Kreuzkröte  (Bufo calamita Laur.,1768)

(Syn.: Rana fetidissima,, R. ecaudata, R. portentosa, R. cruciata, Bufo portentosus)

EU-Code: 1202

Artenschutzmaßnahmen

  1. Anlage von (Still)gewässern (G1)
  2. Entwicklung von jungen Brachen (O4.1.3) / Anlage von vegetationsarmen Flächen / Strukturen (O4.4) / Steuerung der Sukzession (in Abbaugebieten und Industriebrachen) (O5.4)
  3. Anlage von Gesteinsaufschüttungen oder Totholzhaufen (O4.4.3)
  4. Wiederherstellung / Entwicklung der Überschwemmungsdynamik in Auenbereichen (G5)
  5. Gewässerpflege (G6)
  6. Fazit

Maßnahmen im Einzelnen

1. Anlage von (Still)gewässern (G1)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Neuschaffung von sonnenexponierten, temporären Klein– und Kleinstgewässern. Eine Anlage von Blänken in Weideland der Auen ist gleichfalls wirksam SCHLÜPMANN (schriftl. Mitt. v. 22.04.2012).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 400 m von einem vorhandenen Vorkommen entfernt sein.
  • Vorzugsweise dynamisch geprägte Standorte in Auen, Industriebrachen und Abgrabungskomplexen.
  • Die Gewässer müssen in offenem, gut besonntem Gelände liegen.
  • Vegetation kann im Umfeld fehlen oder sollte nur aus schütterer Pioniervegetation bestehen.
  • Die Größe des offenen Umfeldes sollte mindestens 4 ha (für ca. 100 adulte Tiere) betragen (SCHLÜPMANN 1995).
  • Im unmittelbaren Umfeld sollte keine intensive Landwirtschaft mit Dünger– und Pestizideinsatz vorhanden sein.
  • Landlebensräume mit ausreichenden Tagesverstecken (grabbares Substrat, sonnenexponierte Böschungen, Totholz– und Steinhaufen) bzw. der Möglichkeit zum Eingraben müssen in der unmittelbaren Umgebung (lt;100 m) vorhanden sein (lückig bewachsene Flächen wie Brachen, Rohbodenstandorte usw.).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Komplex aus >20 Kleingewässern, insbesondere des Typs obligat temporäre Lachen, Pfützen und fakultativ temporäre Kleingewässer (Tümpel) (SCHLÜPMANN et al. 2006), unterschiedlichster Ausprägung, sodass stets wasserführende Gewässer vorhanden sind.
  • Die gesamte Gewässeroberfläche sollte voll besonnt sein.
  • Die Gewässer sollten einen Flachwasseranteil (lt;30 cm) von mindestens 80 % aufweisen (PAN & ILÖK 2010, MÜNCH 2005), damit sie sich sehr schnell erwärmen.
  • Hoher Anteil an Flachwasserbereichen von 5–10 cm Wassertiefe (SCHLÜPMANN 1995). Diese werden zur Laichschnurablage und von den Kaulquappen bevorzugt. Die sehr zügige Larvalentwicklung wird durch hohe Temperaturen beschleunigt (KORDGES & WILLIGALLA 2011).
  • Eine Maximaltiefe von 50 cm darf nicht überschritten werden, um eine rasche Erwärmung sicherzustellen (SCHLÜPMANN 1995).
  • Laichgewässer sollten vegetationsfrei sein (NIEKISCH 1982, KARCH 2010) bzw. weniger als 10 % Vegetationsdeckung erreichen (SCHLÜPMANN 1995).
