Geburtshelferkröte  (Alytes obstetricans (Laur.,1768))

(Syn.: Fesslerkröte, Glockenfrosch)

(Syn.: Bufo obstetricans)

EU-Code: 1191

Art und Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte (FoRu)

„Weite Abgrenzung“

Fortpflanzungsstätte: Da die Paarung auf dem Land stattfindet und die männlichen Tiere sich die Eischnüre um das Fersengelenk legen, mit sich herum tragen bis die Larven schlüpfen und diese dann im Gewässer absetzen, ist das Laichgewässer inklusive des umliegenden Landlebensraums als Fortpflanzungsstätte abzugrenzen.

Ruhestätte: Die Ruhestätten während der Fortpflanzungszeit liegen in ummittelbarer Umgebung zu den Laichgewässern, laut FELDMANN (1981b) selten mehr als 30 m vom Laichhabitat entfernt. Potentielle Ruhestätten im Winter finden sich im Umkreis von wenigen Metern um das Laichgewässer und liegen in den Sommerlebensräumen (KRONSHAGE et al. 2011). Bevorzugte Winterquartiere sind Erdhöhlen, Steinhaufen, Bruchsteinmauern, Gesteinsplatten und Holzstapel (GÜNTHER & SCHEIDT 1996). Spät abgesetzte Larven überwintern regelmäßig im Laichgewässer (Schlüpmann 2008, 2009, KRONSHAGE et al. 2011).

Lokalpopulation

  • die Lokale Population (Reproduktionsgemeinschaft) am / im Laichgewässer, ggf. einschl. benachbarter Vorkommen bis lt; 1000 m Entfernung.
  • Diese Art entfernt sich lt. SCHLÜPMANN (2008, 2009), MÜNCH (2004b) und BLAB (1986, zitiert in KRONSHAGE et al. 2011) nicht weiter als 25 – 100 m vom Laichgewässer. Zurückgelegte Entfernungen bei Fernausbreitungen liegen zwischen 200 und 2600 m (SCHLÜPMANN 2009, LOSKE 1984b, MÜNCH 1993 und KUPFER zitiert in KRONSHAGE et al. (2011)). Der Median aller in KRONSHAGE et al. (2011) festgestellten Werte beträgt 100 m. Als Bezugsgröße für eine hervorragende Vernetzung geben PAN & ILÖK (2010) eine Entfernung von lt; 1000 m zur nächsten Population an.

