: die entsprechenden Habitate werden durch die Auflichtung erst bejagbar. Allzu dichte (Jung-)Bestände werden nicht bejagt (u.a. KLENKE et al. 2004; pers. Mitt. J. LÜTTMANN).
  • Unbekannt: Freistellen von älteren, eingewachsenen Eichen.
  • Unbekannt: Nutzungsaufgabe und/oder Förderung von Totholz.
  • Maßnahmen zur Auflichtung bei starkem flächenhaftem Unterwuchs der Strauch- und unteren Baumschicht sind im nächsten Sommer wirksam (die Struktur besteht unmittelbar nach dem Eingriff).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Die Habitatansprüche der Bechsteinfledermaus sind grundsätzlich gut bekannt und detailliert beschrieben (z. B. SCHLAPP 1990, WOLZ 1992, STEINHAUSER et al. 2002, KERTH 1997, LÜTTMANN et al. 2003, DIETZ & PIR 2009).
  • Die o. g. Maßnahmen werden vom Typ her von verschiedenen Autoren genannt (DIETZ & PIR 2009, BOJE & DIETZ 2005, FITZSIMONS et al. 2002). Spezielle waldbauliche Maßnahmen für die Bechsteinfledermaus sind bisher nicht dokumentiert. Wissenschaftliche Nachweise der Wirksamkeit liegen nicht vor.
  • Da artbezogen keine Belege zur Wirksamkeit von Maßnahmen für die Art vorliegen, ist bis auf Weiteres ein Monitoring erforderlich.
  • Die benötigten Strukturen stehen kurz- bis mittelfristig bereit. Für Auflichtungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Förderung der Baumschicht (Lichtstellung von Eichen) und der Krautschicht zwecks Förderung der Habitateignung als Nahrungshabitat besteht aufgrund der kurzfristigen Herstellbarkeit (Erhöhung der Insektendichte) eine Eignung als CEF-Maßnahme. Maßnahmen, deren Wirksamkeit aus den dargestellten Gründen als mittel-, langfristig oder unbekannt beurteilt wurden, sollten im Regelfall nicht als CEF-Maßnahmen Anwendung finden, sind aber als FCS-Maßnahmen geeignet.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: mittelfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: mittel

6. Fazit

Für die Bechsteinfledermaus stehen mit der bei „Kastenkolonien“ kurzfristig wirksamen Bereitstellung von Fledermauskästen und der Herstellung von Flugrouten durch Pflanzungen wenige Maßnahmen bereit, die uneingeschränkt als CEF-Maßnahme geeignet sind. Mehrheitlich sind die Maßnahmen zur Bereitstellung von Quartieren sowie von Sommer- und Winterlebensräumen aufgrund notwendigen zeitlichen Vorlaufs und / oder nicht genauer Absehbarkeit der Entwicklung eher als mittelfristig wirksam einzustufen. Sie sind dann v.a. als FCS-Maßnahmen empfohlen.

Angaben zu Priorisierung:

Die Entwicklung / Förderung von Baumquartieren als natürliches Quartierangebot hat, wie für alle Fledermausarten die regelmäßig Baumhöhlen als Quartier nutzen, eine hohe Bedeutung. Durch die „Installation von Fledermauskästen in Wäldern kann befristet zusätzliches Quartierangebot für die Bechsteinfledermaus bereitgestellt werden, eine kurzfristige Eignung ist aber nicht immer gegeben (vgl. Kastenkolonien und Baumhöhlenkolonien). Je nach Anpassung / Kastentradition der betroffenen Kolonie hat die Maßnahme daher eine hohe - geringe Priorität zur Verbesserung der Quartiersituation. Die Maßnahme ist generell kombiniert mit Nutzungsverzicht zur langfristigen Förderung von Höhlenbäumen. Ein Anbohren von Bäumen zur Schaffung von Initialhöhlen hat aufgrund der Kenntnisdefizite bezüglich der Erfolgsaussichten als Maßnahme derzeit nur eine geringe Priorität. Die Anlage von Gehölzstrukturen zur Aufrechterhaltung / Neuschaffung von Flugrouten hat aufgrund der überwiegend strukturgebundenen Flugweise der Art eine hohe Priorität, wenn sich deutliche Defizite und hohes Potenzial zur Aufwertung im direkten räumlichen Zusammenhang einer Kolonie erkennen lassen und die Maßnahmen waldnah erfolgen. Maßnahmen zur Strukturanreicherung von Wäldern tragen direkt zur Verbesserung der Lebensstätten in Wälder bei, und sind ebenfalls von hoher Priorität.