  • Die pH–Werte sollten zwischen 6–8 im neutralen Bereich liegen (KARCH 2010).
  • Eine Wasserführung muss mindestens 6–8 Wochen im Zeitraum von April bis August gewährleistet sein (KARCH 2010, MÜNCH 2000). Ein regelmäßiges Austrocknen ist aber normal und notwendig. Dadurch bedingte Verluste werden ohne weiteres ausgeglichen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Im Turnus von 1–3 Jahren Entbuschung bzw. Mahd, um einer Sukzession der Gewässer und ihres Umfeldes entgegenzuwirken und den Pioniercharakter zu erhalten (SCHLÜPMANN 1984). Zudem sind zusätzliche Neuschaffungen von Kleinstgewässern von Vorteil, um den dynamischen Charakter der Primärlebensräume dauerhaft zu sichern (MÜNCH & SCHRÖER 1994).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Verzicht auf Bepflanzung, um den Pioniercharakter der Gewässer zu fördern bzw. zu verlängern (SCHLÜPMANN 1984, 1995, MÜNCH & SCHRÖER 1994).
  • Wenn eine ständige Neuschaffung von Gewässern in der unmittelbaren Umgebung gesichert ist (z.B. durch laufenden Abbaubetrieb), können ehemals genutzte Gewässer der natürlichen Entwicklung überlassen bleiben.
  • Kleinste dynamische Gewässer können durch eine Bodenverdichtung durch Befahren mit Baufahrzeugen geschaffen werden (SCHLÜPMANN 1984, 1995, SCHLÜPMANN et al. 2011).
  • Aufgrund der Abhängigkeit der Kreuzkröte von sekundären, anthropogen geschaffenen Standorten, ist eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Abbauunternehmen ratsam (PELLKOFER et al. 2010, SCHLÜPMANN 1995).
  • Geeignete Landlebensräume und Winterquartiere müssen vorhanden bzw. erreichbar sein (MÜNCH 2005).
  • Die Kreuzkröte ist ein Laichplatzvagabund und ist der erste Lurch der neugeschaffenen Gewässer annimmt (BAEHR 1987).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Wirksamkeit innerhalb 1–3 Jahren (Pioniercharakter der Gewässer).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam.
  • Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit dieser Maßnahme (vgl. SCHAILE 1994, MÜNCH 2003, SCHLÜPMANN 1995, SCHLÜPMANN schriftl. Mitt. v. 22.04.2012). MÜNCH & SCHRÖER (1994) stellten fest, dass neu entstandene Habitate explosionsartig besiedelt wurden. Im Winter gezielt angelegte, wassergefüllte Wagenspuren beim Steinbruch Ebberg bei Westhofen wurden im Folgejahr sofort angenommen, so auch eingegrabene Kunststoffwannen (40 x 80 cm, 30 cm tief), die zur Hälfte mit anstehendem Boden verfüllt wurden. Auch ein kleiner Folienteich dient seitdem als Laichplatz (SCHLÜPMANN 1995). Die Art vermag aufgrund ihrer Biologie generell neu geschaffene Lebensräume rasch zu besiedeln (FLINDT & HEMMER 1968, HEMMER & KADEL 1973, SCHLÜPMANN 1984, 1995, SINSCH 1998). Das hat erhebliche Bedeutung für den Erfolg von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