Habitatanforderungen

  • SCHLÜPMANN (2009) ermittelt folgendes Habitatschema:
  • „Entscheidend sind …
  • das Vorhandensein eines Laichplatzes (in der Regel stehende oder deutlich angestaute Gewässer, allenfalls selten austrocknend, die Beschaffenheit desselben ist nicht entscheidend),
  • die räumliche Nähe von Laichplatz und Landlebensraum (im Idealfall liegen die Landlebensräume direkt im Umfeld des Laichplatzes),
  • spalten- und hohlraumreiche, steinige Substrate, insbesondere Trockenmauern, Felsen, Steinschüttungen, Blockhalden etc., ersatzweise Kleinsäugerbauten in wenig bewachsenen Hangflächen als Versteckplätze,
  • eine offene, wenigstens aber halboffene Lage der Landlebensräume und
  • offene, wenig oder schütter bewachsene Böden im Landlebensraum
  • Nicht zwingend, aber vermutlich fördernd wirken weiterhin folgende Habitatmerkmale:
  • eine offene, sonnenexponierte Lage der Landlebensräume (insbesondere südlich exponierte Böschungen werden bevorzugt),
  • lockere, grabbare Substrate (zwischen den Steinen, Felsen etc.),
  • eine möglichst ausdauernde Wasserführung der Laichplätze (Kleinweiher, Teich, Staugewässer) sowie
  • eine besonnte Lage der Laichplätze
  • Nachteilig wirken sich vor allem folgende Faktoren aus:
  • die zunehmende Sukzession in den Landhabitaten,
  • die Beseitigung der Strukturen in den Landhabitaten (z. B. in den Dörfern und auf den Höfen) sowie
  • der Fischbesatz der Gewässer.“
  • Die Ansprüche an Laichgewässer bezüglich Größe, Tiefe, Temperatur, Chemismus, Vegetation und Beschattungsgrad sind sehr breit gefächert und somit gering (GÜNTHER & SCHEIDT 1996, SCHLÜPMANN 2008, 2009, SCHLÜPMANN et al. 2006, KRONSHAGE et al. 2011, EISLÖFFEL 1996): Als Laichplatz dienen Gewässertypen aller Art. Wichtiger scheint die Struktur und Beschaffenheit der Landlebensräume und vor allem die räumliche Nähe von geeigneten Landlebensräumen mit Versteckmöglichkeiten zu sein (SCHLÜPMANN 2008, 2009, KRONSHAGE et al. 2011).
  • Die häufigsten Gewässertypen von 42 untersuchten Larvalgewässern im Niederbergischen Raum (KORDGES 2003) waren kleine bis mittelgroße (25-250 m²) sonnenexponierte Kleingewässer mit einer schwankenden, i.d.R. aber ganzjährigen Wasserführung. Bei einer Kartierung von insgesamt 183 Gewässern im Siebengebirge zeigte die Geburtshelferkröte eine deutliche Vorliebe für größere Teiche, die mittlere Wasserfläche lag bei den 10 besiedelten Gewässern bei etwa 1.150 m² (HACHTEL & DALBECK 2006, zitiert in KRONSHAGE et al. 2011).
  • Aus NRW liegen zum Chemismus der Laichgewässer nur wenige Angaben vor. Sie schwanken zwischen pH 5,5 (einmaliger Wert) und pH 8,5 (BUßMANN & SCHLÜPMANN 1998, SCHMIEDEHAUSEN 1990, zitiert in KRONSHAGE et al. 2011).
  • Rasch fließende Gewässer ohne Ruhezonen, stark saure und anmoorige Stellen sowie vollschattige Gewässer werden laut FELDMANN (1981b) gemieden.
  • Als Sommerlebensraum bevorzugt die Art gut strukturierte, offene Landhabitate auf sonnenexponiertem Gelände mit hohem Steinanteil oder vegetationsfreie bzw. –arme Rohboden-, Ruderal- und Magerstandorte (SCHLÜPMANN 2008, 2009, KRONSHAGE et al. 2011), welche über ausreichend Feuchtigkeit verfügen (unter Steinen, in Steinhaufen, Geröllhalden, Mauern, unter Wurzeln und in Ton- und Lehmschichten (GÜNTHER & SCHEIDT 1996, SCHLÜPMANN et al. 2006, SCHLÜPMANN 2008, 2009).
  • Für die Entwicklung der Eier benötigt das brutfürsorgende Männchen geeignete Versteckmöglichkeiten und ist auf vegetationslose, sonnenexponierte Hänge mit ausreichenden Lückensystemen angewiesen (BÖLL & HANSBAUER 2008).
  • Tages- und Winterquartiere bilden Erdhöhlen, Steinhaufen, Bruchsteinmauern, Gesteinsplatten und Holzstapel (GÜNTHER & SCHEIDT 1996, LÜSCHER & ZUMBACH 2003), wobei laut FELDMANN (1981b) die Verstecke in der direkten Umgebung der Laichgewässer liegen.
  • Die Art bevorzugt schnell abtrocknende, grabbare Böden, die im Untergrund genügend Feuchtigkeit speichern (SOWIG et al. 2003).
  • Die statistische Auswertung der Bestandsaufnahmen in NRW ergibt laut KRONSHAGE et al. (2011) eine deutliche Bevorzugung von Abgrabungslebensräumen, in denen die Habitatanforderungen der Art i.d.R. besonders gut erfüllt sind.
  • Weitere wichtige Lebensräume sind Höfe mit Trockenmauern, Steinhaufen und Hofteichen, steinige Waldwegböschungen mit nebenliegenden stehenden oder angestauten Gewässern, z.B. Bachstauen oder wassergefüllten Wagenspuren (SCHLÜPMANN et al. 2006, SCHLÜPMANN 2008, 2009) und im Ballungsraum Industriebrachen und Bergehalden (KORDGES & SCHLÜPMANN 2011).
  • Als Laichplätze kommen neben Tümpeln und Kleinweihern auch Quell- und Bachstaue in Frage (SCHLÜPMANN et al. 2005, 2006, SCHLÜPMANN 2008, 2009; zur Definition der Gewässertypen vgl. SCHLÜPMANN 1992, SCHLÜPMANN et al. 2011a). Biber fördern das natürliche Vorkommen der Art durch den Anstau der Bäche und das Fällen von Bäumen (DALBECK et al. 2007, 2008). Ihre Anstaue sind vermutlich die wichtigsten Primärlebensräume in Mitteleuropa.
  • Obwohl viele Lebensräume Pioniercharakter besitzen und die Art häufig mit Pionierarten gemeinsam angetroffen wird, ist die Geburtshelferkröte keinesfalls eine Pionierart (SCHLÜPMANN 2009).

  • Die Entfernung zwischen Landlebensraum und Gewässer beträgt meist 100 m oder weniger (BLAB 1986, SCHLÜPMANN 2008, 2009). Die enge räumliche Nähe der Landhabitate zum Laichgewässer und damit das Fehlen von ausgeprägten Wanderungen zur Laichzeit sind charakteristisch für die Geburtshelferkröte (KRONSHAGE et al. 2011). Die kurze Distanz zwischen Landlebensraum und Laichgewässer wird von allen Autoren betont (z. B SCHLÜPMANN 2008, 2009, ECKSTEIN 2003b) betont, da sie selten mehr als 30 m auseinander liegen. Entsprechend wird für die Neuanlage von Habitaten eine Entfernung von in der Regel nicht mehr als 100 m empfohlen (Median-Wert der für NRW in KRONSHAGE et al. 2011 angegebenen Werte).
  • Vegetationsarme und besonnte Standorte zwischen den Einzelvorkommen fördern den Austausch und erhöhen die Einwanderungswahrscheinlichkeit bzw. können Isolationswirkungen mindern (KRONSHAGE et al. 2011).