2. Entwicklung von jungen Brachen (O4.1.3) / Anlage von vegetationsarmen Flächen / Strukturen (O4.4) / Steuerung der Sukzession (in Abbaugebieten und Industriebrachen) (O5.4)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

(Wieder)herstellung eines jungen Sukzessionsstadiums auf Offenlandflächen. In Sekundärhabitaten wie Abbaugebieten und Industriebrachen, wird nach Beendigung der Nutzung der Sukzession entgegen gewirkt, indem der Offenlandcharakter dieser Flächen aufrecht erhalten und eine dynamische Lebensraumentwicklung imitiert wird. Auf Teilflächen sind hierzu breite, sonnenexponierte und vegetationsarme Flächen mit grabbaren Substraten anzulegen wie z.B. sandige Böschungen und Aufschüttungen. Dies kann über einen großflächigen maschinellen Oberbodenabtrag oder über eine Ausbringung von grabbarem Material (Sand) erreicht werden.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 400 m von einem vorhandenen Vorkommen entfernt sein.
  • Die Bodenverhältnisse sollten möglichst nährstoffarm sein, um eine schnelle Sukzession des Standortes zu vermeiden bzw. eine möglichst geringe Belastung mit Dünger und Bioziden aufzuweisen.
  • Vorzugsweise auf Standorten mit grabbaren Sandböden.
  • Im direkten Umkreis der Maßnahmenfläche muss eine ausreichende Zahl an Versteckmöglichkeiten und Überwinterungsquartieren (Sandböschungen usw.) vorhanden sein, oder durch die Ausbringung von Stein–, Sand– und Schotterschüttungen, Einzelsteinen oder Holzbrettern angelegt werden.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Die Mindestgröße des offenen Lebensraumes sollte nach SCHLÜPMANN (1995) 2–4 ha für 50–100 adulte Tiere nicht unterschreiten.
  • Großflächiger Offenlandcharakter: Im 100 m Umkreis um die Laichgewässer >80% (PAN & ILÖK 2010).
  • Punktuelle Schüttungen von grabbaren Substraten (FREYTAG 1967, zitiert in NIEKISCH 1982; MÜNCH 2000).
  • Schotterfluren sollten mehrere 100 m² groß sein (MÜNCH 2005).
  • In Gewässernähe zusätzliches Auslegen von Einzelsteinen / Holzbrettern als potenzielle Tagesverstecke.
  • Auf die Bepflanzung des Maßnahmenstandortes ist gänzlich zu verzichten.
  • NIEKISCH (1982) und SINSCH (1998) nennen etwas ältere, sonnenexponierte Böschungen mit geringer Vegetation und offenen sandigen Böden als bevorzugte Winterquartiere, während bewachsene Sandböschungen sowie jüngere, frisch aufgeschüttete Sandhalden und Grobkieshaufen nach SINSCH (1989, zitiert bei KORDGES & WILLIGALLA 2011) ungeeignet sein sollen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Offenhaltung der Brachflächen durch Entbuschung und eventuell winterliche Befahrung mit Planierraupen (SCHLÜPMANN 1984, 1995, THIELCKE 1987, MÜNCH 2005, SCHLÜPMANN et al. 2011), um den Pioniercharakter beizubehalten. Ein großräumiges Flächenrotationsmodell mit wechselnden Sukzessionsstadien unter Steuerung der Sukzession kann den Pioniercharakter des primären Lebensraumes nachahmen.
  • Ggf. Bodenabtrag, Mahd, Entbuschung und / oder Beweidung im Turnus von 2–3 Jahren. Bei großflächigen Offenlandhabitaten empfehlen BUNZEL–DRÜKE et al. (2008, zitiert in KORDGES & WILLIGALLA 2011) eine extensive Ganzjahresbeweidung als kostengünstige Alternative: Beweidung mit Rindern oder Schafen (1–2 GVE/ha) (ZAHN & NIEDERMEIER 2004, ZAHN 2006).
  • Ist eine Beweidung nicht durchführbar, sollte eine extensive, zeitlich versetzte Mahd nach Vorgaben von OPPERMANN & CLAßEN (1998) und LICZNER (1999), möglichst mittels Balkenmäher, durchgeführt werden.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Die Entwicklung von jungen Sukzessionsstadien kann im Konflikt mit dem Schutz von Arten stehen, welche an ältere Sukzessionsstadien gebunden sind.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Brachlegung und Entwicklung eines jungen Entwicklungsstadiums ist kurzfristig (innerhalb 1–3 Vegetationsperioden) durchführbar und wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam.
  • Dieser Maßnahmentyp wird im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen (z.B. Gewässerneuschaffung, Gewässerpflege) häufig als flankierende Maßnahme vorgeschlagen (KORDGES 1994; BUNZEL–DRÜKE et al., zitiert in KORDGES & WILLIGALLA 2011). Dokumentierte Monitoringuntersuchungen zu Maßnahmen im Landhabitat sind nicht bekannt. Die Art vermag aufgrund ihrer Biologie jedoch generell neu geschaffene Lebensräume rasch zu besiedeln (FLINDT & HEMMER 1968, HEMMER & KADEL 1973, SCHLÜPMANN 1984, 1995, SINSCH 1998). Im Analogieschluss wird die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maßnahme(n) als sehr hoch eingeschätzt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

3. Anlage von Gesteinsaufschüttungen oder Totholzhaufen (O4.4.3)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Schaffung von Winterquartieren durch Anlage von Gesteinsaufschüttungen bzw. Totholzhaufen (je nach landschaftstypischer Ausstattung bzw. Ausprägung der Winterquartiere) mit ausreichender Tiefe (Frostfreiheit).Maßnahme betrifft Teilhabitat / ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam ja nein

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Nein

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 1000 m vom nächsten Vorkommen entfernt sein.
  • Solche Überwinterungsmöglichkeiten sollten laut BAKER et al. (2011) möglichst nicht weiter als 250 m von vorhandenen oder neu anzulegenden Laichgewässern entfernt sein.
  • Mindestausstattung der Maßnahmenflächen mit Pioniergewässern (vgl. Maßnahme „Anlage von (Still)Gewässern“).
  • Die Bodenverhältnisse sollten möglichst nährstoffarm sein, um eine schnelle Sukzession des Standortes zu vermeiden.
  • Die Gesteinsaufschüttungen sollten im Umfeld keiner Beschattung durch Vegetation unterliegen.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • BAKER et al. (2011) beschreiben eine generelle Mindestgröße für Überwinterungsquartiere für Amphibien von 8 m x 4 m x 1 m. Eine Mindesttiefe der Gesteinsaufschüttung von 70 cm ist erforderlich, um eine frostfreie Überwinterung zu gewährleisten.
  • Es ist nur autochthones Gesteinsmaterial zu verwenden.
  • Der Untergrund sollte eine gute Drainage besitzen.
  • Flach auf Sand aufliegende Steine sind optimale Ruf– und Versteckplätze (vgl. Geburtshelferkröte).
  • Die Ausbringung von nährstoffarmen Substraten (Sand) auf und in der unmittelbaren Umgebung der Steinschüttungen verhindert den sofortigen Bewuchs dieser Flächen.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Offenhaltung durch die Entfernung von Gehölzen.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Maßnahmenerfolg nur in Verbindung mit anderen habitatverbessernden Maßnahmen (Gewässeranlage bzw. –pflege, Verbesserung bzw. Schaffung von Landlebensräumen).
  • Je nach lebensraumtypischer Ausbildung sollten entweder Gesteinschüttungen oder Totholzhaufen errichtet werden. Die Auswahl ist ggf. mit ortskundigen Experten abzusprechen.

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Die Strukturen sind kurzfristig herstellbar und wirksam (1 – 3 Jahre).

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam.
  • Positive Erfolgskontrollen dieser Maßnahme sind in der Literatur nicht belegt. Die Art vermag aufgrund ihrer Biologie jedoch generell neu geschaffene Lebensräume rasch zu besiedeln (FLINDT & HEMMER 1968, HEMMER & KADEL 1973, SCHLÜPMANN 1984, 1995, SINSCH 1998). Im Analogieschluss wird die Erfolgswahrscheinlichkeit der Maßnahme(n) als sehr hoch eingeschätzt.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

4. Wiederherstellung / Entwicklung der Überschwemmungsdynamik in Auenbereichen (G5)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Die Primärlebensräume der Kreuzkröte sind natürliche, dynamische Auen (SCHLÜPMANN 1984, 1995, GÜNTHER & MEYER 1996, FELDMANN & SCHLÜPMANN 2011). Die Schaffung von Primärstandorten in Gewässerauen / Renaturierung von größeren Fließgewässern (kies– und sandgeprägte Stromtalauen), die Schaffung von Flutrinnen und flachen Altarmen, Überschwemmungsgebieten und großflächigen Kiesbänken ist daher prinzipiell die natürlichste Maßnahme zur Erhaltung und Förderung der Art.

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 400 m entfernt sein.
  • Landlebensräume im direkten Umfeld (100–500 m) müssen großflächig vegetationsfrei sein und einen Pioniercharakter aufweisen.
  • Die Rahmenbedingungen für eine Überschwemmungsdynamik am Maßnahmenstandort (Flussabschnitt) müssen gegeben sein, so sollte beispielsweise im Bereich der Gewässerränder bei Überschwemmungsereignissen die Entstehung flacher und vegetationsfreier Laichgewässer möglich sein.

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Mögliche Maßnahmen zur kurzfristigen Renaturierung des Auenbereichs sind Uferrückbau und die Wiederanbindung von Alt– bzw. Nebenarmen an das Abflussregime durch Dammrückverlegung und Polderanlage.
  • Schaffung eines nährstofffreien Gewässerumfeldes durch Abtragung nährstoffreichen Mutterbodens und Aufschüttung von Sand– und Kiesflächen (MÜNCH 2001).
  • Anlage von breiten Überschwemmungsflächen mit verdichteten Senken, in denen sich temporäre und vegetationslose Kleingewässer ausbilden können.
  • Neben flachen, dynamischen Gewässern mit temporärem Charakter ist die Schaffung von perennierenden Gewässern ohne Anbindung an das Fließgewässer wichtig.

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Förderung der Gewässer– und Geschiebedynamik ggf. Entbuschungsmaßnahmen im Gewässerumfeld in größeren Zeitabständen (5–10 Jahren).
  • Die Offenhaltung des Lebensraumes sollte vorzugsweise über eine extensive Beweidung durchgeführt werden.

Weitere zu beachtende Faktoren

  • Bei der Durchführung von Fließgewässerrenaturierungen ist die „Blaue Richtlinie“ (MULNV 2010) zu beachten.
  • Die Wiederherstellung von Primärlebensräumen mit einer natürlichen Dynamik kann von der Dauerverpflichtung zum künstlichen Erhalt früher Sukzessionsstadien (z.B. in aufgelassenen Kiesgruben) entlasten und der Art ein dauerhaftes und eigenständiges Überleben in ihrem Primärhabitat sichern (KORDGES & WILLIGALLA 2011) und ist daher wünschenswert. Der Spielraum für Fließgewässerredynamisierungen ist im dicht besiedelten NRW jedoch sehr begrenzt. Durch die initiierte Dynamik an renaturierten Gewässern entstehen neben Laichgewässern auch Landlebensräume, wie durch Hochwasser freigelegte Kies– und Sandbänke (vgl. BERG et al. 2008, FELDMANN & SCHLÜPMANN 2011).
  • Um die Sukzession bzw. Abschwemmung von nährstoff– und biozidbelastetem Boden in den Fluss zu verhindern, ist eine weitgehende Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Aue anzustreben (Extensivgrünland, Auwald).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Aufgrund des Pioniercharakters der dynamischen Lebensräume und Gewässer, ist die Funktionsfähigkeit für die Art – abhängig von den standörtlichen Gegebenheiten – innerhalb von 1–5 Jahren zu erreichen.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Strukturen sind kurz– bis mittelfristig wirksam.
  • BERG et al. (2008) stellten eine Etablierung der Kreuzkröte in ungeplanten Fluttümpeln an der renaturierten Inde fest (Die Untersuchung stellt allerdings kein explizites Monitoring in Bezug auf die Etablierung der Kreuzkröte durch diese Maßnahme dar). Renaturierungen von Flüssen werden häufig als Maßnahme vorgeschlagen (MÜNCH 2001, KORDGES & WILLIGALLA 2011) und sind aufgrund der bekannten Artökologie plausibel.

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Nein
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: hoch

5. Gewässerpflege (G6)

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung

Mit pflegerischen Maßnahmen soll der Pioniercharakter bestehender Kreuzkrötengewässer verbessert bzw. wiederhergestellt werden. Vorrangig einzusetzende Maßnahmen sind die Entbuschung und damit die Freistellung beschatteter Gewässer und der Landlebensräume (mittels extensiver Beweidung).

Maßnahme betrifft Teilhabitat und ist i.d.R. nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam: Ja

Anforderungen an den Maßnahmenstandort

  • Eine ausreichende Entfernung zu potenziellen Stör– und Gefahrenquellen ist sicherzustellen (vgl. Einführung zum Leitfaden). Kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich.
  • Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche nicht weiter als 400 m von einem vorhandenen Vorkommen entfernt sein.
  • Im unmittelbaren Umfeld sollte keine intensive Landwirtschaft mit Dünger– und Pestizideinsatz vorhanden sein.
  • Landlebensräume mit ausreichenden Tagesverstecken (grabbares Substrat, sonnenexponierte Böschungen, Totholz– und Steinhaufen) bzw. der Möglichkeit zum Eingraben müssen in der unmittelbaren Umgebung (lt;100 m) vorhanden sein (lückig bewachsene Flächen wie Brachen, Rohbodenstandorte usw.).
  • Vorzugsweise dynamisch geprägte Standorte (Auen, Industriebrache und Abgrabungskomplexe).

Anforderungen an Qualität und Menge

  • Die Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen (Größe und Qualität).
  • Freistellung der Gewässer von angrenzender Vegetation (Entbuschung).
  • Ehemalige Gewässer, die kein Wasser mehr anstauen können, können durch Befahren oder mittels Vibrationsplatten wiederhergestellt werden (SCHLÜPMANN 1995, KARCH 2010, SCHLÜPMANN et al. 2011).
  • Freihaltung des Gewässers und der direkten Gewässerumgebung durch extensive Beweidung.
  • Laut BAKER et al. (2011) sind besonders Rinder zur extensiven Beweidung geeignet. Eine extensive Beweidung mit Rindern (maximal 1–2 GVE/ha) kann den Anteil an Wasserpflanzen am Gewässerufer und in den Laichgewässern stark reduzieren (ZAHN & NIEDERMEIER 2004).
  • Alternativ kann ein winterliches Ausräumen (Entfernen von Pflanzen, Pflanzenresten usw.) der Gewässer den Pioniercharakter der Gewässer erhalten.
  • Schutz vor dem Eintrag von Düngemitteln und Bioziden mittels eines 10–50 m (je nach Stoffeintragsgefährdung) breiten, extensiv genutzten Uferrandstreifens bzw. absoluten Düngungsverzichts in unmittelbarer Umgebung (BERGER et al. 2011).

Wiederkehrende Maßnahmen zur Funktionssicherung: Ja

  • Die Laichgewässer müssen dauerhaft vegetationsfrei gehalten werden (möglichst im Turnus von 2–3 (6) Jahren, in Abhängigkeit von den Standortverhältnissen und dem Sukzessionsgrad (KARCH 2010)).

Weitere zu beachtende Faktoren

  • In manchen Fällen kann, aufgrund des Pioniercharakters der Gewässer, eine Gewässerneuschaffung zeitlich schneller durchführbar und auch günstiger sein als die Gewässerpflege, wenn bestehende Gewässer einer zu starken Sukzession unterliegen.
  • Maßnahmen am Gewässer sind unter weitgehender Schonung anderer Arten vorzunehmen (i.d.R. im September / Oktober).

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit

  • Eine Gewässerpflege entsprechend den artspezifischen Anforderungen ist innerhalb von 1 – 3 Vegetationsperioden wirksam.

Aspekte der Prognosesicherheit

  • Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen vor.
  • Die benötigten Qualitäten sind kurzfristig entwickelbar (lt;1Jahr) und wirksam.
  • Mehrere Untersuchungen belegen die Wirksamkeit dieser Maßnahme (vgl. NIEKISCH 1982, MEYER 1994, Schlüpmann 1995).

Risikomanagement / Monitoring

  • erforderlich (maßnahmenbezogen): Ja
  • erforderlich (populationsbezogen): Nein
    • bei allen Vorkommen: Nein
    • bei landesweit bedeutsamen Vorkommen: Ja
    • bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten: Ja

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)

  • Kenntnisstand zur Ökologie der Art: hoch
  • Entwickelbarkeit der Strukturen: kurzfristig
  • Belege / Plausibilität: hoch

Fazit Eignung: sehr hoch

6. Fazit

Für die Kreuzkröte stehen kurzfristig wirksame Maßnahmentypen zur Sicherstellung der Laichgewässer sowie Sommer– und Winterlebensräume zur Verfügung. Die Maßnahme Anlage neuer (Still)Gewässer besitzt wie bei allen Amphibien die höchste Priorität. Für diese Pionierart hat außerdem die Gewährleistung einer dynamischen Habitatentwicklung durch Steuerung der Sukzession im Gewässerumfeld eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung.

Angaben zu Priorisierung: